Wie ich gestern abend nicht müde wurde zu behaupten: das war der Durchbruch der Piratenpartei in Deutschland. Wir werden keine Balkendiagramme mehr sehen, wo der Piratenbalken fehlt. Ich nenn das also jetzt einfach mal „historisch„, was gestern passierte. Ich gratuliere und bin irgendwie stolz dagewesen zu sein:
Teilen
Bei Google Plus heißt das „sharing“ ab sofort „teilen„. Und es ist mir nicht das erste mal aufgefallen, dass das eine krumme Übersetzung ist.
Da wäre zunächst einmal die „kommunikative“ Bedeutung. Was im Englischen in diesem Sinne „to share“ heißt, würde man im Deutschen eher „Mitteilen“ nennen, obwohl „Eine Geschichte mit jemandem teilen“ zur Not ja noch ginge.
Schlimmer noch ist, dass im Deutschen „teilen“ neben dem „Mitteilen“ immer auch ein „to divide“ unterschwellig mitschwingt. Klar, wir haben das ja auch so gelernt. Wenn ich eine Pizza teile, heißt das eben auch, sie zu zerteilen und ich habe weniger zu Essen. Aber im digitalen Raum, im reinen Mitteilungssinne, stimmt das ja gar nicht.
Es gibt im Deutschen kein „teilen„, das nicht auch gleichzeitig ein „Zerteilen“ ist. Und ich frage mich, wie diese sprachliche Eigenschaft sich auf das allgemeine Bewusstsein auswirkt. Ist das eifersüchtige Wachen über die „eigenen Daten„, das in Deutschland stärker ausgeprägt ist, als anderswo, auch ein Ausdruck dieses Verständnisses von „teilen„?
Andersrum: kann ein positives Verständnis der Tatsache, dass eine „gesharte“ Information mehr und besser ist, als eine eingeschlossene, überhaupt entstehen, wenn man immer gleich das Zerteilen, Aufteilen – also letztendlich das Wegnehmen automatisch mitdenkt?
Ich frage für ein digitales Entwicklungsland.
wired_de
Zunächst dachte ich, dass ich mich dazu nicht äußern brauche. Ich hab die Wired gekauft und gelesen. Und dann habe ich überall mit dem Kopf genickt, wenn ich die Kritiken dazu las. Der Grundtenor von fast allen Rezensionen war – wenn ich das mal zusammenfassen darf: nett, aber harmlos.
Dem konnte ich mich zunächst anschließen, bis ich mir das Heft gestern Abend ein zweites Mal zur Hand nahm. Ich ging die Artikel durch und fragte mich, was genau sie mir gegeben haben. Information, Aufregung, Erkenntnis, Widerspruch, irgendwas? Aber da war fast überall: nichts. Und ich dachte mir: Nee, die Wired ist nicht nur harmlos, sie ist langweilig.
Die amerikanische Wired ist vor allem deswegen ein wichtiges Medium, weil von dort die steilen Thesen ausgehen, die die großen Diskurse auslösen. Aber da ist nichts dergleichen in der deutschen Wired. Nicht mal der Versuch dazu. Es ist ein einziges Schwimmen im Common Sense. Dabei hat man doch mit Günther Dueck jemanden an Board gehabt, der zu einer steilen These fähig gewesen wäre.
Dann hätte ich mir definitiv zumindest einen Erklärbärartikel über irgendeine Cutting Edge Technologie gewünscht. Ein Artikel der tief in die Materie einsteigt und aus dem man leicht kognitiv überfordert wieder aufblickt und das Gefühl hat, die Zukunft gesehen zu haben. Sowas gehört einfach zu einer Wired. Aber inhaltliche Tiefe sucht man vergebens.
Stattdessen?
Krasse Zuspitzung auf Personen. Da baut eine Frau an einem Verschlüsselungsverfahren durch Laser! LASER!!!EINSELF Aber wie das geht, davon erfahren wir nichts. Überall werden in erster Linie Personen porträtiert. Das was sie machen, interessiert anscheinend kaum. Wie eine Gala für Geeks.
Und die Themen: Autos, Sex und Fußball. Und Deutschland. Klar, mit einer Technologieperspektive aber die, wie gesagt, nicht sehr tief ausgeführt. Man hat die ganze Zeit das Gefühl, dass sich jedes Technologiethema durch einen Mainstreamthemabezug rechtfertigen muss.
Wenn man die Punkte zusammenrechnet: die Mutlosigkeit der Agenda, die Fokussierung auf Personenberichterstattung, die Gefälligkeit der Themenauswahl und die geringe Tiefe der Artikel fällt es schwer, sich nicht eine Marketingabteilung vorzustellen, die statt einer Redaktion das Heft macht. Die Leitfrage der Heftmacher scheint gewesen zu sein: Wie können wir den durchschnittlichen GQ-Leser an Technologiethemen heranführen? Das Bundle war nicht nur die Plastiktüte, die man einfach abreißen konnte. Das Bundle bleibt auch inhaltlich.
Die erste deutsche Wired ist kein Nerd-Magazin (Und nein, auch kein Geek-Magazin, was immer das sein soll.). Es ist ein Magazin, dass sich aggressiv an Nicht-Nerds richtet. Und weil es das selber merkt, hat es mit dem albernen „Nerd/Geek“-Gefuchtel und einer offensiven Anschleimattacke versucht das wett zu machen. Man soll die Welt also den Geeks geben? Condé Nast will ihnen ja nicht mal das ihnen gewidmete Magazin geben!
Die Zielgruppenansprache der Wired ähnelt etwa dem, was die SPD unter Netzpolitik versteht: allseits hofieren aber inhaltlich das Gegenteil machen, was aus der Szene gefordert wird.
Ich würde mir wünschen, dass man – falls man das nächste Heft macht – den Mut aufbringt, ein echtes Nerd-Magazin zu machen. Und bitte kein Geek-Magazin! Jedenfalls nicht, wenn die aktuelle Ausgabe ein Geek-Magazin ist.
Usertracking-Phantomschmerzen
– „Herr Doktor. Ich habe so ein komisches Grimmen in meinem Clickstream.“
-„Das kann nicht sein. Der wurde Ihnen ja vor kurzem von Facebook und seinen Werbepartnern amputiert.“
– „Aber ich fühls doch!“
– „Das ist sicher der so genannte Usertracking-Phantomschmerz.“
– „Wird das irgendwann weggehen?“
– „Personenbeziehbare Daten jucken oft noch Jahre später nach. Personenbezogene manchmal sogar noch länger. Wie geht es ihrer IP-Adresse?“
– „Ganz normal.“
– „Sehen Sie! Das liegt daran, dass sie bereits in Amerika verpflanzt wurde. Der IP-Organhandel blüht!“
– „Aber ich nehm doch Cookies dagegen!“
– „Die helfen nicht. Ich verschreib Ihnen Lynx. Das sollte den rapiden Daten-Raubbau stoppen.“
– „Danke, Dr. Weichert!“
(Nach einem Twitter-Dialog mit @linuzifier, Idee basierend auf einem Genöle von Johnny)
Termine im September
Morgen, den 3. September werde ich mal wieder bei dradio.wissen sein. Wir sprechen über Demokratie in Zeiten des Internets.
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am 9. September sitze ich auf der Konferenz der Böllstifung netz:regeln auf einem Podium mit dem Titel: „OPEN DEMOCRACY: Anonymität, Privacy, Digitale Intimität – Privatsphäre und Öffentlichkeit im Internet“.
(Und am nächsten Tag werde ich natürlich auf der „Freiheit statt Angst“ mitgehen.)
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Am 16. September wird das Co:llabortory – so ne Art temporärer Think Tank von Google, bei dem ich eingebunden bin – seine Ergebnisse zu der Initiative „Privatheit und Öffentlichkeit“ präsentieren. Ich weiß noch gar nicht, ob ich da irgendwie aktiv was sagen werde. Da bin ich auf jeden Fall. Anmelden kann man sich hier.
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Am 22. September werde ich bei der Business School Potsdam mit Leuten über das Internet diskutieren.
Positivismus
Ich bin immer so negativ. Immer beschwere ich mich. Klar, ich bin ein Blogger. Ein Netzmensch. Wenn wir den Mund aufmachen, haben wir was zu meckern.
Aber heute nicht. Heute will ich mich mit dem Positiven beschäftigen. Heute will ich loben, empfehlen und werben. (Und bevor jemand fragt: ja, ich weiß, dass „Positivismus“ etwas anderes heißt, als Dinge gut zu finden.)
1. Christian Stöcker hat ein Buch geschrieben. Nerd Attack! Ich hab es gelesen und bin sehr angetan. Es ist – egal was er sagt – ein Generationenbuch. Es ist schließlich auch die Langfassung von Stöckers großem SPON-Artikel „Generation C64„. Also mein Generationenbuch, also das meiner Generation. Ich hab das alles auch so, zumindest sehr ähnlich erlebt. Christan Stöcker ist etwas älter als ich, aber insgesamt passt das schon.
Das Buch ist eine kenntnisreich und klug aufgeschriebene Kulturgeschichte der Nerdkultur. Es werden beide Fäden, der Amerikanische und der Deutsche aufgenommen und parallel geführt, was Sinn macht, denn man kann wohl keine nationale Nerdkultur ohne Kalifornien erklären. Am besten ist das Buch, wenn es die beiden Kulturen anhand ihrer – im Detail doch sehr unterschiedlichen – Herkünfte vergleicht. Dort die libertäre Hippie-Kultur, hier die deutsche, eher technikkritische Linke. Dieser Unterschied erklärt vieles, bis heute. Leider traut sich Stöcker an dieser Stelle nicht weiter zu bohren, sondern belässt es bei der Feststellung. Dass der in traditionell linken Kreisen teils vor sich her getragene, regelrechte Technikhass – den Stöcker durchaus in einigen Anekdoten beschreibt – direkt in dem grassierenden Technikkonservativismus und dem selbstgerechten Elitengehabe des heutigen CCC mündet, hätte man hier schön herleiten können. Aber Stöcker gibt sich sanftmütig, sucht keinen Streit. Alle haben recht.
Dennoch ist das Buch eine Bereicherung. Es sind viele Geschichten detailreich geschildert, von denen man gehört hat und einige neue Infos konnte ich auch daraus ziehen. Vor allem ist es wirklich fluffig geschrieben. Ich hab es auf zwei Zugfahrten durchgelesen und war keine Minute gelangweilt.
Am hervorhebungswürdigsten ist aber die Tatsache, dass es dieses Buch überhaupt gibt. Ein Buch, das positiv auf Technik und Technikkultur schaut, eines dass das Internet offensiv gut findet, ist in der deutschen Buchlandschaft eine kleine Revolution.
Lasst die deutschen Verleger also wissen, dass für Internetgutfindeliteratur durchaus ein Markt existiert und kauft das Ding!
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2. Am 10. September findet mal wieder die Freiheit satt Angst Demo statt. Die einzige Demo, auf die ich regelmäßig gehe. Auch dieses mal bin ich wieder dabei. Auch wenn der Aufruf zur Demo von mal zu mal schriller wird, so dass ich mich frage, ob vielleicht doch der Titel „PANIK statt Angst“ angebrachter wäre, halte ich diese Demo weiterhin – wie schon auch letztes Jahr – für wichtig. Es ist das Signal an die Politiker, dass wir (und das ist in diesem Fall das Netz) uns einen Eingriff in unsere Freiheiten nicht gefallen lassen. „Freiheit statt Angst“ ist ein guter Titel und ich steh dazu. (Und ein bisschen demonstriere ich da auch, um einigen der Machern der Demo diesen ihren Titel selbst vor Augen zu halten. Wenn ihr mich sucht, ich bin der mit dem „Mehr Daten für alle!“ Plakat rumläuft.)
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3. Als letztes eine Wahlempfehlung. Am 18. September wird in Berlin gewählt. Ich werde wieder die Piratenpartei wählen. Warum?
Weil ich sie für wichtig halte. Man kann darüber streiten, wer die besseren Rezepte hat, ob Wowi ein guter Bürgermeister ist, ob Künast glaubwürdig ist und ob die Piraten überhaupt personell und konzeptionell Politikfähig sind. Das kann man alles besprechen, aber es interessiert mich nur so peripher.
Die Welt ändert sich gerade massiv, schneller als jeder noch so steile Prophet vorhergesagt hat aber was ich sehe – durch alle Parteien hinweg – ist Ratlosigkeit. Tiefe Ratlosigkeit gegenüber den Problemen einer Welt, die aufgehört hat, nach den alten Theorien und Ideologien zu funktionieren. Das Wissen – ob links, ob rechts – wird gerade auf allen Ebenen entwertet.
Und die Piraten haben jetzt also die Lösung?
Nö. Aber sie haben den Mut für Experimente. Sie haben Mut, die Dinge – Politik, Wirtschaft, Soziales und im Zweifel sich selbst – immer neu zu überdenken und neu zu erfinden. Sie sind sich zum Beispiel nicht zu schade, um sich als Atomwaffentestgelände neuer politischer Konzepte wie Liquid Democracy zur Verfühung zu stellen, obwohl es ihre Partei beinahe zerrissen hätte.
Klar, kann man sich hinstellen und dann über die Naivität und Zerstrittenheit der Priaten lästern. Man kann aber auch den Mut und die mentale Offenheit bewundern und dankbar sein, dass da draußen Leute sind, die es einfach mal versuchen.
Ich jedenfalls bin das. Und deswegen halte ich die Piraten immer noch für das wichtigste politische Experiment in dieser Tage und will es gerne unterstützen.
Liebe Geisteswissenschaftler,
ich darf mich kurz vorstellen: ich bin einer von Euch. Ich habe Kulturwissenschaften studiert. Das ist ein Studienfach, das mich einmal querfeldein durch viele Eurer/unserer Disziplinen geführt hat. Ich liebte die Literaturwissenschaften, ich ging in der Philosophie voll auf, ich tauchte gerne in der Soziologie ab und befasste mich interessiert mit den Medienwissenschaften. Ehrlich, ich bin ein Fan der Geisteswissenschaft! Ich halte sie für wichtig, notwendig und gut. Und immer habe sie verteidigt, gegen die Stimmen, die sie als überflüssiges und schöngeistiges Geschwafel abtun wollten. Und gegen die Sparzwänge – die immer zuerst die Geisteswissenschaften betrafen (obwohl sie jeder Uni immer das geringste kosten) – habe ich stets protestiert.
Aber heute, da habe ich ein Problem mit Euch. Nicht als Fachbereich, Disziplin oder Feld als ganzes, sondern mit den einzelnen Vertretern. Ich habe ein Problem mit Euch, dem denkfaulen, behäbigen und selbstgerechten Personal, das bräsig in der Uni sitzt, Paper über über Themen schreibt, die keinen interessieren und die keiner liest, während die Welt sich rasant verändert. Eine Veränderung, die tragischer Weise nur aus einer Richtung kommt, in die Ihr Geisteswissenschaftler verpasst habt, zu gucken. Ich habe ein Problem mit Euch, die Ihr aus eitler Attitüde heraus das neue Feld des Geistes, der Kultur und des Menschen habt links liegen lassen und damit Euch selbst – Eure gesamte gesellschaftliche Relevanz – aufgegeben habt!
Ich habe ein Problem mir dir, Sozialwissenschaftler!
Hast Du schon Kooperationen mit Facebook, Google oder wenigstens StudiVZ gesucht, um an Daten heranzukommen, wie Menschen tatsächlich miteinander interagieren? Das, was Ihr all die jahrelang vor Euch hinfabuliert habt, harrt der empirischen Überprüfung. Die Daten sind da. Menschliche Interaktion ist heute messbar. Wann fangt Ihr an?
Oder interessiert Euch die Gesellschaft nicht mehr?
Oder Du, Literaturwissenschaftler!
Wieviele literarische Blogs hast Du eigentlich in deinem Feedreader? Du weißt nicht, was das ist? Shame on you! Du findest Blogs nicht literarisch? Wo ist dann Dein Aufsatz: „Blogs als Nichtliterarische Form„? Das fällt nicht in dein Aufgabengebiet? Warum, weil es im Internet steht?
Du hast Deinen Beruf verfehlt!
Zu Dir, Politikwissenschaftler,
hast Du Dich schon mal mit der Unternehmensstruktur des Googlekonzerns befasst? Kennst Du Dich aus, mit dem Plattformstreit? Verfolgst Du die aktuelle Evolution vom Dienst, zur Plattform, zum Markt, zum Ökosystem? Analysierst Du die Machtstrukturen, die hier entstehen? Die wirklichen, nicht die Vorurteile? Nein? Aber das ist Politik! Und in Zukunft noch viel mehr, als der Kindergarten zwischen Paris und Berlin. Im Internet werden die Weichen der Zukunft gestellt, dort verlagern sich Gesellschaft und damit Macht, Aushandlungsprozesse und die Normativität des Faktischen hin.
Wolltest du nicht Politik verstehen?
Was ist mit Dir, Philosoph?
Hier wartet ein unendliches Betätigungsfeld für Dich. Hier werden Sprechakte und ihre Wirkung erfahrbar. Hier entstehen neue Formen des gemeinsamen Denkens, vielleicht sogar neue Formen von Bewusstsein. Hier wird gerade neu definiert, was der Mensch ist. Ohne Dich! Warum müssen Journalisten, Techies, Ex-Hippies und Blogger Deinen Job übernehmen und die großen neuen Theorien, Utopien und Ethiken spinnen? Dein Rat wäre hier gefragt, aber Du schweigst, bringst lieber eine neuredigierte Auflage der gesammelten Werke von Feuerbach heraus?
Interessierst Du Dich denn nicht mehr für die Welt?
Das Internet ist das Medium, in das sich Gesellschaft, der Mensch, die Poesie, all das, womit sich die Geisteswissenschaftler beschäftigen, auslagert. Ein unfassbar spannender Prozess findet hier statt. Aber die Herrn Geisteswissenschaftler sitzen bräsig in ihren Ledersesseln und tun so, als ginge es sie nichts an. Warum sind noch nicht alle Geisteswissenschaftler hier, bloggen, twittern, schreiben, lesen und bringen den Diskurs voran?
Aber wisst Ihr was? Vielleicht braucht Euch ja doch keiner.
So einiges
Ich wurde von zweimal interviewt. Das witzige war, dass beide Interviews am selben Tag herauskamen. Das Goetheinstitut hat mich zu dem ganzen Komplex Kontrollverlust/Filtersouveränität befragt. Ich finde das ist recht gut geworden und ein ganz guter Einstieg in das Thema. Die Stuttgarter Zeitung wiederum wollte wissen, was ich über den Klarnamenzwang bei Google Plus und die Ideen von Herrn Friedrich halte.
* * *
Aber kommen wir zu der „Ich bin Keiner“-Eröffnung. Anstrengend war es. Aber auch erfolgreich. Gute Presse, überall. Und voll war es auch. Viel voller als wir dachten. Die Führungen, die wir für 15 Leute maximal konzipiert hatten, mussten alle 3 Male mit mehr als dem doppelten Ansturm fertig werden. Am Ende kapitulierten wir vor den Massen und ließen die Ausstellungräume offen bis in die Nacht.
Wir werden jedenfalls weiterhin dran arbeiten. Sowohl an dem KEINER-Mythos, als auch an der Performance und einige neue Wohnungen sind auch wieder frei geworden und stehen kurz vor der Transformation zum KEINER-Raum. Nächstes Wochenende geht es weiter mit den Führungen.
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Aber was ganz anderes. Nachdem schon letztens mein Google-Account gehackt war und eine Spam-Mail an alle meine Kontakte damit versendet worden ist, war diesmal mein Apple-Konto dran. Abbuchungen über 146 Euro durch eine App namens „Texas Poker“. Ich weiß nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich hab zwar mein Passwort sofort geändert, aber das Problem scheint wohl wo ganz anders zu liegen, wenn man diesem Eintrag hier glauben schenkt. Scheint ein bekanntes Problem zu sein und hat nicht wirklich was mit Passworten zu tun.
Ist auch alles halb so schlimm. Apple und auch Click&Buy haben beide schnell den Braten gerochen und ich habe bereits wieder eine Gutschrift über den Betrag. Aber nerviger Scheiß ist das schon, dieser Kontrollverlust am eigenen Leib. Aber vermutlich nichts gegenüber dem, was uns allen noch bevorsteht. Die große allgemeine Datenbankschmelze ist erst in er Mache.
* * *
Ach, und dann wollte ich noch auf „subjot“ aufmerksam machen. Es ist nämlich die Erfüllung meiner Träume. Genauer: eine ziemlich konkrete Umsetzung meiner Channels statt Circles Ausführung auf CTRL-Verlust. Noch nicht 100% perfekt aber auf jeden Fall die richtige Richtung. Jetzt muss das nur noch so schick und intuitiv werden, wie Google plus und sich eine große Userbasis erstreiten. Ohne Publikum macht das alles keinen Spaß. Zumindest sollte man den Dienst im Auge behalten und ein bisschen damit rumspielen, um zu sehen, ob die Channelidee (hier „Subjects“ genannt) überhaupt eine brauchbare Lösung ist. Hab darüber auch gerade bei Twitkrit geschrieben.
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PS: fast hätte ich es vergessen. Heute ist übrigens wieder Wir müssen reden – Folge 30. Diesmal wieder mit Gast. Also nehmt euch mal nichts vor für heut abend, ca. ab 21:00 Uhr.
ICH BIN KEINER
Uff. Hier ist es etwas ruhig geworden. Auch drüben bei ctrl-verlust. Das hat einen Grund. Nämlich den, dass wir mit dem Kunstprojekt in der Kastanienallee 64 in die heiße Phase eingetreten sind. Mit anderen Worten, die Ausstellungsveröffentlichung steht kurz bevor.
Am 13. August geht es los. 19:00 ist die erste Führung von ICH BIN KEINER. Und zwar Performative Führung. Und ich hab das Skript dazu geschrieben. Und für die Filme, die dort per QR-Code per Handy abrufbar sind auch. Eigentlich auch die ganze Geschichte.
Aber von Anfang an: Ingolf Keiner (ja, er heißt tatsächlich so) ist der Künstler, der dort zwei Wohnungen in sowas wie eine begehbare Psychonalyse verwandelt hat (Vorsicht: meine Deutung). Genau genommen: durchgeknallte Installationen, die alle irgendwie mit dem Grundthema „Public is the new Private“ zusammenhängen, was auch der Grund ist, warum ich gefragt wurde da mitzuarbeiten.
Nun ist das ganze eine Art Joint-Venture eines Künstlers mit einem Schauspieler – nämlich Johannes Brandrup – und so war das Konzept auch, dass es dazu Performances geben soll. Eine performative Führung, aber nicht nur das. Einige Video-Clips mit Hintergrundstaffage und einer ganzen Storylandschaft – eher ein richtiger Mythos – und einem ganzen Ideologischen Überbau und dazu Dialoge, Monologe, halt einige Skripte. Eine Art Stück das auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig spielt – bzw. erfahrbar ist.
Und … wie soll ich sagen. Ich bin da so reingerutscht. Ich habe bisher nur die Ideologie per Blog geliefert und ein paar Ideen usw. Eine multimediales, auch interaktives, performatives (oje, hört sich das alles 90er an…) Stück. Eines das in dem Haus, in dem Vorhof (der Trailer Lounge), via Smartphone und im Internet gleichzeitig spielt und erkundet werden kann. Also die Verschränkung von Öffentlicher, Privater und virtueller Sphäre. Was gleichzeitig irgendwie auch der Inhalt des Stücks ist.
Ich bin leider noch mittendrin zu schreiben und wir drehen hier auch noch reihenweise die Clips und auch an der Kunst muss noch einiges gemacht werden. Aber es nimmt so langsam Formen an und der Stresspegel steigt in’s Unermessliche.
Es würde uns natürlich freuen, wenn ihr da mal vorbei kommt. Es wird immer am Wochenende (Fr. und Sa.) drei Führungen geben: um 19:00, 20:00, 21:00 Uhr. Bis auf weiteres, denn das alles wird sich noch weiterentwickeln. Die Kunst wird noch auf weitere Wohnungen überspringen und auch an dem Stück wird sich noch einiges ändern. Und ich bin da jetzt irgendwie teil von.
@JoSchaefers
Wie so viele kannte ich Jörg-Olaf Schäfers nicht persönlich. Aber virtuell seit 2005 – per Blog. Ich followe ihm auf Twitter ungefähr so lange, wie ich dort unterwegs bin und wir haben mehr als einmal lebhaft gechattet. Aber auch wenn ich sein netzpolitisches Engagement las und bewunderte; ich mochte an ihm am liebsten seinen Humor (Hier zwei Twitkrits über ihn: [1], [2]).
Ich war einige Male kurz davor ihn kennenzulernen, was dann aber doch nie geklappt hat. Und jedes mal habe ich mich geärgert. Aber irgendwie hat das der Sympathie, die ich für ihn empfand, keinen Abbruch getan.
Er war ein alter Bekannter irgendwie. Einer, der als Beleg dafür gelten kann, wie nah man sich jemanden rein im virtuellen Raum fühlen kann. Und als ebensolcher Beweis wird er nun ein großes Loch in meine Timeline reißen. Ein sehr reales Loch. Nicht nur bei mir.
Ruhe in Frieden, Jörg.