Ist nicht die Vorstellung, dass niemand jemandem mehr Geld leihen würde, wenn alle Banken pleite gehen würden, auf dem selben Sand gebaut wie die idee, dass es keine Musik mehr gäbe ohne Musikindustrie?
Archiv für den Monat: Februar 2009
Grundeinkommen
Ich habe gezeichnet. (Schnell! heute ist Ende der Zeichnungsfrist) Ich bin mir nicht sicher, ob das alles so klappen würde, wie es dort steht. Ich bin auch nicht sicher, ob das Grundeinkommen schon der Weisheit letzter Schluss ist. Was mir aber gefällt, ist diese grundsätzlich andere Herangehensweise, weil ich an dessen Notwendigkeit keinen Zweifel habe. Und ich finde es gut und richtig die Politiker mit dieser Petition zu zwingen, sich ernsthaft mit diesen Herangehensweisen auseinanderzusetzen.
Denn für mich sind ein paar Gedanken in dem Konzept Grundeinkommen entscheidend, die ich, jedenfalls im Kontrast zum derzeitigen System, für zukunftsweisend halte:
1. Dass beispielsweise eine Besteuerung des Arbeitslohnes ein Anachronismus ist, der schnellstens abgeschafft gehört.
2. Dass der Zusammenhang: Arbeit/Geld nicht die Relation hat und nie gehabt hat, als es uns die so genannten „Leistungseliten“ hatten weismachen wollen.
3. Und als letztes und entscheidendes: Dass die Menschen seit immer schon dafür arbeiten, weniger oder gar nicht mehr arbeiten zu müssen. Das scheinen einige Menschen völlig vergessen zu haben.
Und das ist ein Gerechtigkeitsproblem: Obwohl wir immer bessere Maschinen bauen, obwohl durch Computer, Vernetzung und und neue Tools, die Produktivität des Einzelnen immer weiter steigt, spiegelt sich diese Leistungssteigerung nicht in seiner Lohntüte wider. Oder in seiner Freizeit. Sondern einzig und alleine in den Ausschüttungen der Kapitalbesitzer.
Und das obwohl wir theoretisch bereits an jener Schwelle stehen, wo keiner mehr arbeiten bräuchte, der es nicht will – sofern das Erwirtschaftete gerecht verteilt würde. Eigentlich ist das ein Unding, dass wir Menschen nicht schon längst die Früchte der Rationalisierung und Automatisierung, der Computerisierung und der Robotik eingefordert haben. Ich kann es mir nur so erklären, dass die Ideologie der Arbeitsgesellschaft, noch tief in den Köpfen steckt. Deswegen fordern die meisten noch heute nicht die Früchte ihrer Produktivitätssteigerung, sondern das, was sie damit abgeschafft haben: Arbeit. Hirnrissig? Hirnrissig!
Aber ich habe den Eindruck, dass da weiterhin eine tiefsitzende Ideologie in den Köpfen arbeitet. Dieses calvinistische Erbe, die protestantische Arbeitsethik, die dem Kapitalismus alter Prägung zum erforderlichen Schwung verhalf. Es ist nichts anderes als die „Sklavenmoral“ Nietzsches, die die unteren Schichten unten hält, mit so genannten Tugenden der „Rechtschaffenheit“ und der „ehrlichen Arbeit“. Ein Weltbild in dem „Fleiß“ schon irgendwie zum „Erfolg“ führen wird.
Wäre ich Gegner des Grundeinkommens würde ich meine Motivation mal nach diesen Ideologemen untersuchen.
Bekenntnis
Als ich etwa 11 war, beschloss ich für mich, nicht mehr an Gott zu glauben. Es kam mir alles irgendwie nicht sehr schlüssig vor, was ich über diesen Typen gehört hatte. Ich sagte das meinen Eltern und sie meinten: Ok. Aber sie rieten mir, dass ich mich dennoch konfirmieren lassen solle. Der Geschenke wegen. Ich fand das einen okayen Deal.
Trotz meiner atheistischen Überzeugung habe ich mich aber immer für Religionen interessiert. Bis heute. Meine Eltern hatten -unter vielen anderen – auch sehr gläubige Freunde. Ich ließ mich, immer wenn sie zu Besuch waren, gerne auf Gespräche über Gott ein. Ich dachte ja auch manchmal, ich habe das ganze einfach noch nicht verstanden. Dem war nicht so. Ich glaubte halt einfach nicht an Gott.
Die Gespräche waren nichtsdestotrotz immer gut. Diese Menschen, die an Gott glaubten, waren ja auch meist kluge Leute. Niemals kam ich auf den Gedanken, ich könne ihnen intellektuell überlegen sein. Bis heute nicht. Und ich habe auch heute noch Freunde, die offen dazu stehen, an Gott zu glauben. Leute, die ich auch ihres Intellekts wegen schätze.
Ich glaube heute, dass mir tatsächlich eine gewisse Disposition zum Glauben fehlt. Ich glaube aber nicht, dass das notweniger weise ein Vorteil ist. Es ist eben so. Ich bin so, andere sind anders. Manchmal beneide ich sogar meine gläubigen Freunde. Aber nur sehr selten.
Niemand hat jemals ernsthaft versucht, mich zu missionieren. (Lassen wir den Dorfpfarrer mal beiseite, der im Konfirmandenunterricht einfach seinen Job gemacht hat) Ich habe nie einen Druck verspürt, zur anderen Seite herüber wechseln zu müssen. Alle gläubigen Menschen, die ich je traf haben auf Anhieb meinen Atheismus akzeptiert. Und ich habe wahrscheinlich genau deswegen meine Welt nie in Gläubig/Ungläubig eingeteilt.
Klar, ich habe den Papst kritisiert, immer wenn ich ihn kritisierenswert fand. Bei „das Leben des Brian“ habe ich herzhaft gelacht. Ich glaube sogar, mit gläubigen Freunden zusammen. Ich kann jederzeit, und auch hier, frei heraus sagen: „Lieber Gott, ich glaube nicht an Dich!„, ohne dass ich mich um meinen Platz im Himmel fürchte. Ich halte religiösen Fanatismus für schlimm. Aber eben nicht für schlimmer als jeden anderen Fanatismus auch.
Wahrscheinlich kann ich deswegen mit diesem triumphierenden „Ha! Ich bin Atheist und du bist doof!“ a la Dawkins nichts anfangen. Im Gegenteil. Es widert mich an.
Ich bin Atheist. Aber keiner, der sich deswegen auf die Brust schlägt. Ich halte Menschen, die sich durch ihren Atheismus definieren, für ebenso gefährlich, wie Menschen, die sich durch ihre „Christlichkeit“ oder sowas definieren. Ich möchte mit beiden bitte nichts zu tun haben. Denn diese Menschen sind Leute, die eine Grenze ziehen wollen, damit sie die jeweils andere Seite wahlweise als ketzerisch oder dumm darstellen können.
Ich hasse Menschen, die ihre Überzeugungen über die ihrer Mitmenschen stellen wollen. Ich halte diese Menschen für das Übel in der Welt und nicht die Heterogenität von Weltbildern. Die halte ich weiterhin für gut.
Gegen die Bahn mobil machen
Eigentlich ist es nicht zu fassen. Was sich Mehdorn in der Geschichte der Bahn bereits alles erlaubt hat, hätte für jeden anderen schon zu einer ganzen Reihe von Rücktritten geführt. Und Rücktrittsforderungen gegen ihn sind ja nun nicht neu. Auch nicht aus der Politik. Ich schätze in Deutschland hat noch kein anderer Mensch innerhalb eines Postens so viele Rücktrittsforderungen überlebt. Und das, obwohl der Posten auf dem er sitzt, ein politischer ist.
Passiert ist bisher gar nichts. Damals noch von Schröder installiert, scheint Mehdorn vor allem in der SPD aber auch immer mehr in der CDU absolute Narrenfreiheit zu haben. Dazu dieser interessante Sternartikel.
Wie kann das sein? Da kann man nur mutmaßen:
[Link]
Zur Erinnerung: Was der Kerl schon alles auf dem Kerbholz hat:
- Das Tarifreformdesaster vor ein paar Jahren. Eine Tarifreform, die sich als derart unhinnehmbar erwies, dass sie in großen Teilen komplett zurückgenommen werden musste. Eine unglaublich peinliche Angelegenheit und der endgültige Ausweis der betriebswirtschaftlichen Inkompetenz der Bahnführung.
- Der spektakuläre Tarifkampf mit den Gewerkschaften. Mehdorns Politik der verbrannten Erde kostete dem Unternehmen allein durch den Tarifkampf und die Streiks mehr Geld, als die Gewerkschaften überhaupt hätten fordern können. Mehdorn ist alles egal, außer seinem Ego.
- Die Wartungsschlamperei und die technischen Mängel an den ICEs. Es musste immer erst etwas passieren, dass dort richtige Kontrollen stattfanden. Sparzwang galore.
- Bahnpersonal setzt mehrfach Kinder, die im Besitz keines oder eines falschen Fahrscheins sind, alleine irgendwo in der Walachei aus.
- Das schlampige Verrottenlassen/bzw. das Aufgeben von Bahnstrecken. Auch hier der Sparzwang, der die Sicherheit der Fahrgäste aufs Spiel setzt und ganze Regionen unerreichbar macht.
- Die unverschämten Boni, die er für sich und seine Topmanager im Falle eines Börsengangs der Bahn plante. Und dann nur auf öffentlichen Druck zähneknirschend wieder strich.
- Überhaupt: Das Börsengangchaos. Völlig merkbefreit will Mehdorn trotz der schlechten Vorbereitung der Bahn und vor allem dem Chaos an den Finanzmärkten auf das Parkett drängen. Wurde er angestellt das Unternehmen zu ruinieren?
- Und jetzt die Bespizelungsaffaire im monumentalem Ausmaß. Bigottes Leugnen, dehnen der Wahrheit und scheibchenweises Fabulieren von Quasieingeständnissen. Sich winden unter der Last der Stasimethoden, die es auf eigene Mitarbeiter anwandte. Der Mann ist ein Krimineller!
- Und jetzt schlägt die Bahn dem ganzen den Boden aus. Jetzt mahnen sie Netzpolitik.org ab, weil Markus den Text einer internen Gesprächsrunde dort gepostet hatte. Es hatten bereits viele Medien explizit aus diesem Dokument zitiert, aber keines hat es für nötig gehalten es in seiner Ganzheit zu veröffentlichen. Markus tat es und wurde sogleich von der Bahn kassiert. (Dazu ein Interview mit Markus)
Es wird Zeit, dass aus den Rücktrittsrufen der Politik endlich auch Taten folgen. Die Politik soll endlich aufhören, Mehdorn zu decken. Mehdorn soll endlich zurücktreten. Er hat die deutsche Verkehrspolitik schon lange genug behindert. Mit seinen Skandalen kann man Romane füllen. Egal, was der Mehdorn für Dossiers über Politiker haben sollte, so jemanden an der Spitze eines derart wichtigen Unternehmens zu belassen ist nicht nur absurd, es ist geradezu kriminell.
Wenn wieder einmal nichts passiert und Hartmut Mehdorn damit durchkommt, dann bin ich gewillt Strafanzeige gegen Unbekannt zu stellen. Wegen Korruption.
Derweil sollte man sich überlegen, was man noch für Druckmittel auf die Politik hat, dass sie endlich handelt. Vielleicht eine Petition?
PS: Ich habe beim Googln eine Version des abgemahnten Dokumentes hier gefunden. Nur für den Fall, dass Markus gezwungen wird, das Dokument zu löschen.