Bichsel

Eine innige Jugenderinnerung wurde mir zu Weihnachten zurückgeschenkt. Die „Kindergeschichten“ von Peter Bichsel hatten meine Schwester und ich damals in endlosen Nächten als Hörspiel von Audio-Kassette gehört. Nun hat sie sie mir als Hörbuch auf CD unter den Weihnachtsbaum gelegt und ich kann kaum aufhören mich darüber zu freuen.

Diese Geschichten sind so faszinierend wie geheimnisvoll. Sie erzählen meist aus dem Leben der ganz normalen Menschen in der ganz normalen Welt. Aber normal sind diese Menschen nur zum Schein. Im Grunde ist es gerade die Normalität, die sie dazu bewegt terroristische Anschläge gegen diese zu verüben. Aus ihrem normalen Leben scheren sie aus, sagen dem Alltag den Kampf an, sprengen ihn in die Luft, vergiften oder ertränken ihn.

Aus diesen Versuchsanordnungen spinnt Bichsel das Gewebe dessen nach, was wir Wahrheit nennen, und dessen wir uns bisher so sicher waren – bis jetzt. Die Wahrheit über die Wahrheit kommt eben erst ans Licht, wenn sie bereits zu Boden gefallen ist oder vielmehr gewaltsam an der Wand zerschmettert wurde, wenn jedenfalls ihre Scherben die immanente Struktur offenbaren. Deshalb ist die Wahrheit immer genau das, was in diesen Geschichten als mutwilliger Akt fallen gelassen wird, nämlich die Wahrheit als letzte Gewissheit, als langweilige, weil immer gleiche Gewissheit der Welt, des Lebens und des Selbst.

Das was in diesen Experimenten aber als Rückstand verbleibt, ist immer der Wissenschaftler selber. Und nur er. Denn wenn die Welt erst ins Straucheln gerät und in einer metaphysischen Staubwolke um ihn herum versinkt, dann steht er völlig allein am „Ground Zero“ der Erkenntnis. Da ist nichts mehr was ihn umgibt, nichts mehr, was der Versuchsanordnung standgehalten hätte. Denn wenn die Wahrheit zerstört, die falsche Gewissheit zu Bruch gegangen ist und der Mensch triumphierend über ihren Scherben steht, merkt er erst wie unendlich einsam er da steht. Sein Triumpf gegen die Wahrheit ist wohl nur einer gegen die Konvention, jedoch damit auch ein Triumpf gegen die Gemeinschaft oder gar gegen die Möglichkeit von Gesellschaft im Allgemeinen. Wahrheit ist Konsens. Nicht mehr aber auch nicht weniger.

Deshalb sind die meisten Protagonisten äußerst tragische Figuren. Ihre Rebellion endet oft in absoluter Einsamkeit, denn – und das ist die Moral der meisten Geschichten Bichsels – man ist immer auch ein Teil dessen, wogegen man aufbegehrt.

Da stellt sich also einer hin und behauptet „Amerika gibt es nicht.“. Der Nächste will den wirklichen Beweis am eigenen Leib erfahren, dass „die Welt rund ist“. Wieder einer ist davon gelangweilt das der Tisch „Tisch“ heißt und beginnt die Dinge einfach nach gut dünken umzubenennen, nicht ahnend, dass in dieser seiner Privatsprache die Vereinsamung schon eingeschrieben ist. Aber Bichsels Menschen sind stur. Sie nehmen die Einsamkeit in Kauf für die Exklusivität ihrer Wahrheit. Ein Tisch ist kein Tisch. Ach, leckt mich doch alle!

Diese Geschichten waren sicher meine erste prägende Beschäftigung mit Philosophie oder sogar schon direkt mit Sprachphilosophie. Vielleicht wäre ich ohne sie jetzt Maschinenbauingenieur oder Informatiker. Vielleicht hätte ich mich auch den Naturwissenschaften zugewendet, um dort die Wahrheit der Welt zu suchen. Vielleicht hätte ich auch einfach eine Leiter genommen, sie an das Hausdach des Nachbars gelehnt, wäre darüber gestiegen und dann immer weiter nach Westen gegangen, bis ich vom Horizont verschluckt worden wäre. Nur um nachzusehen, ob sie denn wirklich rund ist, die Erde.

Lieber Herr Wetten-dass-Winkel,

ich habe ihr Kommentar an dieser Stelle gelöscht. Trotz der durchaus amüsanten Aktion, die ich auch bisher mit einem Schmunzeln verfolgt habe, wenn ich mich auch nicht direkt beteiligt habe, werde ich mich nun empört davon abwenden.

Denn das hier ist einfach schlicht und ergreifend SPAM:

mcwinkel hat gesagt…

Wo wir heute mal beim off-topic sind:

Weiter mit Werbung,

ab sofort:
http://www.mc4wettendass.de/

Reinschauen!

MC Winkel übernimmt “Wetten, dass..?”

Du möchtest verlinkt werden?
http://www.mc4wettendass.de/links/link-me/

Montag, Dezember 26, 2005

Um es vorweg zu sagen: Es ist mit egal, ob es hier kommerzielle Interessen gibt oder nicht. Ein Kommentar, der dermaßen Offtoppic und unpassend gesetzt wird, zeugt davon, dass der zughörige Artikel nicht einmal angelesen wurde. Es wurde also blindlings drauflos kommentiert, Hauptsache man ist seinen Müll los. So was ist eine Beschmutzung, weil das dadurch demonstrierte Desinteresse, gepaart mit dem unbedingten und zwanghaften Ausscheiden der eigenen Botschaft, nur einen kommunikativen Hundehaufen hinterlässt, der in meinem frisch geharkten Blog-Vorgarten schlicht nichts zu suchen hat!

Im übrigen glaube ich kaum, dass der Kommentar tatsächlich wirklich von ihnen, MC Winkel stammt. Auf der wohlorganisierten Aktionsseite sind ja viele Unterstützer angegeben, die die Aktion vor allem auch mit eigener PR -Arbeit pushen sollen. Vielleicht gehört ja der übereifrige Kommetarspam auch dazu.

Nun Herr Winkel, ich glaube erstens nicht, dass sie das nötig haben und zweitens nicht, dass dass sie „Wetten dass…?“ moderieren werden. Aber wenn das dann doch klappen sollte, hoffe ich, dass ich nicht bald Haribo-Werbung von ihnen in meinen Kommentaren finde.

Schönen Gruß

mspro

frohes Fest und sonstige Wünsche

Ich sach dann auch schon mal vorsorglich „tschüss“ und ein frohes Fest und so, obwohl ich nicht glaube, dass ich das Bloggen über Weihnachten sein lassen werden kann. Aber sicherlich wird es weniger werden, so oder so.
Auf diesem Wege auch Grüße zurück an all meine Lieblingsblogs (nein, das sind längst nicht alle), weil ich kein Bock habe jedem die Kommentare mit meinen Feiertagsschulterklopfen zuzukleistern. Nur dem Don, dem wünsch ich statt ein frohes Fest eine frohes Schaffen (wie mir übrigens auch) – ich werde auch versuchen mitzulesen 😉

unmissverständlich

Der Hamburger Weihnachtsmarkt wird zur Zeit flankiert von den Seelenhäschern der Scientologen. Man erkennt sie daran, dass gut bürgerlich, beinahe spießig angezogene Leute ansonsten kaum irgendwo Flyer verteilen. Nur mit entsprechendem Glühweinanteil im Blut ist das vielleicht ein wenig missverständlich. Aber als wir mit unserer Seelenretterin mitdackelten, war das Missverständnis bereits ausgeräumt. Wir gingen hinüber in das große gelbe Gebäude der Scientology Kirche, die sich hierzulande leider nicht Kirche nennen darf, weil ihr der Kirchenstatus aberkannt ist, also eher keine Kirche ist, sondern nur so ein großes Haus. Ein wenig missverständlich vielleicht, wie so vieles im Leben.

Eigentlich wollten wir uns nur den Film ansehen, aber die uns zugeteilte Missionarin ließ uns zunächst eine kleine Ausstellung mit großen Informationstafeln besichtigen. Ich muss sagen, es war tatsächlich eine Erleuchtung.

Besonders war ich beeindruckt über die scientologische Behandlung von Missverständnissen. Auf einer der ausgestellten Tafeln wurde uns erklärt, dass viele Leute Probleme beim Lesen und verstehen von Texten haben, weil sie mache Worte und Begriffe missverstehen. Weil der „Sinn“ und die „Bedeutung“ der Worte nicht richtig eingeordnet werden. Scientology kann hier wirklich helfen, wurde uns versichert. Ungläubig fragte ich nach, ob sie tatsächlich eine Methode gefunden hatten, die Missverständnisse aus der Sprache zu bannen und so die „reine“ Bedeutung und den unmissverständlichen, idealen Sinn endlich freizulegen. Ich war baff: Die Antwort war „ja“. Schlicht: „Ja“, ganz unbeirrt und einfach nur „ja“. Punkt.

Vor meinem inneren Auge sah ich Leibnitz auf die Knie fallen, sah Frege eine Träne ausdrücken und ein seliges Lächeln im Gesicht Wittgensteins sich bilden.

Eine Tafel weiter war das „magische Dreieck“ erklärt: „In der Scientology haben wir ein magisches Dreieck – nur bezeichnen wir es nicht als magisches Dreieck. Wir nennen es einfach ARK“ WOW. ARK, das „magische Dreieck“, dass nicht „magisches Dreieck“ geheißen, gerufen, genannt wird, war also ganz unmissverständlich jenes „Magische Dreieck“, das kein „magisches Dreieck“ war. Jetzt wurde mir alles klar…. Nur was ist ARK? Es steht für „Affinität“, „Realität“ und „Kommunikation“, also die drei Bestandteile des Lebens. Klar. Nur was genau meinen die jetzt mit „Affinität“? Ganz salopp „Liebe“. Ach so, ich hatte die „Affinität“ als allgemeine „Affirmation“ gedeutet, Affirmation der Lehren des Ron Hubbert, der Scientology also, eben das, was ich hier mache, das unhinterfragte Annehmen der reinen Lehre, das absolute nicht-missverstehen, den Glauben, aber nein, ich hatte das wohl schlicht missverstanden. Affinität ist einfach Liebe. OK, kann ja mal passieren. Gott sei dank wurde dies Missverständnis durch Ecke No. 2, der Kommunikation, erfolgreich ausgeräumt und so war ich doch noch in Ecke No. 3 angekommen, der Realität. Mein Nicht-magisches Dreieck ist also wieder gerettet.

Die nächste Tafel Bezog die bisherigen Erkenntnisse schließlich endlich auf Gott. Gut, Gott kenne ich, hab ich schon oft gehört. Also glaubt Scientology also an Gott? Nun ja, nicht ganz, war die Antwort, sie glauben nicht an den Bibelgott, oder sonst irgendeinen Gott sondern eher allgemein an ein höheres Wesen. Auch gut, also „Gott“, bitte nicht zu verwechseln mit „Gott“, also „Gott im eigentlichen Sinne“, so wie das „Magische Dreieck“ auch kein magisches Dreieck ist oder jedenfalls nicht so genannt wird. So langsam machte alles Sinn.

Nun, ja ich kann nun nicht sagen, dass ich das alles jetzt soooo genau verstanden habe. Aber ich habe ja auch noch nicht das scientologische Lerntraining absolviert. Vielleicht das nächste Mal.

Anja is back

Ja, ich bin wieder zwei. Damit geht ein Blogerlebnis der besonderen Art vorbei und ein Stück Leben wird mir zurückerstattet. Es gäbe hier verdammt viel zu erzählen, aber ich Arschloch behalte alles für mich 😉

HA!

Er hat zwar das WWW erfunden, aber ich blogge schon viel länger als er. Ätsch.

Ich bitte um einen sauberen Blattschuss

falls ich mal vom Time-Magazine zur Person des Jahres gewählt werden sollte. Kriegt ihr das hin? Danke.

Liebe Kinder,

nehmt mehr Drogen! Eure Eltern werden euch nicht mehr verstehen, ihr werdet eure Eltern nicht mehr verstehen, wenn ihr so weiter macht.

Kinder, schwänzt die Schule. Ihr seid alle viel zu gut, ihr seid alle viel zu schnell. Ihr lasst den Lehrern zu viel Freilauf. Die glauben irgendwann daran, dass sie euch im Griff haben und dann ist alles vorbei.

Kinder, baut Scheiße. Wenn ihr nicht bald was anstellt, dann wird das Gesetz verschärft, so dass ihr bald gar keine Möglichkeiten mehr habt, euren Frust abzuladen oder einfach mal die Sau raus zu lassen.

Kinder, hängt rum. Auf der Straße, auf den Spielplätzen, überall. Prügelt euch, probiert verbotene Dinge aus. Klettert auf Hausdächer und klaut Autokennzeichen. Wie sollen sich denn die Spießer über euch ärgern, wenn ihr das nicht tut?

Kinder, scheißt auf euren Lebenslauf. Macht doch mal das, was euch Spaß macht. Wenn die Chefs alle so straighte Typen auf dem Silbertablett serviert bekommen, wird es auch in eurer Firma kein freies Denken geben.

Kinder, ich bitte euch, nehmt endlich Drogen! So kann es nicht weiter gehen, wir steuern gerade auf eine riesige Generationskatastrophe zu. Eigentlich die erste echte Generationskatastrophe, die es je gab. Sie wird alles an bisher da gewesenen Krisen in den Schatten stellen. Denn Krisen sind wichtig. Sie stabilisieren die Gesellschaft, sie sind der einzige Schutz vor der Katastrophe. Kinder, nehmt verdammt noch mal Drogen. Ohne eure Krise sind wir aufgeschmissen.

Na endlich

eine Blogaktion, an der ich mich nicht beteilige….

(Nix gegen Herrn Winkel, aber ich würd „Wetten dass …?“ auch mit ihm nicht gucken… naja, vielleicht die erste Sendung…)

Aus irgendeinem Grund

sind mir die meisten Menschen, die „Dammtor“ in die S-Bahn einsteigen immer extrem unsympatisch …