Der Hyperlkult 15 an der Uni Lüneburg soll sich um Simulation und Modelling drehen. Interessantes Thema, wie ich finde und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich auch diesmal dabei sein werde. Ich frage mich, wie man das Thema jenseits des marktschreierischen Baudrillardismus aufbereiten kann. Ich denke, genau das soll versucht werden, ein nüchterner Blick auf die Simulation, wie sie heute Überall anzufinden ist, ihre erkenntnistheoretischen und erkenntniskritischen Aspekte sowie die allgemeine Computerisierung von Wissenschaft und Forschung.
Mich persönlich interessiert dabei vor allem die erkenntnistheoretische Seite am meisten. Simulation ist sicher ein schwieriges Denkfeld, weil man sich einerseits von dem Konzept der Nachahmung verabschieden muss aber andererseits die Unterscheidung von „Wirklichkeit“ und Simulation zwar brüchig wird, aber dennoch nicht überwunden wird.
Ich denke wir haben es hier mit einer weiteren Frage des Gesetzes zu tun. Genauer: dem Gesetz des Gesetzes.
Und wie das so bei den Gesetzen ist liegt ihre Unmöglichkeit wie ihre Möglichkeit zwischen der Einmaligkeit und der Allgemeingültigkeit. Und hier sind wir schon mitten in der Frage nach dem Begehren des Forschers und des Wissenschaftlers der die Simulation vorantreibt, weil er dem Gesetz auf die Schliche kommen will, dem einzigartigen Gesetz, dass er in seiner Simulation wiederholen will um es sich anzueignen. Die Wissenschaftler wollen ja schließlich keine Wirklichkeit nachbilden sondern „nur“ deren Gesetze erforschen. Die Möglichkeiten des Computers sind dabei allzu evident. Der Computer schafft es absolute Gesetzmäßigkeiten aufzustellen und zu reproduzieren. Genau das ist seine Stärke. Aber auch seine Schwäche. Denn er kann eben keine Nicht-Gesetzmäßigkeiten handhaben. Das ist ihm Verboten.
Hier kommt der Mensch ins Spiel. Seine Stärke ist die Produktion von Einzigartigkeiten. Egal was er tut macht oder sagt, jede Geste etc, ist für sich genommen Einzigartig und dennoch träumt er schon seit immer vom Gesetz und der Gesetzmäßigkeit das Einzigartige und unerschütterliche Gesetz, dass er Wahrheit nennt, dem er auf der Spur ist, immer ganz nahe dran, aber doch nie ganz. Dieser Mensch schafft sich also das, was wir Sprache nennen um alle seine Einzigartigkeiten wiederholbar zu machen, um sie als Gesetzmäßigkeiten dem Anderen aufzudrücken. Nun hat er das ideale Spielzeug dafür. Eine Gesetzmaschine. Und der Computer ist nie etwas anderes gewesen als das. Wenn dieser Mensch also diese Gesetzmaschine in Betrieb nimmt um Gesetzmäßigkeiten (die es vielleicht gar nicht gibt) zu erforschen, dann hat das diverse Auswirkungen, die – und das muss ich wohl an dieser Stelle zugeben – Baudrillard recht gut herausgearbeitet hat: Die Unentscheidbarkeit von Gesetz und Wirklichkeit. (Wobei ich das erstmal noch in Klammern denken würde. Da die „Wirklichkeit“ immer schon mehr ist als Gesetz, egal wie man sie definiert, sollte auch eine absolute Simulation unmöglich sein)
Denn – und das denke ich, hat Baudrillard nicht bedacht, das Gesetz nämlich setzt. Es setzt sich selbst in jeder seiner Anwendungen (heißen Programme vielleicht deshalb „Anwendungen“?) und wenn man dem Computer sagt: Das Gesetz sieht so und so aus, dann wird er dieses Gesetz nicht nur anwenden, sondern auch reproduzieren und der Forscher wir sagen: Ja genau so ist es. Der Computer bestätigt dem Forscher seine Gesetze. Das Gesetz war ja immer schon vor dem Computer da, und vor dem Programm. Nicht in der Realität, aber in ihrer Wahrnehmung.
Was der Computer aber niemals tun wird – und das ist vielleicht genau das Fatale – er wird das Gesetz niemals überschreiten. Er wird das Gesetz nicht brechen, sondern es befolgen, wie kein Mensch es befolgen könnte. Und dann fragt sich was das wiederum für Rückwirkungen auf das Gesetz hat. Ein Gesetz, dass sich nicht dehnen, biegen, transformieren und umgestalten lässt, ist das noch ein Gesetz? Ich denke an diese Frage sollte man sich richten, beim Nachdenken über Simulation.