Willkommen zu Krasse Links No 70. Holt den Leviathan aus dem Markow-Modell, heute stellen wir den Thanos-Effekt auf den Kipppunkt und kollabieren die Constraints zum „Superorganism“ des Antichrist.
Liebe Fahrgäste, wir erreichen soeben den ersten klimatischen Kipppunkt: das Absterben der Korallenriffe.
Mit dem weltweiten Absterben der Warmwasser-Korallenriffe hat die Erde den ersten Klima-Kipppunkt erreicht. Zu diesem Ergebnis kommt der internationale Forschungsbericht »Global Tipping Points Report 2025«. Damit sei die Welt in eine neue Realität eingetreten, heißt es in dem Bericht, den 160 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 87 Institutionen in 23 Ländern verfasst haben. […]
Der »Global Tipping Points Report 2025« stellt fest, dass die Warmwasserkorallenriffe – von denen ein Viertel aller Meereslebewesen sowie fast eine Milliarde Menschen abhängen – ihren Kipppunkt erreicht haben. Diese Strukturen würden weit verbreitet absterben, heißt es. Der wichtigste Faktor dabei sind Korallenbleichen. Bei hohen Wassertemperaturen stoßen die Korallen ihre lebenswichtigen symbiotischen Algen aus, die sie mit Nährstoffen versorgen.[…]
Mit der bereits erreichten globalen Erwärmung von rund 1,4 Grad sehen die Fachleute die Grenze zu dieser sich selbst beschleunigenden Riffzerstörung überschritten. Selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass sich die menschengemachte Erderwärmung künftig bei 1,5 Grad stabilisieren lasse, sei ein weitreichender Verlust dieser Ökosysteme praktisch sicher.
Die nächsten Haltestellen sind
- „großflächiges Absterben des Amazonas-Regenwalds“ (bei 1,5 Grad) und
- das Kippen des Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC) bei irgendwo unter 2 Grad.
Vielen Dank für ihre Vertrauen in den Kapitalismus und auch weiterhin eine angenehme Reise.
„Relational Materialism“ is all about Constraints. Die Idee ist, dass uns das „freie Denken“ übelst in die Irre geführt hat und dass wir das Denken durch das Einsperren in „Constraints“ wieder produktiv machen können. Die Inspiration dafür ist Donna Haraways Einwand gegen die „Perspektive von Nirgendwo“, die als „Objektivität“ nicht nur in der Wissenschaft, sondern auch in unserer Alltagssprache ihr Unwesen treibt.
Aber weil ich gleichzeitig nicht glaube, dass mit der Objektivität auch die Möglichkeit und Notwendigkeit verschwindet, Aussagen mit Allgemeingültigkeitsanspruch zu formulieren, sammle diese Constraints und behaupte:
Der Mensch ist ein situiertes, pfadabhängiges und sequenzielles Wesen.
Als Erkenntnis ist das im Einzelnen nichts wirklich neues, sogar trivial, klar, aber die eigene Sicht auf die Welt ändert sich, wenn man diese Constraints wirklich ernst nimmt und übt, mit diesen Beschränkungen zu denken und zu sprechen und meine Hoffnung war zunächst, dann weniger Unsinn zu reden. Aber nach und nach merke ich, wie diese Sichtweise auch neue sprachliche und damit gedankliche Pfade öffnet.
Peter Thiel gab vier Vorlesungen zum Antichrist. Mir behagt es nicht wirklich, seine Gedanken widerzugeben, als wären sie etwas, was man irgendwie intellektuell ernst nehmen müsste. Weil Peter Thiel aber leider enorme Macht hat – ja, über uns alle – müssen wir alles, was er sagt und schreibt, als mehr oder minder konkret formulierte Drohung interpretieren. The Guardian hat in die geleakten Mitschnitte reingehört.
Der Constraint gegen die „Objektivität“ zwingt mich z.b. dazu, Dinge multiperspektiv zu denken und das hört sich gleichzeitig banaler und anstrengender an, als es ist: Klar, jede Perspektive ist „Einzigartig“ und so, aber dann halt auch doch nicht?
Hier kommt nämlich eine der zweite Constraint produktiv zum Tragen: wir sind materielle Wesen in einer materiellen Welt, also zweifache Weise pfadabhängig: Wir kommen immer irgendwo her und wollen/müssen immer irgendwo hin. Als Menschen sind wir abhängig von Nahrung, Sauerstoff, Wasser, körperliche Sicherheit, ein Dach über den Kopf, Gesundheit, einem Einkommen, der Kanalisation, Freunden und Familie, dass ich den Bus noch erwische und diesen Newsletter endlich fertig kriege. Aber alle Abhängigkeiten haben eine Geschichte, sind also ihrerseits pfadabhängig und zu einem früheren Zeitpunkt waren die Pfadabhängigkeiten einmal Pfadgelegenheiten, usw.
Der Constraint wird produktiv, wenn wir daraus ableiten, dass jeder Mensch in jeder Situation ebenso eingeschränkt ist, wie ich, nur anders, d.h. ein endliches, plausibles Set an materiellen Pfadgelegenheiten hat.
Nehmen wir hier Peter Thiel als nur scheinbar schwieriges Beispiel (ich hatte das bereits mal grob ausgeführt). Er ist sehr, sehr reich, er ist tief konservativ geprägt und er ist ständig nur unter seinesgleichen: weiße, reiche, mächtige Männer aus Silicon Valley und kaum jemand darunter, der „nein“ zu ihm sagt. Turns out: Es ist gar nicht so schwer, sich in jemanden hineinzuversetzen, der gleichzeitig so viel und so wenig Pfadgelegenheitsvielfalt genießt.
Thiel said that international financial bodies, which make it more difficult for people to shelter their wealth in tax havens, are one sign the antichrist may be amassing power and hastening Armageddon, saying: “It’s become quite difficult to hide one’s money.”
Thiels Gebrabbel ist nicht wirklich eine Reflexion über die Welt, sondern ein unwillkürlicher Ausdruck seiner pfadabhängigen Perspektive: Alles, was ihn, Christus, äh, Thiel an der Ausübung seiner unbeschränkten Macht (und die seiner Freunde) hindert – ja was soll das schon anderes sein, als der Antichrist?
In the 21st century, the antichrist is a luddite who wants to stop all science. It’s someone like Greta or Eliezer.
Peter Thiel hat einfach den intellektuellen Hosenstall offen, ist aber zu mächtig, als das jemand lacht. Das macht ihn aber nicht ungefährlich, im Gegenteil. Und speziell angepasste Religiosität als Erlaubnisstruktur zur Weltherrschaft ist jetzt nicht wirklich was neues.
Nach dem Raussenden des letzten Newsletters hat mich das Thema Purge-Koalition nicht losgelassen und daher habe ich immer weitergeschrieben, meine Formel zu Netzwerkmacht aktualisiert und anhand einer Beispielrechnung versucht, vorstellbar zu machen, welche Effekte eine solche Purge-Koalition zwischen allen großen Plattformen hätte.
Ich bin danach noch weitergegangen und habe extra den Thanos-Effekt erklärt und versucht, den Effekt der Zusammenarbeit großer Plattformen auf ihre Plattformmacht anhand einer editierbaren Beispielrechunung plausibel zu machen.
Auch wenn das alles quick und dirty war, stehe ich zu den Schlussfolgerungen, weswegen ich mich mit den verhaltenen Reaktionen immer noch nicht abfinden will. Deswegen ist dieser Newsletter auch der Versuch, den dahinterstehenden und zugegebenermaßen ideosynkratischen Begriffs- und Methodenapparat nochmal etwas besser zu erklären.
Die hier schon mal behandelte neuerliche Parteinahme Ezra Kleins für den Faschismus wird immer genauer aufgearbeitet. Der aktuelle neue beste Text dazu kommt jetzt von A.R. Moxon.
Er analysiert zwei Zitate von Klein, unter anderem „we are going to have to live here with each other“ aus dem Monolog vor dem Interview mit Ben Shapiro und arbeitet exakt heraus, was daran so falsch ist. Das andere Zitat ist nicht so wichtig, aber kommt aus dem absolut hörenswerten Gespräch mit Ta-Nehisi Coates, ein Podcast, den ich wirklich jedem ans Herz legen kann.
Moxon schreibt:
This is the grain of sand at the center of the pearl of my ire, because „we are going to have to live here with each other“ is the exact premise that Republicans do not agree with any of us about, and while Klein in his remarks pays lip service to some of the recent proofs of this clear fact, in his analysis of what to do about it, he excises this reality entirely. In his mind, he and Kirk were just two guys, both trying to change the country for what they thought was good. It’s a bond. Never mind that what Kirk thought was good was the American military in the streets of Chicago, and mass kidnapping in service of a white ethnostate, and the end of bodily autonomy for women and queer people, and so forth. In the Klein world, moral clarity about abuse is polarizing, and polarization, not abuse, is the problem to solve.
„we are going to have to live here with each other“. Dieser Satz hört sich so richtig und absolut unverfänglich an, jeder Mensch bei Verstand würde ihm zustimmen, aber er ist eben kein allgemeingültiger Satz. Der Satz ist teil eines konkreten Sprechaktes an einem konkreten Ort und konkret an jemanden gerichtet. „Living together“ ist niemals nicht relational und niemals nicht pfadabhängig.
We are going to have to live here with each other. Not an option if you are trans, as long as supremacists (or those who would capitulate to them in the name of winning) are still permitted to wield the levers of power. Not an option if you are an immigrant. Not an option if you are pregnant with a complication. Not an option if you are sick, or out of work. Not an option if you are homeless. And eventually not an option if you are in opposition in any way to the dictator president and his coterie of supremacists, or if you just happen to fall afoul of somebody with a grudge and a trigger finger and not much to lose. Not even an option if you are Charlie Kirk, it turns out.
Damit entlarvt Moxon Ezra Kleins Kirk und Shapiro-Apopologien als das, was sie sind: als persönliche Pfadentscheidung darüber, mit wem er „going to live together“ praktizieren will und mit wem nicht.
By his own admission, Kirk’s murder affected Ezra Klein in a personal way that all the previous acts of supremacist violence committed against all its other targets across the span of history did not. So we see that Klein recognizes a „we“ in Charlie Kirk that he does not recognize in trans people or in any of the other people I listed in the previous paragraph. In this, he reveals to us—perhaps without even knowing he is doing so—that for him, the disagreements he has with Charlie Kirk and Ben Shapiro are window dressing compared to the fundamental kinship he feels to them, three princes of public discourse, just trying their best to do what’s best, whether „what’s best“ is feeding a hungry kid or blowing him up or zip-tying his hands behind his back in the middle of the Chicago night.
When Klein scolds that „we have to live here with each other“ he is making a statement about who it is he is getting ready to live with and who he is getting ready to live without, and most gallingly he is ignoring the fact that when it comes to supremacists all of us have been living with them already all along. Nobody is suggesting mass deportation of white supremacists, or the dissolution of straight marriages, or stripping away health care for conservatives. The troops and the cops weren’t ever sent down primarily white streets, masked kidnappers aren’t terrorizing white churches or corporate boardrooms or white-collar courts. These supremacist hatemongers are being criticized, yes, and opposed, yes, and yes the culture of violence they have created sometimes ricochets back on them, but we are living in the country they demanded on having. We are all now experiencing the Republican proposition for humanity.
Eine plausible Möglichkeit, den Menschen in seinen Constraits zu modellieren, ist es, sich ihn als Pfadopportunisten vorzustellen. Das was Menschen sind, sagen, denken, glauben und tun ist weniger eine Reflexion ihrer individuellen „Persönlichkeit“ (wobei: das spielt sicher auch mit rein), als ihrer materiellen und semantischen Pfadabhängigkeiten. Das Sein bestimmt das Bewusstsein.
Klein ist weiß, Staatsbürger, wohlhabend, mit hoher gesellschaftlicher Stellung – er hat etwas zu verlieren. Gleichzeitig ist er als vornehmlich linksintellektuell wahrgenommener Vordenker auch sehr angreifbar gegenüber dem Trumpfaschismus. Kirk und dann Shapiro, waren für ihn jeweils Pfadgelegenheiten diese Vulnerabilität, wenn nicht aufzuheben, so doch abzuschwächen? Auf Kosten von wem auch immer. Coates war eingeladen, um ihm die Erlaubnis dafür zu geben. Er bekam sie nicht.
Macht ist ein Potential und daher äußert sie sich abseits von konkreten Gewaltakten nie direkt, sondern meist indirekt über aggregierte Effekte auf Dividuen (wie Ezra Klein oder Peter Thiel) und ihren Pfadentscheidungen. Man kann sich das besonders gut an der Netzwerkmacht klar machen.
Von der Wikipedia gibt es diese Darstellung von Netzwerkeffekten.
Stellen wir uns vor, diese Netzwerke repräsentieren unterschiedliche Kommunikationsstandards mit verschieden großen „installed bases“ – Netzwerk A, B und C –die qua Größe unterschiedliche Netzwerkmacht inne haben.
Der relationale Materialismus (und Richard M. Emerson) zwingt uns, Macht als relationales Verhältnis zu denken: Macht ist immer Macht von jemanden über jemanden. Genauer: sie ist die Kehrseite von Abhängigkeit und damit ist sie integraler, aber genau deswegen unsichtbarer Teil unserer Perspektive auf die Welt.
Um sich das vorzustellen, muss man sich von einem mechanischen, kausal determinierten Abhängigkeits- und Machtbegriff lösen und zu einem kleinteiligen, alltäglicheren und bezogeneren Machtbegriff kommen. Macht ist eine soziale Tatsache, in der wir alle auf vielfältige Arten einbegriffen sind, ob wir es merken oder nicht, oder ob es uns das passt oder nicht.
Wie Netzwerkmacht in der jeweiligen konkreten Wirklichkeit aussieht, kann man sich an einer plausiblen Entscheidungsmatrix eines Nutzenden klar machen.
Klar, kann ich Netzwerk A oder B nehmen, aber C beinhaltet die wichtigsten Pfadgelegenheiten? Die Substitutionsmatrix sieht dann so aus.
Weil Netzwerk C so netzwerkzentral für meine Pfadgelegenheiten ist, fällt meine Entscheidung auf C. Aber hier die Preisfrage: Habe ich das nun „frei“ entschieden?
Die relativ hohe Netzwerkmacht des Netzwerks C bedeutet weder, dass ich zu Netzwerk C gezwungen werde, noch, dass alle zu Netzwerk C rennen, sondern „nur“, dass es wahrscheinlich ist, dass viele zu Netzwerk C rennen, weil das ihre je relational materielle Sicht auf das Netzwerk nunmal nahe legt.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die „plausible Entscheidungsmatrix“ auch ganz anders aussehen könnte. Manche haben alles was sie brauchen in Netzwerk B, manche brauchen eh nicht viel und nutzen A, manche sehen keinen Nutzen in irgendwas davon. Aber das sind wahrscheinlich weniger. Aber diese unterschiedliche Wahrscheinlichkeit – diese Nichtzufälligkeit – ist Ausdruck der relativen Netzwerkmacht von Plattform C.
Dieser Unterschied ist real und hat Effekte auf die Welt und bei entsprechend großen Netzwerken sind die aggregierten Effekte eben so groß, dass du von dem, was dort passiert, selbst dann betroffen bist, wenn du dort gar keinen Account hast.
Schon 2020 schrieb N.J. Hagens ein Paper namens Beyond the superorganism, in dem er eine, wie ich finde plausible Erzählung unseres Wirtschaftssystems als „self-organized, mindless, energy seeking Superorganism, functioning in similar ways to a brainless amoeba using simple tropisms“ vertritt.
Diese Superstruktur – oder wie wir hier sagen: der materiell-semantische Komplex des Kapitalismus, ernährt sich nicht nur, wie Marx analysierte, von Menschenblut (Arbeit), sondern vor allem auch von Energie, vorrangig fossile Energie.
Major transitions in human societies over the past 10,000 years were linked to the benefits from different energy types and availability (Day et al., 2018). Industrialization changed the historic human relationship of energy capture from using the daily flows of nature to using technology fueled by large amounts of cheap fossil energy.
One barrel of crude oil can perform about 1700 kW h of work. A human laborer can perform about 0.6 kW h in one workday (IIER, 2011). Simple arithmetic reveals it takes over 11 years of human labor to do the same work potential in a barrel of oil. Even if humans are 2.5x more efficient at converting energy to work, the energy in one barrel of oil substitutes approximately 4.5 years of physical human labor.
This energy/labor relationship was the foundation of the industrial revolution. Most technological processes requires hundreds to thousands of calories of fossil energy to replace each human calorie previously used to do the same tasks manually. Consider milking a cow using three methods (see Fig. 2): manual (human labor energy only), semi-automated electric milking machines (1100 kW h per cow per year), and fully au- tomated milking (3000 kW h per cow-year). The manual milker, working alone, requires 120 h of human labor per year per cow; semi-automated machines require 27 h of labor; and full automation, 12 h. We’ll estimate that the human milker generates economic value of $5 an hour working alone. Using electric milkers at $0.05 per kWh, output rises significantly and—because cheap electricity substitutes for so many human hours of labor—the revenue increases to $19 per hour with semi-automated milkers and to $25 per hour with the fully automated technologies.[…]
At 4.5 years per barrel, this equates to the labor equivalent of more than 500 billion human workers (compared to ∼4 billion actual human workers). The economic story of the 20th century was one of adding ancient solar productivity from underground to the agricultural productivity of the land. These fossil ‘armies’ are the foundation of the modern global economy and work tirelessly in thousands of industrial processes and transportation vectors. We didn’t pay for the creation of these armies of workers, only their liberation. Transitioning away from them, either via taxation or depletion, will necessarily mean less ‘benefits.’
Ein gehöriger Teil der ökonomischen Blindheit, die die Hegemonie der Neoklassischen Wirtschaftstheorie in die gesellschaftlichen Diskurse injiziert hat, ist die Verdrängung von Pfadabhängigkeiten. Das Gleichsetzen aller Güter und Rohstoffe über ihren Preis erschafft die Illusion einer allgemeinen Austauschbar aller Güter. Daher fiel gar nicht auf, dass wir Energie einfach als „yet another Production Input“ behandelt haben, statt als pfadentscheidenden Anker aller Produktion.
Today, energy is still treated as merely another input into our economic system – $10 of gasoline is considered to have the same contribution to human output as $10 of Pokemon cards. This is in spite of the fact that: a) energy is needed to create and transform all material inputs and b) energy can only be substituted by other energy.
However, biophysical analysis of all production inputs shows that the economic importance of energy is substantially larger than energy’s share in total factor cost, with the opposite being true for labor. This means that energy has a significantly greater role in our wealth and productivity than its nominal cost share signal. In the case of Japan and Germany over 60% of economic productivity is explained by energy input (Kümmel and Lindenberger, 2014)
Interessanterweise gibt es von Anfang an bis in die 1970er eine enge Korrelation zwischen Enegergiehunger und Wirtschaftswachstum.
Until the 1970s, energy and GDP were nearly perfectly correlated; a 5% in- crease in GDP required a 5% rise in energy consumption (Cleveland) […]
Soaring GDP in the 20th century was tightly linked to soaring burning of fossil hydrocarbons. Society doesn’t yet recognize these links because we conflate the dollar cost of energy extraction (tiny) with the work value (huge). Energy is only substitutable with other similar quality energy. Increasingly, advanced technology is achieved with energy, and most technological advances increase future energy requirements.
Das Paper geht noch tiefer und hat auch eine interessante Betrachtung von Schulden, aber mir geht es um die Totalitätsbetrachtung des Kapitalismus ansich.
Wir alle sitzen in unseren je unterschiedlichen Nischen dieses materiell-semantischen Komplexes und so haben wir erstmal völlig unterschiedliche Perspektiven darauf. Weil wir sequenzielle Wesen sind, nehmen wir von diesem Ort aus immer nur eine Pfadgelegenheit nach der anderen wahr. ein Wort, ein Schritt, ein Gedanke, eine Handlung nach der anderen. Egal, in welchem Netzwerk wir unterwegs sind: Wir sind Pfadwesen.
Und das gilt für die Gesamtheit des materiell-semantische Komplex des Kapitalismus eben auch? Seine Pfadabhängigkeiten sind unsere Pfadabhängigkeiten, unsere Pfadentscheidungen schreiben seine Pfadgelegenheiten fort; er bewegt sich wie wir und mit uns und durch uns pfadopportunistisch durch seine Umwelt. Wir sind mit dieser Struktur verwachsen und das macht das Problem so vertrackt.
Dazu kommt, dass wir darüber kaum reden können, weil wir keine Sprache dafür entwickelt haben. Unsere Semantiken des „Marktes“, des „Geldes“ und des „Individuums“ stehen unserem Nachdenken über unsere Pfadabhängigkeiten aktiv im Weg. Aus demselben Grund, warum wir Macht ausblenden, verpassen wir unseren eigenen Untergang.
Weil Netzwerkeffekte/Netzwerkmacht Infrastruktureffekte sind, muss man zuerst eine Menge Unsinn verlernen und dann erstmal seine eigene Vulnerabilität gegenüber den eigenen Infrastrukturen eingestehen, also nicht nur eingestehen, dass man abhängig ist, dass man beeinflussbar ist, sondern dass man immer schon beeinflusst war. Man muss sich als abhängiges, immer schon in den Strukturen anderer eingezwängtes und allerlei Machteinflüssen ausgesetztes Wesen begreifen.
Ja, das tut weh. Sorry, aber ich fürchte, da kommen wir eh nicht mehr dran vorbei?
Jane Goodall ist tot und erst letztens lief auf Netflix eine Doku-Serie über und mit ihr und jetzt, nach ihrem Tod, veröffentlichen die Macherer*innen Ausschnitte des Interviews, die Goodall erst nach ihrem Tod veröffentlicht sehen wollte.
Ich finde, man merkt ihr beim Sprechen die Angst an. Das ist nicht die Angst vorm Tod, sondern die Angst um uns, die Angst um das Projekt Menschheit.
Um meinen Überlegungen zur Plattformmacht etwas mehr Kontext zu verleihen, habe ich auch an einer dynamischen, zeitbasierten Simulation gearbeitet (in Zusammenarbeit mit ChatGPT und Claude).
In der Simulation haben wir ein Haufen der bekannten Social Media Netzwerke, aber auch „Offline“ als eigene Sektion. Das Modell rechnet damit, dass ca. 5 % der User ständig das Netzwerk wechseln und die Subsititionsmatrix entscheidet in jeder Iteration darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit die User von einem Netzwerk ins andere wechseln. Es ist also quasi eine Markow-Simulation.
Markow-Modelle sind deswegen so gut geeignet, Macht zu modellieren, weil sich Macht nie direkt, sondern wie jede Struktur, immer nur als verknüpfte Wahrscheinlichkeit äußert. Wenn wir zwischen Netzwerk A, B und C mit unterschiedlicher Netzwerkmacht wählen, bedeutet Cs Machtvorsprung nicht, dass wir gezwungen sind, zu Netzwerk C zu wählen, aber dass wir wahrscheinlicher zu C wechseln, als zu A. und wenn ich zwischen den Netzwerken wechsle, dann ist eben nicht gleichwahrscheinlich, in welches Netzwerk ich wechsle, usw.
Ich habe versucht einen Feedback von der errechneten Plattformmacht auf die Subsitutionsmatrix mit einzubeziehen, also die Matrix bei jeder Iteration zu aktualisieren. Über die genaue Berechnung müsste man nochmal brüten, aber auf diese Weise zeigen die Userströme sowohl Machtakkumulationeffekte, als auch die Angreifbarkeiten von Plattformmacht.
Man kann die Purge-Koalition ein- und ausschalten, einzelne Netzwerke dabei ein- oder ausschließen. Außerdem kann man in jedem Netzwerk eine „böse Sache“ tun – denkt an die Twitterübernahme von Elon Musk oder den Cambridge Analytica Skandal bei Facebook. In diesen Fällen springen ein signifikanter Teil (ich glaub 10 %?) der User von der Plattform ab, und der Nutzen – γ – sinkt für drei Iterationen, erholt sich aber knapp unterhalb des vorherigen Werts wieder.
Auch die Purge-Koaliton ist in diesem Modell ein „Böses Event“ und lässt viele User von den betroffenen Plattformen fliehen, was den Thanos-Effekt logischer und erwartbarer Weise etwas mitigiert (nur doch knapp Verdopplung, statt Verdreifachung der Plattformmacht). Außerdem kann man Enshittyfication ausprobieren: dabei sinkt der γ-Wert weniger aber dauerhaft. So schöpft die Plattform „Wert“ ab.
γ ist wie in allen vorherigen Rechnungen aus Verlegenheit einfach überall auf 1 gesetzt und γ‘ – also der Wert der unerwarteten Pfadgelegenheiten wird bei jeder Iteration anhand von γ mit einem festen Prozentsatz errechnet, das heißt also, eine Plattform, die γ verliert, verliert auch an Pfadgelegeneheits-Wachstum. Ansonsten ist die Veränderung γ fest an das Nutzerwachstum gekoppelt.
Ihr merkt, das ist keine Simulation, um konkrete Ergebnisse zu errechnen, oder Zukunftsvorhersagen zu machen, sondern dient dazu, sich Effekte, Verhältnisse und Systematiken plausibel zu machen. Es ist voller willkürlicher Designentscheidungen und Pi mal Daumen Werten (die man aber perspektivisch durchaus mit besseren Daten ersetzen kann). Es ist ein Prototyp, der ein paar Dinge zeigen kann aber vor allem das generelle Konzept und die Funktionsweise von Plattformmacht erklärt.
Auch wenn das nur ein Prototyp ist, kann man viele Dinge ausprobieren und bekommt halbwegs plausible Ergebnisse. Das Modell auszubauen wäre ein echtes Forschungsprojekt und das kann ich gerade nicht so nebenbei leisten, deswegen belass ich das erstmal so. Have fun.
Luke Kemp vom Centre for the Study of Existential Risk in Cambridge schreibt im Guardian über den Kollaps.
“I’m pessimistic about the future,” he says. “But I’m optimistic about people.” Kemp’s new book covers the rise and collapse of more than 400 societies over 5,000 years and took seven years to write. The lessons he has drawn are often striking: people are fundamentally egalitarian but are led to collapses by enriched, status-obsessed elites, while past collapses often improved the lives of ordinary citizens.
Today’s global civilisation, however, is deeply interconnected and unequal and could lead to the worst societal collapse yet, he says. The threat is from leaders who are “walking versions of the dark triad” – narcissism, psychopathy and Machiavellianism – in a world menaced by the climate crisis, nuclear weapons, artificial intelligence and killer robots.
Jaja, man sollte bei Leuten aus derartigen Zukunftsinstitute vorsichtig sein, aber ich mag seine Gedanken. Unsere Historie, unsere Erzählungen, Selbsterzählungen und Begriffe sind von Beginn an bis zum Bersten vollgestopft mit Propaganda der jeweils Mächtigen und sie grundlegend zu hinterfragen muss der erste Schritt sein, wenn man sie verstehen will.
His first step was to ditch the word civilisation, a term he argues is really propaganda by rulers. “When you look at the near east, China, Mesoamerica or the Andes, where the first kingdoms and empires arose, you don’t see civilised conduct, you see war, patriarchy and human sacrifice,” he says. This was a form of evolutionary backsliding from the egalitarian and mobile hunter-gatherer societies which shared tools and culture widely and survived for hundreds of thousands of years. “Instead, we started to resemble the hierarchies of chimpanzees and the harems of gorillas.”
Instead Kemp uses the term Goliaths to describe kingdoms and empires, meaning a society built on domination, such as the Roman empire: state over citizen, rich over poor, master over slave and men over women. He says that, like the biblical warrior slain by David’s slingshot, Goliaths began in the bronze age, were steeped in violence and often surprisingly fragile.
Goliath states do not simply emerge as dominant cliques that loot surplus food and resources, he argues, but need three specific types of “Goliath fuel”. The first is a particular type of surplus food: grain. That can be “seen, stolen and stored”, Kemp says, unlike perishable foods. […]
The second Goliath fuel is weaponry monopolised by one group. Bronze swords and axes were far superior to stone and wooden axes, and the first Goliaths in Mesopotamia followed their development, he says. Kemp calls the final Goliath fuel “caged land”, meaning places where oceans, rivers, deserts and mountains meant people could not simply migrate away from rising tyrants. Early Egyptians, trapped between the Red Sea and the Nile, fell prey to the pharaohs, for example.
“History is best told as a story of organised crime,” Kemp says. “It is one group creating a monopoly on resources through the use of violence over a certain territory and population.”
Der wunderbare Videoessay Leviathan von Alexander Beiner wurde mir von kaa Faensen empfohlen und ich sehe mich mal wieder darin bestätigt, dass ich hier nichts neues oder außergewöhnliches erzähle, sondern vielmehr sammle und konzentriere, was „in der Luft liegt“.
Zumindest sieht auch Beiner in den aktuellen politischen Unruheherden den Anfang vom Ende des Individuums. Ich gehe nicht alle seine geschichtlichen Eindordnungen mit, aber im Großen und Ganzen kann ich den Film als Einführung in die dividuelle Weltsicht nur empfehlen.