Die Multipedia: Schafft ein, zwei, viele Wikipedien!

/*** UPDATE: Was natürlich wieder klar war: Die Idee hatte nicht nur ich, sondern auch jemand, der nicht so lange zögert, sondern sich gleich in den Code vertieft. Ich bin gespannt was dabei raus kommt. Danke jedenfalls, Tim Weber für die Gitpedia und viel Glück für das Projekt!
****/

Ich bin gerade in Köln. Der Weg von Berlin ist relativ weit und aufwändig, auch dann, wenn man fliegt. Ich fahre normalerweise Bahn. Ich mag es mit der Bahn zu fahren, denn die Bahnfahrten sind bei mir nie verlorene Zeit, denn selten gelingt es mir so gut Bücher lesen, wie auf Bahnfahrten. Diesmal bin ich aber geflogen. Das ist billiger, sogar mit Bahncard 50. Und es geht schneller. Aber mit lesen ist es eben schlecht. Diese vielen Stationen, die man da durchläuft. Zwei mal Umsteigen bis man überhaupt am Flughafen ist. Dann Checkin, Warten, Boading, Warten, Fliegen, Gepäckband, etc. Da kommt man schlecht zum lesen, bei dieser ganzen Hektik.

Deswegen hab ich ganz viele Podcasts gehört. Das klappt nämlich super. Zwei der Podcasts, der letzte Chaosradio Podcast sowie ein relativ (relativ ist hier auch ziemlich relativ, nicht Tim Pritlove? ;)) neuer Chaosradio Express-Podcast waren ziemlich inspirierend. Und zwar in Sachen Wikipediadiskussion. Klar, der Chaosradiopodcast ging genau darum. Aber der andere, der Express handelte eigentlich von was ganz anderem und war dennoch wegweisend für diese Debatte. Und zwar ging es um verteilte Versionskontrollsysteme. Dort wurde ein neuer Ansatz diskutiert, um dezentral und kollaborativ an Dokumenten (ok, meist Programmquellcode) zu arbeiten. Ich kann diesen Podcast nur jedem empfehlen, auch Nichtprogrammierern. Die Materie ist einigermaßen Komplex und es ist nicht einfach sich in die abstrakten Probleme der Versionskontrolle rein zu arbeiten. Aber wenn man sich darauf einlässt, dann wird man mit den Sprechern zusammen zur Hälfte hin merken, dass der Ansatz den „Git„, eine relativ neue Software in diesem Bereich, verflogt, tatsächlich revolutionär und zukunftsweisend ist. Und zwar über das Versionieren von Programmcode hinaus.

Die Idee ist recht einfach. Anstatt, dass man alle Dateien des Codes zentral verwaltet und die Programmierer sich nur zum editieren die einzelnen Dateien für die Zeit der Bearbeitung „auschecken“, zieht man sich von Anfang an eine ganze Kopie des Kontens, sowie der Bearbeitungshistorie und sonstigen Metadaten direkt lokal auf die Platte. Man macht so zu sagen sofort einen eigenen Fork auf, sobald man anfängt zu programmieren. Wenn man seine Änderung also lokal getan hat, kann man sie direkt auch lokal testen. Und wenn die Instanz, von der man den Code bezogen hat, selber auch von der Änderung überzeugt ist, kann sie sie einfach wieder bei sich einpflegen.

Der Witz ist nun, dass der Alptraum eines jeden offenen Projekts – der Fork – nicht mehr einerseits schwierig zu bewerkstelligen, andererseits schwierig rückgängig zu machen ist, sondern dass das System genau forken und wieder eingliedern erleichtert, ja sogar fördert. Das vereinfacht nicht nur die üblichen Kompatibilitätsprobleme, sondern lindert effektiv die sozialen Spannungen, die in solchen Projekten immer schnell entstehen.

Und hier kommen wir zur Wikipedia, bei der gerade die sozialen Spannungen so schlimme Ausmaße angenommen haben, dass ein weiterer Fork derzeit heiß diskutiert wird.

Aber vorher etwas Küchensoziologie:

Was die Wikipediadiskussion zeigt, ist, dass die Krise in der die Wikipedia steckt, eigentlich keine ideologische ist. Sie ist eine soziale.

Es ist jenes alt bekannte soziale Phänomen, wenn ein Biotop sich zunehmend gegen außen abschießt, ein inneres Eigenleben entwickelt und dann – einem Tümpel gleich – biologisch umkippt. Das riecht dann streng. So wie die Wikipedia derzeit von innen.

Wann immer sich Gruppen definieren, die zum Beispiel ein gemeinsames Hobby oder Ziel haben, gibt es solche und solche Menschen, die sich am Projekt beteiligen. Es gibt die Engagierten und die weniger Engagierten. Die Beweggründe für das Engagement sind so unterschiedlich wie die Intensitäten. Und so kristallisieren sich zunehmend Funktionäre heraus. Das sind Menschen, die sich „verdient“ gemacht haben. Sie proklamieren – mit einem gewissen Recht – eine Meinungsführerschaft. Und mit der Zeit fühlen sie sich nicht nur völlig berechtigt, sondern gar verpflichtet – ja ganz unabdingbar und unersetzlich, diese Führerschaft inne zu haben. Wo soll das denn sonst hinführen. Nur sie kümmern sich ja schließlich. Denn – so die nachvollziehbare Argumentation – es macht ja sonst keiner. Das stimmt. Die anderen Mitglieder werden zunächst beruhigt feststellen, dass die Engagierten die Sache gut im Griff haben. Warum denen also ins Handwerk pfuschen? Neulinge werden entweder gleich abgeschreckt ob der Bissigkeit mit der die Engagierten ihre Regeln (die sich natürlich über die Jahre entwickeln und kumulieren zu einem dicken Wälzer an Do’s und Don’ts, die kein Nutzer sich von Anfang an draufschaffen kann…) verteidigen. Das ganze geriert zu einem nur noch sich selbst bestätigenden Sumpf an Eitelkeiten und Animositäten und wird zunehmend unattraktiv für jeden Außen stehenden. Was dann die Abwärtsspirale nur noch beschleunigt. Es entsteht ein Nachwuchsproblem und selbst Hartgesottene verlieren die Lust an dem Projekt.

Das ist jetzt, wie gesagt, nicht neu. Das erlebt man in jedem Forum, jedem Verein, jeder Partei, sogar Staaten, schlicht: jedem Zusammenschluss von Menschen zu einer festgefügten Gruppe. Mehr oder weniger. Dann gibt es Kämpfe und Revolutionen, Neuanfänge und neue Einigungen. Und dann geht das Spiel von neuem los.

Deswegen kann die Lösung kein Fork sein, wo sich eben diese Probleme, vielleicht abgewandelt, aber doch genau so ähnlich wieder einstellen werden, früher oder später. Mit anderen Worten, es kann nur eine technische Lösung sein.

Mein Vorschlag: Man schafft eine Wikipediasortware, die weit über das Mediawiki hinausgeht aber darauf aufsetzt. Eine extra Software zur Verwaltung der Wikipedia und ihrer noch zu gebärenden Töchtern. Und zwar zur freien Installation für jederman, selbstredend open source. Natürlich hat keine Privatperson die Mittel die Wikipedia ordentlich zu hosten oder gar zu pflegen. Aber das ist auch nicht nötig, denn die Software ist eine dezentrale, verteilte Multipedia.

Bei Neuinstallation auf eigenem Server generiert sie aus einer bestehenden Wikipediasinstallation (die frei angebbar ist, aber zunächst natürlich die klassische Wikipedia sein wird) einen Index, der lokal gespeichert wird und verweist darin nur auf die Inhalte der Mutterpedia, ohne sie aber lokal zu importieren. Sodann kann man hingehen und diesen Stamm an Daten ändern und erweitern. Das ganze funktioniert dann wie ein Versionskontrolsystem. Man checkt einen einzelnen Artikel aus, dieser wird dann auf den eigenen Server kopiert. Sodann kann man ihn umarbeiten. Neue Artikel werden auch auf dem eigenen Server gespeichert. Nur alle anderen Inhalte verweisen erstmal auf die Mutterinstallation (Wenn diese wiederum nur verweist, dann linkt die eigene natürlich bis zum originären Inhalt durch). So kann sich dann ohne große Kosten jeder seinen eigenen Fork machen. Ist das nicht Prima?

Es ist natürlich so, dass dann viele, unendlich viele Forks im Internet entstünden und sich völlig unabhängig entwickeln würden. Naja, nicht ganz. Denn der besprochene Index ist nicht nur offen für eigene Änderungen und eigene Artikel. Man kann jeden Link des Indexes zu einem Artikel auch auf den Artikel einer völlig anderen Installation umbiegen. Da ist man völlig frei.

Nach und nach entstünde so ein riesiges, dezentrales Netzwerk von Wikipedien, die teils eigene Inhalte hosten, und aus einem bunten Strauss an Links zu allen möglichen anderen Wikipedien bestünden. Wahrscheinlich zunächst immer mit einem Hauptstamm auf die alte Wikipedia, aber von Anfang an dezentral und vom Stamm prinzipiell unabhängig.

Da jede Installation die Erweiterungen und Änderungen jeder anderen Installation wiederum importieren kann, entsteht so eine ständige Kollaboration, mit gleichzeitigem, ständigen Wettbewerb der einzelnen Artikel untereinander. Auch die Stammwikipedia soll sich die ihrer Meinung nach besten Änderungen auch jeder zeit Zurückeinverleiben können. Auch die Stammwikipedia würde davon enorm profitieren.

Man könnte einwenden, dass das ja eine für den Benutzer unzumutbare Vielfalt an unautorisierten und völlig beliebigen Wikipedien sei, die jeden überfordere. Da aber doch eigentlich jede Wikipedia für sich eine relative Vollständigkeit geniest (sie bleibt ja hauptsächlich ein Import), und weil die Stammwikipedia gerade für Neulinge zunächst die Anlaufstelle bleiben wird, glaube ich, dass man sich erst durch zunehmenden Gebrauch nach und nach die Wikipediainstallation suchen wird, die am besten den eigen Ansprüchen gerecht wird, bzw. eine eigene startet.

Mit anderen Worten: Macht nicht einen Fork. Macht viele! Unendlich viele! Macht es jedem DAU möglich seinen eigenen Fork zu starten. Dann hat niemand mehr die Macht über das Wissen, bzw. jeder hat es. Und nur der Nutzer entscheidet, wo er was lesen möchte.

Ein vollkommen irrelevanter Artikel über die Wikipedia

Dieser Artikel ist so überflüssig wie ein Kropf. Alles was hier steht, wurde das ein oder andere Mal bereits viel besser gesagt. Wie so oft eben. Und dennoch steht es hier. Einfach so. Weil es mich nichts kostet, weil ich es kann und weil ich es will. Ich finde es wichtig darüber zu schreiben, denn es beschäftigt mich. Der ein oder andere fragt mich (jetzt nicht zu diesem Thema, sondern generell) wen denn das denn interessiere, was ich ins Internet schreibe. Na, die, die es halt interessiert, wende ich dann ein. Was weiß ich? Frisierte, Klempner, Mütter, Einäugige, T-Shirtträger und Klobürstenbenutzer. Ganz selten auch Nicht-Klobürstenbenutzer. Leute eben.

Es gibt Menschen, für die ist das schlimm, dass ich sowas ins Internet schreibe, denn so vermüllt es ja schließlich, das arme Internet. Ich nähme mich damit insgesamt zu wichtig, meine Meinung sowieso. Im endeffekt sei das ja nur belangloses Geschnatter. Vollkommen irrelevant.

Diese Menschen haben recht, machen aber einen Denkfehler. Sie meinen, nur weil ein Angebot da sei, müsse man sich damit beschäftigen. Nein, niemand wird gezwungen das hier zu lesen. Nicht mal meine Freunde. Das hier lesen ausschließlich Menschen, die das hier lesen wollen. Freiwillig und aus den unterschiedlichsten Beweggründen, die mich nicht mal etwas angehen. Und alle anderen haben selber schuld.

So funktioniert das Internet. Um etwas zu veröffentlichen braucht es keinen Relevanznachweis, denn es erreicht eben eh nur die Menschen, die es interessiert. Und seien es nur 10. Oder 5. Vielleicht niemand. Auch Okay!

Ich hab mir damals immer das Weltwissen in mein Zimmer gewünscht. Immer verfügbar. Aber hat damals in den 90ern mal jemand geguckt, was so ein ausgewachsener Brockhaus so kostete? 10.000 Mark! Das war als Schüler nicht zu machen. 24 Bände! Zwei ganze Regalmeter! Uff!

Das aber verängstigte mich als Schüler weit weniger als zum Beispiel die zwölf Bände von „Auf der Suche nach der Verlorenen Zeit“ von Proust. Denn ich wusste ja, dass nur ein Lemma aufschlagen musste und nicht gezwungen war, jedes mal auf’s neue den Brockhaus durchzulesen. Nein, es war sogar genau dieser Überfluss an Information, der mich begeisterte. Der Brockhaus hätte noch viel Dicker sein können!

Heute haben wir die Wikipedia. Sie ist unglaublich! Hätte ich damals so etwas geahnt, ich hätte den Brockhaus sofort stehen und liegen gelassen. Dabei ist die Wikipedia etwas ganz anderes. Ihre schiere Größe ist gar nicht mehr darstellbar. Vor allem weil ihm das Trägermedium dafür fehlt. Wenn ich ein Wort in das Suchfeld eingebe, habe ich keinen Schimmer wie viele Artikel noch in der Wikipedia stecken – über alles mögliche! Es ist mir auch egal. Denn das Mehr an Wissen steht nicht vor dem gesuchten Wissen, nicht mal daneben, sondern es schlummert unsichtbar in der Tiefe und wird erst aktiv, wenn ich seinen Namen rufe.

Wenn ich „MOGIS“ in das Suchfeld eingebe, dann ist für mich der Verein relevant genug, mich darüber zu informieren. Und selbst wenn der Artikel weder vollständig noch gut ist, werde ich mich immerhin über den einen oder anderen Anhaltspunkt freuen. Vielleicht auch nur über einen weiterführenden Link. Und sei es, dass ich durch diese Recherche den Eindruck bekäme, der Verein sei irrelevant. Auch das ist ein Ergebnis. Egal was dort über Mogis steht: Ein Nichts ist in jedem Fall enttäuschender.

Und wer hat den Wikipedianern eigentlich einmal eingeredet, dass die Wikipedia jemals etwas anderes sein könnte, als Informationshaufen zu verschiedenen Themen, die von anonymen Menschen zusammengetragen wurden? Wikipedia wird niemals mehr sein. Aber auch nicht weniger. Denn dieser Informationshaufen, so wenig man ihm den Stempel „Wahrheit“ aufdrücken kann, ist dennoch enorm hilfreich. Es ist immer die erste Anlaufstelle zu neuen Themen. Niemals aber die Letzte. Das offene Prinzip erlaubt eine ungeahnte Breite und Tiefe der Information, niemals aber gewährleistet sie Verlässlichkeit. Von diesem Traum sollten sich alle gründlich verabschieden.

Man kann hingegen einen anderen Traum träumen. Einen zeitgemäßeren. Nämlich den, möglichst alle bekannten Aspekte eines Themas zu sammeln. Und alle Themen zu behandeln. In Breite und Tiefe unbeschränkt zu informieren. Aber nur unbeschränkt vom Angebot her, also diese Information den Nutzer so zugänglich zu machen, dass er selber bestimmen kann, wie breit und tief er sich über ein Thema informieren will. Will, nicht kann: das ist wichtig.

Und man komme mir nicht mit dem Argument, dass sich die Wikipedia dies personell nicht leisten könne. Denn was für den Leser gilt (relevant ist, was nachgefragt wird) gilt bei einem wirklich offenen System auch für die Autorenseite (geschrieben und redigiert wird, was nachgefragt wird). Und wenn jetzt noch jemand mit der beschränkten aktiven Nutzeranzahl kommt, der sollte sich Fragen, warum eben jene potentielle Autoren und Lektoren für vermeintlich irrelevante Themen wegbleiben? Könnte es vielleicht unter Umständen damit zu tun haben, dass ihnen ihre Artikel meist sofort unter dem Arsch weggelöscht werden? Nee, oder?

Entweder man glaubt, dass das System Wikipedia funktioniert: Das heißt, dass das offene System von vielen, die vieles bearbeiten einen hinreichenden Informationsstandard bietet, mit dem man „arbeiten“ kann, oder man glaubt es nicht. Wenn man es glaubt, dann sollte man es auch für eben jene Randthemen glauben, die nicht in allen Augen sofort relevant erscheinen. Alles andere stellt die Wikipedia ansich in Frage.

Die Wikipedia steht vor einer Entscheidung: Will sie Vorreiter sein, oder Nachläufer? Will sie eine schlechtere Kopie des Brockhauses im Internet sein, oder die Enzyklopädie der Zukunft? Will sie Maßstäben einer untergehenden Medienwelt genügen oder Maßstab für die Neue sein? Will sie in die eine Richtung vorangehen oder in einer anderen hinterherlaufen?

Das ist derzeit eine spannende Richtungsentscheidung, die getroffen werden muss. Wenn ich in Berlin wäre, würde ich da hingehen, zur Diskussion dazu.

Podcast mit 343max und mspro #1

Ich hab ja mal sehr mäßig erfolgreich Podcasts aufgenommen und in den Äther geschickt. Obwohl selbst beste Freunde sich verweigerten, den Scheiß zu hören, hab ich einfach immer weiter gemacht. Weil es mir einfach viel Spaß gemacht hat. (Ich spare mir dennoch den Link auf diese Versuche…) Irgendwann hab ich aufgehört, weil man irgendwann immer mit Dingen aufhört. Leider.

Wenn aber eine Podcast-Legende wie @343max bei mir anfragt, ob ich nicht Lust hätte mit ihm was auszuprobieren, dann bin ich natürlich nicht zu halten. Wir haben es also versucht und obwohl man mangels Konzept nicht mal von einem „Proof of Concept“ sprechen kann, ist es glaub ich ganz okay geworden.

Wir sprechen übers Internet, Schwarz-Gelb, Netzpolitik, Freiheit und Wirtschaftswissenschaften. Außerdem halte ich einen langen Monolog über dieses Buch. Das alles wollte ich mal in einem Blogeintrag verarbeiten. Nun ist es ein Podcast geworden. Auch super.

Hier das gute Stück. (mp3)

Wir bitten um Feedback!

Des Piraten neue Kleider (die wir nicht sehen wollen)

Natürlich war sie kurz aufgeflammt, diese Hoffnung, dass wir gemeint seien. Wir, das ist doch dem Selbstverständnis nach eben jene Generation, die in vermeintlich politischer Duldungsstarre verfallen war, aber in Wirklichkeit – ganz echt und ehrlich – nur gebannt auf das Zeichen wartete. Wir hatten das doch mitbekommen: 68, bei unseren Eltern. 86 bei unseren älteren Geschwistern. Doch wo war unsere Revolution?

Klar standen wir mit Palituch und Antifa-Stickern rauchend auf dem Schulhof. Einige lasen sogar Marx! Aber wenn wir ehrlich waren, wussten wir schon damals um die Posenhaftigkeit all dessen. Wir waren ja nicht dumm. Im Gegenteil! Wir waren abgeklärt! Abgeklärter als alle, die vor uns parolenschreiend durch die Institutionen marschierten. Denn wir hatten ihnen schließlich aufmerksam dabei zugesehen.

Wenn wir ehrlich sind, haben wir die Politisierung unserer älteren Geschwister aufgetragen.

Niemand brachte dieses Lebensgefühl besser auf dem Punkt als Tocotronic mit dem Titel „Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein„. Tja, wir warten immer noch. Einige haben sich längst damit angefreundet und machen was aus ihrem Leben. Andere, wie ich, schieben ihr Erwachsenwerden einfach Jahr für Jahr auf, nur für die Chance dabei sein zu können. Dann. Falls.

Da ist es nicht verwunderlich wenn die Ohren gespitzt werden, sobald sich eine neue politische Kraft formiert. Das alles da, um die Szene im Netz. Die Blogger, die Aktivisten, die Petition und jetzt sogar noch ne ganze Partei! Geil! Und so wird das bereits eingemottete, zumindest leicht eingerostete politische Rüstzeugt wieder entstaubt und gleich geschultert und kaum will man losmarschieren – gen Weltrevolution – gibt der stellvertretende Vorsitzende der Piratenpartei der Jungen Freiheit ein Interview!

Uff! Ist der denn doof? Hat der denn nie gegen Rechts demonstriert? Weiß der denn nicht, dass man mit „denen“ nicht redet? Hat er kein Gespür dafür, wie rechte Ideologismen in den Ritzen der politischen Überzeugungen durch eben solche Lecks sickern? Weiß der das alles denn nicht, was bereits bei uns auf dem Pausenhof schon Konsens war?

Was die Piraten alles nicht wissen. Der Spinner Thiesen, ein ganz normaler Spinner, wie es ihn im Internet zu hauf gibt? Mitnichten! Seine Ansichten können leicht als Holocaustleugnung ausgelegt werden! Ho. lo. caust! Kapische? Historikerstreit, anyone? Weiter zu Emanzipation: Genderdiskurs? Fehlanzeige! Außer Dummejungenwitze ist da nicht viel zu holen! Judith Butler? Kennt keiner. Schlimmer: interessiert keinen! Was kommt als nächstes? „Atomkraft FTW!„? Wackersdorf würde sich im Graben umdrehen!

Und da stehen wir und hauen uns mit dem Handrücken gegen die Stirn. Wir, die wir alle Mittel und Wege besäßen die kommende Weltrevolution verantwortungsvoll, gerecht und politisch korrekt zu gestalten. Und uns fragt keiner! Die interessieren sich einfach nicht für unsere schönen und ausgereiften Diskurse! Unsere Dogmen und Kategorien, jahrzehntelang unter vielen Schmerzen ausgehandelt. Die DOs und DON’Ts der politischen Gradwanderungen in diesem Minenfeld.

Kann es vielleicht sein, dass das gar nicht unsere Revolution ist? Kann es sein, dass sich dort eine Generation politisiert, der die politische Kultur, die wir schon auftragen mussten, viel zu muffig ist? Zu verkopft und akademisch? Dass sie mit ihrer Lebensrealität schlicht nichts zu tun hat, oder wenn, nur eine untergeordnete Rolle spielt?

Und: Kann es vielleicht sein, dass das gut so ist? Dass genau dort die Chance auf eben all dies besteht, was wir nicht hinbekommen haben? Eine Jungendbewegung. Mit eigenen Inhalten, eigenen Forderungen, eigenen Notwendigkeiten? Und dass wir – egal wie progressiv wir uns auch wähnen – die alten Meckerköppe sind, die jetzt rumkrakelen, weil die Jugend nicht nach unseren Regeln spielt? Diese ungewaschenen Gammler, die!

Ich habe schon lange den Eindruck, dass auch viele, die sich an der Spitze der digitalen Revolution glauben, noch lange nicht begriffen haben, welche Konsequenzen sich aus all dem ergeben. Insbesondere für das, was wir Information nennen. Dass die bekannten Diskurse, ob diese oder jene Information jetzt zulässig ist oder nur jene andere, rein akademische Fürze im Luftleeren Raum sind. Weil das Internet all diese Fragen auf die einzige Binäre Gretchenfrage zusammen dampft: Versuchen wir den aussichtslosen Kampf mit allen (auch totalitären) Mitteln zu führen, die Informationen im Internet zu kontrollieren oder akzeptieren wir, dass jede mögliche Information für immer von jedem abrufbar bleibt? – Das klingt radikal, vielleicht ist es das auch. Aber in dieser Welt, gibt es nur diese zwei Möglichkeiten. Das Internet ist so.

Hieran merkt man, dass sich der politische Diskurs von morgen längst auf anderen Ebenen stattfindet, als dem, was wir seit dem Schulhof kennen. Es ist nicht mehr der Kampf zwischen guter (links, Investigativer Journalismus, Kunst) und schlechter (rechts, Kinderpornos, Lügen) Information, sondern zwischen absoluter Kontrolle oder absoluter Freiheit der Information, zwischen Transparenz und Geheimwissen, Offenheit und Hermetik. Und hier gibt es keine Zwischentöne, nichts, was man aushandeln kann.

Natürlich bleibt auch dann noch genug auszuhandeln. Wie man damit umgeht, beispielsweise, dass die Gesellschaft nicht nur zum großen Teil sexistisch ist, sondern das auch noch öffentlich preisgibt. Dass es nicht nur Rechtsextreme gibt, sondern dass man sie nicht daran hindern kann, das auch noch Kund zu tun. Dass es unter den Menschen nicht nur Spinner gibt, die den ganzen Tag Müll erzählen, sondern das auch noch für jedermann lesbar in Netz kippen können. Dass Kinder hinter jedem Link wertvolle Erziehung erfahren können oder mit Gehirn-Schrott indoktriniert werden. Mal so mal so.

Niemand hat behauptet, dass sie gut riecht, die Freiheit.

Freiheit und so

Heute kommt ein Beitrag auf 3sat, wo ich vorkomme und ein paar knackige Worte in Kamera sagen darf. Jaja, ich bin ja jetzt Politblogger, weil ich mal die im englisch geläufige Formel des „Shitstorm“ in’s Deutsche übertragen hab. Aber im grunde hab ich dort das hier gesagt. Nur kürzer.

via

Dummerweise hab ich jetzt über einen ganzen Monat nichts gebloggt. Wie sieht denn das aus? Also schnell nochmal was bloggen, bevor es Freitag gen Frankfurt zur Twitterlesung geht.

Ich verbuch den lezten Monat also mal nachträglich unter Sommerpause. Finde ich auch Okay. Seit Twitter hat sich das Bloggen eh mehr zu einem losen Verlautbarungsorgan verschoben, dessen Befüllungsdruck gegen Null tendiert. Was ich super finde. Als ich noch regelmäßig bloggte, war da tatsächlich so eine Art Zwang dann auch immer neuen Content hier reinzuschreiben. Dieser Zwang ist jetzt etwas auf Twitter übergangen. Aber ist dort eben auch viel besser zu handeln, weil dem Druck nachzugeben eben nicht bedeutet, sich ein zwei Stunden für einen Text hinzusetzen, sondern nur mal eben ein „Hallo, mich gibt es auch noch“ rauszuzwitschern.

Bildschirmfoto 2009-09-09 um 19.37.47Natürlich gibt es andere Zwänge. Den Originalitätszwang zum Beispiel, den die ganzen Favdienste und nicht zuletzt meine Favottercharts durchaus mit befeuerten. Ehrlich? Ich bin froh bei Favotter nicht mehr Nr. 1 sein zu müssen. Und heute haben wir endlich auch noch die Favcharts released, wo die Kathrin Passig die ausgwerteten Favs mit ganz vielen hochkomplexen Formeln gewichtet, so dass ich nirgends mehr vorkomme. Find ich auch ok. Man darf das alles nicht so ernst nehmen, sonst endet das in einem Ratrace, bei dem keiner mehr twittert, weil es ihm Spaß macht. Es hat schon Leute gegeben, die deswegen aufgehört haben zu twittern, was ich schade finde. Nichts macht mehr Spaß wenn es zwanghaft wird.

Dieses zwanghafte des – ich sag mal – „regelmäßig von sich hören lassen“ hat mich schon damals beim Bloggen gestört. Irgendwie kam ich mir eingesperrt vor, von meinem eigenen Blog. Auf der anderen Seite hat ein Blog auch eine neue Ebene in mein Leben eingezogenen. Völlig neue Freiheitsgrade. Ich kann Öffentlichkeit herstellen, wenn ich sie brauche. Das macht mich ein Stück weit unabhängiger von „der Gesellschaft„. Wenn ich öffentlich mit meinem Leben koketiere, mit meinen Fehlern, meinen Eigenschaften aber es dennoch schaffe, Zuspruch und und Echo zu erschaffen, dann gibt es mir eine gewisse Sicherheit, die es mir erlaubt auch über gesellschaftliche Normen hinaus zu denken. Vielen fehlt diese intersubjektive Bestätigung im Alltag, weswegen sie sich oft für die dämlichsten Banalitäten schämen. Das kann auch sehr neurotische Züge annehmen. Wo wir wieder beim Zwang sind. Onlinesein ist wohl einfach eine andere Neurose als Offlinesein.

Und schon sind wir mittendrin, in diesem Diskurs um die Freiheit und die Verfaßtheit, die irgendwie als Widerstreit immer wieder vor uns liegen. Im Grunde war es neulich, als wir zu Essen und Bier bei einem Freund saßen und alle möglichen Perspektiven auf die Freiheit durchdeklinierten. Natürlich ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Von der Sicht auf den Staat, von der Sicht der Piratenpartei, USA vs. Europa, Solidargemeinschaft, soziale Sicherung und Freiheit. Etc.

Aber ich fang mal besser bei mir an. Denn das Thema beschäftigt mich seit einigen Wochen auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Im Grunde steht da erstmal so ein Gefühl, ein diffuses etwas. Nicht etwas völlig fremdes, aber doch noch niemals in dieser Intensität empfundenes. Ich fühle mich derzeit „frei„. Hier in Berlin, hier in meiner Lebenssituation.

Das Freiheitsgefühl resultiert meiner Meinung nach aus einer sich gegenseitig verstärkenden, gesellschaftlichen Resonanzschwingung. Ich fühle mich frei, weil mein Gegenüber, der Andere sich frei fühlt. Natürlich kann ich es nicht ausschließen, dass es meine nie überwundene Affinität zu Gefühlskitsch ist, aber ich verbleibe immer wieder gerührt, wenn Menschen auf der Straße tanzen. Ja, das tun sie hier in Berlin. Oft sogar (Gut, meistens besoffen, aus dem Club torkelnd. Aber nicht nur!).

Und ja, klar kann man immer meckern. Über die Hippies und die Punks mit ihren institutionalisierten Indiviualismusstrategien. Vor allema die Hipster und mit ihren weißrändrigen Sonnenbrillen. Über all die Leute, die ihre vermeintliche Idividualität als „crazyness“ stolz vor sich hertragen. Und all jene, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, von nun an mit all ihren Schwächen zu kokettieren. Aber! Trotz aller Pseudoesquität: das ist ein Ausdruck von Freiheit! Freiheit muss nicht originell und kreativ sein. Sie kann sehr banal und plakativ, ja, sie muss sogar peinlich sein!

Jedenfalls fühlt es sich ziemlich gut an, diese Freiheit, ist aber lange nicht so leicht zu erreichen, wie man denken möchte. Es sind ja meist die verborgenen Meschanismen in die Nischen unseres Alltags, die uns an die normativen Vorstellungen unserer Mitmenschen ketten. Foucault nannte diese Instanz unserem Kopf „die Regierung„. Sie erzeugt eben keinen externen, sondern einen internalisierten Druck zur Anpassung, von innen, aber durch kulturelle und gesellschaftliche Strukturen durchaus mit der Umwelt verbunden. Das Lieblingswort dieser Regierung ist das „man“ und der angestrebte Zustand ist „erwachsen sein„. In Berlin ist man diese Zwänge nicht los, aber doch sehr viel freier von ihnen. Es sind einfach zu viele Spinner hier. Zu viele, die nach eben jener Freiheit suchten. Der Druck ist nicht besonders groß, wie ich hier schon schrieb.

Wenn es denn aber ein „Gefühl“ von Freiheit gibt und Freiheit sich nur relativ erleben lässt, stellt sich die Frage nach der Freiheit in der Politik. Denn neben den Parametern der Freiheit, sowie der Komplexität ihrer Erlangung, die sich in den Jahren ja immer wieder wandelt, muss eben auch jenes Gefühl der Freiheit irgendwie taktgebend sein. Wenn sich z.B. ein Westerwelle immer wieder auf die stolz geschwellte Brust schlägt, wenn er betont, die FDP bilde mit der CDU das so genannte „bürgerliche Lager„, dann kann da etwas nicht stimmen. Egal, ob man „bürgerlich“ für sich positiv oder negativ konnotiert: es ist und bleibt eine normative Schablone, in die Individualität zunächst immer hinein gezwängt werden muss. Mit Freiheit hat das jedenfalls nichts zu tun.

Überhaupt schwingt bei dem Freiheitsgedanken bei mir auch immer das Problem der Zugehörigkeit mit. Letztens hab ich ein Interview mit der DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley gelesen, in dem Sie auf die Frage, warum sie nie in eine Partei eingetreten sei, antwortet:

Ich bin im Osten in keine Partei gegangen und will das auch jetzt nicht. Ich habe meine persönliche Freiheit immer mehr geschätzt als Parteidisziplin – auch im Westen.

Ja, mir geht das auch so! Ja, ich kenne viele, denen das auch so geht. Und nein. Wir werden per definitionem im allen Parlamenten nicht repräsentiert. Ein strukureller Fehler im System. Aber lassen wir das.

Wir haben ja einen Sommer hinter uns, der uns gezeigt hat, dass man sich nicht nur in Parteien engagieren kann. Eine Petition hat einen Strum ausgelöst. Lose aber effektive Bündnisse wie AK-Zensur und AKa-Vorrat haben jenseits der ausgetretenen Wege der etablierten Institutionen erstaunliches Geschafft. Nebenbei: Bitte geht alle, also wirklich ALLE (!!! Echt jetzt, das ist ungeheuer wichtig (!!! kein scheiß, ich will, dass Berlin aus allen Nähten platzt!)) auf die Demo am 12. September, 15:00 auf dem Potsdamer Platz:

demo2009logo

Bitte komme mir keiner damit, dass man dem Staat schon vertrauen könne. Selbst wenn man diesen System nichts böses ansich zutraut, die Menschen sind Fehlbar. Oft sogar ganz doll beschissene Arschlöcher! Ein Rechtsstaat schützt da oft nur unzureichend. Gerade versucht eine Freundin von mir sich vor Gericht gegen die Vorwürfe zu verteidigen, sie habe auf der Demo zum G8 Gipfel Polizisten mit Steinen beworfen. Wer sie kennt, kann diese Vorwürfe nur als absolut lächerlich empfinden. Und dennoch wurde sie in erster Instanz verurteilt. Sie hat Berufung eingelegt, aber die Richter glauben den Polizisten mehr als ihr und ihren Zeugen, die sie durchaus hat. Was ich daran schlimm finde, ist, dass solche Geschichten mich wirklich einschüchtern. „Lieber doch nicht auf die Demo dort gehen, sowas kann mir dann ja auch passieren…“ Aber das darf auf keinen Fall passieren.

Was ich aber eigentlich erzählen wollte: ich bin ja orgamäßig auch auf diesem Atoms&Bits-Festival involviert. Ich hoffe wirklich, dass das gut wird. Ich weiß ja, dass gottseidank ganz viele schlaue Leute ganz doll am organisieren dran sind. Ich jedenfalls zeichne mich so ein bisschen verantwortlich für alles was dort unter dem Label „Politik“ von statten geht. Wir haben dann lange rumüberlegt, was man da machen könnte. Das Motto ist ja schließlich, dass wir, die coolen, kreativen Netzspackos irgendwie unser eigenes Ding machen und schon mal vorgehen.

Bildschirmfoto 2009-09-09 um 19.24.02

Da ist mir dann eine Idee eingefallen, die Johnny Haeusler äußerte, als wir mit einigen dieser Netzaktivisten in der Kantine von diesen Bundestagshanseln saßen, nachdem die Netzsperrenanhörung gelaufen war. Er meinte, man müsse doch bei solchen Sachen, wo es um Freiheit und Unfreiheit unseres allseits geliebten Internets geht, doch besser organisiert auftreten. Es bräuchte da viel verbindlichere und wohlgeformtere Strukturen, als lose Aktionsbündnisse und Initiativen.

Ich bestritt das sofort und vehement. Auch in Blogform. Nur hilft es nichts. Natürlich stimmen meine Argumente weiterhin. Die Nichtrepräsentierbarkeit des Netzes ist weiterhin voll gegeben. Aber mit zunehmenden Umgang mit Medien und Politikern merke ich immer wieder: Die lechtzen geradezu nach einem Ansprechpartner. Einer Telefonnummer, die sie wählen können, wenn sie das Netz und seine Bewohner und ihre Forderungen nicht verstehen. Und obwohl ich das, was Sascha Lobo in die Kameras spricht, selten für völlig falsch halte, fände auch ich es super, wenn dort lieber direkt die Kompetenteren Spezialisten auftauchen würden. Ich will lieber Alvar Freude sehen, wenn es um Netzzensur geht. Ich möchte, dass Padeluun über die Gefahren der Vorratsspeicherung aufklärt, und so weiter.

Jedenfalls hab ich angefangen, darüber nachzudenken, wie man die Idee von Johnny, so umsetzen kann, ohne die Pluralität und die Freiheit dieser Initiativen einzuschränken. Und da kam mir die Idee einer API. Das kennen die meisten als Programmierschnittstelle, bedeutet aber in diesem Fall für mich, eine Art Information Hiding. Man reduziert die interne Komplexität eines Systems durch eine einfache Schnittstelle nach außen.

Wie sowas aussehen kann, will ich gerne auf dem Camp mit möglichst vielen der Aktivisten besprechen und bin deshalb gerade heftig am einladen. Das ganze berührt das Problemfeld von dem ich oben sprach sehr intensiv. Ich versuch das mal zu schematisieren:

Im Grunde kann man den Freiheitsgedanken schon mit dem Solidaritätsgedanken kontrastieren. Zum einen möchte ich immer genau das tun, was ich will und für richtig halte und mag mich nur ungern einem Sozialen Druck und einer Konvention unterordnen. Andererseits ist es häufig für alle Seiten besser, wenn jeder sich an bestimmte Regeln hält.

Meine Mutti brachte mir bei, dass man in UBahnen den Reflex sofort hineinzugehen unterdrücken soll, bis die Leute ausgestiegen sind. Als ich dann in Madrid eine Stadt erlebte, in der keine Mutti ihrem Kind sowas beigebracht hat, erkannte ich schnell die Mächtigkeit einer solchen, einfachen Konvention. Es macht wirklich für niemanden Sinn, einfach drauflos in die Ubahn zu stürmen. Das hat nichts mit Höflichkeit zu tun. Es ist einfach dumm und für /ALLE/ von Nachteil, wenn man einfach in die UBahn stürmt.

Zur Industrialisierung hat man herausgefunden, dass die Menschen mit Kapital, die anderen Menschen, die nur ihre Arbeitskraft haben, gehörig ficken können, weil die Kapitalisten immer den einen Arbeiter durch den anderen austauschen können, während der Arbeiter aber nicht die Freiheit hat, ein Angebot abzulehnen, weil es seinen Tod und den seiner Familie bedeuten kann. Wenn die Arbeiter sich aber organisieren, dann können Sie plötzlich ein gleichwertiger Verhandlungspartner werden. Der Arbeiter war durch die Bindung an eine Gewerkschaft eben Freier als vorher.

Solidarität kann also durchaus Freiheit bringen. Ich sage das auch mit Blick auf die USA, wo sich die Menschen gerade mit Händen und Füßen dagegen sträuben, dass Obama dort eine staatliche Gesundheitsvorsorge einführen möchte. Natürlich zwängt es einen jeden erstmal in etwas ein, dass er nicht kontrollieren kann. danach aber ist er freier als vorher. Diverse Schicksalsschläge können nicht mehr knall auf fall ein Leben bestimmen.

Jedenfalls ist das alles komplizierter als man denkt, mit der Freiheit. Freiheit ist deswegen auch vielleicht ein dämlicher Begriff. Heinz von Foerster formulierte wahrscheinlich in weiser semantischer Voraussicht folgenden „Ethischen Imperativ„:

Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!

[Fernseherwähnung: done!]
[Twitterlesungserwähnung: done!]
[Favchartserwähnung: done!]
[Berlin über den Klee gelobt: done!]
[Über FDP geläsatert: done!]
[Nicolesprozesserwähnung: done!]
[FreiheitStattAngstDemoerwähnung: done!]
[Atoms&Bitserwähnung: done!]
[über Freiheit geschwurbelt: done!]

Favottercharts vom 03.09.2009

Ach ja. Ich hatte mir ja gewünscht, diese unsäglichen Favottercharts niemals wieder.. ach!

Aber letztens saß ich mit @moeffju und @kathrinpassig im Auto und wie üblich bedrohte ich die beiden mit der Auslöschung ihrer Familien und Freunde, falls sie nicht die Favchats zum Monatsende fertig stellen würden. Und ich drohte außerdem damit, dass ich dann wohl eine weitere Ausgabe der Favottercharts online stellen würde. „So ein Schwachsinn!“ entfuhr es Kathrin sofort, die zuvor so ruhig geblieben war. Die Favottercharts seien sowas von vollkommen unaussagekräftig! Ich, also @mspro, würde dort wohl auf ewig auf dem ersten Platz tronen, einfach, weil ich mir einen unaufholbaren Vorsprung erarbeitet habe, in den 12einhalb Jahren, die ich schon twittere.
Bild 1
Nun haben mich aber diverse Menschen und Gewissen geplagt, es doch noch ein weiteres, letztes Mal zu tun. Und tatsächlich: diese Favottercharts hier beweisen das Gegenteil! Alles ist offen, alles verschiebt sich. Und es verschiebt sich durchaus gerecht. Innerhalb des Augusts haben die außergewöhnlich tollen Twitterer beinahe alle ihr Plätzchen in der Sonne gefunden. Selbst absolute Newbies aber Shootingstars wie @tochtervon steigen sofort bei platz 21 ein.

Und was soll ich sagen: es war mir klar, dass ich diesen Monat nicht mehr Platz 1 sein würde. Aber nun sind doch tatsächlich die gesamte Trias @vergraemer, @HappySchnitzel und @stijlroyal an mir vorbei gerauscht! Unverschämtheit!

Und überhaupt. Alles ist zusammengerückt, was zusammengehört. Das ist schön zu sehen, denn es zeigt: es gibt einen Favottergott!

Kritik und Dings, wie immer in den Kommentaren.

  1. vergraemer 3441
  2. HappySchnitzel 3275
  3. stijlroyal 2956
  4. mspro 2788
  5. saschalobo 2184
  6. hermsfarm 2139
  7. haekelschwein 1931
  8. frank93 1745
  9. 343max 1617
  10. trottelbot 1608
  11. gebenedeite 1524
  12. sixtus 1486
  13. silenttiffy 1450
  14. Euphoriefetzen 1370
  15. kcpr 1314
  16. wondergirl 1314
  17. klauseck 1269
  18. Sillium 1265
  19. kosmar 1200
  20. luzilla 1150
  21. tochtervon 1102
  22. schlenzalot 1097
  23. booldog 1081
  24. ghostdog19 1032
  25. kathrinpassig 987
  26. ennomane 925
  27. moeffju 916
  28. timpritlove 907
  29. eigenart 863
  30. fragmente 851
  31. blogwart 846
  32. bjoerngrau 833
  33. kumullus 821
  34. netzpolitik 817
  35. Piratenpartei 796
  36. litchi7 753
  37. PickiHH 747
  38. Ibo 741
  39. AF_Blog 703
  40. textundblog 694
  41. stefanosswald 683
  42. spreeblick 679
  43. matola 678
  44. n303n 675
  45. tristessedeluxe 648
  46. mathiasrichel 647
  47. zebramaedchen 626
  48. sebaso 611
  49. furukama 610
  50. plomlompom 607

Favottercharts vom 03.08.09

Ich hatte ja gedacht und inständig gehofft, dass ich diese Charts hier nicht mehr veröffentlichen brauche. Mit den Favcharts stehen viel bessere, ausgereiftere und gerechtere Charts in den Startlöchern, als die die ich aus Favotter generiere. Ich bin selber mit einigen anderen ein wenig dran beteiligt, aber im Grunde ist das ein Projekt von Kathrin Passig und wird die Welt, wie alles was Kathrin Passig so tut, ein Stück weit besser machen.

Bis dahin wird aber wohl noch ein wenig Prokrastistation die Timeline hinunter fließen und weil wir doch nichts haben (wir haben doch nichts!), müssen wir ein weiteres Mal die Favottercharts bemühen.
—————-

Also: In der Topriege sieht es etwas langweilig aus. Dass sich @HappySchnitzel dort den zweiten Platz ergattern wird, war abzusehen, vermutlich bin ich nächsten Monat dran. Der @Vergraemer ist erwartungsgemäß oben angekommen. @Stijlroyal kämpft sich weiterhin mühsam aufwärts. Dort oben wird die Luft dünn, die Schritte schwerer.

Sehr schön hat @Wondergirl das Mittelfeld aufgerollt: von 26 nach 19 ist beachtlich.

Noch beachtlicher ist derjenige, der unter ihr weilt. Wer ihm folgt, wird es allerdings kaum verwundern, dass das @Haekelschwein die höchste Einstiegsplazierung erreicht, die jemals gemessen wurde. Von 0 auf Platz 20, alle Achtung!

Auch schön: Hallo @timpritlove! Und der unaufhaltsame Aufstieg von @silenttiffy! Da geht noch einiges.

Allerdings hoffe ich, dass ich dieses Gemurkse (alles per Hand) das letzte mal gemacht habe, und dass die Favcharts bis zum September fertig sind.

Kritik und Dings, wie immer in den Kommentaren.

  1. mspro 2066
  2. HappySchnitzel 1863
  3. frank93 1745
  4. stijlroyal 1725
  5. vergraemer 1642
  6. trottelbot 1414
  7. saschalobo 1355
  8. 343max 1187
  9. sixtus 1019
  10. hermsfarm 1014
  11. kcpr 1011
  12. Sillium 978
  13. klauseck 921
  14. booldog 850
  15. kathrinpassig 846
  16. kosmar 788
  17. moeffju 718
  18. fragmente 707
  19. wondergirl 701
  20. haekelschwein 668
  21. PickiHH 666
  22. ennomane 666
  23. gebenedeite 625
  24. silenttiffy 617
  25. blogwart 614
  26. ghostdog19 611
  27. kumullus 582
  28. denQuer 580
  29. tristessedeluxe 557
  30. plomlompom 548
  31. bjoerngrau 548
  32. Euphoriefetzen 538
  33. furukama 523
  34. mathiasrichel 518
  35. Nico 506
  36. timpritlove 502
  37. textundblog 499
  38. zebramaedchen 490
  39. Zufall 472
  40. netzpolitik 469
  41. AF_Blog 466
  42. sebaso 462
  43. spreeblick 446
  44. DonDahlmann 438
  45. jkleske 434
  46. holadiho 398
  47. Ibo 388
  48. luzilla 385
  49. stburnster 366
  50. isabo_ 350

Mörtel

Und dann schau ich gestern auf meinen Favotterdings und stelle fest, dass ich an einem einzigen Tag die Machtergreifung bis zum Kriegsende durchgepflügt hatte. Schon vorher ergriff mich bei den Zahlen die geschichtliche Assoziation. So ab 1789, Französische Revolution und so. Daten, die sprechen, obwohl sie bei Favotter ja eigentlich nichts bedeuten. Komisch, dieses Gehirn.

Jetzt stehe ich auf 1950. Mitten im Wiederaufbau. Ich kann sie förmlich sehen, die Trümmerfrauen, beim abklopfen des Mörtels. Stein für Stein. In Schwarz/Weiß natürlich. Es ist das Gehirn, dass die Zahl „1950“ einfach nicht als irgendeine Zahl stehen lassen kann. Es muss ihr Sinn geben, indem es sie anschließt. An dieses Andere, was mit „Erinnerung“ oder „Gedächtnis“, nicht mal nur unzureichend beschrieben wäre.

Die „Gruppe 47“ hat sich an den Trümmerfrauen orientiert und wollte ihrerseits den Mörtel, den bösen Nazimörtel von der Sprache klopfen. Um eine Sprache zu finden, die eben nicht wieder anschließt. Eine, die den Beelzebub – im Grund genommen also Hilter höchstselbst – aus den Worten trieb. Vielleicht sogar eine erinnerungslose Sprache? Es wird diese Zeit gewesen sein, als das Unvorstellbare seinen Anschluss suchte und nicht fand, als man merkte, dass man den Mörtel austauschen kann und die Steine der zerbombten Häuser, der vielen verschiedenen zerbombten Häusern, verwenden kann um neue Häuser zu bauen.

Das, was sich nicht anschließen lies, war der Holocaust. Es stand – es steht nach wie vor – als Singularität in der Entwicklung dieser Moderne. Und dann war da noch die Atombombe. Nicht zu vergessen, die Atombombe! Man stelle sich vor: es war plötzlich greifbar die gesamte Menschheit auszulöschen. Dann doch lieber Mörtel klopfen. Stein auf Stein legen. Schweigend bescheidene Häuser bauen.

Und das trotz all der Anschlußsucherei der Gehirne! 1933, 1945, 1950. Wie kann man diese Zahlen überlesen? Obwohl: Im Internet hat nichts eine Geschichte. Dort gibt es keinen Mörtel, nur Steine. Stein um Stein liegen nebeneinander, bereit, jederzeit sich neu zusammenzuschließen. Offen für jede Rekonfiguration. Der eine Stein, der links neben dem Eingang in der fünften Reihe im Haus von Britney Spears steckt? Kein Problem!

Hier in Berlin, sind viele Häuser aus vielen Häusern gebaut worden. Die zusammengetragenen Steine der zerbombten Häuser wurden einfach geremixt. Auch ich lebe in so einem Mashuphaus. Mörtel ist austauschbar. Er definiert zwar die Fuge, das Dazwischen der einzelnen Steine, das „Inter“ wie man so schön sagt, aber wenn man ihn entfernt, ist jeder Stein mit jedem anderen verbindbar, zu etwas neuem. Erstmal. Bis man ihn wieder abklopft.

Die Moderne, so sagt man, war eine Große Erzählung. Die ewig währende Geschichte einer sich stetig emanzipierenden Menschheit. Ereignis reiht sich an Ereignis, Erfindung an Erfindung, zivilisatorischer Fortschritt an zivilisatorischen Fortschritt. Es gibt nur eine Richtung: Geradeaus, in Richtung Zukunft. Die Postmoderne durchbrach diese Narration, und kittete Vergangenes an Neues, oder etwas, was gar nichts damit zu tun hatte. Die Postmoderne war begeistert vom immerneuen Mörtel, dem Mehrkomponentenmörtel quasi. Die Epoche feierte den Mörtel und die durch ihn stetig gewordene Neuerfindung des bereits Vergangen. Die vormalige Verdrängung, wie Freud sagen würde, ermöglichte ein neues Erinnern. Ein: „Weißt Du noch“ mit wissendem Zwinkern. Gemeinschaftbildend. Einschließend, wie ausschließend. Popkulturell eben.

Boris Groys merkt an, dass der Umgang mit dem Archiv immer sorgloser werde, mit dessen zunehmender Zugänglichmachung. Je verfügbarer der Zugriff auf das kulturelle Gedächtnis ist, desto mehr konzentriert man sich auf die Schaffung von Neuem. Die Irritation muss gesteigert werden, wenn uns die Medien bei der Affirmation so gut zur Hand gehen.

Der Mörtel, so muss man wissen, heftet den Stein nicht an den anderen, sondern an das Haus. Dafür ist er da. Er ordnet das Neue ein. Er setzt das Ereignis in den Kontext der vorhandenen Erinnerung und weist ihm seine Stelle zu. Luhmann sagt, dass psychische Systeme „Sinn“ produzieren. Sinn entsteht durch die Verknüpfung von all den Dingen mit dem Archiv. Dinge, die sich gegen ihre Einordbarkeit sträuben, empfinden wir als sinnlos. Wir haben 100.000 Jahre lang Sinn produziert, indem wir den Dingen – Gegenständen, Menschen, Situationen, Tieren, Ereignisse – ihren Platz zuwiesen, den Mörtel anrührten und das große Haus einfach erweiterten.

Das ist vorbei. Der Mörtel muss nämlich nicht mehr angerührt werden. Er muss nichts mehr halten. Die Dinge haben keine festen Plätze mehr. Es wird ja jetzt alles in Echtzeit konfiguriert. „Internet! Sammle x und konfiguriere es mit y und z und gebe es mir in chronologischer Reihenfolge!„. Wer braucht noch eine Ordnung, wenn wir sie in Echtzeit generieren können?

Auch die Steine, die wir entnehmen, sind mörtelfrei. Kein Mensch interessiert sich noch für die Referenz. Man kann sie schließlich nachschlagen, wenn man denn unbedingt will. Aber: „What the fuck!“ Dinge sind What the fuck! Oder eben nicht. What the Fuck! gibt den Irritationsgrad einer Sache an. Es geht bei What the Fuck! nicht darum, dem Archiv einen Bezug zu entlocken, den man vielleicht augenzwinkernd versteht und einzuordnen weiß. Es geht darum, die maximale Irritation anzustreben, ganz und gar jenseits des Mörtels, ganz und gar jenseits der tatsächlichen kulturgeschichtlichen Bedeutung einer Sache. Ja, die Popkultur ist vorbei! Ganz sicher!

So ist das eben, in einem völlig transparenten Archiv. Dieses Archiv von allem und jedem ist bereit, mir jederzeit über alles Auskunft zu geben, häppchengrecht und auf Wunsch gleich weiterverarbeitbar. Das Archiv inflationiert in seiner allmächtigen Omnipotenz zu einer Egalheit, nur noch mit der Luft vergleichbar. Wir werden die letzte Generation sein, die es zu schätzen weiß, das Wissen der Welt durch den Googleschlitz in den Schoß gelegt zu bekommen.

Wir sind die neuen Trümmerfrauen. Wir sind dabei das Wissen Stein für Stein vom Mörtel zu befreien und es auf den großen Haufen zu werfen, der Müllhaufen der Geschichte nicht unähnlich ist. Chaotisch, Kreuz und Quer und meist ohne Relevanz. Aber volltextdurchsuchbar! Algorithmen sind der neue Mörtel, nein, in Wirklichkeit sind sie viel mehr. Wir stehen noch mit dem einen Bein in der alten Welt und transformieren uns und alles was uns umgibt in die Neue. Die Menschen nach uns werden nicht mehr zureichend unterscheiden können. Zwischen sich und dem Weltwissen. Zwischen Leben und Internet. Der Erinnerung und den Daten in der Wolke.

Es ist fraglich, ob sie solche Konzepte noch brauchen werden, wo sie doch das Archiv vielmehr sind als nutzen. Was sie wohl von uns und unserem Mörtel halten werden, wenn sie es, ähm, googln? Wir hatten doch nichts!

Deja Yoo!

Ich glaube, ich brauche nicht extra betonen, wie ich zu der Vodafone-Sache stehe. Ich denke, dass hier ein Unternehmen auf dem Holzweg ist. Und zwar auf einem ziemlich schädlichen für die „Generation Upload“ bei der man sich doch so gerne einschleimen möchte.

Auch ist meine Ansicht in Sachen Werbung für Geht-Nicht-Unternehmen bereits von vorn bis hinten durchexerziert und zwar am Fall von Yahoo! Und so stehe ich zum Beispiel diesem Spreeblick-Posting und habe ein Deja-Vue.

Nun ist aber viel Zeit vergangen und einiges anders. Ich bin da jetzt quasi persönlich involviert. Nicht nur, weil ich einige Menschen aus dem Spreeblickumfeld kenne (und schätze) und teils freundschaftlich mit ihnen verbunden bin. Nein. Sascha Lobo, der die ganze Sache eingebrockt hat, ist mein Freund. Als er sie eingebrockt hat, das weiß ich noch, war Vodafone nur irgendein Telefonprovider, der so wie alle anderen die Verträge unterschrieben hat und die Diskussion um die spezielle Stellung von Vodafone in der Sache war noch nicht im Gange. Er würde das nicht zugeben, aber ich glaube schon, dass es ihm mittlerweile unangenehm ist. Aber das ist sein Problem, niemand sollte ihn deswegen bedauern, er bekommt genug Geld dafür.

Die Vodafone-Werbung ist jedenfalls nun gebucht und das Geld liegt auf dem Adnationtisch. Da zuzugreifen finde ich auf eine Art, naja, nachvollziehbar. Unschön aber nachvollziehbar. Ich glaube (und hoffe), ich hätte es an deren Stelle nicht getan und ich kann den Unmut durchaus verstehen, den man jetzt gegen diese Blogs empfindet. Es ist das selbe Gefühl, das ich vor zwei Jahren hatte. Ich werde also niemandem ins Gewissen reden, wenn er jetzt meint, die betreffenden Blogs kräftig anschnauzen zu müssen. Ich halte eine Diskussion darüber, wie weit sich ein Blog in Sachen Werbung von seinen Anliegen entfernen kann, nach wie vor für aktuell und wichtig und hege auch keinerlei Mitleid für die Beteiligten.

Ich werde an dieser Stelle aber nur sagen, dass ich das missbillige. Ich finde es nach wie vor nicht richtig, auf der kommerziellen Bahn der politischen entgegen zu arbeiten. Das ist und bleibt ein Glaubwürdigkeitsproblem. Jedenfalls in Blogs, in denen man sich noch politische Ziele auf die Fahnen schreibt, sollte die Werbung diesen Zielen nicht widersprechen und auf diese Weise konterkarieren. Das tut sie in diesem Fall eklatant. Das ist schade.

Aber was ich auch ärgerlich finde, ist, dass sich ausgerechnet Don Alphonso traut, in dieser Sache scharf zu schießen. Klar: es ist Spreeblick, es ist Lobo. Da braucht es eigentlich keine weiteren Gründe, da regieren die Reflexe.

Aber wo war der Don die ganze Zeit, als es um das Zensurgesetz ging? Wo ist seine Unterschrift auf der Petition? Wo sind die Artikel, die er gegen Zensursula geschrieben hat? Wo ist auch nur das kleinste Fünkchen von Engagement in der Sache? Okay, das besagte „kleinste Fünkchen“ hat Don nachgereicht. Immer noch erstaunlich wenig.

Da ist es mir lieber, wenn sich jemand wie Johnny engagiert und dabei angreifbar macht, als jemand, der erst nach gelaufener Schlacht aus dem Schützengraben kriecht, auf alte Kontrahenden zeigt und ruft: „Haltet den Verräter!

Mein Kommentar bei Vodafone

Hier mein Kommentar unter dem… äh, ja, der Unverschämtheit von Vodafone zum Thema Netzsperren. (Noch nicht freigeschaltet.)

Hallo!

So wie ich das mitbekommen habe, ist die Vodafone-Deutschland-Unternehmensführung nicht nur einfach _für_ die Internetsperren, sondern hat das Projekt zusammen mit Frau von der Leyen und anderen Maßgeblich mit geplant und vorangebracht.

Ich kann verstehen, dass das Marketing ihres Unternehmens nun keinen leichten Stand hat, dieses Thema mit der „Generation Upload“ zu dialogisieren. Dies ist aber doch nun der Anspruch der Kampagne.

Der Satz:

„Um langfristig zu dem Thema eine sachliche Debatte zu führen, ist es aus unserer Sicht wichtig, den Extremfall Kinderpornographie aus der Diskussion um Internetsperren als erledigt ausklammern zu können.“

liest sich aber nun für mich, wie eine Diskussions-(und – nebenbei – wie eine Realitäts-) Verweigerung. Um ehrlich zu sein: Sogar von der CDU fühle ich mich als Netzsperrengegner ernster genommen, denn sogar dort hat man unsere Argumente immerhin zur Kenntnis genommen und sie nicht von vornherein abgebügelt.

Klar gibt es genug Themen, über die man reden kann. Tarife, Branding, Roaming. Da ist viel zu tun, von ihrer Seite und ich wünsche Ihnen dieses Feedback von herzen.

Aber ich persönlich kann es gut verstehen, nein, ich würde es begrüßen, wenn die Webgemeinde die Diskussion verweigert, so lange dieses ungemein wichtige Thema Netzsperren und die Haltung von Vodafone nicht zufriedenstellend diskutiert wurde.