Folgenden Text hatte ich für dradio.wissen geschrieben und er sollte heute als Netzreporter Kommentar gesendet werden. Wird er nun doch nicht. Aus Gründen. Aber ich stelle ihn mal hier zur Verfügung.
Die unverlegenen Verleger
Ich weiß nicht mehr, wann es anfing. Der Rundfunkänderungsstaatsvertrag, der zu der Massenlöschung von Informationen beim Internetangebot der Öffentlich Rechtlichen führte, ist der erste Coup der Verleger, an den ich mich erinnere. Der Gesellschaft den Zugang zu Informationen zu versperren, um private Unternehmen zu peppeln, alles brav von der Politik umgesetzt – ein Glanzstück der Lobbyarbeit.
Seitdem ist viel passiert. Das Propagandasperrfeuer der Verlage gegen jede digitale Publikationsform der Öffentlich Rechtlichen bekam immer groteskere Züge. Der Höhepunkt war erreicht, als auf einmal die Demokratie gefährdet war, weil man jetzt mit der Tagesschau-App Nachrichten auf dem iPhone sehen kann.
Neben dem lautstarken Lamentieren hat die Branche allerdings auch in der Stille gearbeitet. Ein sogenntes Leistungsschutzrecht für Presseverleger steht in der Koalitionsvereinbarung der aktuellen Regierung. Weil der Markt die Presseerzeugnisse nicht mehr bezahlt, will man ihn eben dazu zwingen. „Leistungsschutzgeld“ wäre die treffendere Vokabel.
In den Medienangeboten der Verlage liest man von dieser Geiselnahme der Gesellschaft natürlich nichts. Wie auch, wenn die, die auf das Geld spekulieren, zufällig auch an den Druckerpressen stehen?
Der neuste Traum der Veleger ist eine gemeinsame Plattform zum Onlinevertrieb von Nachrichten. Weil das mit dem Vertriebsweg über das iPad nicht so klappt, will man sich zusammentrommeln, um eine gemeinsame Mauer mit Bezahlschranke zu errichten. Wenn alle Verlage mitmauern, so die Rechnung, dann müssen auch alle bezahlen. Also wir.
Dafür hat man jetzt sogar die amtierende ARD-Intendantin Monika Piel gewonnen. Nur den Verlegern zuliebe, will sie sich in die Mauer einreihen und für die bereits mit Gebührengeldern bezahlten Inhalte beim Nutzer ein zweites mal abkassiern. Ist das nicht nett?
Ich frage mich, mit welchem Vorschlag die Verlger als nächstes um die Ecke kommen. Eine allgemeine Vorschrift zum täglichen Kauf der Bildzeitung? Eine Schußwaffenerlaubnis für Drückerkolonnen?
Der so genannten vierten Gewalt ist mittlerweile alles zuzutrauen. Sie vertritt niemanden mehr, außer sich selbst.