re:publica 09 – ein später, verwirrter Nachklang

So. Ich bin so langsam wieder aufgewacht, in diesem komischen Nach-Re:publica-Loch. Es ist gar nicht mal so, dass man die ganze Zeit sein Leben darauf ausrichtet, jedenfalls nicht nur aus Vorfreude. Wenn man dann dafür auch noch Dinge vorbereiten muss, hat das alles doch einen ganz anderen Stellenwert (Auch wenn man das einer Twitterlesung nicht auf den ersten Blick ansieht, es ist eine ganze Menge Arbeit.)

Jedenfalls wacht man danach auf, aus so einem monothematischen Koma und schaut sich um, im Netz. Und da gibt’s dann ganz viel Genöle, nein, nicht über uns, wobei: auch, aber egal, sondern über das ganze Konzept so einer Konferenz. Von „Nabelbeschau“ ist dann die Rede, von „Selbstreferenzialität“ und es wird die Frage gestellt, warum die Leute denn nichts besseres zu tun hätten, wo doch die Welt so dolle im Arsch sei. Andere wischen Vorwürfe dieser Art mit einer gewissen Berechtigung in die Problemfelder der üblichen Berufsnöler ab. Ich hingegen kann das sogar bis zu einem gewissen Punkt verstehen. Zumindest, dass das eine oder andere radikalere Element auf so einer Konferenz nett gewesen wäre, vor allem wenn man sich in irgendeiner Weise als „Avantgarde“ begreifen will. Und wer von uns will das nicht? Eine solche „Avantgarde“, eine die weiter geht, die neue, vielleicht unperfekte Ideen, aber radikal neue Ideen des Zusammenlebens entwirft, die war sicher weniger vertreten. Und das trotz des enormen kreativen Potentials, das dort vertreten war, und natürlich ist das schade! Aber liegt das wirklich an der Konferenz? Hätten uns Fefe und F!xmbr an ihren Welt -rettungs- und/oder -neuordnungsplänen teilhaben lassen, wenn sie vor Ort gewesen wären? Wenn man sie brav gebeten hätte? Büddebüddebüddee! Hätten sie überhaupt welche gehabt? Oder Leute gekannt, die welche haben? Ich hab da so meine Zweifel.

Ich habe auch meine Zweifel, ob so eine Konferenz überhaupt der richtige Ort für sowas sein kann und ob wir Blogger, elektronische Quasselstrippen die wir nun mal sind, die richtigen Leute für sowas sind. Dass wir, diese schimpfende und geifernde Horde tatsächlich integerer, klüger und mutiger sind, als die Politiker da die draußen wirklich verantwortlich sind und ob es nicht ein wenig vermessen ist, solche Ansprüche an so eine Bloggerkonferenz überhaupt zu formulieren? Aber klar doch. Wünschen würde ich es mir schon. Und aufgehört zu hoffen, hab ich auch nicht.

Ich habe aber nicht das Gefühl, dass die re:publica, jedenfalls dieses Jahr 2009 im Stande gewesen wäre, solcherart Forderungen auch nur annähernd zu erfüllen. Ich würde mir das auch wünschen, ich wäre auch dabei, ich würde mir den Arsch dafür aufreißen, aber solange sowas nicht in Sicht ist, reicht es mir ein paar Tweets vorzulesen und ansonsten ein paar nette Nerds kennen zu lernen.

Und das hat ganz wunderbar geklappt. Danke!

Nachtrag: ich

Eines der eisernen Gesetze der Medienbranche unserer Branche (hihi) heißt ja: Wer in den Medien ist, der wird ab und an selber Teil der Berichterstattung. Die übliche Selbstreferenzialität derjenigen, die selber einen Film drehen und dabei gedreht werden (z.B. vom Pottblog). Was allerdings auf der re:publica der ganz normale Wahnsinn war.
Jedenfalls merkt man es: ich komme vorm ganzen Berichterstattetwerden, nicht mehr zum Berichterstatten. Denn ja, es geht noch weiter.
 

Ich bin zwar kein von Qualitätsjournalisten zertifizierter Neu-A-Blogger, wie Tristessedeluxe, habe aber auch meinen Platz an der Sonne der Qualitätsmedien gefunden. Zwar nicht im Feuilleton der FAZ, aber immerhin auf 3Sat:


(zu sehen bin ich ab 02:50 – online gestellt von Netzpolitik)
Wer jetzt denkt: Nett, der mspro ist also ein herumstehender Statist, der keinen Text, ja nichtmal eine Meinung hat, dem sei angeraten dieses Interview mit mir über Twitter bei Cem Basman zu lesen.
Aber jetzt heißt es aufpassen. Ab wann ist man eigentlich eine Person der Zeitgeschichte? Die BILD-Reporter stehen schon vor der Tür…

re:publica 08

Tja, jetzt ist es vorbei und die Nachlese sollte auch mal gemacht werden. Aber was soll man schreiben, wenn man Redundanz so hasst wie ich? Vielleicht einfach Danke. Und ein paar persönliche Besonderheiten.

Als ich letztes Jahr zur re:publica fuhr kannte ich so ziemlich gar keinen. Außer Tristessedeluxe. Es war trotzdem super. Ich habe dort einige Leute kennengelernt, mit denen ich dann per Blog weiterhin Kontakt hatte und die ich dieses Jahr wiedergesehen habe, was mich sehr gefreut hat.
Dieses Jahr kannte ich bereits eine ganze Menge mehr Leute, was einerseits daran lag, dass ich auf anderen Konferenzen, wie der 9to5 und dem Wordcamp war, aber vor allem, weil ich Twitter nutze. Das ist unglaublich, was das für ein Sozilsalistionstool ist. Mehr als es Bloggen je war. Man hat einfach weniger Scheu vor Menschen, deren Tagesrhythmus man kennt, wenn man weiß, wie sie in bestimmten Situationen reagieren, was für Probleme sie im Alltag haben, etc. Und so war es, dass sich viele meiner Twitterbekanntschaften sehr schnell und sehr häufig in reale Bekanntschaften verwandelten. Und wenn ich nur mal so in Berlin bin.

Mit anderen Worten: Als ich dieses Jahr zur Re:publica fuhr hatte ich eine riesige imaginäre Liste von Leuten, die ich wiedersehen oder endlich mal kennenlernen wollte. Und genau diese Erwartung wurde noch übertroffen. War das ein Spass. Ich habe sehr sehr wenig Pannels besucht, was ich zwar schade fand, was aber durch die vielen Gespräche mehr als wieder gut gemacht wurde. Leider waren die Gespräche allzuoft zu kurz und oberflächlich, aber so ist das nun mal auf solchen Konferenzen. Am liebsten hätte ich den einen oder anderen direkt in die nächste Kneipe geschleppt, um mal in Ruhe quatschen zu können. Manche habe ich leider nicht sehen können, was sehr schade ist. Bei manchen, auf die ich mich gefreut hatte hat es nur für ein Hallo und Tschüss gereicht. Aber im großen und ganzen habe ich mich prächtig amüsiert und war erstaunt, dass einige im RL noch netter sind als auf Twitter.

Die andere Sache war, dass ich fast durchgehend völlig fertig war. Ich kam bereits sehr abgekämpft dort an und habe es mir dennoch nicht nehmen lassen auf jeder, wirklich jeder Hochzeit zu tanzen. Meist bis zum Schluss. (Vor allem Sascha Lobos Followerparty war mehr als krass) Dementsprechend lief ich immer wie ein durch Koffein noch notdürftig am Umkippen gehinderter Zombie über den Asphalt. Wahrscheinlich denken sich jetzt die Menschen: „mspro? ganz nett, aber die Augenringe…

Was schade ist: ich hab viel zu wenig Bilder gemacht. Andererseits ein gutes Zeichen, weil es zeigt, dass ich anderweitig beschäftigt war.

Jetzt könnte ich inhaltlich natürlich noch was sagen. Da gab es einiges tolles, z.B. den Livepodcast mit Peter Glaser, den ich sehr schätze und den Vortrag von Christian Heller über Technikutopien. Da gab es auch weniger gutes, wie die Keynote, die aber schon von Willyam auseinander genommen wurde. Aber wie gesagt. Darum ging es mir nicht.

INTERNETNERDS

sollte man besser doch nicht in die Realität materialisieren. Widerlich! Das schneiden die bei Watchberliner also immer raus.

Zu sehen: diplix, Kosmar, Pottblog.

Aber ansonsten ist es relativ super hier. Alle möglichen Leute, die man schon mal gelesen hat. Zu jedem fällt einem eine Geschichte, ein Pseudoskandal oder ein guter oder besonders schlechter Artikel ein. Naja, bei fast allen. Außer z.B. bei den ganzen Web2.0 Entrepreneure, die sich hier überall am Ranschleimennetzwerken sind.

[dieser Velegenheitspost wurde durch die andauernden Fragen iniziiert, warum ich denn so viel twittern und so wenig bloggen würde. Außerdem wusste ja nicht jeder, das mein Handy auch Videos aufnehmen kann. Aber jetzt.]

[jetzt mach dich mal locker. Brauchst dich doch nicht für einen Blogpost rechtfertigen]

[Andererseits: ist schon ganz schön armer Kontent. Du hattest mal ganz andere Ziele… ]

[Jaja, Bla!]

Was ist eigentlich die re:publica?

Neulich auf Mogulus wurde ich gefragt: was ist das eigentlich, die re:publica? Tja, das ist eine gute Frage und erst jetzt habe ich mich genauer mit deren Beantwortung beschäftigen können. Hier meine unglaublichen Recherchen:

Es ist ja so, dass wir hier, an diesem Ort, an keinem Ort sind. Wir sind jenseits der Welt, in einer Geisterwelt, in der nur immaterielle, intelligible Identitäten herumschwirren, mit blau leuchtenden Schweifen. Wir halten über diese Sphäre Kontakt mit der Welt der Lebenden und mit vielen anderen Geistern.

Nun hat sich in Berlin bekanntlich eine Priesterkaste gebildet, die den Zugang zu dieser Geisterwelt aufrecht erhält und vermarktet. In ihren täglichen Beschwörungen schaffen sie ein medial präsentables Äußeres der Geistersphäre und strukturieren diese damit wiederum, auch wenn sich einige Geister heftig dagegen wehren.

Nun kamen die Priester letztes Jahr auf die Idee, einen okkulten Ritus ins Leben zu rufen. Es sollte eine Geisterbeschwörung werden, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Sie wollten tatsächlich einen großen Teil der Geisterwelt in einer fulminanten und lange vorbereiten Super-Mega-Beschwörung direkt in die reale Welt hineinmaterialisieren. Es hatte bis dahin zwar schon einige Versuche in diese Richtung gegeben, aber kamen diese so gut wie nie über eine zweistellige Anzahl von Geistern hinaus. 700 Geister sollten es aber werden. Sie in ihren echten Körpern wieder auferstehen lassen! Was ein Projekt.
Viele Tage und Nächte tanzten die Priester also nackt um ein großes Feuer und sprachen allerlei Zauberformeln gen Himmel – alles mit den gesponserten Zauberstäben von IBM. Dann, auf einmal, zisch, zurr, zack, kamen herbei geflogen die vielen Geister. Sie schwebten rhythmisch in der Luft, zum Beat der Priestergesänge und sammelten sich über dem Feuer. Mit ihren blauen Schweifen kreisten sie immer näher aneinander, immer um das Lagerfeuer herum. Dann steigerte sich der Beat, die Rhythmen wurden kürzer, die Beschwörungsformeln schneller und die Priester immer lauter, lauter, lauter bis sie schrien. Und auf einmal vereinigte sich der schwebende Geisterklumpen. In einer gigantischen blauen Wolke schien er alle Energien aufzusaugen, und in einem gleißenden Blitz und einem ohrenbetäubenden Knall geschah dann das Unglaubliche.

Als sich die Nebelschwaden verzogen, standen dort in der Kalkscheune 700 echte Menschen. Verwirrt schauten sie sich um. Sie wussten nicht, wie ihnen geschieht. Sie sahen an sich herunter und bemerkten Arme, Beine, manche sogar Brüste. Natürlich kannten sie das, sie waren ja schließlich auch einmal Menschen gewesen, damals, bevor sie in die Geisterwelt hineingezogen wurden. Aber wie unendlich lange war es her, dass sie ihre physischen Körper bewegen konnten. Zwar waren sie nach wie vor darauf angewiesen, sich ihre Energien aus der Geisterwelt zu beziehen, aber sie hatten sich aus diesem Grunde alle extra ihre mobilen Geisterwelttore von Apple mitgebracht. Und auch die Priester hatten vorgesorgt und ließen auf dem gesamten Gelände Geisterelexiere (sie nannten das W-Lan) versprühen, um die Tore offen zu halten.

Und so kam es, dass die Geisterwesen drei wundervolle Tage miteinander in der realen Welt verbringen konnten. Sie redeten und sie tranken, sie kosteten das körperliche Dasein vollkommen (wir vermuten das, jedenfalls teilweise) aus, allerdings immer in dem schmerzhaften Wissen, dass es wieder vorbei sein würde, dass der Zauber nicht ewig hält. Sondern eben nur diese 3 kurzen magischen Tage.

Trunken von ihrem Erfolg, aber, versprachen die Priester sogleich den Spuk von nun an jedes Jahr zu wiederholen. Und so glitten die Geister hin, zurück die Geisterwelt, wissend, dass sie von nun an Wiedergänger sein werden. Geister mit der Lizenz zum Spuken. Dass sie nächstes Jahr wiederkehren werden und dass der Spuk kein Ende finden wird, solange die Sponsoren mitmachen.

Und nun ist es wieder so weit. Das Feuer ist entfacht und von Ferne hört man bereits die immer lauter werdenden Beschwörungsgesänge der Priester.

ich befinde mich hier:

Livestream vom Wordcamp08. W-Lan Kaffee, Leute, Essen. Alles super hier. bitte schreien, wenn meine Fresse in der Gloze kommt.

16:32. ganz schön fertig, schon. Wenig geschlafen. Viel gequatscht. Viele Leute wiedergetroffen. Viele Leute kennengelernt. Einige Sessions besucht. Über die Rechtsession von Kriegsrecht werde ich noch mal was schreiben. Jetzt auf der Wikiosession. Aber eigentlich mehr zum Batterie aufladen. Meine und die des Macbooks.

01:00 Ein unverschämt gutes Buffet genossen. Bloglesung vorher war auch schön. Einige Nerds haben aber nicht so richtig kapiert, dass eine Lesung keine „Session“ ist und währenddessen fröhlich auf ihren Notebooks rumgeklimpert. Was ganz schön gestört hat. Da merkt man dann schnell, dass hier mehrere Welten aufeinandertreffen. Barcamp meets Bloglesung, neue vs. alte Bloggerwelt. Irgendwie ist mir die alte dann doch sympathischer. Als es noch um Inhalte und Geschichten ging. Um das Bloggen selbst und den Spass daran. Ganz ehrlich: Wäre dieser Blogbezug nicht da, wäre ich wohl auch nicht hier. Es hat schon seinen Grund, warum ich mich nie aufraffen konnte, zu den normalen Barcamps zu gehen.

Andererseits: Alle Achtung Cem! Er hat es (als erster) geschafft, beide Seiten auf einem Event zu zusammenzubringen.

Konferenzen

Von allen Bluesgesängen über das Bloggen – was es mal war, für einen persönlich, oder wie man es sah, als Phänomen, oder auch nicht – ist der schönste, der Vortrag von Peter Praschl auf dem ZKM.

Obwohl ich weit nicht so lange dabei bin, kann ich doch von mir behaupten, die Ausläufer dessen erlebt zu haben, von dem er spricht. Denn ja, es ist eine untergegangene Welt, irgendwie. Ein kleine literarische Welt, eine – man kann sagen – intime Welt. Und ja, es war vor allem auch diese Welt, die mich im Mitte 2005 für das Bloggen begeisterte.

Mal anders gefragt: Was ist eigentlich aus den Blogleseungen geworden? Es gab eine Zeit, da traf man sich, um sich gegenseitig aus seinem Blog vorzulesen. In einem kleinen netten Kaffe mit ein, zweihundert Leuten. Manche fanden das albern und klar diente eine solche Veranstaltung doch mehr dazu, sich kennenzulernen. Ein Gesicht hinter der Geschichte zu haben, eine Stimme über dem Text.

Heute gibt es Barcamps (und Ähnliches). Da geht es um alles mögliche, aber selten ums Bloggen. Da geht es um die neuste Web2.0 App. Darum, ob Investor A in Startup B investieren will. Es geht um Jobs und es geht um Relevanz. Die erste Frage auf diesen Veranstaltungen ist: „Was machst Du?“. Man ist dort nicht als Blogger, nicht mal Mensch, man ist ein „Kontakt“. Wenn man ein eigenes Startup hat, oder Geld zum investieren, dann ist man im besten Fall ein „guter Kontakt“. Ich mag kein Kontakt sein. Nichtmal ein guter. Mir ist das zu wider so wahrgenommen zu werden.

Nein, es muss keine Lesung sein. Es kann auch über Technik und Markt und über Web2.0 gesprochen werden. Aber es gibt auch noch diese anderen. Die, die einfach nur bloggen (TM). Die sind zunehmend genervt, dass überall, wo man sich zu treffen hofft, der Businessschwarm schon lauert und Techblogger die Agenda bestimmen. Klar. Es gibt eben Menschen, die wollen mit dem Krams Geld verdienen, der anderen einfach nur Spass macht. Gegen deren Ellenbogen ist man machtlos, denn während man selber eine nette Zeit haben will, kämpfen sie ihren Kampf ums täglich Brot. Ich kann das irgendwie verstehen, aber es ist nun mal nicht mein Ding.

Ich bin nur ein Nutzer, ich will nicht mal sagen Blogger, denn dazu nutze ich zu viele andere Tools. Ich bin eine dilettantische Rampensau. Ich bin ein Hobbyscheißeschreiber, Amateur-Dauerkommentierer des Weltgeschehens, ein mißmutiger Hinkotzer meiner Gedanken. Am Web2.0 interessiert mich nur und ausschließlich, was ich damit machen kann, nicht wie das Businessmodell dahinter aussieht. Auch das muss man nicht toll finden. Aber ich fände es toll, mal nur mit Leuten zu quatschen, denen das auch so geht. Denn von meiner Art, da bin ich sicher, gibt es noch eine Menge mehr.

Es sieht so aus, als hätten wir unser Forum verloren. Als wären wir heimatlos. Das Ziel verloren. Die Richtung. Vielleicht deswegen der Blogblues.

Natürlich ist das alles Schwachsinn. Hier im Netz gibt es Platz für alles. Es gibt kein Thema, das keine Leser fände. Es gibt kein Bedürfnis, dass man hier nicht ausleben könnte. Und wer braucht schon ein Forum, wenn er ein Blog hat 😉

Und wenn zu wenig „einfach nur Blogger“ auf den Konferenzen sind, dann liegt das an den „einfach nur Bloggern“, die sich weigern, dort hinzugehen, weil sie fürchten, dass ihnen die Businesstypen auf den Sack gehen. Self fullfilling prophecy, sag ich da nur.

Die Re:publica08 ist als Bloggerkonferenz gedacht. Sie ist das Forum, sich im Reallive zu sehen und kennenzulernen. Sie ist keine Networkingveranstaltung für Startups und keine Jobbörse für Web-Entwickler. Es sei denn, wir lassen das zu – durch unsere Abwesenheit.

Also wer jetzt schon im Vorfeld herumnölt, dem möchte ich sagen, dass es in unserer Hand liegt, was dort passieren wird. Denn eine Konferenz lebt von ihrem Publikum. Und falls dann wieder eine Session über Werbung in Blogs kommt, dann gibt es diesmal hoffentlich kein wildes Kopfgenicke, oder nur Fragen, wie das denn geht, das werben, sondern eine echte Diskussion.

Deswegen leg ich mich jetzt schon mal fest: Ich gehe dahin. Und ich hoffe, dass gerade die Leute, die ähnlich denken wie ich, auch dort sein werden. Also Ihr!

9to5 – perversöhnliches Fazit

Jetzt habe ich gestern aus dem Affekt heraus ziemlich unversöhnlich über 9to5 geschrieben. Jetzt ist das, was ich sagte, nach wie vor nicht falsch. Als abschließende Betrachtung jedoch soll das nicht so stehen gelassen werden. Denn eins kann ich für mich festhalten: es hat sich gelohnt.

Zunächst: Es war ein wundervolles Setting zum Kennenlernen, für Gespräche, fürs Chillen, es gab tolle Bands und jede Menge netter Menschen und Bier zu bezahlbaren Preisen. Ich kann schon sagen, ich hab mich wohl gefühlt und es sehr genossen.

Dadurch, dass ich inhaltlich kaum etwas erwartet habe, konnte ich auch sehr entspannt an die Sache herangehen. Das Radialsystem ist eine super Location. Die Infrastruktur (W-Lan, Strom) ist professionell angegangen worden und überhaupt war die ganze Veranstaltung super durchdesignt.

Ich habe so ziemlich alle meine aktiven Twitterkontakte getroffen und eine ganze Menge Blogger kennen gelernt, deren Blogs ich schon kannte und bin auch auf neue interessante Blogs gestoßen. Das allein war schon mehr als genug, um den Berlintrip nicht zu bereuen.

Insofern ist das aber auch wieder typisch für alles, was die Z.I.A. macht. Sieht toll aus, macht Spass, ist unterhaltsam. Und ich kann sehr gut damit leben, solange sie sich nicht mit gesellschaftlich/politischen Ansprüchen lächerlich machen.

Was ist ein linker Schnöselismus?

Irgend ein Idiot hat mal gesagt, nichtvorhandene Erwartungen könne man nicht enttäuschen. Es geht. Partiell. Denn obwohl man sich schon beim Lesen des Programms langweilt, obwohl man schon von der Aufmachung her das Gefühl hat, einem egozentrischen Selbstgehype beizuwohnen, man eigentlich nur da hingeht, weil man kein Bock auf Alstervergnügen in Hamburg hat, dann wird man immer noch glauben, dass Leute, die sich an die Speerspitze innovativer sozialer Organisationsprinzipien drängen, wenigsten versuchen ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Die ganze Veranstaltung sagt einem: Hier sind wir, das coole Netzwerk der digitalen Bohème (aka: Z.I.A), da seid Ihr, gerufen um uns zu bewundern. Wir werden Euch mit Begriffen wie Allmende, Web2.0 und Offenheit bewerfen, aber so lange wir das tun, tut ihr gefälligst nur eines: zuhören.

Was wäre ein linker Neoliberalismus? Das war die Frage, welche einer der Hauptgründe war, weswegen ich hier überhaupt bin. Eigentlich hätte es etwas spannendes werden können. Rinks, Lechts, Neo und Liberalismus sind schließlich Begriffe, die definitiv auf die Agenda gehören. Und ja, allein der Versuch ist als Statement schon ein Schritt in die richtige Richtung.

Aber, ach, Holm Friebe. Hätte er sich bloß nicht eingeladen. Er hatte sich überhaupt nicht vorbereitet aber das mit Verve. Er hatte zwar ein paar lose Ideen zusammengetöppelt und eine ganze Menge Zeitungsartikel ausgeschnitten, aber wenn er redet, dann ohne Konzept, ohne roten Faden. Er sagt Dinge wie „Inhaltistisch“, erzählt wie er das Programm „programmiert“ hat und sinniert über die „personelle Konfiguration“ der Runde. Es war Gerede, zugegeben gekonntes Gerede, aber Gerede. Ohne Inhalt, ohne Substanz. Nur: insofern spiegelte er nur die gesamte Ausrichtung des Festivals: eine leere Pose.

Und während Mercedes Bunz wenigstens versuchte das Thema konkret zu problematisieren, quatschte Holm wirr vor sich hin, hielt zeitungsartikel in die Luft und rezitierte Zitate. Holm schaffte es, jede These im Schlamm seiner Selbstdarstellung zu versenken.

Ich weiß eigentlich gar nicht wie es weiterging. Es schlierte sich alles in einem Larifarisumpf zusammen in dem man sich nur in abgerundeten Eckpunkten einig war: die Linke muss was anderes werden/sein als sie ist und der Neoliberalimus muss etwas anderes hinzutun, damit alles irgendwie anders wird. Für eine Zukunft mit Zukunft hätte Rocko Schamoni hinzugefügt.

Vielleicht war es auch einfach zu ehrgeizig, diesen begrifflichen Sumpf innerhalb einer Veranstaltung tatsächlich begehbar machen zu wollen. Einerseits.

Aaaaber eigentlich waren es gar nicht die Worte: die Demaskierung fand dann bei den Publikumsfragen an. Zunächst mussten alle, die die Dreistigkeit besaßen, eine Frage stellen zu wollen, noch vorne an die Tafel Bühne, weil es kein wirkliches Publikumsmikro gab. Und die, die sich trauten wurden sodann von Holm Friebe angepault: Sei es, dass er ihre Fragen als irrelevant einkategorisierte, sei es, dass er ihnen dauernd ins Wort fiel, um sie zum Langsamsprechen anzuhalten.

Absichtlich oder Unabsichtlich brachte dieses Desaster ein Zuschauer auf den Punkt, indem er die Gretchenfrage nach der Demokratievorstellung stellte, der in dem Linken-Konzept der Beteiligten bisher scheinbar nicht vorzukommen schien. Und hier wurde das Dilemma schlagartig sichtbar: denn das war sicher kein Zufall, dass dieses nicht unwichtige Thema ausgelassen wurde:

Der Popdiskurs ist elitär. Die Z.I.A ist elitär. Holm Friebe ist elitär. Diese ganze Veranstaltung atmet diesen elitären Habitus. Demokratie sind die anderen. Die unwichtigen. Was hier vorgestellt wurde, war der linke Schnöselismus.