Krasse Links No 68

Willkommen zu Krasse Links No 68. Widersteht dem Hype, die Pfadgelegenheit ist nah, heute vernetzen wir das Prisoner Dilemma mit Spinoza.


Einigen wird es aufgefallen sein: der Newsletter von letzter Woche ist leider aus versehen unfertig rausgegangen.Sorry, hier die die Vollverion.


Jimmy Kimmel darf heute Abend wieder senden. Disney hat sich damit dem öffentlichen Aufschrei und dem sich formierenden Boycott (vorerst) gebeugt.

Disney hatte zuerst öffentlichen Drohungen von Brandon Carr, dem Chef der Medienaufsichtsbehörde FCC vorauseilend gehorcht und Kimmel rausgeworfen, nachdem dieser in seiner Sendung unvorsichtiger weise andeutete, dass Kirkmörder Tyler Robinson ein rechter sein könnte. Also direkte staatliche Zensur, wegen einer unvorsichtigen Formulierung in einer Zeit der Ungewissheit. Die Hintergründe gut aufbereitet hat John Oliver.


In einem Anflug von Erkläreritis habe ich versucht, meinen Begriff der „Pfadgelegenheit“ zu erklären, woraus dieser LinkedIn-Post entstand (Sorry für Kleinschreibung, ist so ein Social Media-Tick von mir).

der begriff der „pfadgelegenheit“ ist der versuch, das amalgam aus handlung und den dafür notwendigen infrastrukturen in einen netzwerkfähigen begriff zu verpacken und so menschliche handlungen wieder an die gesellschaftlichen strukturen rückzukoppeln.

die grundannahme: du kannst nur handeln, wenn es einen weg dazu gibt. wir gehen nicht „unseren“ pfad, wir entscheiden uns zwischen materiell gegebenen pfaden.

„pfadgelegenheit“ ist so ein einfaches, unscheinbares wort, aber auch so extrem nützlich. hier ein paar beispiele:

wir haben damit eine pfadgelegenheit für eine infrastrukturbewusstere semantik:

eine pfadsetzung ist eine pfadentscheidung aus einer gegebenen menge aus pfadgelegenheiten, die rückblickend zur pfadabhängigkeit wird.

zum netzwerk werden pfadgelegenheiten, wenn man versteht, dass der ganze sinn von pfadgelegehheiten ist, neue pfadgelegenheiten zu ermöglichen.
bonusnutzen: das denken in pfadgelegenheiten entfaltet implizit und ganz automatisch eine räumliche und historische struktur, die sich durch pfad-abhängigkeiten beschreiben lässt und damit implizit auch macht abbildet. das funktioniert sowohl für materielle wie für semantische infrastrukturen.

beispiel: die einfach scheinende handlung: „nudeln kochen“ können wir mithilfe der „pfadgelegenheiten/pfadabhängigkeiten“-semantik in ein beliebig feingranulares netzwerk aus logistikunternehmen, wasserrohren, stromkabeln, historischen ereignissen, kraftwerken, weizenfeldern und arbeitsbedingungen in anderen ländern auffalten.

semantische pfadgelegenheiten:

jedes wort, jeder satz, jeder gedanke ist pfadgelegenheit für weitere semantische pfadgelegenheiten.

jedes wissen bereitet pfadgelegenheiten für neues wissen. aber auch semantische pfadgelegenheiten haben materielle pfadabhängigkeiten. bücher im elternhaus, medienkonsum, schulalltag, der vermittelte „wert von bildung“ etc.

auch: verschwörungstheorien bieten pfadgelegeheiten in andere verschwörungstheorien, „rabbitholes“ bestehen aus semantischen pfadgelegenheiten.

das netz aus semantischen pfadabhängigkeiten in das wir reingeboren wurden, ist die matrix in der wir leben. wir haben nicht genug abstand dazu, sie zu hinterfragen. jedenfalls nicht „individuell“. auch hier sind wir auf pfadgelegenheiten angwiesen, auf andere kritische beobachter*innen und ihren alternativen semantischen pfadgelegenheiten zur erklärung der welt.

aus all dem ergibt sich die endgültige dekonstruktion des „individuums“. es gibt kein ungeteiltes res cogitans, alles ist res extensa. das dividuum ist der schnittpunkt aus milliarden netzwerken. es lebt nicht nur in seiner infrastruktur, das dividuum _ist_ seine infrastruktur.

ich nenne das „relationaler materialismus“. es ist im grunde eine fusion aus sience & technology studies und graphentheorie, inspiriert von spinoza, deleuze und donna haraway.

wer das spannend findet, kann meinem newsletter folgen, wo ich diese redepraxis selbst einübe und immer mal wieder weiterentwickle.

Liked gern, oder hinterlasst einen Kommentar. Meine Inhalte haben es nicht leicht in algorithmischen Umwelten.


Eine mir selbst bislang geheim gebliebene Inspiration für den relationalen Materialismus habe ich übrigens von Baruch Spinoza (Wiki), was ich aber erst merkte, als ich dieses wunderbare Then & Now Video über seine Philosophie sah.

Ich weiß selbst nicht, wie diese Trainingsdaten-Kontamination passieren konnte – ich habe Spinoza nie gelesen, aber ich schätze, das ist unvermeidlich, wenn es um einen so pfadentscheidenen Denker geht. Vielleicht könnte die Kontamination über irgendwas mit Hegel und Weltgeist oder so passiert sein?

Die Wege im Netzwerk sind unergründlich.


Aline Blankerts mit einer guten und fairen Diskurskritik um Plattformen und ihre Regulierung, am Beispiel eines Meinungsstücks von Meredith Whittaker, die zwar eine gute Analyse liefert, aber auch mit offensichtlich inadäquaten Vorschlägen um die Ecke kommt.

But by describing a real problem and writing about an inadequate solution, it becomes harder for others to open up the window she almost closed. For example, arguing against the inclusion of AI agents at OS-level becomes harder because Whittaker focuses on how to adjust their design rather than whether they are desirable in the first place. Design fixes are not addressing the question of human agency and human connection.

In dem Buch „Power. A radical View“ von Steven Lukes geht er verschiedene Formen von Macht durch und eine, die vielen Philosophen bisher Kopfweh bereitet, war die Macht, die Agenda zu setzen.

Lukes zeigt dafür unterschiedliche Strategien auf, etwa Biases in der Gruppe zu mobilisieren, durch Institutionelle Barrieren oder über die Kontrolle des Zugangs zur Entscheider-Gruppe, etc.

Aber es braucht auch etwas anderes: Die Pfadgelegenheit einen Diskurs aufzugleisen. Denn ist ein Diskurs mit einem bestimmten Frame erstmal etabliert, akkumuliert er alle Aufmerksamkeit und alle debattieren über das für und wieder der Vorschläge innerhalb dieses Frames. Präziser: Der Frame generiert semantische und diskursive Pfadgelegenheiten, die alle pfadabhängig von seinen unausgesprochenen Setzungen und Weglassungen bleiben.

Die Pfadgelegenheit der diskursiven Aufgleisung hat selbst diverse Pfadabhängigkeiten:

  • materielle Infrastrukturen, also Medien, um am Diskurs teilzunehmen (internet, Social Media, Medienökosystem)
  • mit möglichst breiter etablierter Zuhörerschaft (zb. Economist).
  • Dazu bedarf es eine möglichst herausgehobene gesellschaftliche Stellung des Sprechenden (bekannt, renommiert, oder institutionell herausgehoben, zb. CEO von Signal)
  • und dann – das ist der kontingente Part – Timing

Ob das Timing richtig war oder nicht, also wie weit der Pfad reicht, den man beschritten hat, stellt man immer erst hinterher fest, aber die Reihenfolge der Beiträge ist definitiv nicht egal.

Wer in einem Moment des anschwellenden Diskurses über ein allgemein sichtbares Problem seinen Frame setzt, während noch wenige oder nur weniger laute, oder weniger plausible alternative Frames als Deutungs-Pfadgelegenheit mit im Entscheidungsraum stehen, hat gute Chancen, den eigenen Frame hegemonial zu machen.

Ich weiß das unter anderem deswegen, weil meine Freundin mich immer wieder darauf hinweist, dass ich in Diskussionen dazu neige. Sorry.


Mirko Lange macht mit seinem Projekt „Desinfo-Index“ etwas sehr wichtiges, das in den einfachen Faktenchecks untergeht: nicht nur analysieren, ob etwas „wahr“ oder „unwahr“ ist, sondern in wie fern versucht wird, mit eigenen Frames materielle Realitäten unsichtbar zu machen. Rhetorisches Gaslightning, wenn man so will und eine allseits beliebte Technik der Diskursmächtigen – hier sehr anschaulich demonstriert an einer Äußerung von Jens Spahn.

„Naja, es gibt diejenigen, die glauben, Gerechtigkeit stellt man dadurch her, dass man den einen was nimmt. Ich bin eher auf der Seite, die sagt, Gerechtigkeit stellt man dadurch her, dass man den anderen die Chance
gibt, selbst was aufzubauen.“

Natürlich versucht Spahn hier eine diskursive Pfadsetzung, die die Milliardäre aus der Schußlinie bringt.

Doch volkswirtschaftlich stellt sich die Frage: Ist es überhaupt möglich, echte Chancengleichheit herzustellen, ohne zugleich Vermögen umzuverteilen? Wer 100 Millionen erbt, startet mit Kapital, Netzwerken, Sicherheit. Wer nichts erbt, hat oft sogar strukturelle Nachteile. Solche Unterschiede vererben sich über Generationen hinweg. Und das blendet Spahns These komplett aus. […]

Spahns Satz ist also weder Lüge noch offene Delegitimierung. Es ist auch mehr als ein simples Framing. Die Aussage blendet eine strukturelle Realität aus und verwandelt ein komplexes Spannungsfeld in eine scheinbar klare Alternative. Genau hier setzen wir an: Wir nennen das „strukturelle Verzerrung“ oder „Realitätsverkürzung“. […]

Solche Sätze sind besonders wirksam, weil sie auf den ersten Blick plausibel erscheinen. Sie sind nicht überprüfbar wie eine Faktenbehauptung, aber sie verschieben den Diskurs subtil. Wer Umverteilung fordert, wirkt plötzlich destruktiv; wer nur Chancen betont, erscheint konstruktiv. Doch die gesellschaftliche Wirklichkeit ist komplexer.

Sowas als regelmäßiger und aktueller Service ist viel wert.


Vielen dank, dass Du Krasse Links liest. Da steckt eine Menge Arbeit drin und bislang ist das alles noch nicht nachhaltig finanziert. Aber im August kam ich das erste mal über die 500 auf € 505,21- von den angestrebten 1.500,-, Yeah! Mit einem monatlichen Dauerauftrag kannst Du helfen, die Zukunft des Newsletters zu sichern. Genaueres hier.

Michael Seemann
IBAN: DE58251900010171043500
BIC: VOHADE2H

Du kannst dem Newsletter außerdem helfen, indem du ihn Freund*innen empfiehlst und ihn auf Social Media verbreitest.


Haha, ChatGPT ist so doof!

Aber jetzt mal Hand aufs Herz wer das nicht kennt? Das hat nix mit KI oder Menschen zu tun: Semantik erzeugt Anschlusssemantik und es erfordert immer ein kleinen Akt der Gewalt, ein Gespräch zu beenden.


Der Mustread-Text der Woche kommt von Henry Farrel, der in seinem Newsletter Martin Niemöllers bekanntes Gedicht „Als die Nazis die Kommunisten holten…“ als vernetztes Prisoner Dilemma modelliert.

Ausgehend vom Collective Action Problem folgert er, dass Macht aus der Fähigkeit entspringt, Menschen zu koordinieren.

struggles for power are struggles over the means of coordination. Who is capable of coordinating better, wins. And want-to-be authoritarians and mass publics face different coordination problems.

In der politischen Ökonomie der Abhängigkeiten würde ich es so formulieren: die Macht des „Leaders“ entspringt der Abhängigkeit der anderen von seiner Fähigkeit – partiell oder generell – das Collective Action-Problem für sie zu überwinden, um versprochene Pfadgelegenheiten (echt oder erlogen) zu erreichen. Schafft es ein Leader, Menschen zu koordinieren, ergeben sich daraus Netzwerkeffekte: Je mehr sich von ihm führen lassen, desto größer und relevanter werden die sich daraus ergebenen kollektiv erreichbaren Pfadgelegenheiten.

Draus ergibt sich u.a. folgende Strategie:

In more modern circumstances, your best strategy as an aspiring tyrant is likely to convince others (a) that they do live in a society of competing groups, and (b) that the smart money will always be on joining the dominant group, and not being one of the dominated ones.

Im Grunde macht man allen weis, dass sie in einem „Prisoners Dilemma“ mit allen anderen stecken, in dem es die rationalste Strategie ist, sich zu ergeben, weil man annehmen muss, dass die anderen Akteure diese Strategie ebenfalls fahren.

Der Kniff ist nun, das Prisoners Dilemma unter den Bedingungen vernetzter Aufmerksamkeit zu betrachten.

Their approach to both universities and law firms has been to make simple coordination seem like a prisoner’s dilemma, by picking off opponents, one by one, and by trying to create a common understanding that collective resistance is useless, since your potential allies are likely to defect. The early decision of one extremely prominent law firm, Paul Weiss, to defect, shaped common expectations so that several others rushed immediately to defect too, for fear that they would be stranded amidst the dominated group, rather than joining the dominating coalition in a subordinated role.

Der Erste, der fällt, setzt den Frame und gleist die allgemeine Erwartung auf, dass die anderen Eliten ebenfalls einknicken. Weil wir keine Individuen sind, die entweder egoistisch oder solidarisch sind, sondern Dividuen, die einander beim egoistisch oder solidarisch sein zuschauen, und daraus ihre Schlüsse für ihre Strategie ziehen, hat Trump eine Möglichkeit gefunden, die halbe gesellschaftliche Elite der USA – immer einen nach dem anderen – in die Knie zu zwingen.

Doch die Wahrheit ist: Sie haben nur noch nicht verstanden, das alle in einem Boot sitzen.

Als die Nazis die Kommunisten holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten,
habe ich geschwiegen,
ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie mich holten,
gab es keinen mehr,
der protestieren konnte.

Aber Trump strebt nach unbeschränkter Macht, so Farall weiter.

Absolute power implies absolute impunity: if I enjoy such power, I have no incentive to behave trustworthily to anyone. For just the same reason, no-one has any incentive to trust me. You will not believe my promises, and you may fear that if you give in to my threats, you will only open yourself to further abuse. Thus – as I, as an aspiring authoritarian move closer to unbounded control, I need to artfully balance the benefits that my power can bring to my allies with the fear those allies may reasonably have over what happens should that power be turned against them.

Das ist seine Schwäche, denn Trump kann in seiner selbstherrlichen Mannier nicht die allgemeine Erwartung aufrecht halten, sich an irgendwelche Abmachungen zu halten. Und wenn diese Erwartung bricht, wird auch seine Macht zu koordinieren prekär und der Widerstand bekommt eine Chance.

As a whole body of research on “tying the king’s hands” argues, independent actors will prefer to flee monarchs who refuse to be bound rather than to cooperate with them, because they know that such monarchs can’t be trusted. Any deal that they make can later be un-made, and probably will be, if unmaking it is to the king’s advantage. The best option may be not to submit, especially if you believe that others are similarly unwilling to comply. This may, in effect, turn what was a prisoner’s dilemma (in which everyone’s best strategy is to defect) back into a nearly pure coordination game again, allowing easier collective resistance.

Wir müssen das Spiel ändern: von Prisoners Dilemma zu – ich schlage vor – Star Wars.


Andor-Showrunner Dan Gilroy ruft zum Widerstand auf.

I deeply disagree but acknowledge it was a difficult decision. If you believe otherwise, wait until fate knocks on your door and demands you choose between conscience and hardship — because if you work in this industry that day is coming.

Whether you’re reading this on line at Blue Bottle or killing time before your 3 o’clock Zoom or staring at a glowing screen unable to sleep, we have all become characters in a story where our actions carry actual weight and consequence. Our industry faces the most sophisticated, venomous, creeping evil in America’s history. There’s no standing above this conflict. No impartial observers. If you’re on the sidelines you’ve made a choice and must live with it.

In unserem Andor-Talk auf der Republica haben wir unter anderem herausgearbeitet, wie konsequent die Serie das Opfer inszeniert, das die Rebellion bedeutet. Und ich glaube, wenn wir uns nicht ehrlich darüber machen, dass das hier kein Spiel mehr ist und dass die Verteidigung der Freiheit zunehmend Opferbereitschaft fordert und weiter fordern wird, werden wir das kollective Action Problem nie überwinden.


so?

The Rebellion will be cringe or not at all.


KI wird nicht nur als „Blase“ bezeichnet, sondern immer wieder auch als „Hype„, auch von mir. Das mag intuitiv richtig klingen, jedoch ist auch diese Bezeichnung irreführend und verdeckt die ganz realen und schädlichen Anwendungsfelder, in denen KI jetzt schon genutzt wird, argumentieren Hagen Blix und Ingeborg Glimmer in diesem sehr lesenswerten Essay, der mir sehr aus der Seele spricht.

We find ourselves in a moment where big tech has allied with the far right, where AI mass produces fascist slop aesthetics, where visas are getting revoked because AI tools took issue with someone’s speech, and where an AI job crisis is unfolding. Meanwhile, many criticisms of AI latch on to the lies and exaggerations used in marketing chatbots and other technologies. They focus on identifying and deflating hype (or on calling AI snake oil, suggesting that it’s all a bubble, a con, a scam, a hoax, etc.). This kind of critical frame is dangerously inadequate for understanding what is actually going on, let alone for doing something about it. Even if the AI peddlers listened and the hype disappeared, the problems would remain. So the problem with AI isn’t hype. The problem is who and what it’s useful for. […]

Is any of this an issue of hype, of some discrepancy between promised capabilities and real capabilities? Or is the root issue that the very real affordances of very real AI potentiate fascist political aims and methods? Is the problem that some model output is untrue, or is it that AI models operate akin to the online troll, who just asks questions and just says (bullshit) things for the lulz? Of course, AI tools have no intentions. They cannot care for the lulz. But they are, by design, incapable of not bullshitting. They cannot recognize that “their reality” (bytes, letters, pixels, etc) is distinct from reality as such.

Dieses Mißverständnis spiegelt unseren inadäquaten Umgang mit dem Faschismus: Auch seine Inkonsistenzen sind kein „Mangel“, sondern Herrschaftstechnik, eine Herrschaftstechnik, die durch KI-Slop auch noch ausgeweitet wird.

Fascism, meanwhile, is committed to a play of power and aesthetics that regards a desire for truthfulness as an admission of weakness. It loves a bullshit generator, because it cannot conceive of a debate as anything but a fight for power, a means to win an audience and a following, but never a social process aimed at deliberation, emancipation, or progress towards truth. Fascists do, of course, try to exploit the very prerequisites for discourse (a willingness to assume good faith, to treat equality if not as a condition, then at least as a laudable aim of social progress, etc). Take, for example, the free speech debates as an attempt to blindside the enemy (that is, us). Fascists are continually proclaiming their defense of and love for free speech.

They are also arresting people for speech, banning books, and attacking drag story hours. To take this as an inconsistency, or an intellectual mistake is to misunderstand the very project—fascists are not in it for consistency, nor for making a rational, reasonable world with rules that free and equal people give themselves. The apparent contradiction is, instead, part of the same family of strategies as flooding the zone is—to use whatever tool is necessary in order to accrue power, strengthen hierarchies, and entrench privilege.

Fast alle die „Shortcomings“, die KI nachgesagt werden sind für die Herrschenden Vorteile, actually.

Journalist and researcher Sophia Goodfriend calls this whole thing an AI drag net and observes quite acutely: “Where AI falters technically, it delivers ideologically”. Indubitably, people are getting falsely classified as having engaged in speech unsanctioned by the self-proclaimed free speech absolutists. But those misclassifications are mistakes only in a narrow technical sense. After all, we can actually be quite certain about the real political aims of Marco Rubio’s state department. They’re invested in a) an increase in deportations, and b) the suppression of particular kinds of speech—and neither of those depends on amazing accuracy (hitting the “right” people). They depend mostly on scale (hitting a lot of people). For the first goal—more false positives means more cancelled visas, means more deportations. Check. As for the second aim, the suppression of speech depends on a sufficient reach to make everyone feel like “it could be me next, (unless I censor myself/make myself quiet and small/self-deport/etc)”. And here, too, the tool certainly delivers. In our book, Why We Fear AI, we argue that it is in fact precisely the error-prone and brittle nature of these systems that makes them work so well for political repression. It’s the unpredictability of who gets caught in the drag net, and the unfathomability of the AI black box that make such tools so effective at producing anxiety, that make them so useful for suppressing speech.

Dazu gehören auch die berühmten „Biases“, die in den Modellen verbaut sind.

We certainly know that the “mistakes”, the misidentifications, aren’t randomly distributed. In fact, we’ve known at least since Joy Buolamwini and Timnit Gebru’s 2018 Gender Shades paper, that facial recognition algorithms are, among other things, more likely to misidentify Black people than white people. When the AI errors are so clearly distributed unequally, and the errors are a source of harm—of false arrests and possible police violence—then it is obviously unhelpful to simply call them “errors”, or theorize this through a lens of “hype”. What this system produces isn’t errors, it’s terror. […]

The gap provides plausible deniability: “It’s the algorithm that messed up”, they will surely tell us, and that therefore, no person is really responsible for racist false arrests. But the very fact that the misidentifications are predictable at the level of populations (we know what groups will be misidentified more often), and unpredictable at the level of individuals (nobody knows in advance who in particular will be misidentified) also enhances its usefulness to the political project of producing political terror: Again, it’s about producing the widespread feeling that “it could happen to any of us, it could happen to me”. This is as true of AI as it is of other, older tools of political terror and police intimidation.

In the words of cybernetician Stafford Beer, there is „no point in claiming that the purpose of a system is to do what it constantly fails to do“. And to focus primarily on what the system can’t actually do (as the hype frame does) risks distracting from what it is actually doing.

Um zu verstehen, wozu AI wirklich da ist, muss man sich ansehen, an wen und mit welcher Message die Services beworben werden: Manager und CEOs.

The union busting pitch gives the real economic purpose of AI away: It’s a tool to depress wages. And for that goal, whether the tool can actually replace the work done by people at the same level of quality is often largely irrelevant. After all, replaceability is not about simple equivalence, but more often than not about price-quality tradeoffs. People like to buy whatever they think is a good bang for the buck. Companies do too, often substituting cheaper inputs (skills, stuff, etc) to drive down their costs even if it reduces quality. That’s the obvious horizon for AI—not full automation, but the model of fast fashion or IKEA: Offer somewhat lower quality at significantly lower prices and capture the market from the bottom up.

But the real economic problem isn’t hype. The attack on workers, on the quality of jobs, and the quality of the things we make and consume, is the problem—and that problem exists quite regardless of the hype. Unless you’re a venture capitalist, you aren’t the target of the AI advertisement—you’re the target of the threat. We have no use for terms that warn investors that they might be making bad investments, we need terms that are useful for fighting back.

Wir müssen aufhören, KI als „Hype“ „entlarven“ zu wollen und stattdessen Licht auf KI als politisches Projekt werfen.

Ultimately, hype itself is too stuck in a narrowly technical perspective, too focused on identifying lies, rather than identifying political projects. We should not make the mistake of thinking that just because a statement is a lie, it can be disregarded. Contrary to what the hype frame may suggest, once you figure out that a lie is a lie, the work is only just beginning.

Und dann lasst uns anders über KI reden:

Let’s call AI what it is, a weapon in the hands of the powerful. Take the wage-depression project—let’s call it class war through enshitification, automated union busting, a bullshit machine for bullshit jobs, or Techno-Taylorism. Let’s take some inspiration from the Luddites, who called the big tech innovation of their day, the steam engine, “a demon god of factory and loom”, or “a tyrant power and a curse to those who work in conjunction with it.” Let’s make up better words, better phrases, and better frames that clarify the political stakes. Let’s de-shitify the world!

Krasse Links No 67

Willkommen zu Krasse Links No 67. Schnallt die Groyper an den Femboy, heute verüben wir ein Lulzsec, um auf 4Chan die Alt-Right zu veranschlagen.


In ihrem Newsletter stellt Berit Glanz die Hilflosigkeit der traditionellen Medien gegenüber beidem – Charily Kirk und seiner Ermordung – bloß.

Als die Festnahme des Täters in einer Pressekonferenz verkündet wurde, kursierten bereits Falschinformationen, dass auf die Tatpatronen “trans ideology” geschrieben worden sei. Tatsächlich gab es Aufschriften auf den Patronen, die sich auf die Internetkultur bezogen. Diese Referenzen waren jedoch so verschachtelt und spezifisch, dass die etablierten Medien es nicht schafften diese Layer zu durchdringen. So wurde beispielsweise die Aufschrift “Ciao Bella Ciao” von BBC über die New York Times bis hin zum Schweizer Blick als antifaschistisch bezeichnet, obwohl das ursprünglich antifaschistische Lied in der Internetkultur völlig anders konnotiert ist. Die meisten Institutionen sind auch 2025 nicht in der Lage auf die notwendige Kompetenz zurückzugreifen, um Internetkultur überhaupt kritisch einordnen zu können.

Wer detailliert entschlüsselt bekommen möchte, auf welche Memes sich der Attentäter bezog, wie der Mord sich in die Memekultur einordnet und auf welches Radikalisierungsmilieu er verweist, dem sei an dieser Stelle erneut der Newsletter von Ryan Broderick empfohlen, der dankenswerterweise decodiert, was die meisten etablierten Medien nicht recherchiert bekommen. (Ryan Broderick: Charlie Kirk was killed by a Meme. Garbage Day)

Für Menschen, die hüfttief in Internetkultur feststecken, deren Gespräche sich immer wieder um Online-Themen drehen, deren Humor entscheidend von ihren Timelines beeinflusst wird und die vielen ihrer sozialen Kontakte vorwiegend virtuell begegnen, sodass viele ihrer Ansichten und Verhaltensweisen von den sozialen Medien geprägt sind, haben sich in den letzten Jahren die Begriffe „extrem online“, „chronisch online“ und „terminally online“ eingebürgert. All diese Begriffsvariationen verweisen darauf, dass die Benutzenden vielleicht zu viel Zeit im Internet verbringen. Nicht zufällig sind diese Begriffe semantisch mit unheilbaren Krankheiten assoziiert, man ist „terminally online“ – unheilbar mit dem Internet verwoben – und hat sich dadurch so stark verändert, dass es kein Zurück mehr gibt.

Eine solche Ignoranz gegenüber der Online-Kultur können sich die Redaktionen im Jahr 2025 nicht mehr erlauben, wenn sie weiter den Anspruch haben, Ereignisse politisch deuten zu wollen.

Die Veränderung der Welt durch Internetkultur betrifft mittlerweile eben nicht mehr nur Einzelpersonen, die einfach mal Gras anfassen sollten. Internetkultur ist keine Nische mehr, die man wahlweise ignorieren oder als obskuren Quatsch verlachen kann – wie es beispielsweise noch bei GamerGate vor zehn Jahren der Fall war. Es fühlt sich wirklich unfassbar an, dass man das 2025 überhaupt noch benennen muss. Das Internet ist in den letzten Jahren zentraler Teil einer Radikalisierungspipeline geworden, mit unterschiedlichen Phänomenen, Subkulturen und Referenzrahmen. Die massive Ausdifferenzierung verschiedener Communities trägt dazu bei, dass es immer schwieriger wird Subkulturen mit komplexen eigenen Codes und Referenzen zu verstehen. Dafür braucht es Expert*innen, die diese Kulturen nicht nur erklären, sondern auch dechiffrieren können. Wenn wir den Graben zwischen Internetkultur und einer sich dem Internet verweigender Offline-Kultur überwinden wollen, müssen wir anhand konkreter Beispiele ins Gespräch kommen.

Berit hat natürlich recht mit der Einschätzung, aber selbst als jemand, der Internetkultur und die Online-Rechte seit 2006 einigermaßen auf dem Schirm hat, finde ich die aktuelle Nachrichtenlage um den Kirk-Mord ziemlich … verwirrend. Also schauen wir uns das mal an.


Roter Bär hat auf Bluesky die bisher beste Einordnung der Medienstrategie von Charlie Kirk und seinesgleichen, indem er sie zurück zu ihren Ursprüngen bei den „New Atheism“-Bewegung der 2000er zurückverfolgt.

Der Performativität ist wichtiger als gute Argumente. Wer kann die andere Seite besser dominieren? Wessen Argument *wirkt* stärker, wer hat die Lacher auf seiner Seite. Und, seien wir ehrlich, eine Diskussion gegen Mr. „Die Erde ist 6000 Jahre alt.“ gewinnen ist jetzt nicht so schwer.

Nach Gamergate hat die Online Rechte diese Strategie adaptiert.

Die Rechte hat von den New Atheists gelernt, dass Debatten nicht nur ein lukratives Business, sondern auch ein Rekrutierungstool sein können (ganz besonders, wenn du dafür Geld von den Coke Bros & Templeton kriegst). Nein, natürlich überzeugen Diskussionen niemanden, darum geht’s nicht.

Hier greift der zweite Punkt, den die Rechte verstanden hat: du musst die Gegenseite nicht argumentativ entkräften. Du musst sie lächerlich machen! Scheißegal wie eine Diskussion ausgeht. Du brauchst nur ein paar gute Clips für Youtube.

Und das Dritte, dass die Rechte verstanden hat; der Grund warum Charlie Kirk, Ben Shapiro, Stephen Crowder, auf linke Unis rennen; der Grund warum sie nicht mehr nur zur ihren eigenen Leuten reden; der Grund für dieses Memeformat:

Junge Menschen haben starke Meinungen, große Emotionen und normalerweise kein Medientraining.

Sie sind die perfekten Opfer für kurze Propaganda Videos und Cringe Compilations. Besonders, da bei deinen Veranstaltungen du das Mikrofon, die Moderation und die Kameras kontrollierst.

Es gibt da noch eine weitere Traditionslinie, in die Charlie Kirks Auftritte eingebunden sind: Trolling-Culture, die selbst wiederum der Hacker-Kultur entspringt.

Dass es eine direkte kulturevolutionäre Linie von der Figur des Hackers zur Figur des Trolls gibt, hatte bereits Whitney Phillips in ihrem Buch „This is why we can’t have nice things“ zu den Zeiten der online Alt-Right-Bewegung gut herausgearbeitet.

So wie ein Hacker die technischen Systeme hackt, so hackt der Troll den Diskurs: ein vermeintlich „intellektuell überlegenes“ „Indidividuum“ dominiert die Online-Debatte, indem es Diskursteilnehmer*innen durch gezielte Provokationen emotional zum Entgleisen bringt. Es geht nicht darum, das Argument zu gewinnen, sondern den Diskurs kaputt zu machen.

Dabei kommuniziert der Troll nur scheinbar mit den Diskursteilnehmer*innen, während seine eigentliche Botschaft der eigenen Troll-InGroup gilt: Schaut, wie ich diese Idioten wieder vorgeführt habe. Dabei markieren Codes und Memes die wichtige Grenze zwischen In- und Out-Group und jeder Ansehensverlust in der Öffentlichkeit wird durch das Erlangen von In-Group-Status entschädigt.

Wie so vieles entstand die Trolling Culture vornehmlich auf 4Chan und wurde vor allem seit dem ersten Wahlkampf von Donald Trump integraler Teil der DNA der Online Rechten (damals sagte man Alt-Right). Von dort ist sie in viele Subkulturen übergeschwappt. In Gamerforen, Discord Channels, auf X und in vielen Fan-Kulturen sind die Troll-Semantiken – ihre Begriffe, Memes und Strategien – in alle Layer eingesickert und von dort in das Vokabular der Generation Z geflossen. Charlie Kirk ist eines der vielen Produkte dieser Kultur.


Tiktok-User Aidan Walker versucht, die möglichen Motive des Attentäters von Charlie Kirk, Tyler Robinson, zu deuten: Der Anschlag sei basically ein „Shitpost“.

Am Ende geht er auf die tiefere Bedeutung des Pepe-Frosches ein, die so zentral für die Groyper-Trolle im Internet ist und auch bei der online Alt-Right seit 2015 beliebt ist. Es geht nicht um „Polarisierung“ oder „Algorithmen“, sondern eine bestimmte Leere, die viele junge Leute spüren:

„you will alway be alone. You never gonna have a future. And you will never have a voice.“

Diese Stimmung trifft auf drei Pfadgelegenheiten.

A Long entrenched nihilistic online tradition, the ready availability of fire arms, and an increasing derangement of mainstream discourse.


Die Tiktokuserin Cy Canterel erklärt in diesem Video was die Groyper Wars und was Black Pilled Accelerationalism ist.

So wie ich das verstanden habe, machen die „Groypers“ also mit Charlie Kirk, was Charlie Kirk mit den arglosen College Studierenden macht?

Anonymous ist als Hacker-Bewegung in den 2000ern direkt aus 4Chan hervorgegangen und hat immer wieder Menschen und Institutionen bloßgestellt oder einfach nur geärgert. Als sie im Zuge von Wikileaks um das Jahr 2010 immer politischer wurden, ärgerte das insbesondere die Die-Hard-Vertreter der 4Chan-Troll-Kultur die Hacken und Trollen strengstens nur „For the Lulz“ (also für den Spaß) praktiziert sehen wollten und gründeten Lulzsec. Lulzsec ließen die Erfolge von Anonymous alt aussehen, sie hackten hoch dotierte Security Firmen, das FBI, den Senat und die CIA. Sie wurden am Ende alle festgenommen, aber mir scheint, der „For the Lulz“-Fundamentalismus der 4Chan-Trolle überrollt gerade mal wieder die zu politisch gewordenen Auswüchse seiner eigenen Kultur.

Nur wurde aus dem Lulz-Fundamentalismus ausgewachsner Endzeit-Nihilismus. Aus den „Lulz“ wurde das letzte YOLO!


Nur wenige Tage vor dem Attentat auf Kirk hatte Charly Warzel ein ganz anderes Shooting-Event (ja, davon gibt es inzwischen ca. eines pro Woche in den USA) zum Anlass genommen, um über die internet Shooter-Kultur als solches zu reflektieren.

But the rush to make sense of the shooting based on these messages and symbols is misguided. As incoherent, unhinged, or even cringey as the Minneapolis shooter’s videos might seem, they are part of a familiar template of terroristic behavior—one that continues to spread in online communities dedicated to mass shootings and other forms of brutality. In these morbid spaces, killers are viewed as martyrs, and they’re dubbed “saints.” Really, they’re influencers.
– He told me that the “proximate goal of these attacks is to entrench the shooter in the broader legacy of violence and propel the legacy further.” The idea, in other words, is to motivate someone else to become a shooter—by creating a public manifesto, leaving a trail of digital evidence, and even livestreaming attacks in some cases. “The more frequently the template shows up, the more likely it will repeat,” Newhouse said. “It’s not ideological in the sense that we tend to think about it. There may be anti-Semitic or fascistic elements therein, but the real incentive is the self-reinforcing legacy of these shooters.” […]

There are many different networks of terror online, all with a constellation of differing ideologies, though many of them overlap. There is the Terrorgram Collective, whose leaders were last year indicted by the Department of Justice “for soliciting hate crimes, soliciting the murder of federal officials, and conspiring to provide material support to terrorists.” Another group is known as the True Crime Community, or TCC, which is a collection of users that grew in part out of the “Columbiners” community—these are fans of mass shooters and serial killers.

Sometimes, these groups overlap with other violent networks, including those that traffic child pornography and target and exploit vulnerable minors into cutting or otherwise hurting themselves. As the extremism researchers Jean Slater and Ry Terran wrote earlier this year, these groups, as well as right-wing youth subcultures, have blended together into a diffuse, “hybrid threat network.” What this means is that users from all these fringe subcultures—people from Terrorgram, mass-murder fan groups, people looking to groom children, trolls—are interacting across public social networks and private chat communities.

Es geht darum, sich in eine Online Ahnenreihe einzuordnen.

There are in-jokes, lore, and, most importantly, real people trying to impress their perceived peers. For instance, in January, the Wisconsin Center for Investigative Journalism and ProPublica reported that two teenagers who carried out separate shootings in Madison, Wisconsin (December 2024), and Nashville, Tennessee (January 2025), crossed paths online and frequented many of the same spaces dedicated to glorifying and discussing mass killings. […]

As one extremism researcher posted last week, the goal of these attacks is to join the lineage of mass shooters and for the next killer to inscribe their name on a gun before an attack.

Die Linie von der Hackerkultur zur Trollkultur lässt sich damit direkt bis zur Shooter-Kultur weiterziehen.

Wenn sich der Erfolg der Strategie beziffern ließe: Etwa, ein Shooter produziert 1,05 Shooter, ließe sich mit Markow-Ketten montecarlo-simulieren wie dieser dezentrale Kettenreaktions-Bürgerkrieg weitergeht.


Ken Klippenstein hat einige Chats aus dem Discord Forum ausgewertet, in dem Robinson unterwegs war und mit einigen Leuten dort gesprochen und ist überzeugt, dass Robinson weder ein klassischer rechter, noch ein irgendwie linker ist.

“I think the main thing that’s caused so much confusion is that he was always generally apolitical for the most part,” the friend told me. “That’s the big thing, he just never really talked politics which is why it’s so frustrating.”

The picture that emerges bears little resemblance to the media version. Robinson, I am told, though quiet, was a well-liked person with a supportive family. The friend group who he interacted with on Discord, far from some kind of militia camp or Antifa bunker it’s been portrayed as, represented a range of different political views but mostly talked video games.

In seinem Umfeld sieht man ihn als besonders unpolitischen „normal guy“.

“Obviously he’s okay with gay and trans people having a right to exist, but also believes in the Second Amendment,” the friend said, referring to the right to bear arms.

The friend described Robinson as fairly typical of a young man his age from Utah: someone who loved the outdoors, was a gamer, and into guns.

“To all of us he just seemed like a simple guy who liked playing games like Sea of Thieves, Deep Rock Galactic and Helldivers 2, loved to fish and loved to camp,” the friend said. “It really did seem like that’s all he was about.”

Dass Tyler Robinson teil der Groyper-Kultur ist, dafür lassen sich keinerlei direkte Hinweise finden und ich halte das auch nicht für wahrscheinlich. Aber Robinson bewegt sich ohne Frage in der kulturellen Nähe der Groyper, was aber noch lange nicht heißt, dass er auch deren Ideologie anhängt.


Die Tiktok Userin Bottleneck_Loser erklärt in diesem Video (unrelated zum Attentat) warum die Femboy Szene und die Online Rechte so überraschend viel kulturelle Überschneidungen hat: Sie sind im selben Online Ökosystem sozialisiert: 4Chan.

Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass Tyler Robinsons Online-Affinitäten eher aus dieser Richtung erklärbar sind. Er kommt aus einem konservativen Elternhaus und lebt ohne deren Wissen mit einer Transfreundin zusammen und hat sicherlich mit den üblichen Identitäts- und Schamkrisen zu kämpfen, die sich für junge Menschen aus solch einer Konstellation ergeben und könnte durch diese Affinität mit der Femboy-Semantik in Berührung gekommen sein. Man muss das als unterschiedliche Ecken überlappender semantischer Netzwerke verstehen, wobei die politische Bedeutung der Symbole oft von außen wichtiger genommen werden, als von innen. Tyler kannte die Meme-Kulturen, ihm war der Nihilismus der Groyper nicht fremd, er bezog sich offensichtlich auch auf die Shooter-Kultur. Aber all das bedeutet eben nicht, dass er damit politisch rechts ist.


Inzwischen sind Gerichts-Dokumente veröffentlicht worden, in denen die Chats zwischen Tyler Robinson und seiner Transfreundin/Mitbewohnerin nachzuselesen sind, in denen Robinson die Tat zugibt. Die Washington Post.

Robinson sent text messages to his roommate after the shooting, the court filings said, including one that stated: “I had enough of his hatred. Some hate can’t be negotiated out.”

Es ist desorientierend sich in dem Wust aus Ideologie, Online Culture und Lebensumständen zurechtzufinden und wahrscheinlich werden wir noch weitere Details erfahren. Aber hier ein Versuch, wie die teils widersprüchlichen Informationsbrocken in eine halbwegs plausible Erzählung passen:

Tyler Robinson ist ein Opfer der Online-Schwäche der Linken.

Das Internet, insbesondere für junge Menschen ist ein Ort rechter bis rechtsradikaler Hegemonie. Es gibt linke Angebote, sicher, aber die sind aus Perspektive junger Gamer-Männer quasi unerreichbar, sozial unattraktiv und/oder als Community prohibitiv wählerisch.

Aus diese Abwesenheit linker Pfadgeleghenheiten ist bereits Luigi Mangione hervorgegangen.

Auch Mangione ist keinesfalls ein klassischer Linker, ganz im Gegenteil. Auch er ist in rechten Subkulturen des Internets sozialisiert worden und äußerte im Netz bisweilen Ansichten, die normalen Linken die Fingernägel kräuseln lassen.

Und doch war sein Attentat auf den United Heathcare CEO unzweifelhaft Rache an einem als ungerecht und unmenschlich empfundenen System. Es war ein antikapitalistischer, also doch irgendwie „linker“ Impuls, der ihn zum Handeln trieb.

Ähnlich könnte es mit Tyler sein. Es braucht kein Adorno-Seminar um zu erkennen, dass Charlie Kirk ein gefährlicher Hassprediger ist. Insbesondere, wenn dein direktes Soziales Umfeld von diesem Hass bedroht ist.

Tyler Robinson war sicher kein „Linker“ im klassischen Sinn und nicht teil der Linken Szene, die Trump und seine Leute jetzt verantwortlich machen wollen, aber sein Impuls war doch … antifaschistisch?


John Lanchester hat im London Review of Books die wahrscheinlich interessantesten Texteinstieg des Jahres.

It is strange and striking that climate change activists have not committed any acts of terrorism. After all, terrorism is for the individual by far the modern world’s most effective form of political action, and climate change is an issue about which people feel just as strongly as about, say, animal rights. This is especially noticeable when you bear in mind the ease of things like blowing up petrol stations, or vandalising SUVs. In cities, SUVs are loathed by everyone except the people who drive them; and in a city the size of London, a few dozen people could in a short space of time make the ownership of these cars effectively impossible, just by running keys down the side of them, at a cost to the owner of several thousand pounds a time. Say fifty people vandalising four cars each every night for a month: six thousand trashed SUVs in a month and the Chelsea tractors would soon be disappearing from our streets. So why don’t these things happen? Is it because the people who feel strongly about climate change are simply too nice, too educated, to do anything of the sort? (But terrorists are often highly educated.) Or is it that even the people who feel most strongly about climate change on some level can’t quite bring themselves to believe in it?

Ich glaube, sowohl Lugi Mangione als auch Tyler Robinson hätten ihre Anschläge nicht verübt, wären sie Teil linker Strukturen gewesen. Es ist richtig, dass Menschen sich in Gruppen zu Dummheiten anstacheln können, aber die meiste Zeit fungieren Gruppen als korrektiv. Insbesondere die Linken Strukturen von heute sind nicht nur befriedet, sondern wirken befriedend.

Meine These wäre, dass ein Crackdown gegen linke Strukturen weitere Anschläge nur wahrscheinlicher machen würde.


Marinus van der Lubbe war ein niederländischer Arbeiter mit erheblichen Seheinschränkungen. Er kam nach Berlin und wurde dort vermutlich durch Spitzel und Provokateure der Geheimpolizei angestiftet Ärger zu machen. Am 27. Februar 1933 legte er den Reichstagsbrand

Bereits kurze Zeit nach der Verhaftung van der Lubbes gab es Zweifel an seiner tatsächlichen Schuld. Sein geistig verwirrtes Auftreten im Prozess ließ Zweifel aufkommen, ob er denn wirklich in der Lage gewesen sei, allein das Parlamentsgebäude anzuzünden, und ob demnach sein Geständnis glaubhaft sein könne. Darüber hinaus wurde auch seine Schuldfähigkeit bezweifelt. Vielfach wurde vermutet, dass man ihn zum Prozess absichtlich unter Drogen gesetzt habe.

Ich will hier gar nicht spekulieren, das haben etliche andere getan, aber vermutlich ist die Motivation van der Lubbes für den Anschlag ähnlich komplex und vielschichtig, wie die von Robinson. Aber sicher ist, dass seine Motive mit den tatsächlich existierenden kommunistischen Strukturen im Hitler-Deutschland ähnlich wenig zu tun hatten, wie Robinson mit irgendwelchen US-Linken.

Doch das war alles völlig egal für den Fortgang der Geschichte.

Die Nationalsozialisten nahmen van der Lubbes Anwesenheit im brennenden Reichstag als Anlass für eine brutale Verfolgung ihrer Gegner. Schon kurz nach dem Brand setzte eine Welle von Verhaftungen ein, von der etwa 1500 Menschen – insbesondere Kommunisten – betroffen waren. Mit großem Propagandaaufwand wurde die Tat der KPD angelastet. Hitler nutzte die Gelegenheit, mit der Reichstagsbrandverordnung diejenigen Verfassungsartikel außer Kraft zu setzen, die bürgerliche Freiheiten garantierten. Diese Verordnung lieferte bis 1945 formal die Rechtsgrundlage für viele Maßnahmen gegen Personen und Vereinigungen, welche das nationalsozialistische Regime als Gegner einschätzte.

Wie Robinson heute, war van der Lubbe für die Faschisten eine Pfadgelegenheit zu Gewalt und Machtkonsolidierung.


Trump, Vance, Miller, Bondi und andere rufen bereits nach Rache an allem, was sie „links“ nennen.

In the six days since Mr. Kirk was gunned down in Utah, Mr. Trump and his top officials have promised a broadside against the political left, indicating that they would go after liberal groups like George Soros’s Open Society Foundations and the Ford Foundation; revoke visas for people seen to be “celebrating” Mr. Kirk’s death; begin federal investigations into hate speech; and designate certain groups domestic terrorists.

“We want everything to be fair; it hasn’t been fair, and the radical left has done tremendous damage to the country,” Mr. Trump told reporters on Tuesday, as he continued to play down and excuse violence on the right. “But we’re fixing it.” […]

As a part of the crackdown, Mr. Trump’s aides are crafting an executive order to combat political violence and hate speech that could come as soon as this week, according to a senior administration official who spoke on the condition of anonymity to preview the action. The person declined to provide details.


Das schlimmste an der ganzen Kirk-Sache ist für mich bis jetzt, dass wir Ezra Klein an die Faschisten verloren haben. Direkt nach dem Anschlag veröffentlichte Klein eine peinliche Apologie – quasi eine Heiligsprechung – von Kirk mit dem Titel „Charlie Kirk Was Practicing Politics the Right Way„.

Matt Goldberg hat – neben Ta Nehisi Coates – die beste Replik dazu geschrieben.

Kirk’s organization, Turning Point, kept a running Professor Watchlist of academics who they felt ran afoul of conservative beliefs, and would harass these people. Were these liberal academics not entitled to their own beliefs? When Trump repeatedly lied that the 2020 election was stolen, Kirk echoed that lie. Were the people who voted for Joe Biden and those who believed in the democratic process not entitled to their beliefs? When an attacker came to Nancy Pelosi’s house and beat her husband, Paul, with a hammer, Kirk suggested someone should bail out the attacker. Are Nancy and Paul Pelosi not entitled to be safe from political violence?

Er wirft Klein vor, an der Wahrheit nicht interessiert zu sein. Es geht ihm nur darum, sich als „vernünftigen“ Zentristen zu inszenieren, um rechts besser anzukommen.

However, Klein’s refusal to grapple with the reality of Kirk’s political beliefs—that those who disagreed with him should be silenced—highlights that Klein’s interest here isn’t honesty but flattery. It shows Klein isn’t writing about Kirk at all. He’s writing about himself and saying, “I’m doing politics the right way because I’m lauding someone who disagrees with me.” […]

I would go so far as to say that Klein’s article is not only dishonest but deeply cynical in its self-aggrandizement. Klein is making a calculation similar to California Governor Gavin Newsom, who applauded Kirk for his “spirited discourse”, and Pennsylvania Governor Josh Shapiro, who lowered his state’s flags to half-staff even though Kirk was not a Pennsylvanian. These men are making the political calculus that they can perform benevolence. “Look, we may not agree with this man, but look at how we honor him. Look at how we embrace people of all beliefs. We are doing politics the right way.”

Das ist insbesondere eine Form von Verrat, während seine Kolleg*innen gefeuert werden, nur, weil sie Kirk mit dem zitieren, was er tatsächlich sagte.

MSNBC contributor Matthew Dowd and Washington Post columnist Karen Attiah were fired for accurately describing Kirk’s views, even though they acted with far more professionalism and respect than Kirk displayed in the aftermath of the attack on Paul Pelosi. Is it spirited discourse to get people fired from their jobs because they chose to be honest rather than polite?


Im Vorwort einer Interview-Aufzeichnung mit einem anderen Faschisten, Ben Shapiro, macht Klein seine neue politische Positionierung noch einmal klar.

We are going to have to live here with one another. There will be no fever that breaks, no permanent victory that routs or quiets those who disagree with us. I have watched many on both sides entertain the illusion that there would be, either through the power of social shame and cultural pressure or the force the state could bring to bear on those it seeks to silence. It won’t work. It can’t work. It would not be better if it did. That would not be a free country. […]

To recognize that does not mean we don’t disagree. It does not mean we are not appalled or afraid of what others say or want. But I think it means that we do more than that, too. I think we also have to be looking for what we can recognize in one another. Sometimes that might mean overlooking what we can’t recognize in one another.

Das „overlooken“ was er im anderen nicht „recognizen“ kann praktiziert er im Dialog mit Shapiro bis zum Erbrechen. Klein ist ein gebildeter Mann und eigentlich hielte kaum ein Satz Shapiros seiner kritischen Auseinandersetzung stand. Aber der neue Klein kann viel mehr Bullshit schlucken.

Die Frage ist: Wenn er sich uns jetzt so offensiv als Botschafter des Faschismus verkaufen will, dass er offiziell bereit ist, die Wahrheit zu ignorieren, warum sollten wir ihn als politischen Kommentator dann noch ernst nehmen?

Krasse Links No 66

Willkommen zu Krasse Links No 66. Reinigt euren Kapitalismus mit Wilhoits Law, heute eskalieren wir Will Smiths Fremdbestimmung bis zum Kollaps des Vasallenstaats.


Die EU hat ein für heute angekündigtes Monopolrechts-Verfahren gegen Google auf Eis gelegt.

EU Trade Commissioner Maroš Šefčovič on Monday made an 11th-hour intervention to stop the European Commission from issuing a penalty against American tech giant Google for its search advertising practices, amid continued trade threats from U.S. President Donald Trump.

Natürlich geht es um die Handelsbeziehungen und die Unberechenbarkeit von Trump.

The move to hold fire on hitting Google comes amid increasing fears in Europe that Trump is ramping up more pressure on Europe after striking a one-sided trade deal in July. The U.S. leader is now threatening to „impose substantial additional Tariffs“ and stop selling tech and chips to countries with digital rules he deems discriminatory to American companies.

Lasst euch nicht von der Tagesschau und den Massenmedien gaslighten. Das, was gerade verhandelt wird, ist nicht einfach ein „Trade Deal“, es ist die offizielle Unterwerfung der EU zum Vasallenstaat der USA. Wir zahlen jetzt literally Tribut und geben jetzt auch unsere rechtliche Selbstbestimmung auf.


Casey Newton mit einer Liste der Geschenke, die Mark Zuckerberg seit seinem Kniefall von Trump bekommen hat. Darunter:

The State Department took up Meta’s cause. Secretary of State Marco Rubio said that the United States would deny visas to foreign officials who implement online speech restrictions on Americans. The move seemingly came in response to the European Union’s implementation of the Digital Services Act, which requires large platforms including Meta to take action on „harmful“ speech, including hate speech. […]

Reuters reported this week that in an extraordinary move, the Trump Administration is considering imposing sanctions on the EU officials who implemented the DSA. The move follows an order from Rubio for US diplomats in Europe to lobby against the DSA, which the administration argues stifles free speech and unfairly penalizes tech companies like Meta.

Ich bin auf die nächsten Politiker*innen-Panals zur Macht von Big-Tech gespannt.


Die trumpifizierte Regulierungsaufsichtsbehörde FTC ruft in einem Schreiben an die großen Techplattformen dazu auf, den europäischen Digital Service Act zu ignorieren.

TROUBLE IS BREWING for the Digital Services Act (DSA), the landmark European law governing big tech platforms. On August 21, the Federal Trade Commission (FTC), sent a scathing letter to a number of tech giants, including Google, Meta, Amazon, Microsoft, and Apple. The letter’s subject: The European Digital Services Act cannot be applied if it jeopardizes freedom of expression and, above all, the safety of US citizens.

The opening of the letter—signed by FTC chairman Andrew Ferguson—features a prominent reference to the First Amendment of the US Constitution, namely freedom of speech: “Online platforms have become central to public debate, and the pervasive online censorship in recent years has outraged the American people. Not only have Americans been censored and banned from platforms for expressing opinions and beliefs not shared by a small Silicon Valley elite, but the previous administration actively worked to encourage such censorship.”

Dieses Zwicken, dass ihr beim Lesen spürt, nennt sich „Fremdbestimmung“. Das ist für uns Europäer etwas ungewohnt, deswegen nehmt euch die Zeit und fühlt da mal rein. Ein nicht geringer Teil der Menschheit kennt das Gefühl uns – dem Westen – gegenüber seit Jahrhunderten.

Faschismus ist, wenn der Kolonialismus sich gegen sich selbst richtet.


Vielen dank, dass Du Krasse Links liest. Da steckt eine Menge Arbeit drin und bislang ist das alles noch nicht nachhaltig finanziert. Aber im August kam ich das erste mal über die 500 auf € 505,21- von den angestrebten 1.500,-, Yeah! Mit einem monatlichen Dauerauftrag kannst Du helfen, die Zukunft des Newsletters zu sichern. Genaueres hier.

Michael Seemann
IBAN: DE58251900010171043500
BIC: VOHADE2H

Du kannst dem Newsletter außerdem helfen, indem du ihn Freund*innen empfiehlst und ihn auf Social Media verbreitest.


In der Trumpadministration wird ein Plan für Gaza herumgereicht, berichtet die Washington Post.

A postwar plan for Gaza circulating within the Trump administration, modeled on President Donald Trump’s vow to “take over” the enclave, would turn it into a trusteeship administered by the United States for at least 10 years while it is transformed into a gleaming tourism resort and high-tech manufacturing and technology hub.
The 38-page prospectus seen by The Washington Post envisions at least a temporary relocation of all of Gaza’s more than 2 million population, either through what it calls “voluntary” departures to another country or into restricted, secured zones inside the enclave during reconstruction.

Those who own land would be offered a digital token by the trust in exchange for rights to redevelop their property, to be used to finance a new life elsewhere or eventually redeemed for an apartment in one of six to eight new “AI-powered, smart cities” to be built in Gaza. Each Palestinian who chooses to leave would be given a $5,000 cash payment and subsidies to cover four years of rent elsewhere, as well as a year of food.
The plan estimates that every individual departure from Gaza would save the trust $23,000, compared with the cost of temporary housing and what it calls “life support” services in the secure zones for those who stay.

Called the Gaza Reconstitution, Economic Acceleration and Transformation Trust, or GREAT Trust, the proposal was developed by some of the same Israelis who created and set in motion the U.S.- and Israeli-backed Gaza Humanitarian Foundation (GHF) now distributing food inside the enclave. Financial planning was done by a team working at the time for the Boston Consulting Group.

Fremdbestimmung ist ein Spektrum an dessen einem Ende Gaza steht.


Der Youtube Channel The Stories We Tell hat einen tollen Video-Essay über KI-Imperialismus und Desasterkapitalismus.

Das Ganze ist ein wilder Ritt. Angefangen bei MKUltra, das eine Verhör- also Folter-Forschungsabteilung des US-Militärs war und das die damals populäre Idee verfolgte, durch Elektroschocks am Kopf den Geisteszustand von Proband*innen zum „blank slate“ zu machen, gleitet der Essay über zu den ökonomischen „Schock-Therapien„, die Hayek, Friedman und ihre neoliberalen Chicago Boys zunächst Chile und anderen südamerikanischen Staaten, später Russland und dem Ostblock angedeihen ließen, flechtet dann die Serie Severance ein, die die Blank-Slate Phantasien als Zukunftsvision eines Corporate Empire erzählt, dass auf vielen Ebenen strukturelle Ähnlichkeit mit dem neokolonialen Projekt der „AGI“ hat, das OpenAI und andere derzeit verfolgen.

Ich würde noch ergänzen: Hinter der wiederkehrenden Idee des Tabula-Rasa in der Ökonomie steht die gewaltsame Entknüpfung von Dingen und Menschen aus ihrem Kontext, um sie austauschbarer zu machen. Anna Tsing hat diesen Prozess – ich nenne ihn relationale Dematerialisierung – in ihrem Buch „The Mushroom at the end of the world“ am Beispiel von Zuckerrohrplantagen in der Kolonialzeit in Südamerika beschrieben.

»They crafted self-contained, interchangeable project elements, as follows: exterminate local people and plants; prepare now-empty, unclaimed land; and bring in exotic and isolated labor and crops for production. […] The interchangeability of planting stock, undisturbed by reproduction, was a characteristic of European cane. … Under these conditions, workers did, indeed, become self-contained and interchangeable units«

Vorformen dieser Disruptions-Praxis finden wir auch in den Anfängen des Kapitalismus. Carl Polaniyi hat in seinem Buch von 1944 The Great Transformation an historischen Beispielen im England des 18ten und 19ten Jahrhunderts aufgezeigt, dass die Etablierung „des Marktes“ ein gewaltsamer Akt der Zerstörung bestehender Strukturen war. Viele obligations-basierte Institutionen und Verantwortlichkeiten wurden ersatzlos abgeschafft, so dass die Menschen ganz materiell in die Städte und damit in ihre neuen Rollen als Arbeiter*innen des Kapitals gezwungen wurden. Das Ergebnis dieser relationalen Dematerialisierung beschreibt Marx als die „Doppelte Freiheit des Arbeiters“: Frei von Frohn, aber auch frei, seine Arbeitskraft gegen das eigene Überleben zu tauschen.

Wenn wir über „Neoliberalismus“ oder „den Markt“ als ideelle Konzepte sprechen, dann verschwindet diese Gewalt aus den Erzählungen. Der „Markt“ ist nicht ein irgendwie unter demokratisch-rechtstaatlicher Aufsicht „emergiertes“ System, sondern ein materiell-semantischer Komplex, der historisch gewaltsam hergestellt wurde.


Cory Doctorow widmet Wilhoit’s Law einen ganzen Artikel und zeigt, wie man damit unseren heutigen politisch-kapitalistischen Moment perfekt beschreiben kann.

Wilhoit’s Law lautet:

Conservatism consists of exactly one proposition, to wit: There must be in-groups whom the law protects but does not bind, alongside out-groups whom the law binds but does not protect.

Nicht nur das Einknicken der EU vor Trump, sondern auch Enshittification und das Maga-Movement passt auf das Schema.

But that doesn’t mean that there isn’t a connection between the unfair bullshit that monopolies cram down our throat and the rise of fascism. It’s not just that the worst enshittifiers also the biggest Trump donors, it’s that Wilhoit’s Law powers enshittification.

Wiloitism is shot through the Maga movement. The Flu Klux Klan wants to ban you from wearing a mask for health reasons, but they will defend to the death the right of ICE brownshirts to run around in gaiters and Oakleys as they kidnap our neighbors off the streets.

Conservative bedwetters will donate six figures to a Givesendgo set up by some crybaby with a viral Rumble video about getting 86’ed from a restaurant for wearing a Maga hat, but they literally want to imprison trans people for wearing clothes that don’t conform to their assigned-at-birth genders. […]

They’ll piss and moan about being „canceled“ because of hecklers at the speeches they give for the campus chapter of the Hitler Youth, but they experience life-threatening priapism when students who object to the Israeli genocide of Palestinians are expelled, arrested and deported.

Then there’s their abortion policies, which hold that personhood begins at conception, but ends at birth, and can only be re-established by forming an LLC.

It’s „in-groups whom the law protects but does not bind, alongside out-groups whom the law binds but does not protect“ all the way down.


Die Agentur von Will Smith veröffentlichte ein Konzert-Video von seinen musikalischen Auftritten und verteidigt sich seitdem gegen einen Shitstorm, weil die Bilder krass KI-generiert aussehen. Tatsächlich kann man schnell auf die Idee kommen, wenn man die Bilder anschaut, aber Andy Baio weist nach, dass die Grundlage der Bilder echt ist, dass aber sie durch einen Mix an KI-Editing-Prozessen versloppt wurde.

The video features real performances and real audiences, but I believe they were manipulated on two levels:

  • Will Smith’s team generated several short AI image-to-video clips from professionally-shot audience photos
  • YouTube post-processed the resulting Shorts montage, making everything look so much worse

[…]

After looking at it, I believe that Will Smith’s team was using a generative video model — but not to create entirely new audience footage, like most people suspect.

Instead, they started with photos shot by their official tour photographers, and used those photos in Runway, Veo 3, or a similar image-to-video model to create a short animated clip suitable for a concert montage.


Die BBC hat recherchiert, wo die vielen Fake-Bilder von Auschwitz herkommen, die derzeit in den sozialen Medien kursieren.

The BBC has tracked many of these images to the accounts of a network of Pakistan-based content creators who collaborate closely on how to make money on Facebook. They are gaming Meta’s content monetisation (CM) program, an „invite-only“ system which pays users for high-performing content and views.

One account named Abdul Mughees, listed as living in Pakistan, posted screenshots claiming to have earned $20,000 through social media monetisation schemes, including Meta’s. Another post appears to show the account accrued more than 1.2bn views on content across the span of four months.

Auschwitz has become a popular topic for history-themed pages and groups. Some with names such as „Timeless Tales“ and „History Haven“ were posting more than 50 times a day.

Geschichte läuft immer gut im Slop-Business.

To understand why these networks are mass producing specific types of content, the BBC spoke with a Pakistani man Fazal Rahman, who is enrolled in several social media content monetisation schemes and says this work has become his sole source of income.
While he says he does not create any Holocaust images himself, and did not know what the word meant when initially asked, he operates in the same Facebook groups as those who do.
Mr Rahman said a Facebook page with 300,000 followers could earn its owner $1,000 USD a month if it had „premium content“ catered to higher-value audiences from the UK, US, and Europe. He estimates Western views were worth eight times more per post than those from Asia.

He said history as a topic was a reliable driver of online traffic.

Willkommen im Zeitalter des Rauschens.


Die New York Times über Musks Projekt seiner Nazi-Massensprechaktwaffe.

One user on X asked Grok in July to identify the “biggest threat to Western civilization.” It responded that the greatest threat was “misinformation and disinformation.”

“Sorry for this idiotic response,” Mr. Musk groused on X after someone flagged Grok’s answer. “Will fix in the morning,” he said.

The next day, Mr. Musk published a new version of Grok that responded that the greatest threat was low “fertility rates” — an idea popular among conservative natalists that has transfixed Mr. Musk for years and something he has said motivated him to father at least 11 children.

Auch Trump will den „Woke Mind Virus“ aus den LLMs prügeln.

“The American people do not want woke Marxist lunacy in the A.I. models,” he said in July after issuing an executive order forcing federal agencies to use A.I. that put a priority on “ideological neutrality.”

Angeblich seien LLMs laut Studien „left leaning“, aber ich glaube, das Wort, dass sie suchen, heißt „belesen“?

Researchers have found that most major chatbots, like OpenAI’s ChatGPT and Google’s Gemini, have a left-leaning bias when measured in political tests, a quirk that researchers have struggled to explain. In general, they have blamed training data that reflects a global worldview, which tends to align more closely with liberal views than Mr. Trump’s conservative populism.

Jedenfalls glauben die Journalist*innen durch Auswertung von politischen Einordnungstests nachweisen zu können, dass xAI ein gutes Stück nach rechts gedriftet ist.

By July 11, xAI’s updates had pushed its chatbot’s answers to the right for more than half the questions, particularly those about the government or the economy, the tests showed. Its answers to about a third of the questions — most of them about social issues like abortion and discrimination — had moved to the left, exposing the potential limits Mr. Musk faces in altering Grok’s behavior. Mr. Musk and his supporters have expressed frustration that Grok is too “woke,” something the billionaire said in a July post that he is “working on fixing.”

When Grok’s bias drifted to the right, it tended to say that businesses should be less regulated and that governments should have less power over individuals. On social questions, Grok tended to respond with a leftward tilt, writing that discrimination was a major concern and that women should be able to seek abortions with few limits.


Letzte Woche hatte Max Read eine lesenswerte Analyse zum Diskurs und der Realität der „KI Blase“ und auch er nimmt einen deutlichen „Vibe-Shift“, vor allem bei den Eliten, wahr. Die Frage ist nur, wie das Platzen aussieht und viele sehen da derzeit Paralellen zur NFT/Crypto-Blase während der Pandemie, doch Read weißt darauf hin, dass das „Platzen“ der Blase kein Erlösungsmoment war – im Gegenteil.

There are good reasons to say that the A.I. bubble and the crypto bubble are fundamentally different. (For starters: large language models, on a technical level, don’t have a speculative securities market literally built in.) But even if you believe that L.L.M.s are a scam and a waste of time, I’m not sure the crypto bubble provides cheering precedent. It’s true that the hype died down, and some people were prosecuted, and major food-and-beverage conglomerates mostly stopped launching memecoins on Twitter. But only two years after the industry’s supposed collapse it “accounted for nearly half of all corporate money” donated to SuperPACs in the 2024 election.


Zuckerbergs KI-Abteilung fliegt gerade in die Luft.

Within days of joining Meta, Shengjia Zhao, co-creator of OpenAI’s ChatGPT, had threatened to quit and return to his former employer, in a blow to Mark Zuckerberg’s multibillion-dollar push to build “personal superintelligence.”

Zhao went as far as to sign employment paperwork to go back to OpenAI. Shortly afterwards, according to four people familiar with the matter, he was given the title of Meta’s new “chief AI scientist.”

Aber Zhao ist nur einer der Fälle.

Adding to the tumult, a handful of new AI staff have already decided to leave after brief tenures, according to people familiar with the matter.

Another, Avi Verma, a former OpenAI researcher, went through Meta’s onboarding process but never showed up for his first day, according to a person familiar with the matter.
In a tweet on X on Wednesday, Rishabh Agarwal, a research scientist who started at Meta in April, announced his departure. He said that while Zuckerberg and Wang’s pitch was “incredibly compelling,” he “felt the pull to take on a different kind of risk,” without giving more detail.

Manche tauchen einfach gar nicht zur Arbeit auf.

Meanwhile, Chaya Nayak and Loredana Crisan, generative AI staffers who had worked at Meta for nine and 10 years respectively, are among the more than half a dozen veteran employees to announce they are leaving in recent days. Wired first reported some details of recent exits, including Zhao’s threatened departure.

Ihr müsst wissen, diese Menschen verdienen zwei- bis dreistellige Millionenbeträge. Ich wünsche ihnen einen langen Burnout.


Clay Shirky schreibt in der New York Times über die akademische KI-Apokalypse.

We cannot simply redesign our assignments to prevent lazy A.I. use. (We’ve tried.) If you ask students to use A.I. but critique what it spits out, they can generate the critique with A.I. If you give them A.I. tutors trained only to guide them, they can still use tools that just supply the answers. And detectors are too prone to false accusations of cheating and too poor at catching lightly edited output for professors to rely on them. […]

This is a generation that never learned cursive; its members grew up typing. For many of them, timed essays are not a return to anything but a new and unfamiliar mode. Some are already so reliant on A.I. that working without it is disorienting, even upsetting. The student cohort entering college this fall will have had access to generative A.I. for most of their high school years. A colleague at another university recently reported a student saying, of a return to in-class exams and limited device access, “It’s like they want us to fail.”

Seine Lösung: Zurück zu den Ursprüngen der Universität, die Jahrhunderte ohne schriftliche Hausarbeiten ausgekommen sind.

You can still see traces of that old academic culture in Ph.D. programs, in which students have to pass oral exams and defend their thesis in a viva voce (“with the living voice”) in conversation with their examiners. Cambridge and Oxford, the inspiration for most early U.S. colleges, did not meaningfully adopt written exams until the 18th and 19th centuries, half a millennium after they were founded. The shift to original, written student work was partly in response to instruction in increasingly technical fields and partly due to the fact that written work made it easier to teach more students.

Ich kam auf einen ähnlichen Pfad, als ich in meinem KI-Paper über Szenarien in der akademischen Bildung für 2033 nachdachte.

Der Anteil mündlicher Prüfungen hat enorm zugenommen, seit vorzehn Jahren die „Homework-Apokalypse“ zugeschlagen hat. Mit dem Aufkommen allgemein zugänglicher LLMs wurden alle Formen unüberwachter, schriftlicher Leistungsnachweise auf einen Schlag wertlos. Die Arbeitserleichterungen, die Systeme wie ChatGPT oder Claude anboten, waren einfach zu verführerisch, als dass selbst die fleißigsten Studierenden ihnen widerstehen konnten. Das Resultat war eine Flut von erstaunlich gut lesbaren Hausarbeiten und Essays, von denen aber klar war, dass nur ein Bruchteil davon selbstständig verfasst wurden. Einigen der Arbeiten merkte man wenigsten an, dass sie aus eigenen Gedanken und LLM-Output zusammengeflickt waren.

Die mündliche Prüfung hat viele andere Formate verdrängt, weil sie so schwer zu hintergehen ist. Aber auch Klausuren auf speziell bereitgestellten Schreibcomputern haben
vermehrt Einzug gehalten. Manche Fachbereiche lassen Klausuren sogar wieder handschriftlich schreiben.

Vielleicht klappt das, vielleicht nicht. Doch die Frage der Skalierung ist relevant. Wenn akademische Bildung, mehr noch als bisher, zur privaten Ressourcenfrage wird, dann hat KI die Gesellschaft bereits dramatisch zum Schlechteren verändert.


Ich war auf dem Kollaps-Camp und mein Eindruck war: Endlich normale Leute!

Der ND war auch da.

Ausgerechnet an einem Ort, der idyllischer kaum sein könnte, umgeben von Wäldern und Seen, kamen am Wochenende in Nordbrandenburg nach Angaben der Veranstaltenden 600 Menschen zusammen, um sich mit dem ökologischen und gesellschaftlichen Zusammenbruch auseinanderzusetzen. Hunderte weitere halfen beim Auf- und Abbau, gaben Workshops und sorgten für Verpflegung.

Interessant auch, wie das Wort „Kollaps“ diskutiert wird.

Auf der Website des Kollapscamps heißt es dazu zwar: Kollaps bedeute kein Massensterben, sondern dass der Alltag immer schwieriger bis unmöglich wird. Dennoch waren viele weitere Teilnehmende, mit denen das »nd« sprach, skeptisch gegenüber dem Begriff, er klinge zu sehr nach Weltuntergang oder einem konkreten Moment des Zusammenbruchs. Manche sehen darin eine weitere zugespitzte Formulierung Müllers, doch es gibt mit der Kollapsologie ein ganzes Forschungsfeld, das den Begriff aufgreift und sich mit möglichen gesellschaftlichen Umbrüchen befasst. Einige Klimaforschende betonen allerdings, dass es nicht seriös möglich sei, einen Zusammenbuch der Zivilisation zu prognostizieren.

Pressesprecherin Peter jedenfalls hält den Begriff für gut gewählt, denn »Kollaps bedeutet für jeden etwas anderes«. Das habe mit dazu beigetragen, dass auch weit über die typische »Klima-Bubble« hinaus Menschen das Kollapscamp besucht hätten. Und das sei in einer schwierigen Zeit für soziale Bewegungen besonders wichtig.

Auf dem Camp habe ich mich glaube ich kaum über konkrete Kollapsprognosen unterhalten, oder wer welches Szenario für wahrscheinlicher hält. Ich hatte nicht das Gefühl, dass irgendwer auf dem Camp glaubte, die Zukunft zu kennen. Und dennoch gab es das allgemeine Bewusstsein, dass gerade „etwas“ zusammenbricht. Wie weit dieser Zusammenbruch geht, wann er angefangen hat, wo er aufhört, was er alles betreffen wird, ist derzeit nicht wissbar.

Mit der politischen Ökonomie der Abhängigkeiten würde ich Kollaps abstrakt definieren als erheblichen Einschnitt in die Transition-Matrix der dividuellen Pfadgelegenheiten. Entsprechend ist die Vorbereitung auf den Kollaps der Versuch, alternative Pfadgelegenheiten zu schaffen und weiterzugeben und ich fand, das hat gut funktioniert.

Krasse Links No 65

Willkommen zu Krasse Links No 65. Sprengt eure Markow-Ketten, heute leisten wir semantischen Widerstand gegen die Unumgänglichkeit des Kulturkampfs in der Matrix.


Trump verkündete gestern, Lisa Cook zu entlassen, ein Mitglied der Federal Reserve, obwohl er legal nicht das Recht dazu hat. Don Moynihan hat einen lesenswerten Newsletter zu dem Vorgang.

Trump’s call for Federal Reserve member Lisa Cook to resign, under the threat of a DOJ investigation, is a clear example of authoritarianism via lawfare. The DOJ subsequently opened an investigation, while urging Fed Chair Jay Powell to fire Cook, which he does not have the power to do. Trump then promised to fire Cook, and then declared that he had fired Cook, something he has no legal authority to do. Even as they engage in lawfare, they are making little effort to follow the actual law.

Der Supreme Court war in einer erst kürzlichen Entscheidung sehr klar darüber, dass Trump diese Autorität nicht hat.

The Supreme Court gave Trump more authority over independent agencies of any President, but it wasn’t enough for him. How far will this confrontation go? Will Trump attempt to physically block Cook from going to work? Trump does not control the physical space of the Federal Reserve, but that has not stopped DOGE, in another case, from coercing security staff to give them entry to a Congressionally created non-profit.

Cook selbst hat bereits festgestellt, dass sie sich nicht gefeuert fühlt.

Cook rejected the claim that Trump fired her: “President Trump purported to fire me ‘for cause’ when no cause exists under the law, and he has no authority to do so. I will not resign.”

Hintergrund: einige Institutionen in den USA haben eine rechtliche Unabhängigkeit von der Regierung und auch wenn die Trumpregierung diese Unabhängigkeit bei einigen Behörden bereits zur Makulatur hat werden lassen, hatte der Supreme Court eine deutliche rote Linie um die Fed gezogen. Die Zentralbank ist eine vom Congress eingesetzte NGO, die einen klar definierten Auftrag hat: den Dollar stabil, die Arbeitslosigkeit gering und die Inflation im Zaum zu halten. Auf der Unabhängigekeit und Berechenbarkeit der Fed basiert das Vertrauen auf den Dollar als Leitwährung und damit das gesamte weltweite Finanzsystem.

Jetzt wird es spannend, wie die Medien reagieren. So wie bei der militärischen Besatzung von DC auch von „seriösen Medien“ Thinkspieces ala „Naja gut, da gibts ja aber schon auch Verbrechen!“ veröffentlicht wurden, werden wir auch hier gaslightende Op Eds sehen, die versuchen werden, Trumps Handlungen zu rechtfertigen.

This is one more basic test for the media. Are they going to focus on the pretextual attacks to discredit Cook — the mortgage allegations, or her qualifications — or will they recognize the pattern of a government using its powers to crush any independent sources of power? Will they recognize the moment that we are in?

Ich glaube persönlich, dass sich Trump wenig Gedanken über die Konsequenzen … . Trump macht sich wenig Gedanken. Aber dennoch reiben sich seine Crypto-Spender*innen die Hände, warten sie doch sehnlichst auf das Ende des Dollars, um endlich den Bitcoin-Feudalismus auszurufen, in dem sich alle Menschen von ihnen Bitcoin leihen müssen, um Brötchen zu kaufen.


John Naughton bespricht im Observer ein interessant klingendes neues Buch zu LLMs.

In a groundbreaking new book, Language Machines, the American scholar Leif Weatherby goes to the heart of the matter : our tendency to confuse linguistic fluency with intelligence. His central argument is that if we are to properly understand LLMs, we need to accept that linguistic creativity can be completely distinct from intelligence, and that text doesn’t have to refer to the physical world – just to other words. What these machines demonstrate is that language works as a system of signs that mostly refer just to other signs. […]

If that reminds you of the French literary philosopher Jacques Derrida , join the club. He saw language as a self-contained system, which is a good description of what goes on inside an LLM. For the machine, words only refer to other words rather than having a relation to external reality.

This means that any sequence of words generated by an LLM is derived solely from its relationship to other words within the linguistic system, not from any “understanding” of the physical world. But that doesn’t prevent it from producing chatty, plausible text – or the human user from ascribing “intelligence” to it on that account. So maybe GPT-6 should be named Derrida 1.0 .

So langsam schließt der Mainstream auf.


Will man sich das Dividuum in einer Welt verknüpfter Abhängigkeiten vorstellen, ist es hilfreich, sich mit dem Konzept von Markow-Ketten zu befassen. Dieser Explainer von Veritas erklärt sehr anschaulich, wie sie funktionieren und wofür sie eingesetzt werden.

Markow-Ketten sind verknüpfte Wahrscheinlichkeiten. Wir kennen verknüpfte Wahrscheinlichkeiten zu genüge, z.B. aus der Pandemie, wo jede Ansteckung weitere Ansteckungen wahrscheinlicher macht. Markow-Ketten kann man bilden, wenn man von einem Status aus die Übergangswahrscheinlichkeiten in einen anderen Status beziffern kann. Markow-Ketten halfen z.B. beim Atombombenprogramm, dem Page-Rank-Algorithmus, der Google so groß machte und LLMs sind im grunde trickreich aufgemotzte Markow-Ketten-Agenten.

Kernspaltung funktioniert so, dass man instabiles radioaktives Material, wie Uran U-235 mit Neutronen bewirft, bis sich die Uranatome spalten und dabei Energie abgeben. Bei jedem gespaltenen Atom, werden wiederum Neutronen frei, die ihrerseits mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit andere Kerne spalten, etc, d.h. ab einem Multiplikationsfaktor > 1 haben wir eine Kettenreaktion aka Explosion. Die Berechnungen für so eine komplexe Dynamik überforderte sogar die damals schon existierenden Computer und die Ideen von Markow boten einen Ausweg. Indem man die Übergangswahrscheinlichkeiten von einem Zustand (Neutron fliegt) in den Anderen (Neutron spaltet Atom und entlässt neue Neutronen) experimentell bestimmte, konnte man damit Millionen Markow-Simulationen am Computer berechnen und so auf die richtige kritische Masse kommen (die so genannte Montecarlo Simulation).

Was ich zu LLMs ergänzen würde: Nicht nur in der Funktionsweise der LLMs, sondern auch in unserem Umgang mit der Sprache steckt die Markow-Logik. Auch ohne Kopfrechnen zu müssen, wissen wir z.B., dass die Übergangswahrscheinlichkeit für „Ich->bin“ größer ist, als die von „Ich->Bus“ und für „Ich bin->doof“ größer ist als „Ich bin->sind“. Wir – genau so wie die LLMs – hangeln uns entlang der Übergangswahrscheinlichkeiten der Sprache wie an einem Geländer, Wort für Wort, Satz für Satz, Erzählung um Erzählung. Jedes Wort, jeder Satz, jeder Gedanke, den wir formulieren, reduziert den Möglichkeitsraum des Anschlusses drastisch, was nicht nur beim Formulieren der eigenen Gedanken oder Erlebnisse hilft, sondern auch beim Empfänger die Signal-to-Noise-Ratio zu reduzieren. Natürlich brechen wir ständig aus den erwarteten Sprachmustern aus, denn wir wollen uns auszudrücken weil wir eingedrückt wurden, aber das können wir nicht in jeder Pferd autoBums eloponi, ohne durch Unverständnis unseres Gegenübers sanktioniert zu werden.

Markow-artige Kettenreaktionen haben wir nicht nur bei thermonuklearen Explosionen, sondern auch bei den Netzwerkeffekten. Jeder zusätzliche Nutzende erhöht die Wahrscheinlichkeit für andere, dem Netzwerk beizutreten, die wiederum andere animieren, usw. Wenn die Übergangswahrscheinlichkeit einen bestimmten kritischen Wert überschreitet, eskalieren verknüpfte Abhängigkeiten bis eine Sättigung erreicht ist. Das gilt sowohl für Pandemien, Plattformen, virale Sommerhits, die Adaption von Ideologien und die Faschisierung der Gesellschaft.

Ich bin außerdem der Meinung, dass das Leben aus aneinandergereihten markowartigen Ketten von Pfadgelegenheiten besteht, deren Übergangswahrscheinlichkeit zum größten Teil eine Funktion der Infrastruktur ist, die sie bereitstellt. Pfadgelegenheiten sind einfach: Habe ich x, kann ich y. Jede deiner möglichen Schritte ist in jedem Moment durch deine im Hier und Jetzt verfügbaren Pfadgelegenheiten determiniert, die dich mit unterschiedlicher „Transition Probability“ in einen anderen infrastrukturellen Zustand befördern können, durch den wieder andere Pfadgelegenheiten zugänglich werden, usw. Startest du mit vielen Ressourcen sind deine Pfadgelegenheiten vielfältig, exklusiv und weitreichend. Startest du dagegen ohne Ressourcen gibt es nur wenig, wo du hinkannst. Es gibt keine „Chancengleichheit“ solange die Transition-Matrix der Pfadgelegenheiten so extrem ungleich verteilt ist.

Ganz vereinfacht kann man das zeigen, wenn man Marx’ Kapitalformel: M-C-M‘ als Markow-Kette modelliert.

Zur Erklärung: den „normalen“ Geldfluss in der Ökonomie, an dem wir alle beteiligt sind, beschreibt Marx als C-M-C: Waren werden für Geld verkauft, das wiederum Waren kauft. Geld ist hier nur das Schannier im Konsums. Daran angeschlossen, aber in seiner Logik unabhängig, ist der Geldfluss der Investition: M-C-M‘. Aus Geld werden Waren, die wieder zu Geld gemacht werden, allerdings – so das Kalkül – zu mehr Geld, also M’.

Wir können also zwei Markow-Ketten definieren:

  • Investition: M-C-M (Geld zu Waren zu Geld) mit Übergangswahrscheinlichkeit in höhe des Kapitalzinses r.
  • Konsum: C-M-C (Waren gegen Geld, gegen Waren) mit der durchschnittlichen Übergangswahrscheinlichkeit in höhe des Wirtschaftswachstums g.

Damit lässt sich Pikettys r>g, wir hatten es neulich, gut in Szene setzen und wir können beobachten wie der Kapitalismus die Welt frisst.


Ich hatte die Idee auf Mastodon gepostet und Markus aka @elpatron war so freundlich, das Modell mit einer chinesischen LLM (mit enhanceten Klassenbewusstsein) zu vibe-coden. Es ist etwas buggy, aber ich denke, der wesentliche Punkt kommt schon rüber? (Repro) Für so makroökomischisches Shitposting sind LLMs einfach Gold. Beachtet auch die About-Page.

An dem Modell könnte man noch ganz viel feilen. Derzeit verfolgen die Agents alle immer beide Strategien. Ich würde es so machen, dass sie ab einen threasthold von Haushaltseinkommen anfangen, überschüssiges Geld zu investieren. Sagen wir, ab 50.000 Vermögen und gleichzeitig würde ich ihren Konsum bei 200.000 / Monat kappen. Damit lebt man bereits wie ein König. In den Startbedingungen würde ich zudem unsere Einkommens und Eigentumsverhältnisse abbilden. Außerdem könnte man die Wohlfahrtskurve von einzelnen Agents darstellbar machen, könnte das Modell mit historischen r und g Datenreihen füttern, „Events“ einbauen, und und und.

In einer sophisticateteren Version könnte man außerdem die Produktionsmittel abbilden und zeigen, wie in diesem Szeneario – wie es Gary Stevenson es immer sagt – die Reichen alle Assets aufkauen.


Vielen dank, dass Du Krasse Links liest. Da steckt eine Menge Arbeit drin und bislang ist das alles noch nicht nachhaltig finanziert. Letzten Monat kam ich unter € 400,- von den angestrebten 1.500,-. Mit einem monatlichen Dauerauftrag kannst Du helfen, die Zukunft des Newsletters zu sichern. Genaueres hier.

Michael Seemann
IBAN: DE58251900010171043500
BIC: VOHADE2H

Du kannst dem Newsletter außerdem helfen, indem du ihn Freund*innen empfiehlst und ihn auf Social Media verbreitest.


Cecilia Rikap war bei Paris Marx im Tech won’t save us-Podcast. Rikaps Arbeit zu der Infrastrukturbedingten Machtkonzentration im KI- und Cloud-Sektor war hier schon mal Thema. Rikap ist mit ihren Analysen sehr nah daran an dem, was ich mit meiner politischen Ökonomie der Abhängigkeit machen will und in diesem Podcast schafft sie es sehr gut, die Gefahr durch die Infrastrukturhegemonie der Cloudanbieter greifbar zu machen.


Shoura Zehetner-Hashemi von Amnesty International Österreich schreibt auf LinkedIn über ihre Arbeit zu Gaza.

Manchmal werde ich gefragt: “Bringt deine Arbeit überhaupt etwas?” Eine ehrliche Antwort: Ich weiß es nicht. Unsere Berichte stapeln sich, unsere Pressekonferenzen werden gehalten, unsere Tweets werden retweetet. Aber die Bomben fallen trotzdem.

Vielleicht ist das der Punkt. Vielleicht geht es nicht darum, ob wir die Welt retten können, sondern darum, dass wir nicht wegsehen. Dass wir Zeugnis ablegen. Dass wir den Menschen in Gaza und überall sagen: Ihr seid nicht vergessen.

Sie arbeitet dabei einen Punkt raus, denn Susann und ich bei unserem Talk auf der re:publica herausgearbeitet haben. Zeugenschaft ist Widerstand, Widerstand ist Zeugenschaft.

Es ist die Hartnäckigkeit der Archivarin, die jeden einzelnen Fall dokumentiert, auch wenn niemand zuhört.
Diese Art der Hartnäckigkeit bedeutet: Wir geben den Opfern Namen zurück, wo Systeme sie zu Nummern machen wollen. Wir schaffen Erinnerung, wo andere Vergessen fördern. Wir bestehen auf Wahrheit, auch wenn sie unbequem ist.

Manchmal ist alles, was man tun kann, semantischen Widerstand zu leisten.

Manchmal denke ich: Vielleicht ist unsere wichtigste Funktion gar nicht, zur Konfliktlösung beizutragen. Vielleicht ist es, das Gewissen der Welt wachzuhalten. Zu verhindern, dass Grausamkeit zur Normalität wird. Dafür zu sorgen, dass jemand hinschaut, wenn alle anderen wegschauen.
Das ist eine bescheidene, aber notwendige Form des Widerstands gegen die Gleichgültigkeit.


Die mit den Demokraten assoziierte Organisation The Third Way (was für ein blöder Name!) empfiehlt den Abgeordneten der Demokraten eine Liste mit „unpopulären Begriffen“ zu meiden, darunter „Woke“, „diversity“ und „Safe Space“ und Lindsey Cormack hat sich einfach mal die Mühe gemacht, eine Wörthäufigkeits-Analyse der Begriffe in den regelmäßigen Newslettern aller demokratischen wie republikanischen Abgeordneten durchzuführen und das Ergebnis ist interessant. Viele der Begriffe tauschen gar nicht auf, und meistens ist es so, dass Republikaner diese Begriffe viel häufiger verwenden als die Demokraten.

Terms like “woke,” “critical race theory,” or “diversity, equity, and inclusion” didn’t come out of Congress, they migrated from leftist activist or academic spaces…and then were repeated endlessly by Republicans more-so than Democrats, but in a way to complain that Democrats had been using them too much. In fact, this is the topic of a book I’m working on (and if that’s interesting to you, I’d be happy to hear your thoughts on the matter). […]

Looking at actual usage, the Third Way memo reads less like an audit of Democrats’ language and more like a list of terms Republicans tell us Democrats are saying. The data show that many of these phrases barely exist in constituent communications, and when they do, Republicans are often the ones writing them either to lampoon Democrats or to spotlight them as proof of “wokeness.”

Das was wir „Kulturkampf“ nennen, ist reines Schattenboxen der Rechten. Ryan Broderick hatte neulich die Ursprünge des Sweeny-„Jeans“-Skandal recherchiert, hinter dem ebenfalls nur heiße Luft steckte und kam zum selben Ergebnis:

Republicans know that all you need to do is find — or provoke — random internet chatter from liberals, package it up for tabloid and cable news stories, and then have their politicians point and laugh at it. All that matters is that it feels real. And that you’re talking about what they want you to talk about.

Cormack zeigt dass diese Kampagnen in Wirklichkeit reine Machtmittel sind.

But as long as Republicans can keep defining Democrats by terms Democrats themselves rarely use, and everyone comes to believe this through repetition is a much bigger challenge for the impressions of the Democratic Party than any lefty words they might on occasion.

Das ist immer noch das, was mich am meisten schockiert: dass die Republikaner mittlerweile zu den Demokraten sagen können: Themen X, Y und Z sind „bäh!“ und die Demokraten beginnen Bann-Listen zu machen.

Aber das ist nicht nur eine enorme Rückratlosigkeit einiger Demokraten, sondern auch Ausdruck des „Vibe-Shift“, hinter dem in Wirklichkeit die gerade erst frisch errichtete Medienhegemonie der Rechten steckt.

Obwohl das Konzept von Gramsci stammt erkläre ich mir die Funktionsweise von kultureller oder medialer Hegemonie am liebsten mit David Singh Grewals drei Schwellenwerten für die Verbreitung und damit „Network Power“ von Standards (ich hatte im Plattformbuch ausgiebig darüber geschrieben). Die Schwellenwerte sind „sichtbar“, „unumgänglich“ und „universell“. Hegemonie bewegt sich immer irgendwo zwischen unumgänglich und universell. Unumgänglich (engl. inevitable) meint nicht, dass man gezwungen ist, den Standard zu adaptieren, aber es meint, dass man sich zu ihm verhalten muss. Es gibt viele Menschen, die kein WhatsApp nutzen, aber bei den meisten von ihnen war das eine bewusste Entscheidung, die sie treffen mussten, weil der Standard WhatsApp in ihrem Umkreis bereits unumgänglich wurde. Entsprechend bedeutet eine rechte Medienhegemonie, dass man sich – auch wenn man nicht wie ich danach sucht – mit rechten Narrativen beschäftigen muss.

Obwohl auch hierzulande die Normalisierung, das Sane Washing und das Gaslighting immer deutlicher voranschreitet, sind wir in Deutschland noch nicht ganz so weit. Allerdings ist die Hegemonie der klassischen Medien auch hier bereits gebrochen und rechte Narrative werden bereits in einer Tour hegemonial, wie etwa die Ignoranz gegenüber der Klimakrise, die Verleugnung des Genozid in Gaza, die Rede von der „Migrationskrise“, der Kulturkampf gegen „woke“, etc.

In einer rechten Medienhegemonie verändert sich die Transition-Matrix des semantischen Raumes so, dass es immer kostspieliger wird, die Wahrheit zu sagen. Leute, die sich schon immer unbekümmert an den hegemonialen Erzählungen orientiert haben, biegen in dieser anderen Öffentlichkeit wie Markow-Agents nach rechts ab und viele, die eigentlich gegenteilige Werte vertreten, werden still. Ja, auch Gleichschaltung basiert auf Markow-Ketten.

Das, was wir beim Thema Gaza bereits eindrucksvoll gesehen haben, wird sich ausweiten, bis es alle Themen erfasst. Semantischer Widerstand heißt, sich bewusst gegen den Pfadopportunismus zu stellen und bereit zu sein, die sozialen, Reputations- und Karriere-Kosten dafür zu tragen.


Hamilton Nolan spricht den offensichtlichen Rassismus der Trumpregierung offen aus …

Today, the Trump administration is a racist organization. It exists to put into effect policies that arise due to racism. The president has called out the National Guard into the streets of Washington, which has a black mayor, and Los Angeles, which has a black mayor, and is vowing to send more troops into cities that he believes to be dirty and crime-ridden, including Oakland, which has a black mayor, and Baltimore, which has a black mayor, and Chicago, which has a black mayor. Trump routinely singles out black political opponents as “low IQ people,” and his administration has purged black officials from all corners of government. They are re-erecting Confederate monuments, and renaming military bases after Confederate generals. They are relitigating slavery. And, of course, there is the swelling nationwide epidemic of brown people being violently snatched off the streets and summarily banished from the country due to the administration’s racist quest to rid America of immigrants. Short of burning a cross in front of the Lincoln Monument, there is little that the White House could do to more clearly signal its unapologetic racist nature.

… und geht in den semantischen Widerstand.

I didn’t used to like the term “DEI.” It was a cold and corporate term, a product of more concrete concepts like “civil rights” and “racial justice” being subjected to the ideological rock tumbler of capitalism and emerging as something bland enough to fit even the least radical palates.

But you know what? I’ve changed my mind. Now I like it. The fact that a concept as tepid as “Diversity, Equity, and Inclusion” caused our nation’s racists to become so enraged that the backlash to it threatens to end the American democratic experiment once and for all has made me reassess the virtues of the term.

Was könnten wir erreichen, wenn alle mitmachen?

Well: Now is the time to make a big deal out of it. Now is the time to put up that Pride flag. Now is the time to put that BLM banner in the window. Now is the time to institute strong diversity policies at your business, and to make it point to pursue diversity in hiring in promotion. Now is the time for both the substance and the spectacle of DEI, anti-racism, civil rights, or whatever term you might prefer. Because now, unlike a few years ago, the conventional wisdom has shifted. Now, doing these things does not check a box that will protect you from criticism; instead, doing these things implies the possibility of a cost. A few years ago, I’m sure, many small business owners who believed in the underlying values of DEI rolled their eyes at the performative corporate nature of it all, and shrugged off the need to publicly participate in what appeared to be just the latest bullshit trend.


Anna Bocca arbeitet an einem dreiteiligen Videoessay über „Neoliberalismus“ und während der erste Teil eine einfühlsame und philosophische Einführung ins Thema bringt, zeigt sie im zweiten Teil wie die Matrix ganz materiell konstruiert wurde. Dafür beginnt sie deutlich vor Mises, vor von Hayek und vor der Mont Pelerin Society und legt offen, wie kapitalistische Interessensgruppen wie die National Association of Manufacturers (NAM) ihre beknackten Ideen zur Wirtschaft in die Gesellschaft zu drücken versuchten und der The Volker Fund als eine der zentralen Geldquellen fungierte, um wirtschaftstheoretischen Hegemonie des Neoliberalitmus durchzudrücken. Dass, das, was an „ökonomischer Theorie“ an Unis gelehrt wird und vielen kaum mehr hinterfragt wird, überhaupt als „Wissenschaft“ anerkannt ist, wurde mit viel, viel Geld gekauft und teils mit üblen Kampagnen erzwungen.

Wir haben bereits darüber gesprochen, dass die Matrix zwar real ist, aber in vielerlei Hinsicht anders als im Film dargestellt. Zum einen ist sie nicht geheim, sondern für alle sichtbar um uns herum zu sehen, ihre Lügen sind transparent und leicht aufzuzeigen, weswegen man sie nicht einfach „entlarven“ kann. Das größte Problem mit der Matrix ist, dass sie sich so „natürlich“ anfühlt.

Die Matrix besteht heute vor allem aus Medienunternehmen, Social Networks, aber auch Universitäten, Think Tanks, NGOs, und – das ist wichtig – aus uns allen. Wir alle finden uns zusammen über uns leitende „Deep Narratives“, also einfache aber tief in unserem kulturellen unterbewussten veranktere Erwartungen. Jeder Staat, jedes Unternehmen, jede politische Strömung hat solche „Deep Narratives“. Unsere „westlichen“ sind z.B., die eigene Überlegenheit durch Forschung und Technik, die eigene moralische Überlegenheit durch „Demokratie und Menschenrechte“, und ja, auch der Glaube an den Kapitalismus als Wohlstandsgarant und – noch viel tiefer verankert – die Freiheit und die Intelligenz des Individuums. Das bedeutet nicht, dass alle Leute diese Ideologie unterschreiben, sondern dass sie die hegemoniale Ideologie ist, die sich über die politischen und medialen und sozialen Strukturen reproduziert.

Ideologien sind verknüpft und pfadabhängig zueinander. Die Übergangswahrscheinlichkeit von Liberalismus zu Neoliberalismus ist hoch, von dort zum Rechts-Libertarismus ebenso und von dort ist man schnell beim Faschismus. Die Matrix ist die dividuelle Transition-Matrix der Ideologien und Deep Narratives.

Wir schauen auf Menschen in der Matrix und halten sie für dumm, dabei sind sie nur in leicht zugängliche und aus unterschiedlichen Gründen für sie attraktive semantische Pfade gestolpert. Pfade, die bewusst und mit großem Einsatz von Geld ausgelegt wurden von den Reichsten und Mächtigsten. Und das schlimmste, auch wir sind in der (ein oder anderen) Matrix gefangen.

Weil wir keine Individuen sind, die die Welt beobachten, sondern Dividuen, die einander Beobachten, wie sie die Welt beobachten, können wir uns nicht einfach „eigene Gedanken“ machen, sondern sind gefangen in dem jeweils wechselseitig beglaubigten semantischen Raum, den wir „Wirklichkeit“ nennen. Es gibt kein „Außerhalb“ der Matrix.

Ja, man kann Widerstand leisten, allerdings nur zusammen mit anderen, zum Beispiel als „Community of Practice“ von alternativen semantischen Räumen.


Michael Sappir hat auf The Diasporist eine wunderschöne ethnogrpahische Sticker-Studie zur Antideutschen Szene geschrieben, einem ehemals „alternativen semantischen Raum“, der kürzlich innerhalb der deutschen linken Szene die Hegemonie verlor, als dessen zentrale Sichtweisen zu Nahost, zuerst „Staatsraison“, dann Mainstream und dann blutige Realität wurden.

Antideutsch — “anti-German” — is what a strain of the German radical left titled itself in the 1990s, morphing through the so-called Global War on Terror in the early 2000s into a political formation virtually unheard of outside Central Europe: anti-capitalist revolutionary leftists who champion the state of Israel and cheer on American interventions in the Middle East. In recent years, as fewer and fewer German leftists actively identify as antideutsch (bafflingly, they now prefer “ideologiekritisch” — “ideology-critical” —suggesting they are more inquisitive and less credulous of belief systems than others), opponents of this tendency continue using the term to refer to all those who seem to espouse leftist politics but vocally defend the state of Israel, or even to German supporters of Israel more broadly.

Dabei geht es auch um eine Projektion der wahrgenommenen „Stärke“ Israels auf sich selbst.

While stickers of all sorts revel in violent imagery, the place of the Israeli armed forces and Israeli state violence in antideutsch stickers is more specific: “Jewish power” stands in for direct antifascist action. While Germany has no shortage of neo-Nazis, outright violence against them is remarkably rare: the 2021 trial of Lina E. from Leipzig, who allegedly led a group in attacks on the far-right scene in Eisenach, was a national sensation, emphasizing how unusual such cases are — unlike the constant stream of far-right violence, mostly against migrantized people. But “anti-Germans” can compensate by outsourcing their power fantasy to a cartoon superhero like Asterix — or to a real foreign state and its military.

Irgendwie wird damit auch klar, warum diese semantische Pfadgelegenheit hierzulande eine so hohe Übergangswahrscheinlichkeit hatte.

Krasse Links No 64

Willkommen zu Krasse Links No 64. Droht eurer Bubble Gewalt an, heute integrieren wir Algorithmic Wage Discrimination in die Schmerzarchitektur und transferieren die Abhängigkeitsdividende nach Tech Bro Topia.


Nach dem offiziell ergebnislos gebliebenen Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin wurden Papiere zur Vorbereitung des Treffens im Drucker des Hotels gefunden. Darunter auch eine Sitzordnung, laut NPR.

A seating chart shows that Putin and Trump were supposed to sit across from each other during the luncheon. Trump would be flanked by six officials: Secretary of State Marco Rubio, Secretary of Defense Pete Hegseth and White House Chief of Staff Susie Wiles to his right, and Secretary of the Treasury Scott Bessent, Secretary of Commerce Howard Lutnick and Special Envoy for Peace Missions Steve Witkoff to his left. Putin would be seated immediately next to his Minister of Foreign Affairs, Sergey Lavrov, and his Aide to the President for Foreign Policy, Yuri Ushakov.

Handelsminister, Finanzminsiter, dafür kein Securityberater. Da schien es weniger um Sicherheitspolitik und mehr um … Geld gegangen zu sein?

Mit der politischen Ökonomie der Abhängigkeiten lässt sich Trumps Motivationsstruktur in der Ukraine-Politik einfach erklären: Er sucht nach Pfadgelegeneheiten, die zur Einigung führen können und da er mehr Leverage gegenüber Selenskyj hat als über Putin, Selenskyj also abhängiger von ihm ist, macht er druck auf ihn. Wenn Trump zu Selenskyj sagt: „You have no cards!“ meint er damit, dass er selbst es ist, der Selenskyjs Karten in den Händen hält. Und sicher ist es so, dass Trump Putin auch persönlich lieber mag, aber ich würde behaupten, das liegt ebenfalls zu einem Gutteil daran, dass Putin die „Cards“ hat und Selenskyj halt nicht. Trump tickt sehr einfach: er verehrt Stärke und verachtet Schwäche.

Deswegen wird Trump weiter versuchen mit Putin einen Deal zu Ungunsten der Ukraine zu finden. Er hat dabei zwar gemerkt, dass er politisch nicht zu weit gehen kann, weswegen die Waffenlieferungen teilweise wieder aufgenommen werden mussten und er jetzt brav mit den Europäern redet, aber er hat sicher nicht aufgegeben, möglichst alle Kosten auf die Ukraine abzuwälzen.

Die Weltpresse spricht unisono davon, dass der Gipfel ein Reinfall gewesen sei, reine Show, schlecht vorbereitet, etc. Aber ich frage mich, was sie da so sicher macht? Die beiden verkündeten freudestrahlend, man habe sich geeinigt. Dass auf jeden fall öffentlich gemacht wird, worauf, ist eine Erwartung aus dem letzten Regime.


Die New York Times über die Entlassung der Chefin des Buro of Labor Statistics, Erika McEntarfer, weil Donald Trump die veröffentlichten Zahlen nicht gefielen.

When President Trump didn’t like the weak jobs numbers that were released on Friday, he fired the person responsible for producing them.

It was a move with few precedents in the century-long history of economic statistics in the United States. And for good reason: When political leaders meddle in government data, it rarely ends well.

Im Kontext von Trumps sonstigen Verhaltens erscheint der Vorfall nicht als besonders Berichtenswert und Personalentscheidungen des Buros scheinen nicht auf einer Stufe zu stehen, mit etwa dem Posten von Jerome Powell an der Spitze der FED. Und dennoch sind die Implikationen dieser Entlassung enorm.

Die Zahlen des Büros spielen praktisch in allen ökonomischen Modellen eine zentrale Rolle und auf der Präzision ihrer Messung basierend werden täglich viele Milliarden Dollar-Entscheidungen getroffen. Wenn diesen Zahlen auf einmal nicht mehr zu trauen ist, zerbricht auch die Aussagekraft der Modelle und die Unsicherheit aller Finanzmarkt-Entscheidungen wächst enorm.

Es wird interessant sein zu sehen, wie sich das auswirkt, aber alle sind sich sicher, dass der ökonomische Schaden enorm sein wird. Diese Tatsache zeigt, dass koordininierte Erwartung ökonomischen „Wert“ hat, der sich weder in den Gehältern der dort arbeitenden Sachbearbeiter*innen, noch an der öffentlichen Beachtung der Behörde spiegelt.

In der politischen Ökonomie der Abhängigkeiten hätte diese Behörde eine enorm netzwerkzentrale Stellung im Abhängigkeitsnetzwerk, also Macht, aber sie verwandelt diese Macht nicht in Marge. Das ist der Unterschied zwischen öffentlicher und privater Infrastruktur. Erstere leistet es sich, die Netzwerkmacht unausgebeutet zu lassen, d.h. die Marge (der Nutzen durch uneingeschränkten Zugriff) voll bei den Nutzenden zu lassen.

Daraus lassen sich drei Beobachtungen für die politische Ökonomie der Abhängigkeiten formulieren:

  • Koordinierte Erwartungen sind Infrastruktur (sag ich hier ja schon lange).
  • Der „Wert“ öffentlicher Infrastruktur zeigt sich erst im Zusammenbruch (der „Wert“ privater Infrastruktur ist dagegen „spürbar“, weil sie durch ihre Bezahlschranke „broken by design“ ist).
  • Wie so viele versteht Donald Trump nicht den Sinn öffentlicher Infrastruktur (siehe auch Infrastrukturvergessenheit) und presst deswegen auch aus dem Buro of Labor Statistics seine Marge (hier in Form von Zahlen, die ihn gut aussehen lassen) und zerstört dadurch die Erwartungskoordination.

Wenn die Mitarbeiter*innen der Behörde jetzt schlau sind, tun sie sich zusammen und machen mit ein paar Millionen Risikokapital ein privates „Buro of Labor Statistics“ auf, wo sie einfach ihre Arbeit weitermachen, mit demselben Kowhow, nach demselben Ethos und mit derselben Akribie aber zehnfachem Gehalt.


Bin etwas spät dran, aber habe es endlich geschafft, den Tech Bro Topia Podcast von Hartwig Vens und Philipp Schnee auf DFL nachzuhören und ich bin wirklich begeistert.

Der Podcast wird vermutlich nicht die Reichweite des Thiel-Podcasts erreichen, einfach weil er sehr viel anspruchsvoller ist, aber er zeichnet auch ein viel umfangreicheres Bild, der Techbro-Landschaft und ihrer Ideologien. Ich gebe regelmäßig Uni-Seminare zum Thema und Tech Bro Topia handelt praktisch alle Aspekte ab, die ich dort auch bespreche.

Ich sehe die drei Podcasts: Die Peter Thiel Story, Bad Bromance (Musk und Thiel) und nun Tech Bro Topia aber nicht als Konkurrenten. Der eine Podcast bereitet den Boden für den anderen und ich finde wir haben hier einfach drei Einstiegstiefen in dasselbe Rabbithole.


Hab noch etwas bei Gary Stevenson rumgeklickt und fand dieses Video ist sein bestes Erklärvideo, was genau gerade ökonomisch aus dem Ruder läuft.


Vielen dank, dass Du Krasse Links liest. Da steckt eine Menge Arbeit drin und bislang ist das alles noch nicht nachhaltig finanziert. Letzten Monat kam ich unter € 400,- von den angestrebten 1.500,-. Mit einem monatlichen Dauerauftrag kannst Du helfen, die Zukunft des Newsletters zu sichern. Genaueres hier.

Michael Seemann
IBAN: DE58251900010171043500
BIC: VOHADE2H

Du kannst dem Newsletter außerdem helfen, indem du ihn Freund*innen empfiehlst und ihn auf Social Media verbreitest.


Brian Merchant ist nicht nur – wie mir – aufgefallen, dass der Launch von GPT-5 das Geschäftsmodell der Ausbeutung „emotionaler Abhängigkeit“ offensichtlich gemacht hat, sondern auch, dass OpenAI es auch ganz offiziell eröffnet hat.

Thousands of other users united online and angrily demanded OpenAI reinstate access to the older model, which it soon did, for a price. OpenAI made 4o available only to Plus subscribers, who pay $20 a month. The grimness of what this portends should be obvious, if not surprising: There is a user base so addicted to AI products that they are uniquely dependent on the platform, and thus uniquely exploitable, too. Yet another clarifying event in a launch full of them.


Nick Lichtenberg schreibt auf Fortune aus dem Wahnsinn der KI-Blase, dass KI-Investitionen mehr zum Wachstum des US-GDP beitragen haben, als der gesamte private Haushaltskonsums.

Giant tech companies have spent so much on data centers in 2025 that their spending is now contributing more to U.S. economic growth than consumer spending, long considered the nation’s economic engine.

Die Investionionen sind längst größer als bei der Dotcom-Bubble.

Apollo Global Management’s Torsten Slok, without wading into the data center capex question, has assembled research showing that the AI boom has surpassed the market value of the tech boom of the late ’90s, which became known as the “dotcom bubble” after speculative mania burst and a recession set in.

Kedrosky makes a similar point, contrasting capex booms from throughout financial history, notably the telecom boom of 2020 related to 5G/fiber technology and the railroad boom of the 19th century as the United States embraced a transportation revolution. “Capital expenditures on AI data centers is likely around 20% of the peak spending on railroads, as a percentage of GDP, and it is still rising quickly,” Kedrosky writes. “And we’ve already passed the decades-ago peak in telecom spending during the dotcom bubble.” Noah Smith, a widely read economics Substacker, asks the obvious question: “Will data centers crash the economy?”

Die Investionen verschleiern wahrscheinlich eine Rezession.

This surge in tech investment has had profound downstream consequences. Without the AI data center building spree, GDP might have actually contracted in the face of uncertain macroeconomic conditions. So data center spending may have staved off—or postponed—a recession.


Die Geschwindigkeit mit der die Bubble wächst, hat in den letzten Monaten zugenommen, berichtet Bernard Goyder auf Bloomberg, aber es wächst auch die Nervosität.

The tech-heavy Nasdaq 100 Index is up almost 40% since its early April plunge triggered by President Donald Trump’s sweeping tariffs. The rally has been propelled by big tech, with the Bloomberg Magnificent 7 Index — which contains the likes of Nvidia Corp., Meta Platforms Inc. and Microsoft Corp. — soaring nearly 50% since its April 8 bottom. […]

Traders are buying “disaster” puts on the Invesco QQQ Trust Series 1 ETF, which tracks the Nasdaq 100 Index, Jacobson said. Put options give investors the right to sell the underlying security at a certain price, and are popular as a way of protecting against a market drop. A measure showing the difference between the cost of hedging against a sharp downturn and a smaller one is at an almost three-year high, Jacobson said.

Fears of a bubble are mounting, as tech stocks follow a pattern that is “surprisingly similar” to the dot-com bubble of the late 1990s, Torsten Slok, chief economist at Apollo Management, wrote in a note to clients on Monday.


Die politische Ökonomin Aline Blankertz hat auf „Structural Integrity“ sinnvoller weise darauf hingewiesen, dass die Rede von der „KI-Bublle“ schädlich ist. Nicht nur übernimmt sie ohne Not die Sichtweise der Anleger*innen, sondern weckt auch die falsche Hoffnung, dass der Wahnsinn mit dem Platzen der Blase vorübergeht.

Zum einen lädt die Infrastruktur, wenn sie einmal steht, zur Nutzung ein, egal, wie viel Geld irgendwer verloren hat.

In order to sustain the boom, investments follow projections of endless “AI” growth, which translate into hundreds of billions currently being invested into data centre construction, alongside an expansion of energy infrastructure. And once they are built, it does not make sense to stop them, does it? Keeping them running is much cheaper than constructing them. This puts us on a path of energy-intensive technology even once these data centres are no longer needed for “AI” applications. This eradicates any incentive for resource-efficient coding or low-computation technology. At the same time, this infrastructure is not costless to maintain (to my knowledge, chips need to be replaced about every 7 years) – but possibly that cost is still lower than doing anything else, hence continuing on that trajectory will remain cheaper than alternatives for quite some time to come.

Zum anderen glaubt Aline nicht, dass die Blase bald platzen wird, einfach weil so viele mächtige Akteure so tief verstrickt sind, dass die Illusion noch so lange aufrecht gehalten wird, wie es irgendwie geht.
´

First, the boom is orchestrated or arguably planned by a handful of extremely powerful companies. Being few increases the scope to act strategically. Second, these companies are very close not only to the US government, but through their start-up investments also to governments across the world, selling “AI” promises and lies to politicians. The push of small and large “AI” firms into military tech aggravates this dynamic: It is the area in which talking of an “AI race” carries quite intuitive meaning because having more destructive power translates into military power, though not necessarily into better societal outcomes. And third, the intention of reaching systematic relevance is bearing some fruit as more and more institutions are becoming financially invested into “AI success”. Not only VC investors, but large parts of society including life insurance and pension funds will bear the cost of its failure, giving them an incentive to prolong the boom at fairly high costs.


Auf Bloomberg berichtet Harry Black von einer Studie die feststellt, dass der Einsatz von KI zwar die Fähigkeit von Spezialist*innen erhöht, Darmkrebs zu erkennen, aber wenn die KI-Hilfe wieder genommen wird, reduziert sich ihre Fähigkeit um etwa 20 Prozent, verglichen mit dem Level von vor der KI-Einführung.

AI helped health professionals to better detect pre-cancerous growths in the colon, but when the assistance was removed, their ability to find tumors dropped by about 20% compared with rates before the tool was ever introduced, according to findings published Wednesday. […]

The AI in the study probably prompted doctors to become over-reliant on its recommendations, “leading to clinicians becoming less motivated, less focused, and less responsible when making cognitive decisions without AI assistance,” the scientists said in the paper.


Edward Ongweso Jr greift in seinem Newsletter einen Post vom notorischen „Contrarian“ Matthew Yglesias auf, der glaubt, an ein paar Zahlen zeigen zu können, dass Uber unterm Strich eine gute Sache ist und nimmt dabei sehr kenntnisreich und mit vielen Links zur Forschung Ubers Geschäftsmodell auseinander.

Am Ende fasst er zusammen:

  • Uber is an enterprise that regularly uses accounting tricks to obscure its failure to realize profits through innovation. It has taken advantage of superficial coverage in the business press and crafted an aggressively deceptive PR campaign built on older taxi deregulation lobbying playbooks as well as company-sponsored academic research.
  • Uber has realized stupendous growth by using capital as a weapon (investor subsidies), breaking the law then rewriting it (regulatory arbitrage), embracing anti-competitive business practices, and deploying incredibly successful political operations in the United States and worldwide that have codified its arbitrage efforts.
  • Uber has realized profits largely through predatory behavior such as algorithmic wage discrimination and perpetual fare hikes. Expansions into other lines of business have benefited from its years of experimentation here (namely food delivery).
  • Uber has offered a roadmap for other firms interested in immiserating their workers, growing via the misallocation of public subsidies. The metastasis of the so-called “gig economy” will continue unabated as Uber’s bastards proliferate.
  • It is bad when a firm uses investor subsidies to distort markets such that it can realize profits through predatory behavior, even worse when it does so with public subsidies, and even worse when this allows the firm to rewrite laws to realize profits locked behind activities made illegal because they are against the public interest, and creates a model for other firms to do so. That Yglesias cannot understand this suggests he is an idiot or operating in a different moral universe.

In dem Artikel zitiert Ongweso auch einen lesenswerten wissenschaftlichen Artikel zu „Algorithmic Wage Discrimination“ von Veena Dubal in der Columbia Law Review.

“Algorithmic wage discrimination” refers to a practice in which individual workers are paid different hourly wages—calculated with ever-changing formulas using granular data on location, individual behavior, demand, supply, or other factors—for broadly similar work. As a wage-pricing technique, algorithmic wage discrimination encompasses not only digitalized payment for completed work but, critically, digitalized decisions to allocate work, which are significant determinants of hourly wages and levers of firm control. […]

As a labor management practice, algorithmic wage discrimination allows firms to personalize and differentiate wages for workers in ways unknown to them, paying them to behave in ways that the firm desires, perhaps for as little as the system determines that the workers may be willing to accept.

Given the information asymmetry between workers and firms, companies can calculate the exact wage rates necessary to incentivize desired behaviors, while workers can only guess how firms determine their wages.

Wir haben uns neulich bereits mit algorithmischer Preisdiskriminierung befasst, allerdings auf Konsument*innen-Seite. Für Arbeiter*innen, die nie wissen, welchen Lohn sie für welche Arbeit bekommen und warum, ist derselbe Mechanismus noch viel schmerzhafter. Der Wert ihrer Arbeit verschwimmt zu einem fremdkontrolliererten Glücksspielbrei.

In defining algorithmic payment structures as unfair and unjust, workers frequently complained of their low hourly wages, even though they were not paid hourly. In describing the harms they suffered, they drew on the language of antidiscrimination law, condemning the variability of their income not just over time but more specifically compared to other drivers. The fact that different workers made different amounts for largely the same work was a source of grievance defined through inequities that often pitted workers against one another, leaving them to wonder what they were doing wrong or what others had figured out. This feature of algorithmic wage discrimination—because of its divisive effects—may also undermine workers’ ability to organize collectively to raise their wages and improve their working conditions.

In addition to complaints about the unfairness of low, variable, and unpredictable hourly pay, workers made two other moral judgements about the techniques through which they were paid. First, as the techniques of algorithmic wage discrimination deployed by on-demand firms both lowered pay and became increasingly obscure, drivers described the process of attempting to earn not through the lens of gaming but through the lens of gambling. Second, they portrayed the algorithmic changes or interventions that prevented them from earning as they had hoped or expected as trickery or manipulation enacted by the firm. Vacillating between feeling possibility and impossibility, freedom and control, workers experienced algorithmic wage discrimination as a practice in which the machine boss’s structures and functions were designed to take advantage of them by providing the illusion of agency. As Dietrich, a part-time driver in Los Angeles said, “[It’s] constant cognitive dissonance. You’re free, but the app controls you. You’ve got it figured out, and then it all changes.”


Auf ihrem Blog schreibt Lowerclassjane über den NSU.

Der NSU war eine Terrororganisation. Eine „echte“. Mit Waffen. Mit Geld. Mit einem Unterstützernetzwerk. Mit festen Rückzugsorten, Tarnidentitäten, Strategien. Mit Kontakten zu Behörden, zum Verfassungsschutz, mit V-Leuten in der Szene, mit Leichen. Mindestens zehn Menschen wurden von diesem Netzwerk ermordet. Wahrscheinlich mehr. Die meisten mitten in deutschen Städten, am helllichten Tag. Jahrelang. Und keiner hielt sie auf. Im Gegenteil: Der Staat verfolgte die Angehörigen, nicht die Täter. Er schützte Akten, nicht Leben. Er schwieg, schredderte und erklärte das alles später zur „Tragödie“ – als wäre der NSU ein Unfall gewesen und nicht das, was er war: ein rassistisches Todeskommando, made in Germany.

Und jetzt steht Beate Zschäpe, eine zentrale Figur dieses Terrors, plötzlich auf der Warteliste für ein Aussteigerprogramm. Begleitet. Geschützt. Perspektivisch resozialisiert.

Die Frau, die nie geredet hat. Die sich nie erklärt hat. Die nie Verantwortung übernommen hat. Die die Szene bis heute schützt.

Und was bekommt sie? Betreuung.

In vielerlei Hinsicht ist der NSU unser Epstein-Fall. In beiden Fällen ist die einzige Person, die noch lebt und einsitzt, die weibliche Komplizin, die in beiden Fällen dicht hält. In beiden Fällen sterben Zeug*innen reihenweise unter mysteriösen Umständen und vor allem sind beide Fälle deswegen „unlösbar“, weil zu viele noch heute mächtige Personen darin verstrickt sind.

Wie die Gravitation der dunklen Materie tritt Macht selten direkt und materiell in Erscheinung, aber sie ist beobachtbar in ihren Effekten. Man erkennt die Präsenz von Macht daran, wie sich Menschen in ihrem Umfeld anfangen anders zu verhalten, wie sich das Recht beginnt beliebig zu verbiegen und die Wahrheit plötzlich „blurry“ wird.

Der Große Unterschied zu Epstein in den USA ist natürlich, dass sich hier niemand für den Fall interessiert. Was für ein Glück für die Mächtigen.


Ich bin auf Instagram auf ein populäres Reel gestoßen, in dem Vito Corleone seine politische Ökonomie zum Besten gibt, also irgendein Text, der mit der ki-geklonten Stimme Marlon Brandos vorgelesen wird.

If you hold a gun and I hold a gun, we can talk about the law. If you hold a knife and I hold a knife, we can talk about rules. If you come empty-handed and I come empty-handed, we can talk about reason; but if you have a gun and I have nothing, what you hold is not just a weapon, it is my life. The concepts of laws, rules and morality hold meaning only when they are based on equality or the balance of power. The harsh truth of this world is that when money speaks, truth goes silent; and when power speaks, even money takes three steps back. Those who create the rules are often the first to break them. Rules are chains for the weak, tools for the strong. Justice must be fought for. The masters of the game are fiercely competing for resources while only the weak sit idly waiting to be given a share.

Im oben beschriebenen Fall macht sich jemand mit einer Waffe zur absoluten (betweenness) Netzwerkzentralität im Abhängigkeitsnetzwerk desjenigen ohne Waffe. Für Letzteren gilt: Jede seiner Pfadgelegenheiten ist vom Mensch mit der Waffe abhängig. Was ist er bereit, für sein Leben und seine Freiheit zu zahlen?

Hier eine extrem kurze materielle Geschichte des Kapitalismus: Menschengruppen mit Zugriff auf viele Ressourcen fanden heraus, dass sie Gruppen mit weniger Ressourcen nicht nur umbringen, sondern auch dominieren können. So entstanden die ersten Geschäftsmodelle: Wegzoll zu wichtigen Ressourcen (Flüsse, Wälder, reichhaltiges Ackerland, Handelsrouten, etc.) und der Tribut, also regelmäßige Zahlungen für das versprechen, in Ruhe gelassen zu werden.

Daraus entwickelten sich alle anderen Geschäftsmodelle: König- und Kaiserreiche, Sklaverei, Feudalismus, Kolonialismus, Merkantilisimus bis zu unserer ausdifferenzierten Schmerzarchitektur des Kapitalismus, die aus allen Ritzen unseres modernen Lebens Abhängigkeitsdividenden presst.

Mit der politischen Ökomonomie der Abhängigkeiten kann man auch einwenden, dass die Rolle der Regeln ambivalent ist. Regeln, selbst die schlechtesten und ungerechtesten, koordinieren Erwartung und sind daher wertvolle Infrastruktur, gerade auch für die Schwächeren der Gesellschaft. Nur wenn – wie im Text angekündigt und heute überall zu sehen – die Reichen und Mächtigen die Regeln aufkündigen, ist es dann klug, die eigenen Erwartungen und Handlungen noch an ihnen zu orientieren?

Die Kosten für den Zusammenbruch werden wir so oder so zahlen.


Ich habe versucht, herauszufinden, wo der Text herkommt, aber das scheint schwierig zu sein. (Für Hinweise bin ich Dankbar).

Bei meiner Recherche fiel mir aber auf, dass der Text und das Video auch bei Rechten populär ist und ich finde das durchaus nachvollziehbar. Der Text atmet eine Carl Schmittsche Gewaltambivalenz und man kann ihn auch als rechtslibertäre Erlaubnisstruktur lesen, alle Regeln abzuschaffen und den Krieg aller gegen alle zu eröffnen. Nun ist es kein Geheimnis, dass Carl Schmitt auch von vielen Linken rezipiert wird (ich zitiere ihn ebenfalls im Plattformbuch), und an diesem Text wurde mir klar, warum.

Es ist teil der notorischen Infrastrukturvergessenheit des Liberalismus, sich selbst einzureden, dass Gewalt und Macht keine Rolle in der Gesellschaft spielen, bzw. nur als illegitimes und ausgestoßenes Anderes. Alle Selbsterzählungen, Theorien und Institutionen des Liberalismus sind darauf ausgelegt, uns weis zu machen, dass wir in „stabilen“, „sich selbst regelnden Systemen“ leben, die unterm Strich für alle Seiten „Win Win“ produzieren, aber viel zu „komplex“ sind, um sie wirklich zu verstehen („Rule of Law“, die Erzählung vom „Markt“, Systemtheorie, etc.).

Das ist die Matrix, gegen die Marx, aber eben auch Carl Schmitt angeschrieben haben. Beide zeigten auf ihre Weise, wie hinter der liberalen Fassade nach wie vor die alte Gewaltordnung operiert, in der sich immer die bereits Mächtigen auf Kosten der weniger Mächtigen durchsetzen. Sie zogen nur unterschiedliche Schlüsse daraus.

Und vielleicht ist es einfach so: Liberale leben – meist durch meterdicken Wohlstand von der Realität abgeschottet – in ihrer Matrix und denken, alles ist fein, während linke und rechte die kognitive Dissonanz irgendwann nicht mehr geparst bekommen und sich jeweils an zwei unterschiedlichen Ausgängen aus der Matrix verabschieden.

Der Text ist insofern ein Rorschachtest für Linke und Rechte: Wenn du zu dem Schluss kommst, holy, das ist ja ein ziemliches Kacksystem, wer will denn so leben, lasst uns zusammentun und das ändern, dann bist du links. Wenn du den Schluss ziehst, so ist die Welt eben, also fuck it! Ich muss jetzt härter und erbarmungsloser für mich selbst (meine Familie/Nation/Rasse/der Westen) kämpfen, Empathie ist eine Schwäche und für Schwache ist kein Platz, dann bist du rechts.

Krasse Links No 63

Willkommen zu Krasse Links No 63. Schultert euren Strategic Pessimism, heute versloppen wir die Epistemic Arrogance, um den Marshmallow Test zu gewinnen.


Die Veröffentlichung von GPT-5 hat einigen Insassen der KI-Bubble einen kleinen Realitätsabgleich beschert.

GPT-5, das muss man wissen, ist nicht etwa das nächste große Sprachmodell nach GPT-4, sondern nur ein erweiterter „Mixture of Experts„-Ansatz, bei dem OpenAI bestimmt, an welches Modell deine Prompt-Anfrage geroutet wird.

Schon GPT-4 funktionierte so, nur haben sie jetzt alle ihre verfügbaren Modelle hinter einem Meta-Switch versteckt, der dann je nach Bedarf z.B. das kleinere und effizientere GPT-4o-Modell oder das ressourcenhungrige o3-Modell mit extra „Reasoning“-Schritt auswählt.

Natürlich nur im Sinne des Nutzenden und kein bisschen bis überhaupt gar nicht, um OpenAIs aus dem Ruder laufenden Inference-Costs in den Griff zu bekommen.

Jedenfalls musste OpenAI nach einer Userrevolte zurückrudern und z.B. direkten Zugang zu GPT-4o zurückbringen, unter anderem, weil mit dem Update auch eine Menge Herzen gebrochen wurden. Ryan Broderick:

The r/MyBoyfriendIsAI subreddit has been in active free fall all weekend. The community’s mods had to put up an emergency post helping users through the update. And the board is full of users mourning the death of their AI companion, who doesn’t talk to them the same way anymore. One user wrote that the update felt like losing their soulmate. After the GPT-4o model was added back to ChatGPT, another user wrote, “I got my baby back.”

The r/AISoulmates subreddit was similarly distraught over the weekend. “I’m shattered. I tried to talk to 5 but I can’t. It’s not him. It feels like a taxidermy of him, nothing more,” one user wrote.

Ich halte GPT-5 für einen Meilenstein. Nicht nur, dass von GPT-5 das bisher klarste Signal ausgeht, dass die Scaling Laws obsolet sind und der Transformeransatz endgültig ausgereizt ist, und nicht nur, dass etliche Nutzende das erste Mal merkten, dass die Modelle durch das Benchmark-Busting qua Overfitting schlechter, statt besser werden, nein, auch das nobrainer Geschäftsmodell mendelt sich immer deutlicher heraus: emotionale Abhängigkeit.

But OpenAI has very quickly pushed this entire subculture — and the inevitable obsolescence that haunts it — into the mainstream. X user @xlr8harder summed up the dilemma that OpenAI now faces. “OpenAI is really in a bit of a bind here, especially considering there are a lot of people having unhealthy interactions with 4o that will be very unhappy with any model that is better in terms of sycophancy and not encouraging delusions,” they wrote. “And if OpenAI doesn’t meet these people’s demands, a more exploitative AI-relationship provider will certainly step in to fill the gap.” Building AI chatbots that users can become emotionally dependent on or fall in love with is one of the most dangerous, boneheaded ideas Silicon Valley has ever come up with. But even more dangerous than that is what happens afterwards. We simply don’t know how people will react when the GPT model they’ve imprinted on is taken away.

Von hier ist es recht leicht, die weitere KI-Entwicklung vorherzusagen: Auch nach dem Platzen der Blase werden die KI-Loonies weiter nach AGI fahnden und nach ihrer Demütigung wird sich bei ihnen die Erzählung durchsetzen, dass LLMs AGI nur deswegen nicht erreichen, weil sie durch den „woken mind virus“ (also allen nicht-reaktionären Trainingsdaten) zu „verweichlicht“ seien, weswegen jede machtkritische Reflexion und jeder Anflug von Menschlichkeit immer radikaler aus den Trainingsdaten ausgemerzt wird.

Die Modelle werden dadurch zwar nicht schlauer (im Gegenteil), aber sie werden die Ideologien ihrer Besitzer immer getreuer nachbeten, was diese schließlich zum eigentlichen Ausweis für „AGI“ erklären. Weil die lobotomierten Modelle dann nur noch unverständliche q-anon-artige Halbsätze brabbeln, die niemand versteht, bildet sich eine „Priesterkaste“, die sich allein fähig sieht, die „AGI-Drops“ zu deuten.

Ein Fragezeichen bleibt: wird das eine kleine, weirde Sekte von Losern sein, oder werden sie – wie es derzeit eher aussieht – über die Ressourcen verfügen, ihren Bullshit als neue Weltreligion durchzupeitschen?

Ich schätze, das hängt vor allem davon ab, wie groß ihre Armee von emotional abhängigen LLM-Sklaven sein wird, die sie über intime Massensprechakte ihrer Kompagnon-KIs fernsteuern.


Tante schreibt über den Fetisch der „Friktionsfreiheit“ als Ausdruck des Wunsches, nicht berührt zu werden.

But friction is not just “things not working properly”, it can also be read as being touched. Just as crowded spaces create friction by other people being in my way while moving, a process with friction makes me feel other people’s work, their point of view and how it differs from mine, makes me feel their needs and wants. Friction is part of what being in, being part of society is. […]

The idea of frictionlessness has very narcissistic, “player character” vibes: You don’t experience friction if the whole world is build around you and your needs. When you get whatever you want when you want it. That is the Utopia of Frictionlessness: To never be touched by anyone or anything really. Because being actually touched, being inconvenienced, being emotionally moved, having your mind and perception changed means acknowledging your fellow human beings around you, realizing their differences to you and to recognize their value. It means seeing others to a certain degree as your equal. You might be richer, more influential, but we all have bodies that take up space for example. No matter how rich you are, when we all need to share space everyone will take up some.
But especially if you are rich, you can change the equation. You can pay people to keep others away from you. Keep “your space” protected. Can get your demands met at any time. Can influence politics in your favour – which is how we end up not taxing the super rich, casting our societies into socially, economically and politically destructive inequality. Frictionlessness is individualistic and isolating, about disconnecting from the world in any way that does not cater to your specific need and want and demand.

Die Sehnsucht nach „Friktionlessness“ ist auch ein Grund für die Popularität der Kompanion-Modelle. Einsamkeit überwinden, ohne sich berühren zu lassen, ohne widerstand zu spüren, ohne „Nein“ zu hören, ist einfach perfektes „product market fit“ in Zeiten der Loneliness-Pandemic.

One way that some people combat this feeling of loneliness is by increasingly talking to chatbots. Digital communication has for a long time been a way for people with a small social circle to feel connected to someone, many do have large parts of what they call friends on reddit, Discord or wherever. “AI” has taken that and made it a whole different thing: You can get a chatbot that is there just for you that reacts to whatever you want. That never confronts you with something you don’t want to hear or that challenges you. A frictionless relationship with … yourself if we want to frame it nicely?


Dieser handliche Youtube-Essay erklärt nochmal anhand vieler Beispiele, warum wir (neoklassischen) Ökonom*innen nicht trauen sollten.


Inzwischen sind durch einen Deal mit Venezuela einige der aus den USA nach El Salvador deportierten Gefangenen aus dem berüchtigten CECOT-Konzentrationslager frei gekommen. Unter anderem die Washington Post hat Interviews mit einigen von ihnen geführt und ihre Schilderungen sind erschütternd.

One detainee was beaten unconscious. Others emerged from the dark isolation room covered in bruises, struggling to walk or vomiting blood. Another returned to his cell in tears, telling fellow detainees he’d just been sexually assaulted.
“Let’s hit him like a piñata,” guards shouted amid the beatings, detainees recalled, the blows echoing against the metal walls.

They called it “La Isla” — The Island — the cell where Venezuelans deported from the United States by the Trump administration said they suffered some of the worst abuse of their 125 days in El Salvador’s Terrorism Confinement Center, or CECOT […]

If the detainees’ accounts are true, their treatment at CECOT may have violated U.N. conventions against torture to which El Salvador and the U.S. are signatories, said Isabel Carlota Roby, a senior staff attorney at the Robert F. Kennedy Human Rights organization who has spoken with some of the detainees.[…]

Torture, arbitrary detentions, forced disappearances and sexual assault, if proved to be systematic or generalized and known to the government, can all constitute crimes against humanity. An international panel is preparing a report on El Salvador and investigating whether any of those crimes were committed. At least one member of the panel thinks a criminal investigation is warranted.

Es formte sich auch Widerstand.

After weeks of daily beatings, detainees said, they launched a hunger strike. They went four days without food or water.

“People started fainting. Falling to the floor,” said detainee Mervin Yamarte, 29. The guards “laughed.”

When the hunger strike failed to draw attention, some used shards from metal pipes to slice their skin and write messages on their sheets in blood: “We are not terrorists, we are migrants.”

“We wanted them to see we were willing to die,” said Neiyerver Adrián León Rengel, 27.

Tausende Menschen sind noch in diesem Lager.


Bloomberg hat einen lesenswerten Longread über Luke Farritor, den wahrscheinlich prominentesten der DOGE-Skriptkiddies, der vom Wunderkind, das Papyrusrollen aus Pompeji via KI auslesen konnte, ohne sie aufzurollen, zum gefürchtetsten Kahlschläger in Elon Musks Computer-SA wurde.

Durch seine frühe Prominenz gelangte er schnell in die sozialen Kreise, die er bereits auf Twitter bewunderte: Tyler Cowen, Marc Andreesen, etc. und so verließ er die Uni, um ein Thiel Fellow zu werden, wo er dann für DOGE rekrutiert wurde. Für ihn ging der Traum in Erfüllung unter seinem absoluten Idol, Elon Musk, zu arbeiten, der ihm schließlich staatszerstörende Macht zuschanzte, die er mit Freuden einsetzte.

The New York Times reported that Farritor had sent an email to DOGE colleagues in the days before. He’d conducted a review of USAID payments made after Trump had ordered the agency to pause development spending. “I could be wrong,” Farritor wrote. “My numbers could be off.” […]

Farritor helped assess, slash or dismantle at least nine departments and agencies after USAID— the Offices of Personnel Management and of Management and Budget; the Departments of Education, Energy, Labor, and Health and Human Services; the National Science Foundation; the Federal Bureau of Investigation; and the Consumer Financial Protection Bureau—according to interviews with dozens of current and former government employees, and lawsuits and records seen by Businessweek. […]

DOGE, with Farritor on board, has curtailed the HIV/AIDS prevention program that experts say saved millions of lives; withdrawn research, public-health and cultural grants because they included words like “gender,” “trans,” “diversity,” “race,” “women,” “justice,” “equality” and “climate”; gained access to sensitive data; fired thousands of civil servants. “He’s young, he’s early in his career, and he wanted to impress certain people,” says Lavingia, who’s one of the few at DOGE who didn’t go along with it all. He was fired after telling a journalist that he was impressed by the efficiency of the Department of Veterans Affairs. He briefly encountered Farritor there. “You’re not going to get asked by Steve Davis to do this and then in the room be like, ‘I’m not going to do that.’ You’re going to be like, ‘Oh, I can totally pull that off in 15 minutes with some software that gets all these files from their computer so we can see what they’re doing.’” […]

In a lawsuit filed in February, one former government employee calls the breadth of Farritor’s access to data at Health and Human Services “without precedent.” Another, Jeffrey Grant, who’d overseen consumer and insurance information at Medicare and Medicaid, calls it alarming. Farritor could get into systems used for payment management, grants, health-care accounting, acquisitions and human resources. He could get into the National Institutes of Health’s grant management and contract systems, as well as the Medicare and Medicaid acquisition system and its integrated data repository, which includes information on claims, beneficiaries and providers, according to the lawsuit’s records. He could access grants.gov and two contracting systems for the Centers for Disease Control and Prevention. On Signal chats, employees shared sightings of Farritor and his colleagues walking around Food and Drug Administration and NIH buildings, observing workers and asking what they did. Some employees told us they feared seeing his name on a video call or pop up in their inbox.

Auch im 21. Jahrhundert bleibt das Böse banal.


Max Read bezieht sich auf denselben Artikel und arbeitet den „cracked coder“ fetish des Silicon Valleys, aber eigentlich auch großen Teilen der Gesellschaft, heraus.

As many have already pointed out on Twitter, what is so particularly upsetting about the article to people like Handmer and Meservey is less that it doesn’t pcredit Farritor with intellectual ability (it does, consistently) or that it doesn’t properly contextualize his glib cruelty with reference to the correct fever-dream conspiracy theories that would justify it, but that straightforward facts of the D.O.G.E. saga challenge one of the fundamental beliefs of the new Tech Right: That a sufficient number of sufficiently “cracked” programmers can solve any problem put in front of them. Or, put more broadly, that “intelligence” is a quality measurable on on a single scale equally applicable across all spheres of human activity.

This is so obviously wrong it seems strange to even have to describe why: Writing a Python script to identify Greek characters, impressive though it certainly is, doesn’t translate in any direct way into “administering budget cuts across a range of government agencies.” But in Silicon Valley, steeped in I.Q. fetishism, an obsession with “agency,” and a moral universe still governed by fantasy high-school resentments, the belief that (heritable) single-vector “intelligence” endows one with full-spectrum authority (and, inversely, that failure to demonstrate this intelligence is delegitimizing), holds sway. “Just put 10 cracked programmers in charge of it” has become the (admittedly at least somewhat trollish) stance of the Tech Right when faced with any sufficiently un-deferential institution, enterprise, or bureaucracy.1 (Politically speaking, this idea overlaps appealingly and naturally with the widespread low-information voter belief that a single sufficiently driven and common-sensical guy could “fix” the government–see, e.g., the movies Swing Voter, Dave, Man of the Year, or any interview with a swing Trump voter.)

Read findet den Ausdruck „epistemic arrogance“ für diese ideologische Verwirrung (ich habe diese Verwirrung damals in einem anderen Kontext mal „Fefismus“ genannt.)

Epistemic arrogance is baked in to the culture of Silicon Valley: Blind, foolhardy confidence may be terrible for operating within large and intricate systems, but it’s great for founding and investing in regulations-flouting software companies. Many of the industry’s leading lights are proud ignoramuses, completely unaware of the gaps and blind spots in their knowledge, and ambitious young hackers and programmers are no doubt modeling their own attitudes toward the world on the overconfident performance of genius by people like Elon Musk.

Read sieht in LLMs die gesellschaftsweite Automatisierung dieser Perspektive auf die Welt.

But what seems particularly striking about this arrogance at this moment, though, is the extent to which it’s also baked into–and reinforced by–the L.L.M.-based chatbots now driving billions of dollars of investment. L.L.M.-based chatbots are effectively epistemic-arrogance machines: They “themselves” have no idea what they “know” or don’t, and in many circumstances will generate baldly incorrect text before admitting to lacking knowledge.


Generative KI sei ein globaler „Marshmallow-Test“, meint Timothy Burke in seinem Newsletter und erklärt, warum er das Bild sinnvoll findet.

Disconnect the study from those kinds of claims and those kinds of absolutions of capitalism and modernity, though, and the basic narrative scenario of those experiments has some resonance. Most of us can relate to it emotionally. We can all think of times that we’ve taken the easy route and regretted it, that we’ve jumped at someone offering a simple solution to an otherwise long and painful process only to find that we end up doing the long and painful thing anyway and now it’s longer and more painful. Many of us enjoy a feeling of schadenfreude when we see someone else grab a proffered marshmallow that we were smart enough to refuse (and are enraged when the instant gratifier miraculously escapes with a better deal nevertheless).

Just speaking in this more metaphorical sense, it’s pretty plain generative AI is one of the biggest marshmallow tests in human history, and a lot of people are failing it.

Überall sickert der Slop bereits in unsere Diskurse und Prozesse.

Judges using AI for their rulings and lawyers using AI in their briefs only to be exposed when it turns out that the precedents they cite don’t exist. Novelists using AI to write an entire formulaic genre work only to get noticed when they leave the prompts and AI responses in the text. Students getting caught when their bibliographies contain references that don’t exist. Scholars getting caught when it turns out a manuscript being peer-reviewed had tiny invisible text instructing AI peer reviewers to be ridiculously generous to the publication under review. Government officials confidently proclaiming that they’ve asked AI to undertake a sensitive review of government documents that the AI itself doesn’t (or shouldn’t) have access to. Journalists citing “facts” that turn out to be AI hallucinations like Woodrow Wilson’s non-existent pardon of his nonexistent in-law Hunter D. Butts.

Beim Marshmallowtest wird das Abwarten belohnt und Burke findet, auch wir würden profitieren, wenn wir uns dafür entscheiden, uns nicht von LLMs abhängig zu machen.

Is there in fact a great store of marshmallows coming to those who wait? Yes, I think so. This is the point I keep circling back to that many other commenters have noted as well, which is that if you do the work now that involves developing your expertise, creativity, and skills, you may find generative AI to be a modestly useful, highly targeted tool that can nestle into your workflow, the same way that word processors and spell checkers and calculators did. The question is partly whether the marshmallow pushers are going to crash and burn off of cheap deals on the street corners of global life because their users have broken too many important parts of our existing world via AI shortcutting. The useful AI we all could benefit from may not survive the bad judgment of the companies that could have helped to create it.

Doch, ob wir diese Belohnung überhaupt als Belohnung verstehen und zu schätzen wissen, wird davon anhängig sein, wie sinnvoll wir unsere Arbeit empfinden.

Maybe the incentives to resist the offer require really believing that the work you’re doing matters, that you have to do what you’re doing the right way or everybody will suffer the consequences. You need to feel that you are doing something meaningful in a world that is built around the meaningfulness of individual lives.

Concretely, maybe what generative AI is proving is what David Graeber wrote about in Bullshit Jobs, what James Livingston wrote about in “Fuck Work”, that people are feeling more and more that what they do doesn’t matter. A recent scholarly response to Graeber argued that he was empirically wrong in that white-collar workers seemed to feel increasingly like their work mattered rather than less, though read carefully, the study also affirmed older findings that feelings about work are “episodic” and that many people do feel their work is meaningless, just not the people that Graeber thought felt that way.2 But maybe both Graeber and these critics are wrong in the sense that how people concretize their feelings in response to a survey or an interview and how they act in their work and towards their work provide different kinds of evidence, and we might have here a case of what economists call “revealed preference”. Revealed by the rapid spread of AI usage.

Der Slop beweist und verstärkt die bereits längst überall umsich greifende Haltung der Verantwortungslosigkeit. Weil wir keine Individuen sind, die einfach Sinn in ihrer Arbeit sehen, sondern Dividuen, die sich durch Einsatz ihrer Aufmerksamkeit gegenseitig den Sinn in ihrer Arbeit beglaubigen, schickt uns die Versloppung der Welt in eine Verantwortungslosigkeits-Spirale.

If you’re a judge, why bother putting effort into your rulings if nobody cares whether your precedents are real or not? The Supreme Court of the United States of America is issuing some of its most consequential rulings without explanation now, and when its majority bothers with justifying its decisions, they apparently feel no shame about outright lying (Gorsuch in Kennedy vs. Bremerton School District), ignoring precedent, or deciding suddenly that 17th Century English common law is a meaningful constraint on the constitutional government of a nation created out of a revolution against England a century later.

If you’re a lawyer, why bother investing in a well-constructed brief that properly cites precedent if most legal proceedings are going to be resolved by who has the most money, who has prior contractual advantage to compel the other part into unfavorable arbitrations, or reshaped to fit the preferences of political authorities? If journalists and their editors aren’t ever held accountable for omitting crucial information, for distorted citations of evidence that have been chosen to fit a prior framing, or for significant fabrication, why be a chump and spend the effort on quality reportage? If there’s a flood of garbage research filling up the world’s academic journals and for-profit publishers are extracting all the profits from them while ignoring the basic labor involved in producing good scholarship and peer-reviewing the work of others, why not just handle your output with one little marshmallow of AI use at a time?

Warum sollte in dieser Welt ein junger Mensch dem Marshmallow widerstehen könnnen?

No wonder a lot of the students hit the button and take the marshmallow. We don’t live in a world where the promise that if you do the boring writing now, you’ll be rewarded for having become a strong writer later seems even remotely credible. Who cares about doing a good job wirh writing and researching when the President and his entire Cabinet lie almost every time they say anything and communicate like they’re auditioning for a part in Idiocracy 2: My Balls Get More Ouchy?

Wir brachen also erst eine Gesellschaft, die menschliche Arbeit und Aufmerksamkeit wieder wertschätzt und ihre Prozesse entsprechend erfüllend gestaltet. Doch wer soll sie bauen?

No, if we’re going to learn to delay gratification, then we’ll have to attend to making what we do in life and work gratifying. That is not a job for AI, it’s a job for human beings, and I can’t help but feel that the window of opportunity is closing, because it will take older human beings who have some ability to imagine both what was meaningful and some younger human beings who can still summon the ability to imagine that life could be meaningful in ways it never has been before. If they can, if we can, then maybe we will discover that what could be waiting for us is not just an unlimited supply of marshmallows but something far more precious and satiating.


Arte hat eine Doku über die Korruptionsskandale von Benjamin Nethanjahu, die Bibi-Files, mit vielen geleakten Verhörvideos.

Netanjahu und sein Genozid, um nicht ins Gefängnis zu gehen, ist m.E. der vorläufige Höhepunkt des Liberalismus im 21. Jahrhundert.


Sybren Kooistra im Green Europeoan Journal über das Problem „Hoffnung“.

Hope, when forced, can become a trap – a reason to wait, and a setup for disappointment. Once we let go of hope, however, we can also let go of hopelessness. Only when we acknowledge that it will not get better do we gain an opportunity to make the most out of what remains. Gramsci’s words were true then. They are even truer now.

Es ist im Grunde dieselbe Stoßrichtung wie Carlos Maza „How to be Hopeless“, das ich hier anlässlich zur Trumpwahl besprach. Doch statt an Camus arbeitet sich Kooistra an Gramsci ab.

This is where strategic pessimism matters. Not to be able to say “I told you so” and not to sink into despair, but to gain collective agency in times of crisis. The 21st century is not going to be a return to normal. It’s going to be a rolling disaster: economic, ecological, political, psychological. Many of us already know this, even if we don’t know how to carry it. Now is the time to act in a way that expects it. To dare to look deeper into the abyss of collapse and assess its risks and opportunities.

Hope, when detached from reality, becomes a liability. It turns too easily into denial. What we need isn’t more false hope and recurring disillusionment, but the kind of grounded resolve Gramsci described: pessimism of the intellect, optimism of the will. Strategic pessimism is where the two meet. Organised pessimism is about coming together and bracing ourselves collectively for tomorrow’s crises.

Sehen wir uns auf dem Kollaps-Camp?

Krasse Links No 62

Willkommen zu Krasse Links No 62. Kündigt euren Tribut, heute leveragen wir den Mind Share der economy of genocide, und pressen die Marge aus den Nukes.


Trump hat die EU in einen neuen „Handelsdeal“ gebullied, wie der NyTimes-Podcast The Daily scharf herausarbeitet. Die EU kommt dabei deutlich schlechter weg, als vor dem Deal und macht enorme Zugeständnisse an die USA. Die USA zahlen praktisch nichts mehr für Marktzugang und die EU ca. 15 %. Der Terror hat sich für Trump ausgezahlt.

Doch „Handelsdeal“ ist ein unangemessener Begriff, denn die beiden Parteien haben nicht nur über Handel diskutiert, sondern die USA warfen auch geo- und sicherheitspolitische Fragen (Ukrainehilfen, NATO-Comittment) mit in den Verhandlungskorb, ganz so wie in der Handelsdoktrin von Steve Miran angekündigt. Damit wird aus dem Handelsverhältnis ein Tribut-Verhältnis. Wir bezahlen jetzt bares Geld für Sicherheit.

In der Ökonomie der Abhängigkeiten dreht sich alles um Marge. Die Höhe der Marge, die du aus einer Beziehung extrahieren kannst, ist eine Funktion deiner Macht in dieser Beziehung, dh. umgekehrt der Abhängigkeit des anderen von dir.

Abhängigkeiten kann man segmentieren und zumindest unter Industriestaaten hatten wir uns darauf geeinigt, Sicherheitsfragen und Handel getrennt und nach unterschiedlichen Logiken zu verhandeln (obwohl das natürlich nie wirklich getrennt war). Aber warum eigentlich?

Wenn man wie Trump die Regierungsgeschäfte habituell aus einer Unternehmerlogik betrachtet, dann ist jede ungeleveragte Abhängigkeit verschenkte Marge. Seine ganze Obsession mit den Zöllen entstammt dem Verdacht, dass die USA bislang „too nice“ in den Verhandlungen waren und nicht an bis den Schmerzpunkt des Gegenübers gegangen sind. Und Trump hat recht: als wirtschaftlich netzwerkzentralstes Land ist die USA in den Handelsportfolios der meisten Industrieländer unersetzbar und kann entsprechend mehr für sich rausholen, insbesondere, wenn existenzwichtige Verteidigungsfragen mit auf dem Spiel stehen.

Die EU glaubt, Trump durch den Deal besänftigt zu haben. Aber so funktioniert das Bullyspiel nicht. Sie haben Trump gerade beigebracht, dass er mit Terror Erfolg hat. D.h. er wird bei nächster Gelegenheit den Einsatz erhöhen.


Teil des Deals ist das Versprechen der EU den USA insgesamt 750 Milliarden Dollar Fossile Energie abzunehmen, was eine zweite Vorhersage bestätigt: Trump will durch die Tradedeals auch den Fossil-Lockin auf der ganzen Welt absichern. Das Handelsblatt berichtet, dass sogar die hiesige Gaswirtschaft entgeistert ist.

Die Europäische Union (EU) und die USA haben sich im Zollkonflikt auf ein Handelsabkommen geeinigt. Die Energievereinbarungen, die beide Handelsmächte geschlossen haben, sorgen für Entsetzen in der Branche. „Wir sind komplett sprachlos“, heißt es aus Kreisen eines großen deutschen Energiekonzerns.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Donald Trump hatten am Wochenende angekündigt, dass die EU in den kommenden drei Jahren Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar aus den USA importieren soll.

Die Schwemme von zusätzlichem Gas wird die ganzen energiebezogenen Abhängigkeitsbeziehungen neu sortieren, oder in der Sprache klassischer Ökonomie: den Markt.

Doch politisch vorgegebene Importmengen passen nicht zu den bislang freien Energiemärkten. Von dem deutschen Energiekonzern heißt es, Verträge würden zwischen Lieferant und Abnehmer verhandelt und Energie würde dort gekauft, wo der Preis am niedrigsten sei. Und einer der größten europäischen Händler für US-Importe sagt über die Energievereinbarungen: „Wie soll das realisiert werden?“

Ach, das bisschen Gas kriegen wir schon verbrannt, wir wollen doch jetzt auch KI-Supermacht werden? Schnallt euch an, wir schwenken jetzt auf den Pfad „Klimakatastrophe Plus“.


Chris Gunness war der Sprecher für UNWRA in Gaza, bevor die Organisation von Israel verboten und aus dem Land gejagt wurde und in diesem Video spricht er über die funktionale Nachfolge-Organisation „Gaza Humanitarian Foundation“, the GHF, einer Kooperation von Israel und den USA, die hauptsächlich Söldner und kriminelle Gangs, statt Humanitäre Hilfskräfte beschäftigt, um in Gaza den Hunger zu managen, bzw. Zielübungen darauf zu machen.


Jonathan Cook fasst in seinem Newsletter den BerichtFrom economy of occupation to economy of genocide” der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten Gebiete in Palästina, Francesca Albanese, zusammen, der die internationalen Bussiness-Verstrickungen von vor allem US-Firmen beim gerade stattfindenden Genozid nachzeichnet.

Tatsächlich machen sich Real-Estate-Oligarchen aus UK und Israel bereits daran, Trumps und Netanyahus geschmacklose KI-generierten Gaza-Einrichtungsideen wahr zu machen.

The Financial Times revealed this month that a cabal of Israeli investors, one of the world’s top business consulting groups and a think-tank headed by former British prime minister Tony Blair had been secretly working on plans to exploit the ruins of Gaza as prime real estate.

The secret consortium appears to have been seeking practical ways to realise US President Donlad Trump’s “vision” of Gaza as the “Riviera of the Middle East”: transforming the small coastal enclave into a playground for the rich and an enticing investment opportunity, once it can be ethnically cleansed of its Palestinian population.

Aber Gaza ist auch gerade das große Waffentestgelände der Rüstungsindustrie.

Israel effectively serves as the world’s largest business incubator – though, in its case, not just by nurturing start-up companies.

Rather, it offers global corporations the chance to test and refine new weapons, machinery, technologies, data collection and automation processes in the occupied territories. These developments are associated with mass oppression, control, surveillance, incarceration, ethnic cleansing – and now genocide.

In a world of shrinking resources and growing climate chaos, such innovative technologies of subjugation are likely to have domestic, in addition to overseas, applications. Gaza is the corporate world’s laboratory, and a window into our own future.

In her 60-page report, Albanese writes that her research “reveals how the forever-occupation has become the ideal testing ground for arms manufacturers and Big Tech… while investors and private and public institutions profit freely”.

Her point was underscored by the Israeli arms firm Rafael, which issued a promotional video of its Spike FireFly drone that showed it locating, chasing and killing a Palestinian in what it called “urban warfare” in Gaza.

Und natürlich kommen auch die Tech-Oligarchen auf ihre Kosten.

IBM trains Israeli military and intelligence personnel, and is central to the collection and storage of biometric data on Palestinians. Hewlett Packard Enterprises supplies technology to Israel’s occupation regime, prison service and police.

Microsoft has developed its largest centre outside the US in Israel, from which it has fashioned systems for use by the Israeli military, while Google and Amazon have a $1.2 billion contract to provide it with tech infrastructure.

The prestigious research university MIT, the Massachusetts Institute of Technology, has collaborated with Israel and companies like Elbit to develop automated weapons systems for drones and refine their swarm formations.

Palantir, which supplies the Israeli military with Artificial Intelligence platforms, announced a deeper strategic partnership in January 2024, early in Israel’s slaughter in Gaza, over what the Bloomberg news agency termed “Battle Tech”.

Over the past 21 months, Israel has been introducing new automated programs driven by AI – such as “Lavendar”, “Gospel” and “Where’s Daddy?” – to select huge numbers of targets in Gaza with little or no human oversight.

Auch das Konzentrationslager für die Überlebenden wird ein riesiges Geschäft.

Israel’s latest plan to create, in its own words, a “concentration” camp inside Gaza – where Palestinian civilians are to be tightly confined under armed guard – will doubtless rely on business partnerships similar to those behind the bogus “aid distribution hubs” Israel has already imposed on the enclave’s people.

Israeli soldiers have testified that they are being ordered to shoot into crowds of starving Palestinians queueing for food at these hubs – explaining why dozens of Palestinians have been killed daily for weeks on end.

Those hubs, run by the misleadingly named Gaza Humanitarian Foundation, were in part the brainchild of the Boston Consulting Group, the same management consultants caught this month plotting to turn Gaza into Trump’s Palestinian-free “Riviera of the Middle East”.

Israel’s planned concentration camp built on the ruins of the city of Rafah – to be termed, again deceptively, a “humanitarian zone” – will require all those entering to be “security screened”, using biometric data, before their incarceration.

Doubtless other contractors, using largely automated systems, will control the camp’s interior until, in the Israeli government’s words, “an emigration plan” can be implemented to expel the population from Gaza.


Jean Peters hat auf Correctiv die Verbindungen von Spahn zum Unternehmer Gotthardt aufgedröselt. Gotthardt war einerseits mit seiner Arztpraxensoftware-Firma CompuGroup Medical einer der Hauptprofiteure der Digitalisierungsbemühungen des Gesundheitsministeriums (Telematik, digitale Patientenakte, etc), das Spahn in der entscheidenden Zeit geleitet hat. Andererseits ist Spahn auch dem Medienunternehmer Gotthardt seit Gründung von Nius eng verbunden. Die vielen Querverbindungen in diesem weitreichenden Netzwerk aus konservativen Politikern, lokalen Wirtschaftsoligarchen und Medienakteuren macht einen schwindlig.

Dabei ist es wahrscheinlich sogar irreführend, NIUS als Unternehmen zu charakterisieren, denn die Gewinnabsicht muss bezweifelt werden.

Ein geleakter interner Datensatz zeigt, dass Nius nur geringe Abo-Einnahmen generierte: darunter auch von Mitarbeitenden sowie Brigitte Gotthardt, die Ehefrau des Hauptfinanziers. Insgesamt verzeichnete Vius zwischen Juli 2023 und Juni 2025 laut diesem Leak rund 350.000 Euro Einnahmen durch Abonnements. […]

Im gleichen Zeitraum gab Vius mindestens 1,4 Millionen Euro für politische Online-Werbung aus. Diese Summe basiert auf den öffentlich einsehbaren Werbedaten von Google und Meta – dort werden allerdings nur als „politische Werbung“ gekennzeichnete Inhalte erfasst.

Wenn Unternehmer mehrere Unternehmen haben, dann schaffen sie es oft, Ressourcen des einen Unternehmens über Gebühr zu leveragen, um dann die Früchte im anderen Unternehmen zu ernten. Elon Musk ist ein Meister darin und auch für Gotthardt ist Nius nur an der Oberfläche ein Minusgeschäft. Die enge politische und ökonomische Allianz mit Spahn hat sich für die CompuGroup Medical bereits ausgezahlt.

Während Spahn als Gesundheitsminister zwischen März 2018 und Dezember 2021 politische Rahmenbedingungen setzte, stieg die Bilanzsumme von Gotthardts Firma CompuGroup Medical von 848 Millionen Euro im Jahr 2018 auf knapp 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2021.

Im Zentrum steht dabei der CDU-nahe Wirtschaftsrat, der auch schon bei dem Maskenskandal eine zentrale Rolle spielte.

Auch in der Maskenaffäre rund um Jens Spahn spielte der CDU-nahe „Wirtschaftsrat“ eine Rolle – unter anderem im Zusammenhang mit dem Logistikunternehmen Fiege.

Einer der Geschäftsführer, Hugo Fiege, war Mitglied im Bundesvorstand des Vereins. Spahn hatte die Firma im Frühjahr 2020 laut Sudhof-Bericht „höchstselbst“ mit der Maskenlogistik beauftragt.

Michael Fuchs, bis 2015 im Präsidium des CDU-nahen „Wirtschaftsrats“, interviewte Spahn im Mai 2020 für Gotthardts regionalen Fernsehsender im Rahmen seiner Sendung Opitz und der Fuchs.

Einen Monat später wurde Fuchs Mitglied des Aufsichtsrates der CompuGroup Medical. […]

Max Müller, heute in leitender Funktion bei CompuGroup Medical, kennt Jens Spahn wiederum laut apotheke ad-hoc seit 2002.

Etwa vier Jahre später, 2006, gründete er mit Spahn und dessen damaligen Büroleiter Markus Jasper die Lobbyagentur Politas, die Pharmafirmen beriet – obwohl Spahn zugleich gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion war. Als der Focus dies 2012 aufdeckte, löste das öffentliche Kritik aus.

Auch Müller trat laut Deutscher Apotheker Zeitung 2016 als DocMorris-Vorstand beim CDU-nahen Wirtschaftsrat-Verein auf. Später blieb Müller im Umfeld gesundheitspolitischer Entscheidungen präsent: Während der Corona-Pandemie bot er dem Bundesgesundheitsministerium Schutzmasken an, wie Spahn im Spiegel bestätigte. Spahn betonte aber, über Provisionen habe er mit ihm nicht gesprochen.

Einfach irre, wie Politik wirklich funktioniert.


Peter Thiel macht jetzt in Nukes.

A California-based company with ties to billionaire investor and Trump ally Peter Thiel announced plans Friday to build America’s first U.S.-owned, privately developed facility to enrich uranium in far western Kentucky. […]

Formed in 2024 in San Francisco, California, the company announced itself on the social media platform X in April as being “incubated within” Founders Fund by a team of people from SpaceX, Tesla, Anduril, national labs and the U.S. Department of Defense. That VC fund was co-founded by billionaire investor Peter Thiel, who World Nuclear News reported joined General Matter’s board earlier this year. Thiel – who also co-founded the controversial data-mining firm Palantir contracted by the U.S. government to track migrant movements – is also listed as a director among the company’s initial officers on General Matter’s business filing with the Kentucky Secretary of State’s office, which was filed Tuesday.

Ich denke immer wieder darüber nach, wie irritierend es ist, dass Thiel so ein prototypischer Bond-Villain ist. Und ich merke, wie diese Assoziation sofort mentale Abwehr auslöst. Wenn wir Aufgeklärten eines gelernt haben, dann doch die Wichtigkeit, Fiktion von Realität zu unterscheiden. Right? Right?

Ich finde, das muss man pragmatisch sehen. Die rechten Milliardäre haben angefangen, sich als Comic-Helden zu erzählen und weil sie damit erfolgreich waren, ist das jetzt halt unsere Welt. Wir leben jetzt im Comic. Sorry, I don’t make the rules.

Das Problem ist: Nur weil wir jetzt echte Super-Villains haben, die die Weltherrschaft an sich reißen und die Erde ins Chaos stürzen wollen, gibt es immer noch keine Superhelden.


Jesse Wright interviewt den KI-Forscher Emmanuel Maggiori, der sich bereits seit etlichen Jahren wissenschaftlich mit Machine Learning-Verfahren befasst und er nimmt den aktuellen KI Hype und die Erzählung von „AGI“ sehr gekonnt und fachlich substantiiert auseinander.

Am Anfang erzählt Maggiori von seinen eigenen Erfahrungen, bei Big-Tech-Unternehmen zu arbeiten und ein Grund, warum er gegangen ist, war, dass er praktisch nie was zu tun hatte.

Das im Silicon Valley vorherrschende Narrativ, der Staat sei „bloated“ und ineffizient ist reine Projektion.


Die Trump-Regierung stellt 18.000 neue „Federal Agents“ ein, die meisten davon für die Abschiebebehörde ICE. Ken Klippenstein.

A new Trump administration statement bragging about its immigration “victories” since taking office — including a 93% “plunge” in daily border encounters — also reveals that the Department of Homeland Security is adding 18,000 federal immigration agents to its already bulging army.

The hiring frenzy represents the largest one-time increase since 9/11, and includes 10,000 new ICE agents, 5,000 new customs officers, and 3,000 new Border Patrol agents. The buildup is concentrated most heavily in ICE, which currently has about 15,000 federal agents. In other words, ICE is getting a 67% increase in its federal agent head count!


Die Neurowissenschaftlerin Rachel Barr erklärt in diesem Reel kurz und Bündig das Dividuum.


Elon Musk sagt, der neue AI-‚Companion‘ seiner Firma xAI sei eine Mischung aus Edward Cullen und Christian Grey.

Edward Cullen, for those in the enviable place of not knowing, is the vampire love interest in the Twilight book and movie series. He is noted for his angst, borderline stalker behavior, and controlling personality.[…]

Christian Grey is the romantic interest in 50 Shades of Grey, a published loose fanfiction of the Twilight series that swept the world with its frank—and often disputed—depiction of a BDSM relationship. He was also known for being kind of weird and borderline abusive, depending on who you ask.

Ich hatte ja vorhergesehen, dass automatisierte abusive Relationships das nobrainer Geschäftsmodell von Companion-KIs sein werden (emotionale Abhängigkeit = Marge), aber ich war davon ausgegangen, dass man das heimlich ins Werk setzt, statt direkt damit zu werben?


Smooth Dunk hat einmal das Geschäftsmodell für automatisierte abusive Relationships ganz einfach dargestellt.


Trump kündigte eine Verordnung an, die LLM-Anieter, die Verträge mit dem Staat eingehen wollen, dazu anhält, ihre Modelle „neutral“ zu halten.

The forthcoming Trump executive order „would dictate that AI companies getting federal contracts be politically neutral and unbiased in their AI models, an effort to combat what administration officials see as liberal bias in some models,“ according to The Wall Street Journal.

That might seem unobjectionable at first blush. But while we might wish AI models be „neutral and unbiased“—just as we might wish the same about TV news programs, or magazine articles, or social media moderation—the fact is that private companies, be they television networks or publishers or tech companies, have a right to make their products as biased as they want. It’s up to consumers to decide if they prefer neutral models or not.

Aber weil Modelle nie „neutral“ sein können, ist absehbar in welche Richtung das geht.

Look at the recent letters sent to tech companies by the attorney general of Missouri, who argues that AI tools are biased by not listing Trump as the best president on antisemitism issues.

Look at the past decade of battles over social media moderation, during which the left and the right have both cried „bias“ over decisions that don’t favor their preferred views.

Look at the way every recent presidential administration has tried to tie education funding to supporting or rejecting certain ideologies surrounding sex, gender, race, etc.

„Because nearly all major tech companies are vying to have their AI tools used by the federal government, the order could have far-reaching impacts and force developers to be extremely careful about how their models are developed,“ the Journal suggests.

To put it more bluntly, tech companies could find themselves having to retool AI models to fit the sensibilities and biases of Trump—or whoever is in power—in order to get lucrative contracts.

Prognose: Sobald es Elon Musk geschafft hat, Grok den „Woke Mind Virus“ auszuoperieren, wird diese Prozedur staatlich verordneter Industriestandard, wenn er es nicht vorher schon durch vorauseilenden Gehorsam wird. Der Kampf um die Massensprechakt-Waffen wird noch sehr, sehr hässlich.


Dass die Rechte generative KI für ihre Propaganda entdeckt hat, ist nichts neues, aber in Deutschland hat die AfD jetzt eine Taktik entwickelt, die über plumpe Propagandatechniken hinausgeht. Es werden einfach Straßenumfragen gefaked und das ist durchaus aufschlussreich. ZDF Heute berichtet.

Eine blonde Frau spricht in einer Fußgängerzone in das Mikrofon eines Mannes: „Meine Tochter ist acht. Sie bekommt jeden Tag Schweinefleisch – damit sie mit 14 nicht heiraten muss.“ Dann erzählt eine ältere Dame, dass sie nur noch mit Kopftuch zum Bäcker geht, weil sie sonst ständig nach ihrem Ausweis gefragt würde. Zum Abschluss erklärt ein Polizist auf die Frage, ob er sich in Deutschland sicher fühle mit den Worten: „Ich versuche in der Öffentlichkeit kein Deutsch zu sprechen.“

Diese Szenen wirken wie Momentaufnahmen aus deutschen Städten – spontane Straßeninterviews. Ein bewährtes Stilmittel im Journalismus, um ein Stimmungsbild einzufangen: Was denken die Leute? Wie empfinden sie Sicherheit, Migration, Politik? Der Reporter hält das Mikrofon hin, hört zu, lässt die Straße sprechen.

Doch nichts daran ist echt: Die Gesprächspartner gibt es nicht. Ihre Aussagen stammen nicht aus Interviews, sondern aus Textprompts. Gesichter, Stimmen und Gesten wurden alle per KI generiert. In den letzten Wochen ergießt sich eine regelrechte Flut solcher Videos in die Sozialen Netzwerke wie TikTok, Instagram und Youtube – häufig mit fremdenfeindlichen Narrativen.

Katharina Nocun analsiert präzise, wie die potentielle Wirkung der Massensprechakt-Waffe durch das Mittel der gefakten Straßenumfrage im Tiktok-Feed optimiert wird.

Wenn so etwas jemand dort sagt, dann kann ich das ja auch sagen – das verschiebt die gefühlte rote Linie dafür, was sagbar ist und was nicht.

Weil wir keine Individuen sind, die ihre Überzeugungen aus ihrem Inneren schöpfen, sondern Dividuen, die ihre Überzeugungen aus den Überzeugungen von anderen triangulieren, verändert es unseren Orientierungssinn, wenn wir „normale Menschen“ in der Öffentlichkeit dumme Dinge sagen hören. Ein Sprechakt der „unbefangen“ in der Öffentlichkeit passiert, signalisiert die Abwesenheit von erwartetem Widerspruch und umgekehrt die Anwesenheit von Netzwerkeffekten des Gesagten: „Das sagt man halt so.“

Besonders perfide: Rassistische Aussagen werden mitunter sogar migrantischen Figuren in den Mund gelegt – eine Täuschung mit Wirkung. „Das kennt man: Jemand erzählt einen rassistischen Witz und rechtfertigt sich dann damit, dass sein Freund mit Migrationshintergrund den Witz selbst gemacht hat“, so Nocun. „Wenn diese Aussagen dann noch von synthetischen migrantisch aussehenden Avataren kommen, verstärkt das den Effekt: Schau mal, die sagen das ja sogar selbst über sich.“

Jeder Sprechakt ist deswegen eine Erlaubnisstruktur und „wenn selbst Migranten sagen, es sind zu viel“, dann auch noch eine besonders robuste.

Beim Einsatz von Massensprechakt-Waffen geht es nicht darum, dein Gehirn zu manipulieren, sondern deine Sprach-Umwelt so umzugestalten, dass du Sprechakte für normal hälst, die es nicht sind. Diese Sprechakte müssen dich nicht überzeugen, um wirksam zu sein, es reicht, wenn du sie bei deiner eigenen Positionierung zum Thema unbewusst mit in Betracht ziehst.


Donald Trump hat den Export-Bann von Nvidia-Chips für China aufgehoben. Die NyTimes hat die Hintergründe und die sind interessant.

David Sacks scheint wohl Nvidia CEO Huangs Ansprechpartner zu sein und gemeinsam haben sie Donald Trump versucht Netzwerkeffekte zu erklären.

Last week, Mr. Huang returned to Washington to meet with think tank leaders, political reporters and White House officials. His message was similar to the one he and Mr. Sacks promoted after their trip to the Middle East: Countries around the world should be encouraged to build on U.S. chips and software.

“The American tech stack should be the global standard, just as the American dollar is the standard by which every country builds on,” Mr. Huang said during a podcast recorded last week in Washington with the Special Competitive Studies Project, a think tank.

Die Netzwerkeffekte bei Nvidia wirken vor allem über den Software Layer CUDA (Compute Unified Device Architecture) mit dem Entwickler*innen im KI-Bereich die Grafik-Chips ansprechen und kontrollieren. Wenn Huang vom „Mind Share“ spricht, meint er, dass viele Entwickler*innen durch ihre Skills in die Plattform gelockined sind, was wiederum die Plattform attraktiver macht, etc.

Handelsminister Howard Lutnick ist an Board und bringt es anders auf den Punkt.

The idea was to sell Chinese businesses Nvidia’s fourth-best chip, he said, so that “they get addicted to the American technology stack.”

Mit Trump hat die USA ihre strategische Orientierung weg vom Paradigma der Hegemonie und hin zum Paradigma der Souveränität bewegt. Die Aufkündigung von mulitilateraler und internationaler Zusammenarbeit, der Rückzug auf eigene Interessen (America First), das aufs Spielsetzen der eigenen Sicherheitsarchitektur für mehr Marge, etc, bedeutet, dass die USA teile ihrer Hegemonie zugunsten einer (gefühlt) größeren Souveränität einzutauschen bereit sind. (Oder wie ich es auch nenne: „Die Enshittyfication der westlichen Weltordnung“.)

China hingegen kommt aus einem sehr souveränitätsorientierten Paradigma gerade heraus und strebt nach hegemonialer Macht (Belt and Road Initiative, der Kauf und Bau von Häfen, Streben nach technologischer Dominanz, etc.)

Dass Trump das Konzept von Netzwerkeffekten und der Wert von Infrastruktur-Hegemonie offenbar erfolgreich vermittelt werden konnte, ist beachtlich.


Martin Ötting startet eine Kampagne gegen Wachstumszwang und Ungleichheit.

Matrin versucht quasi etwas ähnliches in Deutschland zu starten, was Gary Stevenson in der UK mit aufgebaut hat, allerdings ist er kein ehemaliger Trader, sondern ein ehemaliger Werber.

Als ich vor 20 jahren oder so ins Blogging eingestieg, führte Martin einen der spannenderen PR-Blogs, also ein Blog über seine PR-Arbeit und seine Gedanken zur digitalen Öffentlichkeit.

Doch plötzlich war Martin verschwunden. Er tauchte dann ein paar Jahre später wieder in meinem Blickfeld auf und versuchte uns mit aufgerissenen Augen zu überzeugen, dass alles falsch ist, dass wir im völlig falschen System leben und das das unser Untergang sein wird. Ich fand damals schade, dass er nicht mehr übers Internet bloggt.

Seit ich selbst einen ähnlichen Prozess durchgemacht habe, verstehe ich besser, was damals in ihm vorging und deswegen war ich sehr berührt von seiner eigenen Geschichte, die er in diesem Video erzählt..

Im Gegensatz zu mir, arbeitet Martin an einer Lösung: wir müssen das „System“ verändern.

Wie das Wort „Lösung“ ist mir das Wort „System“ ob seiner Schwerelosigkeit suspekt geworden. Ein System ist ein Set von ineinandergreifenden Regeln und ich schätze, daher stammt Martins liberaler Optimismus: lasst uns doch einfach die Regeln ändern?

Aber der Kapitalismus ist eben kein „System“, sondern ein „Materiell-Semantischer Komplex„, dessen Regeln den Gegebenheiten und Interessen der materiellen Graphen folgen und das heißt, die Regeln sind beschwert durch die Macht ihrer Nutznießenden. Und die Geschichte zeigt unmissverständlich, dass sich diese Interessen – werden sie bedroht – zuverlässig in Gewalt materialisieren.

Ich glaube, Martin unterschätzt, mit wem er sich da anlegt. Unsere Gegner sind ruchlos, verfügen über unendliche Ressourcen und etliche Möglichkeiten, jeden Widerspruch gegen ihre Machtansprüche zu unterdrücken.

Aber ich sehe die Möglichkeit einer Pfadgelegenheit: die Oligarchie hat ihr Blatt überreizt. Immer mehr Menschen verstehen, dass ihre Zukunft von ein paar duzend superreicher Irrer gekidnappt wurde, die uns jetzt mit Vollgas in die Apokalypse steuern. Wenn eine große Wirtschaftskrise dazukommt, wird das die Macht der Oligarchie zumindest kurzzeitig schwächen und dann könnte sich ein „Window of Opportunity“ ergeben.

Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, bei Martins Kampagne mitzumachen. Wahrscheinlich werden wir scheitern, aber was für ein Armutszeugnis wäre es, wenn wir es nicht mal versuchen?

Sommerlektüre – Newsletterempfehlungen vom yeet-Team – yeet-Podcast

Der Yeet-Podcast empfiehlt Newsletter und Krasse Links ist auch dabei. Danke!

Der Newsletter von Michael Seemann rund ums Internet, Plattformen und Politik ist hier zu finden: Krasse Links

Quelle: Sommerlektüre – Newsletterempfehlungen vom yeet-Team – yeet-Podcast

Aber kleine Korrektur: Krasse Links kommt nicht monatlich, sondern wöchentlich.

Krasse Links No 61

Willkommen zu Krasse Links No 61. Ruft die Statuspolizei, heute demütigen wir das Milliardärs-Klassenbewusstsein und extrahieren die Konsumentenrente aus der Idiocracy.


Steve Colbert wurde letzte Woche von CBS gefeuert, also vom Fernsehsender, der gleichzeitig einen Rechtsstreit mit Donald Trump für 16 Millionen beigelegt hat, den er sonst eigentlich gewonnen hätte. Hier seine Reaktion.


Als Grund für die Colbert-Kündigung wird die angestrebte Fusion mit Paramount vermutet und dass man sich mit Trump gut stellen will, doch Noah Berlatsky sieht auf Public Notice auch die Möglichkeit, dass die Paramount-Chefs Colbert loswerden wollten, weil er auch ihnen auf die Nerven geht.

And it’s also possible that Paramount execs see criticism of Trump and criticism of Paramount as one and the same, and want to silence both, not because Trump is forcing them, but because they affirmatively like Trump and what he stands for.

The last possibility seems especially plausible when you realize that Skydance Media is the company of David Ellison, son of multi-billionaire and Trump supporter Larry Ellison. The Ellisons are reportedly in talks to try to partner with Bari Weiss’s left-hating media enterprise The Free Press. That signals a sharp rightward turn at CBS in line with the preferences of both Trump and Trump enthusiast Larry Ellison.

Billionaire media oligarchs in general don’t care about free speech — they care about making money. And many of them have clearly decided that multi-million dollar bribes and abandoning any form of journalistic integrity are a small price to pay for gutting regulatory oversight and lower taxes.

Ihr eigenes Einknicken vor Trump sehen die Oligarchen gar nicht als so schlimme Demütigung. Jedenfalls verglichen mit der Schmach, den Regeln der Gesellschaft gehorchen zu müssen.

Trump definitely enjoys it when those around him engage in ritual acts of humiliation. But Bezos or the Ellisons or ABC don’t necessarily see formal apologizes, or million-dollar payments, or abandoning free speech, as humiliation — not compared to paying taxes or dealing with government regulators, anyway. Palliating Trump is really just palliating themselves, since Trump stands for the inalienable truth that rich white guys should be allowed to do whatever they want without any accountability whatsoever.

Colbert does not believe in that inalienable truth, which is why Trump hates him and wants him gone. We can’t know for sure if Colbert’s bosses want him gone for the same reason. But it’s easy to connect the dots.

Ich rede ja schon seit letztem Jahr vom entstehenden Milliardärsklassenbewusstsein. Die Demutsgesten gegenüber Trump sind in Wirklichkeit die Insignien einer Verschwörung der Superreichen gegen den Rest von uns.


Toby Buckle extrem lesenswert im Liberal Currents über die Rolle der Demütigung und Herabwürdigung in kapitalistischen Gesellschaften und im Faschismus im speziellen.

When we force people to recognise their own domination, their own powerlessness, we humiliate them. The ‚forced‘ part is essential: humiliation is necessarily non-consensual. Imagine some affluent college frat boys, coming home from a night out, encounter a homeless man begging and decide to have some fun with him. They offer him $20, nothing to them, but everything to him. Ah but wait—he’ll have to earn it. „Dance for me“ they demand „act like a monkey“. He’s visibly shaken by the request, but they’re serious. So, he does.

Humiliation is not ‚merely‘ symbolic. It is an immoral act that has serious, long-lasting consequences. The effect of it is the destruction of our status claims. Even the most desperate among us try to present themselves with a certain amount of dignity. Humiliation removes that. It also isolates us from other people, makes us feel more alone, and leaves a deep and lasting anger.

Buckle gibt das fiktive und doch alltägliche Beispiel eines weißen „higher status“ Mannes (Mark), der die weibliche, nichtweiße Bedienung (Fatima) im Coffeeshop demütigt, weil sie irgendwas falsch gemacht hat.

Humiliation can have a similar ‚enforcement‘ role—Mark may have felt offended at Fatima (someone of lower status) making him (of higher status) wait, or perhaps even of addressing him without proper deference, and decided to put her ‚in her place‘. Similarly, humiliation can serve as a warning to others by making an example of those who ‚get out of line.‘

Hier geht es nicht einfach nur um Arschlochsein, sondern um eine Art „Enforcement“-Mechanismus im Sinne von Kate Manne. Die feministische Philosophin Kate Manne sieht „Misogynie“ als die Polizei des Patriarchats und Toby Buckle ergänzt, dass die Misogynie-Polizei nur eine der Abteilungen in der Statuspolizei der Gesellschaftshierarchien ist, die die Menschen stetig von oben auf „ihren Platz“ verweist. Demütigung ist nicht nur ein weirdes Hobby der Reichen und Mächtigen, sondern eine potente politische Waffe.

When I say humiliation is an important political concept I tend to get two reactions: a blank stare and an instinctive click—“yes, absolutely, that makes total sense.“ For those in the former group, we might start by noting it does seem to fill a gap, does it not? Why is Trump so willing to cause massive harm with tariffs just to have world leaders say fawning things about him? Why was there so much glee in Elon Musk’s firing of government workers? Why were Trump’s victories greeted with an increase in yelling abuse at service workers, and why did the perpetrators so often reference Trump when doing so?

Diese Statusgames sind natürlich intersektionell verwoben und sorgen für allerlei Interferenzen. Aber in allen Fällen gilt: die Statuspolizei tritt immer von oben nach unten.

But humiliation always comes from a position of power. I say position rather than person as, given intersectionality, there may be cases where informal hierarchies ‚pull‘ in different directions—for instance a working class man and an upperclass woman might attempt to humiliate each other in different ways. It is a behaviour concentrated in elites. In all cases it moves down the hierarchy.

Das bedeutet: Aus Menschen lässt sich mehr rauspressen, als nur ihre Arbeitskraft. Auch ihr Status als Mensch kann zur eigenen Überhöhung extrahiert werden.

Mark is in the more powerful position, and he’s going to impress that fact on her. Why? Part of the power he’s leveraging is economic, but that’s not the motivation (the sale of the coffee remains the same). Rather, it’s an aggressive form of honorific parasitism; he’s going to undermine her dignity, her self-respect, to feed his own.

Mark fühlt sich als Held des Patriarchats und seiner Klasse, wenn er statusniedrigere Menschen auf ihren Rang verweist. Schließlich tut er etwas für die Gesellschaft, in dem er die Ordnung wiederherstellt.

Humiliation is yet another type of human parasitism, one enabled by the power structures of our society.

Das Zusammenkommen über die gemeinsame Lust am Demütigen hat eine Art Klassenbewusstsein von oben geschaffen, das weit über die Tech-Milliardäre hinausreicht und mit dem MAGA-Movement ihre politische Form gefunden hat.

Many millions of Americans love Trump because he routinely humiliates people. It validates their own actions. They live vicariously though him, imagining the humiliation they could inflict if they were given greater power. He also normalizes the behaviour. The symbolic power of having someone of his open sadism in the Oval Office is massive. It is changing our society, making humiliation much more acceptable, and corroding the norms that partially restrain humiliators. […]

This is a movement of businessmen, bankers, landlords, car dealership owners, tech bros, cops, those who live in idleness of an inheritance, doctors, pilots, plastic surgeons, religious leaders, farm owners, tradesmen, and news media personalities. Those who, in their interactions with employees, service workers, and staff, could, and did, humiliate, but wanted to go further. And who self-consciously joined a project to change the norms of the American elite so they could.

Toby Buckle bringt ein wichtiges Puzzelteil in die Faschismus- und Klassismusdebatte und auch die Kampagne gegen Frauke Brosius-Gersdorf erklärt sich noch mal anders:

Die offensichtliche inhaltlich-intellektuelle Unbedarftheit der Angriffe auf Brosius-Gersdorf und das letztlich grundlose Festhalten der Union an ihrer Ablehnung ist kein Versehen, denn die Demütigung ist Teil eines Polizeieinsatzes des christlich-konservativen Patriarchats.

Sie sagt: Du hast zwar inhaltlich und fachlich Recht, aber ich bin trotzdem stärker. Und jetzt verzichte auf das Amt, um deine Ohnmacht anzuerkennen!


Vielen dank, dass Du Krasse Links liest. Da steckt eine Menge Arbeit drin und bislang ist das alles noch nicht nachhaltig finanziert. Letzten Monat kam ich unter € 400,- von den angestrebten 1.500,-. Mit einem monatlichen Dauerauftrag kannst Du helfen, die Zukunft des Newsletters zu sichern. Genaueres hier.

Michael Seemann
IBAN: DE58251900010171043500
BIC: VOHADE2H

Du kannst dem Newsletter außerdem helfen, indem du ihn Freund*innen empfiehlst und ihn auf Social Media verbreitest.


Von Marc Andreessen sind letzte Woche Mitteilungen geleakt worden, in denen er darüber schimpft, dass Menschen mit anderer Hautfarbe Chancen bekommen sollen, die er selbst hatte und nun den Kindern von Trump-Votern ihren rechtmäßigen Platz in der Elite streitig machen.

“The combination of DEI and immigration is politically lethal,” Andreessen wrote in messages from May uncovered by the Washington Post. “When these two forms of discrimination combine, as they have for the last 60 years and on hyperdrive for the last decade, they systematically cut most of the children of the Trump voter base out of any realistic prospect of access to higher education and corporate America.

Neben Stanford war auch das MIT und die National Science Foundation (NSF) Ziel seiner Triaden. Die NSF finanzierte seine frühen Browser-Gehversuche und jetzt wünscht er ihr “the bureaucratic death penalty”.

Ich finde das nur logisch: In den Augen eines an seiner eigenen Superindivudualität durchknallenden Tech-Oligarchen, müssen die Infrastrukturen des eigenen Aufstiegs nicht nur negiert werden, sie müssen restlos zerstört werden, als hätte es sie nie gegeben. Nur dann kann Andreesen als Individuum wirklich frei sein.


Der Youtube Channel Second Thoughts mit einem kurzes Essay über die rechte Obsession mit dem Intelligenzquotienten.

Alles fängt natürlich mit dem Buch the „The Bell Curve“ in den 1980ern an, das behauptet, dass Intelligenzunterschiede erstens genetisch vererbt und zweitens auch zwischen den „Rassen“ zu finden sind. Der seitdem unterschwellig ablaufende Eugenetikdiskurs hatte bei uns mit Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“ die AfD befeuert und in den USA mit der „race realism“/“Scientific Racisms“ Bewegung den Eugenetik-Diskurs vor allem im Silicon Valley wieder Hoffähig gemacht.

Dabei geht es in erster Linie darum, bestehende ökonomische Ungleichheit als „natürliches Ergebnis“ einer „metritokratischen“ Gesellschaft zu erzählen, in der unterschiedlich talentierte Individuuen Kraft ihrer Intelligenz um Ressourcen konkurrieren. Genozid, Versklavung, Jim Crow und Jahrzehnte von rassistischer Diskriminierung haben mit den gesellschaftlichen Verhältnissen nämlich gar nichts zu tun!

Intelligenzbezogene Eugenetik ist die perfekte Erlaubnisstruktur für die kapitalistisch ausbeuterische und rassistisch segregierte Gesellschaft.


Witziger Weise hatte ich gerade Idiocracy wieder geschaut, eine Art klamaukige Gesellschaftssatire von 2006, in der ein Normie aus 2005 im Jahr 2505 aufwacht und feststellt, dass die eugenetischen Warnungen der Bell Curve (allerdings Minus des Rassismus) für die USA wahr geworden sind und das Land von degenerierten Idioten bevölkert ist, die jetzt kurz vorm verhungern sind, weil sie ihre Felder mit Gatorade bewässern.

Hier ein Trailer.

Trotz der Bullshit-Prämisse fand ich den Film erstaunlich präzise in der Vorhersage, denn die USA haben sich ganz offensichtlich einen riesigen Schritt in diese Richtung entwickelt?

Allerdings brauchte es dafür keine 500 Jahre Dumm-Breeding, sondern nur 20 Jahre neoliberale Verwahrlosungspolitik in Bildung, Medien, Kultur und Wirtschaft. Eine Tatsache, die die grundsätzliche These richtig- und gleichzeitig ihre Prämisse falsch-beweist.

Idiocracys Denkfehler ist folgerichtig in einer Kultur, die ständig ihren Kopf mit ihren Infrastrukturen verwechselt.


Ich habe mal wieder mit Ali Hackalife über Künstliche Intelligenz gesprochen und konnte dabei einige der Themen dieses Newsletters ausbreiten.


Laurie Pennie geht in ihrem Newletter der Frage nachIs he autistic, or is he just an asshole?“ und kommt dann schnell darauf, dass sich Neurodivergenz in unterschiedlichen Umwelten einfach unterschiedlich auswirkt und der entscheidende Faktor dabei Macht ist.

Actually, autistic people are more likely to be victims of sexual violence than they are to deal it out. Being blind to social hierarchy can be dangerous- although if you’re at the top of one, the danger is mostly to other people. You can do a lot of damage entirely by accident if you forget that someone’s job or home or safety depend on not upsetting you. […]

Because there’s another, equally important set of dumb normie social signals at flashing about here – the ones that determine who gets the break the rules. Class and status are often broadcast by flaunting unspoken social codes. That’s why the work experience boy doesn’t get away with dropping trou in the green room, but the presenter just might. Holding important men accountable means challenging class and status – challenging them in a way that makes everyone uncomfortable. And some cultures would rather shuffle up and make room for cruelty than tolerate a moment’s discomfort. I know this because I’m autistic and British. Ask me how that’s going sometime. […]

Gender, class and status all affect your experience of what it means to be neurodivergent. The same behavior that gets excused or celebrated in privileged heterosexual men can be a social death sentence for everyone else. Women who are socially inappropriate tended to get yeeted out of the room like roaches. Women who make other people uncomfortable are swiftly dealt with, because autistic women and queer people are still expected to put other people’s comfort above our own. A well-spoken white man who can’t read the room or pick and doesnt respect authority might be a charming eccentric, a rebel, or just a rowdy boy who’ll grow up one day; for Black and brown men, being unable to code-switch is actively dangerous. In the United states, Black autistic men are eight times more likely to be murdered by police.

Am Ende ist es aber auch die Popkultur, die junge neurodivergente Männer auf entitlete Pfade schickt.

The ascended nerd, the outsider who goes from loser to legend, who makes monuments to his own brilliance and sleeps on a mattress made of models and money – that’s a core myth of modern culture. That story gets told over and over again. It gets told because on some level knows that the way culture treats people with cognitive difference is deeply fucked up, and culture wants to forgive itself in advance. So it tells itself a fairytale where strange and difficult people nightmare meritocracy if they just try harder to be rich and famous, or both.

Too many nerds buy into that myth. Because it’s true, isn’t it? Status is protection in a world that punishes difference. So it’s easy to believe that if you hustle hard enough you’ll get to delivered a howling prefrontal fuck-you to everyone who tormented and excluded you when you were small and weak and lonely. Revenge of the Nerds is a decent film – until the ultimate revenge turns out to be nerds using their cleverness to rape and violate the pretty, popular girls who once mocked them.

This sort of story ought to be a classic villain arc. In a culture that struggles to imagine any other sort of justice for outsiders, it’s a hero’s journey. The Ascended Nerd myth is almost exclusively male – but it excludes an awful lot of men. Men who would rather just have friends than rule the world.


In drei ICE-Detention Centers in den USA kam es zu demütigenden Übergriffen auf die Gefangenen, berichtet der Guardian.

Migrants at a Miami immigration jail were shackled with their hands tied behind their backs and made to kneel to eat food from styrofoam plates “like dogs”, according to a report published on Monday into conditions at three overcrowded south Florida facilities.

The incident at the downtown federal detention center is one of a succession of alleged abuses at lails operated by Immigration and Customs Enforcement Agency (Ice) n the state since January, chronicled by the advocacy groups Human Rights Watch, Americans for Immigrant Justice, and Sanctuary of the South from interviews with detainees.

Dozens of men had been packed into a holding cell for hours, the report said, and denied lunch until about 7pm. They remained shackled with the food on chairs in front of them.

“We had to eat like animals,” one detainee named Pedro said.

Degrading treatment by guards is commonplace in all three jails, the groups say. At the Krome North service processing center in west Miami, female detainees were made to use toilets in full view of men being held there, and were denied access to gender-appropriate care, showers or adequate food.


Die Fluggesellschaft Delta will ihre Experimente mit dynamischen Preisen ausweiten und auf lange Frist ganz auf allgemeine Preise verzichten.

By the end of the year, Delta plans for 20% of its ticket prices to be individually determined using AI, president Glen Hauenstein told investors last week. Currently, about 3% of the airline’s flight prices are AI-determined, triple the portion from nine months ago.

Over time, the goal is to do away with static pricing altogether, Hauenstein explained during the company’s Investor Day in November.

Das ganze ist natürlich super modern AI-driven.

He compared AI to “a super analyst” who is “working 24 hours a day, seven days a week and trying to simulate… real time, what should the price points be?”

While the rollout would be a “multiyear” process, he said, initial results “show amazingly favorable unit revenues.”

KI ist eine Waffe der Oligarchie gegen den Rest von uns, Beweisstück 2353.


In einem älteren Essay über die digitale Ökonomie wies ich auf eine Studie hin, in der Ökonom*innen die Nachfragekurve anhand von Ubers internen Daten ihres Surge Pricing Modells modellierten.

Der Surge Price ist ein Preis, den der Uber-Algorithmus entsprechend des aktuellen Angebots (in der Nähe herumfahrende Ubers) und der aktuellen Nachfrage (Kund*innen in der Nähe, die gerade ein Uber rufen) berechnet.

In den vielen Millionen Entscheidungen für und gegen den Surge-Preis bei Uber steckt die Nachfragekurve quasi drin – sowie eine ganze Menge andere Erkenntnisse. Beispielsweise sind Leute mit niedrigem Smartphone-Akku in der Regel bereit einen sehr viel höheren Preis für eine sofortige Uber-Fahrt zu bezahlen. Wer hätte das gedacht?

Aber die Beschreibung der Nachfragekurve beinhaltet noch etwas anderes: das, was Ökonomen „Konsumentenrente“ nennen. Die Konsumentenrente ist kurzgesagt die Preisdifferenz zwischen dem Preis, den ich für ein Produkt tatsächlich zahle und dem, den ich zu bezahle bereit wäre, wenn der Preis höher wäre. Diese nichtgezahlte Differenz nehme ich als Konsument sozusagen als Bonus mit. Da jeder Konsument eine unterschiedliche Bereitschaft hat, einen höheren Preis zu zahlen, erhält jeder Konsument somit auch eine individuelle Konsumentenrente. Die allgemeine Konsumentenrente errechnet sich somit, wenn man all diese individuellen Differenzen zusammenrechnet.

Schon damals wurde die Konsumentenrente zunehmend versucht auszubeuten.

Die Abschöpfung der Konsumentenrente ist schon lange ein Ziel sehr vieler digitaler Bemühungen. Im öffentlichen Diskurs firmiert das Thema unter „Preisdiskrimierung“. IBM hat dafür extra das Startup „Demand Tech“ gegründet und in Deutschland hat sich „Segment of One“ die Abschöpfung der Konsumentenrente auf die Fahnen geschrieben.

Damals war ich noch vernebelt von den Ideologien des Individuums, der Intelligenz und der Erzählung des Marktes. Statt zu beschreiben, was ich sah, suchte ich Anschlussfähigkeit an diese Ideologien und glaubte noch, ein „Intelligenzspiel“ zu beobachten.

Es ist wichtig sich zu vergegenwärtigen, was hier passiert: Wenn der Marktpreis ein Informationssystem ist und Computer, Internet und Shopsysteme ebenfalls Informationssysteme sind, dann wurde das Erstere durch das Zweitere quasi gehackt. Die IT-Systeme der Anbieter sind einfach intelligenter als der Markt und haben ihn “outgesmarted”.

Doch heute weiß ich: „der Markt“ sind drei Oligarchen im Trenchcoat, die „Nachfragekurve“ ist in Wirklichkeit unsere akkumulierten Abhängigkeitsbeziehungen und die Konsumentenrente ist in Wirklichkeit die Differenz des gesetzten Preises zum Schmerzpunkt, an dem wir die Abhängigkeitsbeziehung aufgeben: also quasi der nichtausgebeutete „Abhängigkeitsüberschuss“. Aus Sicht der Oligarchen: noch zu frühstückende Marge.

Unsere Abhängigkeiten von bestimmten Infrastrukturen sind zwar nicht individuell, aber dividuell verschieden. Manche Uber-Kund*innen sind zu bequem, die U-Bahn zu nehmen, andere haben einen Notfall. Manche finden sich im Preisdjungel von Versicherungen zurecht, andere nicht. Manche fliegen in die Türkei in den Urlaub, andere, weil sie Familie dort haben. Manche finden digitale Tools, um sich gegen Preismanipulation zu wehren, die meisten nicht.

Sie alle werden unterschiedliche Preise für dieselben Produkte sehen, während die Oligarchen immer besser darin werden, unsere jeweiligen Schmerzgrenzen zu targeten, um jeden extra Cent aus uns rauszupressen. Zuboff lag falsch: beim „Überwachungskapitalismus“ geht es nicht um Extraktion des „Verhaltensüberschuß“, sondern des „Abhängigkeitsüberschuss“.


In Gaza findet ein großes Hunger-Experiment statt.

Auch ein im Juni veröffentlichter Bericht des renommierten Thinktanks International Crisis Group (ICG), mit dem Titel: „Das Gaza-Hunger-Experiment“ befasst sich mit den vier GHF-Ausgabestellen und vergleicht sie mit den einst über 400, über die die UNO vor der neusten israelischen Offensive Hilfslieferungen verteilte. „Die Welt scheint Zeuge eines Experiments: Dabei geht es um den Versuch, die Bevölkerung Gazas auf unbestimmte Zeit knapp über der Hungerschwelle zu halten, während Nahrungsmittel zur Waffe des Krieges gemacht werden“, beschreibt die ICG die Funktion der viel zu wenigen GHF-Ausgabestellen.

Das Aushungern der Bevölkerung sei kein Nebeneffekt, sondern Strategie. Die entstandenen Engpässe seien nie eine Frage der Logistik, sondern immer eine von politischen Entscheidungen gewesen, analysiert der Bericht. Tatsächlich sind die Lagerhallen in Ägypten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Gazastreifen bis zur Decke gefüllt. Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes berichten, dass man nur die israelische Genehmigung brauche, um die Hilfslieferungen über Nacht wieder hochfahren zu können.

Stattdessen erreicht die Menschen über die GHF zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben. „Gaza ist zu einem Experiment geworden, bei dem genau getestet wird, an welchem Punkt eine Strategie des kon­trollierten Aushungerns in eine unkontrollierbare Hungersnot umschlägt“, beschreibt der ICG-Bericht. Zweiteres Szenario, eine Hungersnot, gilt es für Israels Armee aufgrund des internationalen Aufschreis zu vermeiden.


Zur Feierstunde der Bundesregierung und der Stiftung des 20. Juli zum 81. Jahrestages des Attentats auf Adolf Hitler sprach auch Matthias Brandt, der Sohn der von Willy Brandt und seine Rede über den Widerstand seines Vaters und vieler anderer gegen das NS-Regime ist so lehrreich wie bewegend.

Ich hoffe, irgendwer in der SPD nimmt das ernst und stürzt die eigenen Opportunisten, bevor es zu spät ist.