Lieber unbekannter Internetausdrucker, liebe unbekannte Worddateiverschickerin!

Ihr surft hier so rum, ja das sehe ich, immer mal wieder, hoch und runter. Ihr landet auf Spiegel Online, Google, StudiVZ oder Werkenntwen. Das ist diese andere Welt. Ihr ahnt vielleicht, da gibt’s noch mehr. Aber das ist alles sehr unübersichtlich. Und da gibt’s Viren und Trojaner und böse Menschen und Kinderpornos. Deswegen lasst Ihr das, mit den Touren durchs Web. Ist doch auch alles Ok so. Bitte weitermachen.

Nur habt Ihr deswegen ein entscheidendes Detail nicht mitbekommen: Ich bin hier der Hausmeister! Ich passe auf, dass hier alles keine Ordnung hat. Und ich werde Motherfuckingsteufelswild wenn hier jemand reinkommt und meint, dieses chaotische Durcheinander müsse man ändern.

Nein, meine Lieben! Dieses Chaos ist mein natürlicher Lebensraum! Er ist so wichtig für mich, wie für Euch die Farbsortierung Eurer Socken! Nein, wichtiger! Es ist mein Lebenselexier. Denn erst das Ordnungslose ermöglicht es mir, meine Ordnung rigoroser durchzusetzen. Denn die einzige gültige, die einzig wahrhafte Ordnung, das ist meine! Und – das möchte ich schweren Herzens dazu sagen – auch Eure!

Ich sehe, Ihr versteht nicht. Ich will das an einem Beispiel klar machen: an Euch. Ich weiß, Ihr seid hier in diesem Land in der Mehrheit. Euer Wille ist Demokratie. Euer Verstand leider auch. Ich muss leider mit Euch leben. Aber das ging in letzter Zeit ganz gut, denn ich hab das Internet. Dort kann ich Leute, die dumm sind, sehr leicht ignorieren. Und deswegen liebe ich das Internet.

Im Internet gibt es alle Dinge, die es auch im Rest der Welt gibt. Sie liegen dort eigenschaftslos vor sich hin, ohne sich darin gegenseitig behindern zu können. (Zu können! Das ist wichtig! Nichts steht vor dem anderen!) Das was man mag, das beobachtet man dann. Das was nicht, das ignoriert man. Das ist der beste Filter der Welt. Denn er filtert alles so, wie man es sich wünscht. Du filterst mich, ich filter Dich, Du Hirnbratze! Und alles ist super.

Kommt nun aber einer von Euch auf die Idee, es bräuchte einen allgemeinen Filter, dann ist das das alles futsch! Dann funktioniert weder mein, noch Dein Filter. Dann gibt es kein Nebeneinander mehr. Dann wird unser Wille ersetzt durch Steinklötze, die uns auf den Füßen stehen. Zusammen, dicht an dicht! Mein Mundgeruch direkt in Eurer Nase!

Ich finde, Ihr solltet Euch bemühen, Eure Ordnung von mir fern zu halten, sonst werdet ihr Euch mit mir beschäftigen müssen. Und – schlimmer – ich werde mich mit Euch beschäftigen müssen. Ich hoffe, Ihr seht ein, dass das nicht gut sein kann – weder für Euch, noch für mich.

Und jetzt, entschuldigt mich.

Und verpisst Euch endlich von meiner Website!

Tatort 2.0

Gestern erst war es, dass ich auf dem Webmontag die Idee vorstellte einen Tatort zu schreiben. Eine Idee, die wiederum erst vorgestern Nacht unter manchem Alkoholeinfluss und direkter Tatorteinwirkung entstanden war. Denn das war so:

Man traf sich im Hobs&Barleys zum gucken des aktuellen Tatorts des RBB. Ein relativ runder und gelungener Tatort btw., hier aus der schönen Hauptstadt. Es war wohl die abfällige Bemerkung von Kommissar Ritter, „Jaja [irgendwas mit Vokszählung] und heute stellt man seine Schuhgröße ins Netz„, die die Idee befruchtete.

Jedenfalls verhält es sich mit Tatörgtlichkeiten doch gemeinhin so: Komissare ermitteln einen Fall der sich zufällig in einem Milieu abspielt, das nicht nur den Komissaren, sondern auch dem Zuschauer zwar bekannt ist, aber außer einer Hand voll Vorurteilen kaum Relevanz geniest. Mit der fortschreitenden Handlung tauchen die Komissare dann immer tiefer und tiefer in dieses Milieu ein, überwinden eigene Vorurteile und nutzen zur Lösung des Falls sogar oft explizit die Milieueigenen Besonderheiten.

Kurz: der Tatort des RBB schreit förmlich nach einer Webszenenfolge! Die ganzen Geeks und Nerds werden immer sowas von vollkommen falsch dargestellt, sobald sie irgendwo massenmedial inszeniert werden. Da ist Aufklärung von Nöten. Außerdem bin ich überzeugt, dass die Ermittlung innerhalb und mit und durch Web2.0 Tools eine ganz eigene Dramatik erzeugen kann.

Die Idee ist nun folgende. Die Community selber bringt sich hier ins Spiel und schreibt das Skript für den Tatort kollaborativ selber auf. Mit der Hilfe von erfahrenen Dramaturgen, versteht sich. Ich bin jedenfalls bereits dick in Gesprächen und versuche das Projekt mal voranzutreiben. Ich weiß gar nicht, ob ich dann der richtige wäre, das Ding zu leiten und wäre gern bereit das in erfahrenere Hände abzugeben, aber das wird man sehen.

Jedenfalls hier also der digitale Wegmarker für Kommentare, Diskussionen und etc.

Digital Natives

Aus irgendeinem Grund hat mein Artikel vor allem Reaktionen hervorgerufen, die sich auf das Generationending bezogen. Neben den dreieinhalb altersbedingten Eitelkeiten einzelner, die ich so im vorbeigehen verletzt hab (sorry dafür), war vor allem die Frage nach den „Digital Natives“ von vitalem Interesse.
Ich habe gekämpft, geflucht und geblutet in den Kommentaren und dennoch sehe ich es als Notwendig, hier nochmal gesondert dazu Stellung zu beziehen. Denn die Geschichte der Digital Natives, ist eine Geschichte voller Missverständnisse.

1. Die Digital Natives sind keine Nerds.
Ich glaube, das sollte der zentrale Pfeiler sein, den man sich – aus unserer Perspektive – in den Gedankenacker rammen sollte. Das heißt nicht, dass es nicht auch in dieser Generation Nerds geben wird. Nein, das schon, nur ist der Glaube weit verbreitet, wir – die Twitterer, Blogger, Netcitisens – seien sowas wie die Vorhut dieser sich entwickelnden digitalen Generation, wir würden ihnen die Boden bereiten und die Pfade vortrampeln. Nein, das sind wir nicht. Wir machen unseren eigenen Scheiß. Das was uns als Gut und Richtig vorkommt. Nur bedenken wir dabei nicht, dass es ganz andere Wertmaßstäbe sind, die wir dabei anlegen, denn

2. Die Digital Natives ticken anders.
Und eben nicht nur anders als wir Nerds, sondern anders als unsere ganze Generation. Sie sind mit Youtubeclips aufgewachsen, betrachten alles und jedes (pop-)kulturelle Phänomen aus einer unredigierten Totalen heraus. Es gibt für sie keine Genres, Richtungen und zugespitzte Lebensstile. Alles wird als einzelnes Item kontextlos für sich betrachtet und – sofern interessant -nur in die jeweils eigenen Kontexte importiert. Alles wird als großes nebeneinander wahrgenommen und unsere Einordnungen, unser Kanon, der kulkturgeschichtliche Überbau in denen wir die Dinge zu betrachten neigen, all das wird für sie keine Relevanz haben.

3. Die Digital natives werden dennoch normaler sein, als wir
Sie werden nicht mehr im Internet hängen als wir, jedenfalls kaum mehr als wir Nerds. Wahrscheinlich sogar weniger. Digital Natives heißt nicht, dass der Internetkonsum sich intensiviert. Nein, er wird nur selbstverständlicher. Denn wenn wir ehrlich sind: Wir sind doch immer noch erfasst von der Strahlkraft dieses Mediums. Wir erliegen noch allzu sehr der „weil ich es kann„-Evidenz unserer eignen Handlungen. Wir sind Bastler und Spielkinder, die die Möglichkeiten und Grenzen des tollen neuen Spielzeugs ausloten. Das werden Die DNs nicht mehr kennen. Sie werden weniger Dinge aus nur dem Grund tun, weil man es tun kann. Sie werden das Netz viel gezielter nutzen, pragmatischer. Im Grunde weniger nerdig.

4. Wir werden die Digital Natives nicht mögen.
Denn sie werden sich nicht interessieren für unseren Spielkram. Sie werden unsere Blogs nicht lesen und keinen Sinn entwickeln für gute Tweets. Unsere Diskurse, speziell der um Datenschutz, wird ihnen so fremd vorkommen, wie aus einer anderen Welt. Und es wird uns immer weniger gelingen sie mit virtuellen zukünftigen Personalchefs zu ängstigen. Sie stehen gerade voll auf Social Networks. Das ist nicht advanced. Das ist nicht vorne dabei. Das will man eigentlich gar nicht lesen. Aber es ist ihr Leben. Kein Aufsatz auf ihr Leben, kein neues Spielzeug. Nein, damit wird ganz real und ganz konkret die Freizeit, die Freund- und Liebschaften und die Hausaufgaben organisiert. Dort wird gestritten, gezofft, gemobbt, gequängelt, genörgelt, gedisst, gteflirtet und was man eben noch so tut. Dort wird Erwachsengeworden.

5. Und dennoch sind sie wichtiger als wir.
Denn sie werden eben nicht ein paar wenige abgesprengte Hanseln ihrer Kohorte sein, so wie wir es sind. Nein, sie werden eine vollständige Kohorte sein. Und wo sie hingehen, welche Dienste sie nutzen werden, dort wird das große Geld verdient. Wie immer so ein Dienst dann aussehen wird.

Ein paar so genannte Gedanken zu Internet, Kultur und Krams

Ich hätte mal wieder Lust nachzudenken. Das hab ich jetzt öfter mal getwittert, aber unter 140 Zeichen kommt man ja nie dazu. Dazu all der andere Kram. Twitterlesung, re:publica und all das andere Lametta. Da aber dennoch Anflüge von Gedanken hier und da mein Gehirn durchzuckten – trotz Sonne und Frühling! – (obwohl wieso trotz: ich mal wieder am Tisch, draußen, im Cafe und/oder Restaurant, jedenfalls das erste mal dieses Jahr und dann gleich so Gespräche. Ja Gespräche, sind es dann wohl, die Gedanken fliegen lassen. Vornehmlich mit älteren aber auch mit jüngeren über all das hier und so. Und da merkt man dann erst wie unselbstverständlich das eigene Leben und kulturelle Umfeld doch so ist, und wie viel Vermittlung noch nötig.- hach, ich hatte ja gar keine Ahnung.) Und dann fällt auf, dass ich doch eine Sprache finden wollte für all dies. Eine Sprache, die mir zunächst die Uni brachte und versaute gleichzeitig. Eine, die sich in einen elfenbeinernen Turm der selbst zugesprochenen „Relevanz“ beweihräuchtere und – ich gebe es zu – in verschiedenen Dingen überlegen ist, aber eben doch eine gewisse Privatspache bleibt. Eine, die ich nicht mehr will, die auch vor allem schlecht ist, für die Dinge, die ich denken will. Es braucht eben eine Neue Sprache und wenn es die nicht gibt, dann muss man sie erfinden. Eine, die trennscharf genug ist, um am Gedankenknochen herumzuschaben, aber assoziativ und intuitiv genug, wenigstens intelligenteren Zeitgenossen zugängliche Bilder produzieren zu lassen. Vor allem eine Sprache, die keine Arroganz gegenüber Bildungslücken hat, denn es geht heute nicht nur um ganz andere Lücken, sondern um die Lücke der Bildungslücke zum Wissen der Zukunft. „Hä?“ Fragt ihr. Abwarten.

Es ist schon so, dass man in meinem Alter heutzutage in einer Achsenzeit lebt. Ich schieß mal so aus der Hüfte: Wer zwischen 1975 bis 1985 geboren wurde, sitzt auf unterschiedlichste Weise zwischen den Stühlen. Wir sind noch jung genug, bereits in unserer Kindheit mit Computern in Berührung gekommen zu sein und die grundsätzliche Herangehensweise mit der Digitalität erlernen zu können. Und dennoch war der eigentliche Umbruch das Internet und der mit ihm hereinbrechende kulturelle Tsunami, den wir irgendwie mitgemacht haben, ihn teils mit initiierten aber immer noch ein franksteinsches Fremdeln gegenüber unserem eignen Monster verspüren. Wir ritten eben auf dieser Welle, und nannten es treffend „surfen“. Andere werden es schlicht „Leben“ nennen.

Es gibt diesen Gap zwischen Menschen wie uns und den so genannten „Digital Natives“. Doch noch größer ist der Gap zwischen all jenen vor uns und den Digitalgeborenen. Das aber macht es uns zur Verantwortung als Mittler zu fungieren. Wir kennen beide kulturelle Welten, kennen uns darin aus und wir spüren die Unterschiede. Die Aufgabe, die ich sehe, bringt es vor allem mit sich, die eine von der anderen Kultur zu scheiden und die Unterschiede aufzuzeigen. Wir sind es, die die Lobbyarbeit der Netzkultur besorgen müssen, bevor sich die Generation vor uns an ihr vergreift und die Generation nach uns nur noch echauffiert drüber twittern kann. Über VPN-Tunnel und Proxy-Gateways.

Wie ich darauf gekommen bin? Ach, ich hab mal wieder Plomlompom gelesen. Er, der weitaus näher an den besagten Digital Natives dran ist als ich, wofür ich ihn immer beneide, spürt dieser kulturellen Lücke gekonnt im Unterschied zwischen Simpsons und Familyguy nach. Ich finde das immer faszinierend, wie er trotz seiner Radikalität dennoch für solche feinen Unterschiede empfänglich ist und die „alte Welt“ zu deuten versteht. Ein wahrer Achsenzeiterianer, aber schon mit Binärblut in den Venen.

Eigentlich wollte ich etwas ganz anderes berichten, was aber immerhin auf ein Gespräch mit Plom zurückzuführen ist. Denn bei all den Metaphern, die für das netzkulturelle Leben gefunden werden können, hakt es ja immer an dieser mangelnden Zuspitzung. Das Netz, das ist das schwer verständliche, das Netz gibt es nämlich gar nicht. Es ein nebeneinander – nicht nur von vielem – sondern von allem. Und Nebeneinander heißt hier etwas anderes als man es sich bildlich vorstellt in der Welt der geometrischen Körper, die physischen Raum begrenzen. Im Netz ist alles mit allem benachbart, so absurd es sich anhört. Und deswegen ist das Netz eben nicht, nicht nur weil es so vielfältig ist wie nichts anderes, sondern weil ihm jegliche Eingrenzung, Zuspitzung und Metaebene fehlt, an dem man es festmachen könnte. Der wissenschaftliche Text über die Allegorie bei Flaubert mit „Two girls, one Cup„. Alles Nachbarn, niemand, der darüber steht. Niemand der Relevanz, Ort, Redaktion vorgibt.

Und deshalb – und so langsam nähern wir uns meinem eigentlichen Thema – bin ich nach Berlin gekommen. Berlin ist ein bisschen wie das Internet. Zugemüllt und demokratisch am Boden. Am Gesamtboden, könnte man sagen. Die Verwirklichung des allgemeinen Grundbodens. Natürlich ist es das nicht, aber vielleicht eher noch als andere Städte und in jedem Fall mehr als Hamburg. Und hinzukommt die schiere Größe. Und das interessante an Größe ist ja nicht nur die hohe Zahl, sondern ein kulturelles Phänomen, dass es seit dem Internet im catchigen Begriff „Long Tail“ gibt, dass aber älter ist und sich schon im viel älteren Begriff der „Urbanität“ niedergeschlagen hat.

Ich sag mal so: Wenn man sich für ein exotisches Thema interessiert und dort vor allem für ein Spezialgebiet. Wenn es dann aber nur ein von vielen Leuten nicht bemerkter Aspekt in dem Spezialgebiet ist. Und wenn dieser Aspekt ein Detail beinhaltet, dass nicht mal in der gängigen Literatur der einschlägigen Fachkreise erwähnt wird, dann gibt es in Berlin mindestens ein Theaterstück darüber.

Skaliert man die Anzahl der Menschen, so skaliert man eben auch die kleinsten Nischen zu… , ja zu? Genau: Märkten. Das hat in Großstädten schon immer gut funktioniert, in Berlin erst recht. Wahrscheinlich, weil Berlin ebenso wie das Internet der neue Westen ist. Ein Eldorado voller Gold und Scheiße. Oder nur Scheiße, die golden glänzt. Oder sowas. Jedenfalls zieht es die Leute an. Bestimmte Leute. Abenteurer und Freaks.

Aber man sieht schon hier in Berlin das Problem der realweltlichen Nachbarschaft. Trotz subkulturellem Ballungszentrum muss man für seine gestern erfundene Musikrichtung immer noch zwischen zwei Clubs in Prenzlauer Berg und Neukölln hin- und herwechseln. Fahrtzeit 45 Minuten! Ich möchte gar nicht wissen, wie das in Tokio so abgeht.

Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen ist das Netz nun mal einfach das bessere Berlin. Und deswegen habe ich meinen Lebensmittelpunkt auch lieber dorthin verlagert. Denn man stelle sie sich einfach mal vor: die unendliche Stadt. Sie kann wachsen ohne Platzprobleme und selbst wenn sie bereits 10 mal größer ist als Tokio, ist man dennoch nur einen Klick entfernt, von dem, was man noch zu entdecken gedachte.

Ich finde diese Zukunftsvision, die ja längst Realität ist, faszinierend und eigentlich sind die daraus abzuleitenden Forderungen niemals radikal genug. Vor allem was die Vermittlung angeht. Ich glaube fast gar nicht, dass ich in solcher Radikalität überhaupt befähigt bin nachzudenken, was das gefälligst für die Bildung zu heißen hat. Die Lücke zwischen Kompetenz und Bewertung sind aber sicher selten so sehr auseinander gegangen wie derzeit. Beispiel: Während die Kids in Dingen geprüft werden, die längst in der Wikipedia jederzeit mit dem Handy nachschlagbar sind, langweilen sie sich über Programmiersprachen wie „Turbo Pascal“ im „Informatikwahlfach“. Es ist natürlich ein strukturelles Problem, dass wir nicht die Lehrer haben, die die Kinder eigentlich brauchen würden. Aber nicht mal das scheint mir in den Institutionen begriffen worden zu sein. Geschweige denn der überquellenden Überflüssigkeit von „Institutionen“ an sich. Tja, wie auch?

Aber das betrifft natürlich den gesamten Bereich dessen, was wir Wissen nennen. Das betrifft die Form, die wir dem Wissen geben, wie wir es es ordnen oder eben nicht. Man wird da noch tiefergehende und damit meine ich philosophische Überlegungen anknüpfen müssen über Wissen und seine Form. So wie Foucault einst, aber weit darüber hinaus. Evident ist zum Beispiel, dass jegliches Kanonisieren von Wissen keine Zukunft haben kann (Die Lücke zur Wissenslücke). Dass Wissen die Form einer Oberflächenspannung annehmen wird, nivelliert und doch immer agil, aber sich zugleich T-1000desque zum personalisierten Datenmodell fügen wird – genau in der Gestalt wie wir es brauchen werden, solange wir die richtigen SQL-Statements an es richten.

Ach, über all das würd ich so gern nachdenken. Genauer, präziser, aber gleichzeitig auch schnodderiger, unterhaltsamer, persönlicher. ich geh dann mal weiter auf Twitter meine Sprache versauen!

NACHTRAG:

Nein, ich bilde mir nichts ein, über die sagenumwobene Generation der „Digital Natives“. Ich habe überhaupt gar keine Vorstellungen über sie, wie sie lebt, liebt, arbeitet und vor allem wie sie ihre Welt organisieren wird. Ich fände es auch unangemessen und arrogant mir das zurechtzulegen.

Ich weiß nicht, ob diese Generation einen Vorteil oder einen Nachteil an ihrer Spätgeburt tragen wird. Ich weiß nicht ob da bessere oder schlechtere Menschen hervorgehen werden, die mehr oder weniger Kriege führen werden. Ich weiß nur, dass sie unsere Welt, unsere Institutionen und Vorstellungen ablehnen werden. Dass es ein tiefes Missverständnis geben wird un zwar zurecht.

Ich glaube indes nicht, dass sie uns ähneln. Ich glaube nicht, dass die DN twittert oder bloggt, nicht mal, dass sie eines Tages Twittern oder Bloggen wird. Ich bin mir fast sicher, dass wir die Digital Natives nicht erkennen werden, wenn sie vor uns stehen. Und noch sicherer bin ich, dass wir sie nicht mögen werden.

Aber wir sollten dennoch nett zu Ihnen sein. Das hier ist ihr zu Hause.

re:publica 09 – ein später, verwirrter Nachklang

So. Ich bin so langsam wieder aufgewacht, in diesem komischen Nach-Re:publica-Loch. Es ist gar nicht mal so, dass man die ganze Zeit sein Leben darauf ausrichtet, jedenfalls nicht nur aus Vorfreude. Wenn man dann dafür auch noch Dinge vorbereiten muss, hat das alles doch einen ganz anderen Stellenwert (Auch wenn man das einer Twitterlesung nicht auf den ersten Blick ansieht, es ist eine ganze Menge Arbeit.)

Jedenfalls wacht man danach auf, aus so einem monothematischen Koma und schaut sich um, im Netz. Und da gibt’s dann ganz viel Genöle, nein, nicht über uns, wobei: auch, aber egal, sondern über das ganze Konzept so einer Konferenz. Von „Nabelbeschau“ ist dann die Rede, von „Selbstreferenzialität“ und es wird die Frage gestellt, warum die Leute denn nichts besseres zu tun hätten, wo doch die Welt so dolle im Arsch sei. Andere wischen Vorwürfe dieser Art mit einer gewissen Berechtigung in die Problemfelder der üblichen Berufsnöler ab. Ich hingegen kann das sogar bis zu einem gewissen Punkt verstehen. Zumindest, dass das eine oder andere radikalere Element auf so einer Konferenz nett gewesen wäre, vor allem wenn man sich in irgendeiner Weise als „Avantgarde“ begreifen will. Und wer von uns will das nicht? Eine solche „Avantgarde“, eine die weiter geht, die neue, vielleicht unperfekte Ideen, aber radikal neue Ideen des Zusammenlebens entwirft, die war sicher weniger vertreten. Und das trotz des enormen kreativen Potentials, das dort vertreten war, und natürlich ist das schade! Aber liegt das wirklich an der Konferenz? Hätten uns Fefe und F!xmbr an ihren Welt -rettungs- und/oder -neuordnungsplänen teilhaben lassen, wenn sie vor Ort gewesen wären? Wenn man sie brav gebeten hätte? Büddebüddebüddee! Hätten sie überhaupt welche gehabt? Oder Leute gekannt, die welche haben? Ich hab da so meine Zweifel.

Ich habe auch meine Zweifel, ob so eine Konferenz überhaupt der richtige Ort für sowas sein kann und ob wir Blogger, elektronische Quasselstrippen die wir nun mal sind, die richtigen Leute für sowas sind. Dass wir, diese schimpfende und geifernde Horde tatsächlich integerer, klüger und mutiger sind, als die Politiker da die draußen wirklich verantwortlich sind und ob es nicht ein wenig vermessen ist, solche Ansprüche an so eine Bloggerkonferenz überhaupt zu formulieren? Aber klar doch. Wünschen würde ich es mir schon. Und aufgehört zu hoffen, hab ich auch nicht.

Ich habe aber nicht das Gefühl, dass die re:publica, jedenfalls dieses Jahr 2009 im Stande gewesen wäre, solcherart Forderungen auch nur annähernd zu erfüllen. Ich würde mir das auch wünschen, ich wäre auch dabei, ich würde mir den Arsch dafür aufreißen, aber solange sowas nicht in Sicht ist, reicht es mir ein paar Tweets vorzulesen und ansonsten ein paar nette Nerds kennen zu lernen.

Und das hat ganz wunderbar geklappt. Danke!

Favotter Charts vom 31.03.09

Schaut mal nach, ob ich euch vergessen hab und tragt euch in den Comments nach. (Daten von ca. 10 Uhr)

UPDATE: Ich wunderte mich bereits. Aber @Sillium ist über diesen Link doch mit 292 vertreten. Hingegen mit der Suche hat er nur 83. Also wenn Favotter bei Euch ähnlich rumspackt, bitte mit besseren favotterLink in den Kommentaren nachtragen. Könnte sogar mit Groß und Kleinschreibung zu tun haben, wie es aussieht. (Kann ja keiner ahnen sowas)

  1. trottelbot    959
  2. frank93     906
  3. mspro        884
  4. saschalobo     662
  5. sixtus        535
  6. kathrinpassig    524
  7. stijlroyal    524
  8. 343max        490
  9. kosmar        365
  10. booldog        359
  11. PickiHH 336
  12. klauseck    326
  13. Sillium 292
  14. fragmente    290
  15. blogwart    284
  16. mathiasrichel    280
  17. kcpr         277
  18. denQuer        277
  19. moeffju        274
  20. Nico       273
  21. tristessedeluxe    266
  22. Zufall 264
  23. bjoerngrau    256
  24. kumullus    235
  25. jkleske       233
  26. DonDahlmann    222
  27. ghostdog19    208
  28. plomlompom    208
  29. stburnster    194
  30. furukama    193
  31. spreeblick     193
  32. isabo_        190
  33. riot36        167
  34. HappySchnitzel    164
  35. ankegroener    161
  36. holadiho    160
  37. paulinepauline
  38. hightatras    154
  39. e_Leni       150
  40. sebaso        150
  41. vergraemer    149
  42. Ibo        146
  43. ohitsplastic 141
  44. kaltmamsell    140
  45. svensonsan    140
  46. tknuewer    138
  47. bosch        137
  48. netzpolitik    136
  49. cemb        133
  50. maltewelding    129
  51. phogenkamp    129

Twitterlesung und Whyidonttweet

Noch eben schnell vorm Wochenende ein paar Dinge launchen bzw. ankündigen.

Wie nicht ganz uninformierte Gerüchte bereits aus allen Ecken raunten, wird es wieder eine Twitterlesung geben. Und zwar zur re:publica 09. Das wichtigste ist, dass dort nicht nur re:publica- Teilnemer teilnehmen können, sondern auch Twitterlesungsonly-Teilnehmer. Wir öffnen spätestens ab 21 Uhr die Schlagbäume für alle, die dem Spektakel beiwohnen möchten. Desweiteren wäre auf die Illustere Runde hinzuweisen, die sich dann auf der Bühne tummeln wird.

Aber lest selbst.

Das andere ist ein Projekt, dass Max Winde und ich uns bei einem knapp Xten Bier ausgedacht haben. Denn wir haben nichts gegen Twitterhasser. Im Gegenteil! Wir haben etwas für sie!

Denn wir finden es völlig Okay, wenn man Twitter hasst. (Bisweilen hardere ich ja auch selber damit.) Und man kann Twitter ja auch vollkommen ablehnen. Man kann sogar, immer wenn irgendjemand etwas über Twitter in sein Blog schreibt, rumnölen, was für ein dämlicher Scheiß das doch ist. Wie überflüssig und banal! Und fragen, wen denn der ganze Stuß überhaupt interessiere, der dort abgesondert würde. Und nicht nur in aller Ausführlichkeit argumentativ darlegen, warum Twitter Schwachsinn ist, sondern mit mathematischer Präzision nachweisen, dass es Schwachsinn sein muss. Und dass alle, ausnahmslos alle Twitterer einem Betrüger aufgesessen seien, einem Kaiser ohne Kleider, der nur bewundert wird, weil der Hype die dummen Massen blendet.

Ja. All das kann man sagen. Und ich find das Okay. Denn dafür gibt es jetzt eine extra Plattform: www.whyidonttweet.com

Das Ende von Twitter

Damals, vor einem knappen Jahr, am 14 April 2008, lud mich Cem Basmann ein, ein paar Fragen zu Twitter zu beantworten. Als ich fertig mit den Antworten war, hatte ich ein unbefriedigtes Gefühl in der Magengegend. Ich hatte noch nicht alles gesagt, was mir auf der Zunge brannte. Also fügte ich eine eigene Frage hinzu und beantwortete sie:

Zugefügt: Was stört dich an Twitter?

Dass öffentlich einsehbar ist, wem ich followe. Da gibt es schon ab und an Eifersüchteleien und einen Rechtfertigungsdruck, den ich nicht sehr schön finde. Viele nehmen das persönlich wenn man sie entfolllowt, was ich auch verstehen kann. Geht mir auch so, wenn ich entfollowt werde, von Leuten, die ich mag. Aber im Grunde ist das Schwachsinn, denn es hat viel weniger mit Sympathien zu tun, als der reinen Aufmerksamkeitsgrenze. Ich twittere halt gerne und viel, manchen eben zu viel. Da muss ich mit leben, dass das sich das einige nicht antun wollen. Andere scheinen aber größere Probleme damit zu haben und können damit nicht umgehen. Deswegen bin ich dafür, nicht mehr anzuzeigen, wer wem followt.

(Überhaupt geht mir das ganze Followergewichse mittlerweile ziemlich auf Nerven. vielleicht sollte man die Zahl auch nicht anzeigen)

Ich glaube, das war lange vor den Twittercharts. Und das war sehr lange bevor es einen Medienhype gab. Ich wusste damals nicht, was das oben beschriebene Problem für Folgen zeitigen würde. Heute kann man es aber recht gut beobachten.

Zusammengefasst: niemand hört irgendwem noch zu. Jedenfalls tendentiell.

Ich habe jetzt schon mit vielen gesprochen, die 1000 und mehr Leuten folgen. Fast alle geben umwunden zu, dass sie gar nicht mehr reinschauen, in ihre Timeline.
Ein neuer Trend macht sich breit. Ein harter Kern von 20 Twitterern wird per RSS abonniert. Andere behelfen sich mit einem follow-only-Account. Manchen ist eigentlich alles egal und sie „senden“ nur noch. Das Followingprinzip auf Twitter wurde in weiten Kreisen also komplett ad absurdum geführt. In den Twittercharts befinden sich nur noch wenige Leute, deren Followings man irgendwie noch ernst nehmen kann.

Ich selbst beobachte, dass sich meine Followerzahl seit dem Interview zwar fast vervierfacht hat, meine Reichweite sich aber in dieser zeit nicht mal verdoppelt hat. (Was man an den Klicks sehen kann, die ein Hinweis auf einen Blogartikel oder so bringt.) Klar, da sind sicher auch viele Karteileichen unter meinen Folgern. Aber ich glaube ziemlich sicher, es hat damit zu tun, dass viele meiner Follower gar nicht mehr lesen, sondern nur noch schreiben.

Und es ist ja auch Einträglich. Es ist zum Sport geworden, wahllos durch die Accounts zu streifen und rumzufollowen. Wer nicht innerhalb der nächsten 10 Minuten zurückfolgt, wird wieder entfollowt. So kann man seinen Account schnell aufpimpen.

Und natürlich bleibt einem ein Follower auch einfach treuer, wenn man ihn brav zurückfolgt. Ich kann auch verstehen, dass manche aus purer Angst wieder entfolgt zu werden, niemanden entfollown wollen. Oder sich gezwungen sehen, zurückzufolgen. Ich weiß nicht, wie oft ich mich fragen lassen musste: „Warum folgst du mir denn nicht/nicht mehr?“

Das alles ist zum Massenphänomen geworden. Jeder versucht sich so hoch wie möglich zu pimpen. Ich hab mich vor kurzem über den ganzen Kram wirklich aufgeregt. Aber natürlich hat das alles keinen Sinn. Auch weil ich mich auch nicht völlig davon ausnehmen will. Natürlich ist es mir nicht egal, wie viele Follower ich habe und ich bin in den Twittercharts auch bald nicht mehr vertreten, was irgendwie schmerzt. Dieser Eitelkeitskatalysator ist bereits im Medium integriert und das ist ein strukturelles Problem.

Ich glaube, es ist unumgänglich. Twitter wird daran zugrunde gehen, früher oder später. Es gibt derzeit eine riesige „Sendeblase„. Ähnlich wie die Kreditblase ist sie aufgrund eines Vorurteils entstanden. So wie die Banken glaubten, die steigenden Hauspreise würden die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden erhöhen, glauben die Twitterer, dass ihnen bei steigenden Followerzahlen immer mehr Menschen zuhören würden. Sie glauben an die Zahl der Follower und sie verwechseln das mit Reichweite. Wohlwissend, dass sie selber ja eigentlich niemandem mehr zuhören. Sie müssten es eigentlich wissen, dass Twitter längst angefangen hat, sich von einem Kommunikationsmedium zu einer Statustuningwerkstatt zu entwickeln. Aber wenn sie es merken, stürzt die ganze Awarenessblase in sich zusammen.

Ich weiß nicht, was nach Twitter kommen wird. Das Prinzip der Shortmessage wird sich vermutlich weiterentwickeln, denn ich halte es für erfolgreich. Auch das Followingprinzip ist im Kern durchaus zukunftsträchtig. Aber ein potenzieller Nachfolger sollte darauf achten, die Eitelkeit der Leute nicht so sehr zu bedienen, wie es Twitter getan hat. Sonst wird auch dieser Dienst am Allzumenschlichen ersticken.

Warum jetzt hier?

Man kann ja gar nicht oft genug umziehen. Sinnkrise, Unwohlsein oder zusammengefasst: kreative Behäbigkeit.

Aber diesmal ist es anders! Ich schwöre!

1. Google

Ich habe mich immer recht wohl gefühlt bei Blogspot.com/Blogger.com. Das System war immer ein bisschen veraltet und hier und da unnötig kompliziert. Aber wohlgefühlt habe mich trotzdem. Anonym und unbehelligt. Dazu all die Dinge, um die man sich mit einem Blogprovider statt Hoster eben nicht rumschlagen muss.
Und Google machte den Eindruck eines Felsens in der Brandung. Ich hatte zeitweise sogar geglaubt, dass Google seine Markt- und damit auch allgemeine Macht immer im Sinne der Freiheit einsetzen würde. Ich weiß. Das war naiv.
Das hat sich ja nun auch geändert. Google löscht auf Zuruf Blogartikel oder gleich ganze Blogs. Ganz ohne mit den Betreibern überhaupt zu sprechen. Als ich davon hörte, war mir sofort klar, dass das zwichen uns, mir und blogger.com, das Ende sein würde.

2. Anonymität

Ich habe bisher anonym gebloggt. Ich war sicher vor der Verfolgung von Rechtsanwaltspraktikanten oder automatisierter Monitoringsoftware mit Abmahnsplugin. Wenn es nun aber jemand wirklich wissen wollte, konnte er meine Identität mit vertretbarem Aufwand und etwas Onlinerschläue herausfinden. Das fand ich fair, denn wenn ich wirklich mal zu weit gegangen sein sollte, würde es mich eben doch erwischen.
Jahre lang bloggte ich also so anonym vor mich hin und natürlich genoss ich auch die dadurch gegebene Redefreiheit. Man geht weiter, weiter in Richtung eigener Emotionen und Anschauungen, wenn man anonym schreibt. Das viel befriedigender und auch die Leser haben dadurch einen authentischeren Autor.

Aber irgendwann – wenn man lange genug dabei ist und der Enthusiasmus Geltungsdrang noch nicht abgeflaut ist – kommt man an einen Punkt, an dem man anonym nicht mehr weiter kommt. Man quasi an eine Decke stößt. Diese Decke wird durch die klassischen Medien definiert. Die lassen einen „mspro“ eben einfach nicht durch. Sie ignorieren ihn schlicht. Und so kann beispielsweise NDR-Kultur wider besseren Wissens das gesamte Twitkrit-Projekt einzig und alleine Bosch zuschreiben, weil er als einziger mit Realname im Impressum stand. (Ja, natürlich bin ich neidisch, eifersüchtig und so. Aber ich möchte betonen, dass Bosch da nichts für kann und das hier geht definitiv nicht gegen ihn.)

An dieser Decke habe ich mir jedenfalls bereits mehrmals den Kopf gestoßen und irgendwann muss man einfach einsehen, dass Netzidentitäten den Normalkonsumenten noch nicht zu vermitteln sind.

Also: Sehet her! Mein Kohlenstoffweltname ist Michael Seemann!

Hier wird nicht grundsätzlich was anderes stehen, als sonst (also meistens gar nix) aber jetzt eben unter dieser eigenen Domain. Und irgendwie bin ich ein bisschen stolz drauf. Also, liebe Leute, es gilt mal wieder: Aktualisiert Eure Feedreader, frischt Eure Blogrolls auf!

Es geht jetzt weiter auf: mspr0.de