Krasse Links No 7.

Willkommen bei Krasse Links No 7. Sag mal besser alle Deine Termine ab, denn diese Woche geht es um Schmerz, Identität und moralische Klarheit. Es wird sehr unangenehm und wenn Du Dich gerade nicht danach fühlst, leg den Newsletter besser weg und komm vielleicht später wieder.


Anfang der Woche sorgte das photogeshopte Foto von Kate Middelton für einen selten gewordenen Moment, bei dem die über viele Netzwerke verstreute digitale Öffentlichkeit wieder einen Main Character bekam.

Charly Warzel hat im Atlantic den besten Take dazu:

„The royal-photo debacle is merely a microcosm of our current moment, where trust in both governing institutions and gatekeeping organizations such as the mainstream press is low.“

Im Anschluss an den letzten Newsletter setze ich einen drauf und sage: die Realität ist broken. Es sind nicht nur die Institutionen, denen wir misstrauen, sondern alle unsere Streams sind suspekt geworden. Unsere digitale Umwelt wirkt zunehmend feindlich. Fake, KI, Propaganda, Photoshop, Bots, Sockenpuppe, Spam, Scam, Phishing, Desinformation, FUD, Einflussoperation, Verschwörungstheorie … – das 21. Jahrhundert kennt 141 Worte für Schnee, Tendenz steigend. Das Zeitalter des Rauschens beginnt nicht deswegen, weil wir plötzlich besser Bilder fälschen können, sondern, weil kein Unterschied mehr einen Unterschied macht, so dass wir kollektiv den Glauben an das Signal verlieren.


In einem Kommentar zu dem letzten Newsletter callte Sascha Lobo meinen „Kulturpessismus“ out und ich denke, das ist fair?

Seit ich in das Internet reinschreibe, habe ich mich immer als Technikoptimist verstanden und die Art, wie sich das geändert hat, ist es wert, einmal aufgeschrieben zu werden.

Die Macht der Plattformen hat einiges von dem, was gerade passiert, als Möglichkeit vorgedacht. Das Buch basiert auf der Erkenntnis, dass Plattformen in erster Linie Infrastrukturen der Macht sind. Ihr Agieren ist grundlegend kolonialistisch und sie streben daher sowohl nach konsolidierter Souveränität wie nach technischer, zunehmend auch nach kultureller und stellenweise sogar nach politischer Hegemonie. Im Buch theoretisiere ich sogar recht überzeugend, wie das alles für uns nur schief gehen kann, lange bevor „Enshittification“ ein geflügeltes Wort wurde.

Und dennoch war das Buch noch awkwardly grenz-optimistisch geschrieben?

Solange die Ereignisse innerhalb der Parameter des Gewohnten bleiben, sieht man keinen Grund den eingespielten Erwartungen zu misstrauen – manchmal wider besseren Wissens. Bis dann doch etwas passiert und man merkt, dass echte Erkenntnis nur über Schmerz zu haben ist. Erst wenn auf den intellektuellen auch der emotionale Erkenntnisschritt folgt, ist tiefgreifende Veränderung möglich.

Elon Musks Umwandlung von Twitter zur Kulturkriegswaffe zwang mich, meine intellektuellen Gespinste als bittere Realität zu durchleben und ich muss sagen, die emotionale Dimension verschiebt die Perspektive noch mal enorm. Würde ich die Macht der Plattformen heute schreiben, würde ich inhaltlich wahrscheinlich gar nicht so viel verändern, aber es bekäme definitiv einen anderen Sound.

Technikoptimismus ist jedoch nicht nur eine Haltung, sondern zumindest bei mir auch eine diskursive Identität (und ein Businessmodell?) und wenn man so lange mit einer Identität unterwegs war, ist es schwer sie aufzugeben; insbesondere, wenn man für sich noch keine Alternativhaltung gefunden hat.

Ich bin noch nicht fertig mit der Suche, aber ein wertvoller Anstoß war dieser Videoessay von Lewis Waller über die deutsche Romantik und ihren Impact auf das westliche Denken. Die Romantik entwickelte sich zwar in Opposition zum Fortschrittsdenken, war aber bei genauerer Betrachtung nicht fortschrittsfeindlich oder gar antiaufklärerisch. Sie ließ den Fortschrittsdiskurs allerdings durch einige dialektische Loops hüpfen, um ihn wieder an menschliche Erfahrungsdimensionen zurückzubinden.

Ich weiß ja auch noch nicht, wo mich das alles noch hinführt, aber auf eine ähnliche Weise versuche ich in diesem Newsletter eine emotionale Aufrichtigkeit in mein Denken über Technologie zu bringen und ich schätze, eines der Ziele dabei ist, die abstrakten und gesichtslosen Wirkzusammenhänge der digitalen Transformation wieder dem moralischen Empfinden zugänglich zu machen. Und wenn dabei Kulturpessimismus rausfällt, dann hoffentlich immerhin ein politischer?


Als ich neulich über diesen Skeet stolperte, machte er mich sofort nachdenklich und ich musste mir eingestehen: ja, auch mich hat die Covidzeit emotional beschädigt.

Ich glaube, es war um den Jahreswechsel 20/21, als die Deltawelle fast 80.000 Menschen in Deutschland das Leben kostete, weil Politiker*innen von der Wirtschaftslobby gedrängt wurden, Eindämmungsmaßnahmen monatelang zu verzögern. Da ging viel in mir kaputt, was bis heute nicht wieder heile ist, aber die Wut hat auch etwas in Gang gesetzt.

Ich schätze, wenn man einmal an dem Punkt gekommen ist, strukturelle Gewalt mit einer ähnlichen Empörung zu koppeln, wie direkte Gewalt, findet man aus der Wut nicht mehr raus. Jedenfalls kann ich mich seitdem nicht mehr nicht aufregen, wenn Systeme horrende Gewalt produzieren und alle so tun, als wäre das das Normalste der Welt.


Jonathon Porritts Warnung, dass der Mainstream-Klimakonsens zum neuen „Denialism“ zu werden droht, hat mich auf dem falschen Fuß erwischt.

Wahrscheinlich habt ihr es auch schon mitbekommen, dass die Klimwakatastrophe viel schneller und intensiver von statten geht, als die Prognosen es vorhergesehen haben. El Niño spielt eine Rolle, klar, aber eine wachsende Menge an Klimawissenschaftler*innen ist gerade extrem besorgt und fühlt sich zunehmend entfremdet vom Mainstream-Klimadiskurs.

So grob hatte ich die Grundprinzipien des Klimawandels in den 1990ern begriffen, aber erst als sie ab Mitte der 2010er Jahre für mich tatsächlich spürbar wurden, traf mich die emotionale Wucht der Erkenntnis, vor allem in Form der Trauer über den Verlust des Ökosystems meiner Jugend. Klimadepression is a thing.

Ich denke in diesem Zusammenhang aber über Depression nicht als Pathologie nach, sondern als einen notwendigen aber schmerzhaften Umbauprozess am persönlichen World Model. Die jungen Menschen, die sich auf die Straße kleben, wollen sich damit nicht wichtig machen, sondern haben die existentielle Bedrohung auf einer emotionalen Ebene durchdrungen, vor der sich die meisten noch verschließen.

Wer mir jetzt vorwirft, Depression zu verharmlosen, dem entgegne ich, dass die Alternative dazu der eigentliche dunkle Pfad ist: Verdrängung. Immer neue Erklärungen, Beschwichtigungen, selektive Wahrnehmung, alternative Narrative zu mentalen Burgen aufrüsten und innerlich die Eisentore runter lassen. Intellektuell wie emotional. Ein Großteil des Verschwörungsglaubens ist hier zu hause, aber eben nicht nur.

Dieselbe Weggabelung von Depression und Verdrängung spaltet laut Jonathon Porritt nun den Mainstream-Klima-Diskurs und auch er merkt, dass er sich identitär distanzieren muss, um sich seine moralische Klarheit zu bewahren:

„And there goes my reputation as a “glass half-full sort of a guy”! I will, from herein on, be badged as a full-on “doomist”, a “prophet of apocalyptic despair”, an anarchist/communist/subversive seeking “to bring down capitalism” by “existentializing” (I kid you not!) the “perfectly manageable threat of climate change”. Guilty as charged.“

Ich fühle das sehr, aber bin noch nicht bereit für eine neue Klimadepression.


Tadzio Müller fordert uns auf, uns intellektuell und moralisch auf eine Zeit der Gewalt einzustellen. Als ich im ersten Newsletter andere Newsletter empfahl, vergas ich auf seine Friedliche Sabotage hinzuweisen. Tadzio ist Klimaaktivist und schreibt viel über Strategie, Klimadepression und vor allem Klimaverdrängung, bettet das ganze aber auch immer schlau in größere gesellschaftliche Kontexte ein. Ich teile z.B. seine These der Verdrängungsgesellschaft und dass sie ein wichtiger Motor im aktuellen Rechtsruck ist.

In diesem Post erweitert er den Horizont nochmal und stellt die Verdrängungsgesellschaft in den Kontext der Polykrise und die Polykrise in den Kontext des sich ankündigenden Endes der US-Hegemomnie und kommt zu dem nachvollziehbaren Schluss, dass die Zeiten nicht ruhiger werden. Tadzio will das aber nicht nur negativ sehen.

Wenn also Veränderung nicht ohne Konflikt und Polarisierung möglich ist, vielleicht könnt Ihr Euch, wissend, dass es Veränderung braucht, zu diesen Dynamiken weniger ablehnend, etwas positiver verhalten. Denn ich sage Euch: Konflikt, Polarisierung, ja, auch Gewalt, wird in Euren Leben schon sehr bald eine viel größere Rolle spielen, als Ihr gewohnt seid. Darauf solltet Ihr vorbereitet sein. Wenn schon nicht physisch – dann doch wenigsten intellektuell und moralisch.

Intellektuell habe ich mich schon vor vielen Jahren von den naiven Varianten des Pazifismus verabschiedet. Gewalt ist nicht etwas, aus dem man einfach ausopten kann, bzw. ja, doch kann man schon irgendwie und dann landet man halt in der Welt, in der wir jetzt leben. Die Gewalt kriecht dann durch die Hintertür wieder ein und malträtiert uns via Rechtsruck, Mietenwahnsinn, Proxykriege, Klimakatastrophe, SUVs, Privatverschuldung, Enshittyfication, Medienoligarchien und generatives Internetrauschen.

Da mich strukturelle Gewalt mittlerweile fast ebenso ankotzt wie direkte Gewalt fühle ich mich kind of moralisch gewappnet, aber ich denke, es ist safe davon auszugehen, dass hier der emotionale Erkenntnisschritt weitaus drastischer sein wird, als ich mir gerade vorstellen kann.



Natalie Wynn hat endlich mal wieder ein neues Video veröffentlicht und es täuscht vor, eine Apologie der Twilight-Saga zu sein, ist aber in Wirklichkeit eine Tiefenbohrung in das komplizierte Verhältnis von Sex und Gewalt. Damit ist nicht sexuelle Gewalt gemeint, auch wenn sie natürlich angesprochen wird, sondern es geht um eine psychoanalytische und kulturanthropolische Bestandsaufnahme der Struktur des Begehrens. Der Zweistunden-Essay zeigt unter anderem überraschende Verbindungen von „Schundliteratur“ und kulturellen Urerzählungen von Bibel bis Gilgamesch und versteigt sich in philosophische Betrachtungen über Leben und Tod, Gut und Böse. Wynn besteht darauf, dass erotische Erzählungen nicht als Vorbild für gelungene Beziehungen fungieren, sondern als narrative Erlaubnisstrukturen, anhand derer wir uns in Situationen imaginieren können, die uns gleichzeitig moralisch abstoßen, aber auch anturnen.

Ich hatte beim Schauen die ganze Zeit Angst, dass mir das Video unangenehm würde, aber das stellte sich nicht ein und hinterher fühlt ich mich sogar leichter als vorher. Vielleicht liegt das daran, dass in diesem Fall die intellektuelle Erkenntnis der emotionalen folgt? Bin gespannt, was das mit mir noch macht.


Am schwersten tat ich mich mit diesem Text des indischen Denkers Pankaj Mishra, „The Shoah after Gaza“, der seinen Finger ohne große Rechtfertigsgeste direkt in den Schmerzpunkt europäischer und vor allem deutscher Erinnerungskultur steckt und darin ungeniert herumpopelt. Im Grunde entfaltet er eine gut informierte Variante der Global South-Perspektive auf den Gaza-Krieg und eben auch auf die Shoah, die in Indien oder Südamerika einfach nicht dieselbe Semantik besitzt, wie bei uns. Mir ist nicht aufgefallen, dass er dabei in antisemitische Fallen tappt, und dennoch war ich geschockt, wie leichthändig er die politische Rezeptionsgeschichte der Shoah in den USA, Europa und Israel entfaltet und dabei die Idiosynkrasien, den Opportunismus und die kaltherzige Instrumentalisierung nicht auslässt. Natürlich wäre es absolut naiv zu glauben, dass ausgerechnet die Shoah, anders als alle anderen historischen Ereignisse, über den politischen Dingen steht, doch schon der Hinweis darauf lässt mich erschaudern. Aber ich verstehe auch, das das eine europäische, genauer: eine deutsche Perspektive ist.

Nichts von dem, was Mishra schreibt, relativiert den Holocaust, aber es verschiebt seine moralische Bedeutung für die Ereignisse von heute.

„Many of the protesters who fill the streets of their cities week after week have no immediate relation to the European past of the Shoah. They judge Israel by its actions in Gaza rather than its Shoah-sanctified demand for total and permanent security. Whether or not they know about the Shoah, they reject the crude social-Darwinist lesson Israel draws from it – the survival of one group of people at the expense of another. They are motivated by the simple wish to uphold the ideals that seemed so universally desirable after 1945: respect for freedom, tolerance for the otherness of beliefs and ways of life; solidarity with human suffering; and a sense of moral responsibility for the weak and persecuted. These men and women know that if there is any bumper sticker lesson to be drawn from the Shoah, it is ‘Never Again for Anyone’: the slogan of the brave young activists of Jewish Voice for Peace.“

Ich habe beim lesen aber auch gemerkt, dass ich immer noch nicht das postkoloniale Argument kaufe, dass die Shoah nur eine Weiterschreibung kolonialistischer Gewalt sei. Natürlich gibt es mit der „White Supremacy“ gemeinsame Vorfahren, doch ohne die Idee des Volkskörpers und der Notwendigkeit der Erhaltung oder Wiederherstellung seiner „Reinheit“, sowie die Besonderheit des Antisemitismus, der anders als andere Rassismen neben der Abwertung auch eine Angstkomponente kennt (Stichwort jüdische Weltverschwörung), scheint mir eine Analyse der Shoah nicht sinnvoll.

Davon abgesehen hat mir der Text sehr geholfen, von meiner europäischen Perspektive etwas weiter zu abstrahieren und zu verstehen, wie man von der Restwelt auf Gaza blickt. Der Text arbeitet noch in mir.


Der Youtuber Shaun hat in diesem Video seinen Erkenntnisprozess aufgearbeitet, der zu zu seiner Haltung im Nahostkonflikt geführt hat. Seine Haltung ist alleine schon dadurch deutlich gekennzeichnet, dass er sein Video nicht „Israel“, oder „Israel and Palistine“, sondern schlicht „Palistine“ genannt hat. Und, ja, sorry, ich bin diese Woche in ein Video-Essay-Rabbit-Hole gefallen.

Shaun macht viele gute Punkte, aber ich will zwei herausgreifen:

Erstens stellt er gleich zu Anfang fest, dass es zur Bewertung der aktuellen Lage in Gaza völlig unerheblich ist, wie viel Du zu dem Konflikt gelesen hast, auf welcher Seite Du stehst, was Deine Haltung zu Israel ist, welche Ereignisse vorher stattgefunden haben und wie Du sie bewertest. Wenn zigtausende unschuldige Zivilist*innen getötet werden – die meisten davon Frauen und Kinder – ist das falsch. Punkt. Nichts, absolut gar nichts, rechtfertigt diese Verbrechen. (Weil man das in Deutschland anscheinend dazusagen muss: wer die Kinder in Gaza mit ihren im Bombenfeuer umgekommenen Nazigroßeltern gleichsetzt, wird sofort geblockt.)

Ich stelle mir den schmerzhaftesten Teil der Depression wie ein Abnutzungskrieg gegen das eigene Ego vor, das sich in einem Gestrüpp aus Identitäten verschanzt hat. Erst wenn das Ego so weit zurückgebombt ist, dass ihm interne und externe Zuschreibungen egal geworden sind, entsteht wieder Raum für unverstelltes moralischen Empfinden. Dann wird plötzlich vieles ganz einfach, was sich vorher als kompliziert tarnte.

Als Zweites nehme ich die philosophische Erzählung „The Ones Who Walk Away from Omelas“ mit. Die Geschichte von Ursula K. Le Guin spielt im fiktiven Ort Omelas, der in jeder Hinsicht als Paradies gelten kann. Allen geht es gut, alle sind gut drauf und das Leben ist eine einzige Party. Erst spät finden wir heraus, dass dieses Wunder darauf basiert, dass alles Leid auf einen einzelnen, kleinen Jungen abgeleitet wird, der allein und vernachlässigt im Kerker unter der Stadt gehalten wird. Alle wissen von dem Jungen, aber sein Leid wird verdrängt, weil das eigene Glück davon abhängt.

Doch einige beginnen, Omelas zu verlassen. Es sind nicht viele. Aber es werden mehr.

Ich mag diese Metapher sehr, weil sie die soziale Dimension des Moments einer moralischen Klarheit so auf den Punkt bringt: Es ist eine Art emotionale Immigration, ein Abschied von eigentlich liebgewordenen Menschen und von einem vertrauten, schönen Ort, der aufgehört hat, schön zu sein, seit man auch emotional durchdrungen hat, wie er funktioniert.

Wir leben alle in Omelas, genauer: in vielen Omelas‘ und sie zu verlassen ist fucking schwer. Ich zum Beispiel esse immer noch Fleisch (lass mich!). Gerade deswegen sollten wir es feiern, wenn es einigen von uns gelingt, das eine oder andere Omelas zu verlassen und wir sollten nachsichtig mit denen sein, die diesen Schritt noch vor sich haben.


Doch wohin soll man gehen? Das ist die Frage, die sich Elliot Sang in seinem – sorry again – Videoessay „Nowhere to Go: The Loss of Third Places“ stellt. Dritte Orte sind Räume, die neben dem Zuhause (erster Ort) und dem Arbeitsplatz (zweiter Ort) eine Form von kollektiver Heimat schaffen. Cafeehäuser, Stammkneipen, Vereinsheime und Jugendzentren sind solche Orte … bzw. waren solche Orte, bis die Gentrifizierung sie im großen Maßstab ausradiert hat.

Der Verlust der dritten Orte hat enorme Effekte auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt und auf die Fähigkeit der Menschen, sich politisch zu organisieren. Aber am schlimmsten trifft es die Jugend. Die ausufernden Depressionen bei Jugendlichen werden oft mit Social Media in Beziehung gebracht, aber Sang zeigt, dass beides, sowohl excessive Social Media Nutzung, als auch Depression downstream vom Verlust der dritten Orte ist. Der Zynismus, den jungen Menschen erst ihre Räume zu nehmen und sie dann selbst für ihre Einsamkeit verantwortlich zu machen und im zweiten Schritt das Smartphone zu verbieten oder Tiktok zu sperren, macht mich einfach nur noch sprachlos.


Als ich mich in den letzten Monaten manchmal verloren fühlte, habe ich Zuflucht in den Serien meiner Jugend gesucht. Jerry Seinfelds Wohnung, das Central Perk Cafe bei Friends und die „Cheers“-Kneipe wurden zu meinen parasozialen dritten Orten, die mich mit der Vertrautheit der immer gleichen Gesichter, aber auch mit der Heimeligkeit ihrer 20. Jahrhundert-Semantik lockten.

Die letzte Serie in meiner Nostalgigkreihe war „The Indiana Jones Chronicles“, in der ein junger Indy durch die Anfänge des 20. Jahrunderts tapst und dabei in ein Weltereignis nach dem anderen stolpert, natürlich nicht ohne alle wichtigen Persönlichkeiten der Epoche kennenzulernen. Von Teddy Roosevelt zu Kafka, von Lawrence of Arabia zu Piccasso bis hin zu Charles de Gaulle und den Suffragetten kreuzen alle seinen Weg und in mir bildete sich eine Art Metafaszination, dass sich hier das 20. Jahrundert aus der Perspektive seines Endes selbst erzählt.

In der vorletzten Folge – Indy hat bereits im ersten Weltkrieg gekämpft (witziges Detail, dass die Spanische Grippe komplett ausgelassen wurde?) – lebt er in den wilden 20er Jahren in New York und hat drei Freundinnen gleichzeitig. Eine von ihnen, die Poetin Kate Rivers (ein ausgedachter Charakter), versucht ihn in einem Partygespräch davon zu überzeugen, dass jedes Jahrhundert einen eigenen Rhythmus hat und dass Poesie die Aufgabe habe, diesen einzufangen. So wie man die elisabethanische Kultur in der Poesie Shakespeares heraushören könne, kommen sie gemeinsam zu dem Schluss, dass sich das 20. Jahrhundert als „Automobile Age“ definiere und sein Rhythmus daher „throbbing, driving“ sein müsse.

Eine These die ich mag, aber von der ich nicht sicher bin, ob ich sie irgendwo abgekupfert habe, besagt dass ein Jahrhundert als kohärent empfundene, kulturelle Einheit erst ein transformatives, kollektives Erlebnis braucht, in dem die technischen und sozialen Veränderungen auch emotional eingepreist werden. Für das 20. Jahrhundert war das der erste Weltkrieg und Kate kann das neue Jahrhundert deswegen auf den Punkt bringen, weil sie ihn durchlebt hat.

Analog dazu fühle ich mich gerade, als ob mir zum ersten mal emotional bewusst wird, dass das 20. Jahrhundert tatsächlich vorbei ist. Und daran merke ich, dass ich tief im Inneren immer noch ein 20th Century Guy bin. Das 21. Jahrhundert lockte mich mit den blumigen Versprechen von endloser Kommunikation und der Demokratisierung der Öffentlichkeit aus meiner angestammten Semantik und transferierte mich ins Internet. Als „digital Immigrant“ bedeutet mein neuer Sinneswandel hinsichtlich des Technikoptimismus auch eine nachträgliche Entwurzelung. Das 20ste Jahrhundert fühlt sich seit kurzem wie ein fernes, jedoch vertrautes Land an, das ich vor langer Zeit zurückgelassen habe und zu dem es keine Rückkehr gibt.

Ich habe den Verdacht, dass ein ähnlich strukturierter Schmerz in allen AfD-Anhänger*innen steckt und ihre Sehnsucht nach dem „Normalen“ in Wirklichkeit eine diffuse Sehnsucht nach dem 20. Jahrhundert ist, dieses Omelas, das wir schon seit einiger Zeit dabei sind, zu verlassen. Diesen Verrat haben sie uns nie verziehen.

Meine persönliche Prognose ist, dass rückblickend der 30. November 2022 das 21. Jahrhundert eingeläutet haben wird. An dem Tag wurde ChatGPT vorgestellt und das markiert den Zeitpunkt, an dem die Digitalisierung begann, für alle in ihrer ganzen emotionalen Tiefe erlebbar zu werden. Es ist nicht so, als wäre die Welt nicht schon längst durchdigitalisiert, genauso wie ein Großteil der Maschinen, die im ersten Weltkrieg zum Einsatz kamen, bereits als Auto, Fabrik und Linienflug für die Leute im Alltag erlebbar waren. Doch so wie die Menschen ab 1914 mit ansehen mussten, wie sich ihr Maschinenpark in eine gigantische Mordmaschine verwandelte, erleben wir gerade die Umwidmung unserer kommunikativen Infrastruktur in digitale Waffen. Seien es die Hasskampagnen im Netz, DDoS- und Ransomware-Attacken, die immer mächtiger werdenden Überwachungssysteme, Einflussoperationen, die Umwandlung der Plattformen zu politischen Informationsgeschützen, der generative SEO-Krieg im Netz, KI-gesteuerter Bombenabwurf auf Gaza, die Entwicklung autonomer Drohnen in der Ukraine – alles wird gerade mit Künstlicher Intelligenz gesupercharged und das lässt das weiße Rauschen zu einem ohrenbetäubenden Krach anschwellen. Wir werden in den kommenden Jahren Formen, Arten und Ausmaße von digitaler Gewalt erleben, die uns heute nicht vorstellbar sind.

Was immer bei dem Schlamassel herauskommen wird: spätestens danach werden wir wissen, wie sich das 21. Jahrhundert anfühlt. Diesen Vibe dann in eine Poesie, besser noch in eine lebenswerte Zukunft zu übersetzen, wird Aufgabe der heute dauerdepressiven Tiktokjugend sein. Hoffentlich mit mehr Third Places und weniger Omelas?

Krasse Links No. 6

Willkommen bei Krasse Links No. 6. Anschnallen, wir müssen heute über politische Ökonomie und KI sprechen.


Für diejenigen unter euch, die nicht sofort wissen, was politische Ökonomie ist, hier die Ultrakurzfassung: Während die klassische Ökonomie das wirtschaftliche Geschehen vom Markt her analysiert, interessiert sich die politische Ökonomie für die Machtverhältnisse hinter den Markttransaktionen (Langfassung).

Phänomene wie Enshittification lassen sich mit neoklassischer Wirtschaftstheorie kaum, mit politischer Ökonomie jedoch prima erklären. Kevin Carson hat genau das in einem lesenswerten, aber ultralangen Aufsatz gemacht. Er will aber auf einen breiteren Punkt hinaus: die allgemeine Ausweitung dessen, was Ökonom*innen „Rente“ nennen, bis zu dem Punkt, dass einige bereits von einem neuen Feudalismus sprechen. Renten sind Einkommen, denen keine notwendige Arbeit oder sonstige Kosten gegenüberstehen, weil sie sich aus dem Besitz von rechtlichen Titeln oder sonstigen Machtpositionen heraus ergeben. Vielen Techunternehmen wird vorgeworfen, dass ihren Geschäftsmodellen das Abgreifen von Renten zugrunde liegt. Man denke nur an Apples 30% Abgabe im App Store. (In meinem Plattformbuch gehe ich einen Schritt weiter und nenne die durch Enshittification erzwungenen Renten „kommerziellen Vandalismus“, vgl. S. 328.)

Carson dröselt die Rentenfrage weiter auf und zeigt, dass sie nicht auf den Techsektor beschränkt ist, sondern dass Renten in vielen Branchen einen großen Teil des verdienten Geldes ausmachen. Geld, das sich in den Taschen von immer weniger Unternehmen und Individuen konzentriert.

Aus Sicht der politischen Ökonomie wirkt der aktuelle Moment im Kapitalismus wie ein riesiger Heist von einigen wenigen am Rest der Gesellschaft und die neoklassische Ökonomie mit ihrer verharmlosenden Markterzählung dient ihnen als Coverstory.


Letzte Woche fand die Elevate Konferenz statt und Nick Srniceks Keynote über die politische Ökonomie von KI ist sehenswert.

Srniceks zieht in den KI-Markt vier Ebenen ein:

  • Apps (ChatGPT, Autopilot, etc.)
  • Modelle (also GPT4, Gemini 1.5 und Claude 3)
  • Infrastruktur (Cloudinfrastruktur zum Training und Betrieb der Modelle)
  • Hardware (Grafikkarten und KI-Chips)

Seine These ist nun, dass der Infrastrukturlayer – also Google, Amazon und Microsoft – derart dominant wird, dass er sich mittelfristig alle anderen Ebenen einverleiben wird.


Eine Ebene lässt Srnicek aber aus. Unterhalb des Hardwarelayers (wenn man darin die konkreten Chipdesigns fassen möchte) liegt noch der Chipproduktionslayer und wir wissen ja, dass da ebenfalls ein krasser Flaschenhals steckt. Noch letztes Jahr produzierte das Taiwanesischen Unternehmen TSMC 90% aller Highend-Chips und so könnten die Bemühungen der großen Techunternehmen, ihre Abhängigkeit von Nvidia zu reduzieren, indem sie eigene KI-spezifische Microchips entwickeln, nur in andere Abhängigkeiten führen.

Die Financial Times hat ein erklärbärig illustriertes Feature veröffentlicht, das detailliert durch die Prozesse zur Herstellung von modernen Microchips führt.


Bei dem vielen Geld, Talent und Ressourcen, die gerade in KI gesteckt werden, ist zu erwarten, dass wir tatsächlich dabei sind in eine neue digitale Ära schliddern. Ben Wertmüller hat sich dort schon mal umgesehen, indem er den KI-basierten Arc Search Browser getestet hat.

Statt einer Linkliste mit etlichen Quellen bekommt man bei Arc nur noch eine Antwort. Arc zieht im Hintergrund die Informationen aus den Inhalten anderer Websites zusammen und präsentiert sie als wikipedia-artig strukturiertes Dossier – ja, auch mit Quellenangaben. In Wertmüllers Test lag Arc LLM-typisch zwar immer wieder auch komplett daneben, dennoch lässt es als ein slickes Produkt der nahen Zukunft imaginieren – wenn man vergisst, was es ersetzen soll.

I guess what I’m saying is: thanks, I hate it. Give me context; give me nuance; give me the ability to think for myself. We built the world’s most incredible communication and knowledge-sharing medium, rich with diverse perspectives and alternative ideas; let’s not sanitize it through a banal filter that is designed to strip it of its humanity.

Das Web plus Google bildeten gemeinsam ein atmendes, sich stetig tiefer verzweigendes und dennoch einigermaßen navigierbares soziotechnisches Archiv des Weltwissens, bestehend aus menschlichen Perspektiven, die man in Form von Dokumenten durchstöbern, kritisch begutachten und einordnen muss und deren Informationsreichtum sich niemals auf die gestellte Frage reduziert. Ich glaube, dass uns manchmal gar nicht genug bewusst ist, wie kostbar das ist … war?


Das führt uns zu der zugegeben naheliegenden These, dass generative KI vor allem hier ist, um das Internet zu ersetzen. Oder wie es Henry Farrel in seinem Blogpost elegant auf die Formel bringt: The map is eating the Territory.

Ich mag auch seine Kategorie der „kulturellen Technologien“, zu denen er so abstrakte Wirkzusammenhänge wie Märkte, Regierungen und Unternehmen zählt. Generative KI sei eben eine weitere „kulturelle Technologie“ und stehe somit im Spannungsfeld zu den etablierten Platzhirschen. Die weitere Analyse dreht sich somit um die Frage, ob und wie es KI gelingt, sich Wirkungsbereiche und Kompetenzfelder der anderen kulturellen Technologien einzuverleiben.

Angewandt auf den Streit um das Urheberrecht kommt Farrel schließlich auf die These, dass es bei den aktuellen Gerichtsverfahren (etwa New York Times vs. OpenAI) eben nicht um moralische oder gar gesellschaftliche Fragen geht, sondern dass hier das alte und das neue Regime um Macht ringen.

Das geht schon in die richtige Richtung, aber ich würde noch weiter gehen. Bereits beim Plattformparadigma (das ich übrigens auch als „kulturelle Technologie“ im obigen Sinne einordnen würde) diente das Urheberrecht vor allem der Erlangung und Konsolidierung von Machtpositionen über nicht subsitutierbare kulturelle Graphen (genauso wie Patente für technische Graphen). Am plakativsten lies sich das in den Streaming-Wars beobachten: Die Hinwendung der Streamingdienste zu endlos erweiterbaren Francieses wie Star Wars, Lord of the Rings, Games of Thrones und Marvel Universe ermöglicht das marken- und urheberrechtliche Umzäunen von kulturellen Königreichen, deren Zugang sich dann exklusiv vermarkten lässt.

Ein ähnliches Szenario ist auch für das KI-Feld absehbar: Zunehmende Exklusivdeals mit datenreichen Unternehmen garantieren einerseits eine gewisse Datenqualität aber ermöglichen auch die Ausdifferenzierung eines vermarktbaren „Flavor“ des jeweiligen KI-Outputs. Adobes Firefly brüstet sich bereits mit seinen weitestgehend legalen Trainingsdatensets, Musks xAI positioniert sich (noch erfolglos) als an X-Posts gehärtete un-woke KI, und Deals wie der von Reddit mit Google weisen ebenfalls in diese Richtung.

Völlig unabhängig davon, was bei diesen Urheberrechtsstreits herauskommt: eine Einigung ist nur eine Frage des Geldes und am Ende wird es die Vormachtstellung der KI-Unternehmen konsolidieren. Das ist einfach das, was das Urheberrecht tut: mit genügend Kapital lassen sich alle nötigen Verwertungsrechte zusammenkaufen, um damit neue, legale Königreiche zu errichten, die dann dann unangreifbare Renten abwerfen. Das alte Regime will nur noch schnell einen guten Preis rausholen. Und wer davon mal wieder gar nichts sehen wird: die Urheber.


In meinem KI-Paper für die Böckler Stiftung hatte ich letztes Jahr noch eine grundsätzliche Überlegung hinsichtlich der politischen Ökonomie der Anwendung von KI gemacht:

Bedenkt man, dass laut experimentellen Studien ein Teil der Produktivitätsgewinne der LLMs bei der Text-Produktion durch zusätzliche Korrekturarbeit wieder aufgefressen wird (Noy/Zhang 2023), ergibt sich daraus ein struktureller, ökonomischer Vorteil für Produzent*innen aller Arten von Spam und Desinformation. Akteure, die es in Kauf nehmen oder gar darauf abgesehen haben, möglichst viel Schaden anzurichten, sind schlicht viel weniger darauf angewiesen, fehlerfreie Texte zu verwenden.

Da KIs notorisch unzuverlässig sind, werden sie vor allem dort genutzt, wo es auf Verlässlichkeit nicht ankommt. Und genau das sehen wir jetzt. Die Googlesuche ist bereits immer weniger zu gebrauchen (obwohl Google jetzt Gegenmaßnahmen angekündigt hat), weil das Web im Rekordtempo mit Unsinn vollgepumpt wird. Ausgerechnet die bekannte KI-Kritikerin Emily Bender hatte dazu ein interessantes Erlebnis, nämlich dass eine Spam-News-Seite ihr KI-generierte Zitate unterjubelte – nicht als Angriff gegen sie, sondern … why not? Oder die per KI wiederbelebten Zombie-Newsseiten, wie etwa der Washington Independent, dessen ehemaliger Autor Sam Thielman darüber berichtet, wie seine alten Texte mit neuer By-Line wiederveröffentlicht wurden. Dieser Content wird nicht für Menschen veröffentlicht, sondern dient nur dazu, andere KIs (etwa den Googleaglo) zu verwirren.

Das ist aber nichts gegen das, was im chinesischen und russischen Internet geschieht. Dort werden jetzt Gesichter und Stimmen von bekannten Influencer*innen gestohlen, die dann unter tausenden Fakeidentitäten KI-generierte Propaganda ins Netz pumpen. Dazu empfehle ich dieses wirklich gut recherchierte und durcherklärte Video von Olga Loiek, die als ukraischstämmige Influencerin mit ansehen muss, wie ihre optische Identität für russische Propagandazwecke instrumentalisiert wird.


All das passt wahnsinnig gut zu der steilen These, die ich bei Eryk Salvaggio gelesen habe: KI beendet die Ära des Informationszeitalters und entfaltet das Zeitalter des Rauschens. Rauschen, also „Noise“ bezeichnet aber nicht nur undifferenzierte Audiobelästigung, sondern ist auch ein Begriff in der mathematischen Kommunikationstheorie. Erfolgreiche Kommunikation erfordert nämlich immer die Unterscheidung von Signal und Rauschen, wobei das Rauschen gleichzeitig die Abwesenheit und überbordende Anwesenheit von Information anzeigt, etwa wie weißes Licht die gleichzeitige Abwesenheit und Überanwesenheit von Farbe bedeutet. Die Tatsache, dass Bildgenerierungs-KIs als Diffusionmodelle eben genau über die Zugabe und das Herausrechnen von Noise funktionieren, gibt Salvaggio die perfekte Metapher für seine These.

„These images are diffused, dissolved into static and the machine learns how that static moves as the image is degraded. It can walk that diffusion backward to the source image — and this is how it learns to abstract features from text into generated images. Our training data constrains what is possible to the central tendencies in that training set, the constellations of pixels most likely to match the text in the description.

In other words, it navigates averages, trading meaning for the mean. But the original context is irretrievable.“

„Trading meaning for the mean“ bringt die Funktionsweise von generativer KI perfekt auf den Punkt. Schritt für Schritt verdaut sie den gesamten Kanon der menschlichen Kultur zu einem Brei von immer kleineren, immer ähnlicheren Brocken und dieses kulturelle Exkrement blubbert nun unsere gesamte Infosphäre zu.


Im Kern besteht die politische Ökonomie der generativen KI also aus der Geiselnahme unseres kulturellen Graphen durch die Infrastukturlayer-Unternehmen. Eine Geiselnahme, die sie nun durch Urheberrechtsdeals versuchen zu legalisieren und damit zu konsolidieren. Der Plan ist, uns ein verschwommenes JPEG des Internets in Form von komprimierten Promtantworten zurück zu verkaufen, denn Lösegelder sind schließlich auch prima Renten. Wie es der Zufall so will, produzieren dieselben KIs in der Zwischenzeit so viel Unsinn, Zombiewebsites und KI-Propaganda, dass die Brücken zurück zu dem alten soziotechnischen Archiv von einem Tsunami aus Scheiße weggerissen werden und wir gar keine andere Wahl haben, als zusammen mit den Techbros auf die Erlösung durch AGI zu hoffen. Willkommen im Zeitalter des Rauschens.

193 mit Michael Seemann über Bitcoin, libertäre Ideologie und Hoss & Hopf | Listen Notes

Ich war in dem Podcast Natürliche Ausrede. Das Gespräch fängt etwas laberig über Podcasting an, aber in der zweiten Hälfte bringen wir ganz gute Einordnungen zu Hoss & Hopf, Crypto und der libertären Ideologoie.

Ein Gespräch über Podcasts und Finanz Influencer, die Growthhacks und Ideologie des Podcasts “Hoss & Hopf”, über heilige Märkte und die Katzenhaftigkeit libertärer Akteure und warum Bitcoin nicht gleichzeitig Währung und Anlageobjekt sein kann und sicherlich nicht so nützlich wie Argentinien ist.

Quelle: 193 mit Michael Seemann über Bitcoin, libertäre Ideologie und Hoss & Hopf | Listen Notes

Krasse Links No 5

Willkommen bei Krasse Links No 5. Diesmal hatte ich nicht viel Zeit, weil ich die ganze Woche in der Schweiz unterwegs bin. Themen heute: Journalismus, Schock und Oligarchie.


Da ich eh in Zürich bin, sitze ich gerade beim Winterkongress, eine Mischung aus re:publica und CCCongress für schweizer Nerds. Der erste große Vortrag war über die „Predator Files“. Natürlich habe ich die Berichterstattung der letzten Jahre zu NSO-Group, Pegasus und Predator, etc. größtenteils verfolgt. Die Aufbereitung als Vortrag habe ich aber auch deswegen dankbar aufgenommen, weil ich mich immer schwer tue, mich durch die langen Dossiers zu kämpfen. Es ist wirklich rätselhaft: Die Skandale sind eklatant, die gesellschaftliche und politische Relevanz ist auf ELEVEN und der Themenkomplex trifft so ziemlich alle meine Interessen – und dennoch: ich fühl’s nicht. Natürlich versuche ich einen groben Überblick zum Thema zu behalten, aber wie bei den meisten großen Coups von Snowden, Panamapapers bis zu den diversen Dossiers zu Pegasus, muss ich mich immer anstrengen, mich angemessen dafür zu interessieren.

Gerade weil ich diese Arbeit so wichtig finde, macht mir diese Diskrepanz große Sorgen. Kritischen Journalismus nahm man seit seiner Erfindung immer im Paket mit Gossip, Sport und Kreuzworträtseln zu sich, was nicht nur die Finanzierung sicherte, sondern auch eine breite, politische Öffentlichkeit ermöglichte. Seit das Internet das alles unbundled hat, wurde aus politischer Berichterstattung yet another special interest content stream, neben Prank Videos, Hentai und ASMR.

Wie dem auch sei, hier ein Link zu dem sehenswerten Talk und zu den wirklich lesenswerten und wichtigen Predator Files bei der WOZ.


Daniela Klette wurde von der Polizei verhaftet und der Guardian hat ein schönes Stück darüber, wie es dazu kam. Aber bei allem, was es politisches dazu zu sagen gibt, fasziniert mich das Detail, dass eine Reverse Bildersuche ein altes Foto von ihr zu tage förderte, auf dem sie beim Karneval der Kulturen in Berlin in die Kamera lächelt.

Als ich vor vierzehn Jahren den Kontrollverlust ausrief, waren die Zeiten noch andere. Das Ancien Regime der Massenmedien war noch nicht gebrochen, die Politik funktionierte noch als technokratischer Langeweilerwettbewerb und das Internet diente vor allem Nerds dazu, über den besten Texteditor zu streiten. Der Kontrollverlust löste widersprüchliche Gefühle aus: Auf der einen Seite war da eine Euphorie, dass es den verknöcherten Institutionen an den Kragen geht, wenn die digitale Transparenz erst die Hinterzimmerdeals und Boysclubs disruptiert (Wikileaks, Open Data, Open Government, Open Everything) und auf der anderen Seite war da natürlich die Angst vor Überwachung, Hacks, Leaks, und dem Ende der Privatsphäre.

Der Kontrollverlust hat seitdem zwar nicht aufgehört zuzuschlagen (im Gegenteil), aber schon bald war die positive Zukunftserwartung weg und die Angst mittlerweile weitestgehend auch. Der Kontrollverlust ist wie Corona. Eigentlich müsste man vorsichtiger sein aber ohne Karneval ist ja auch Mist.

Jedenfalls erzählt dieser lesenswerte Longread bei der Wired, wie die US Intelligence Community begann Trackingdaten von Werbevermarktern aufzukaufen, um Rückschlüsse zu Persons of Interest zu erlangen. Falls ihr euch das auch gefragt habt: ja, das hat durchaus die Qualität einiger Snowdenenthüllungen, die noch 2013 eine vielmonatige Dauerberichterstattung auf allen Kanälen auslöste. Ich schätze, Kontrolle kann man nur verlieren, wenn man vorher glaubte, sie besessen zu haben.


Die Vice hat seine Website dicht gemacht. Cory Doctorow sieht das Management und letztlich die Besitzer in der Verantwortung für das Versagen:

„All of which leads to an inescapable conclusion: whatever problems Vice had, they didn’t include „writers don’t do productive work“ and also didn’t include „that work isn’t economically viable*. Whatever problems Vice had, they weren’t problems with Vice’s workers – it was a problem with Vice’s bosses.“

Der Höhepunkt sei aber, dass die Vice nach dem Abschalten ihrer Website nur noch als Social Media Entität fortbestehen will. Nach all den bitteren Erfahrungen, die der Journalismus mit Plattformen gemacht hat, ist das eine haarsträubende Idee:

„Now, this wasn’t always quite so obvious. Back when Vice was falling for Facebook’s „pivot to video,“ it wasn’t completely obvious that the long con was to take your audience hostage and ransom them back to you. But deliberately organizing your business to be reliant on social media barons today? It’s like trusting your money to Sam Bankman-Fried…in 2024.“

Ja.


Im Nachklapp des letzten Newsletters kam mir der Gedanke, dass die klassische Unterteilung von privaten Medien und öffentlich rechtlichen Medien nicht mehr hin haut. Es braucht mindestens eine Kategorie, die ich im Anschluss an den Newsletter „Oligarchenmedien“ nennen könnte, aber in der Öffentlichkeit wohl bis auf weiteres als „Milliardärsmedien“ tituieren werde. Oligarchenmedien sind zwar rechtlich private Medien, aber ihre Finanzierung ist zum größten Teil von Milliardären (oder manchmal auch nur Multimillionären) abhängig und ihre Gewinnerwartung ist zumindest optional. Wenn man die Frage der Abhängigkeiten – und darum geht es ja in der Unterteilung – ins Zentrum rückt, dann sind Oligarchenmedien anders strukturiert als private Medien und verhalten sich auch anders. Egal ob Döpfner bei Springer, Musk bei X, Frank Gotthardt bei Nius und Murdoch bei … seinem Medienimperium, es geht zu forderst um Einflussnahme auf Politik und Gesellschaft. Wenn sich das Projekt finanziell trägt, prima, aber rechte News erfordern eh nicht viel Recherche und wenns kein Geld abwirft: dann doch zumindest Macht und Einfluss.


Im Dezember letzten Jahres wurden nach einem internen Streik einige junge Journalist*innen der Frankfurter Rundschau freigesetzt, was zu einem veritablen Shitstorm gegen die FR auf X führte. Die drei Journalist*innen, Jana Ballweber, Maximilian Arnhold und Yağmur Ekim Çay, wurden nun von dem Magazin Journalist interviewt und sie geben dort einen ziemlich ungeschönten Einblick in die Branche.

Die FR galt zu meiner Zeit als vergleichsweise linke, überregionale Zeitung. Zu diesen Ruf angeprochen, antwortet Jana Ballweber:

„Der ist zerstört. Natürlich gab es schon vorher Schwierigkeiten, die Insolvenz und so weiter. Der Haupteigentümer ist Multimillionär, er hätte doch wohl das Geld, um seinen Medienschaffenden gerechte Gehälter zu zahlen. Stattdessen sägt er eine Zeitung ab, die stark recherchiert, die weltoffen und tolerant ist. Das passiert in einer Zeit, in der hunderttausende Menschen nach einer Correctiv-Recherche gegen Rassismus auf die Straßen gehen. Wenn du das tust, hast du doch etwas fundamental nicht verstanden.“

Es gibt keine linken Oligarchen-Medien. Egal, wie progressiv sich einzelne Millionäre oder Milliardäre geben; schon das Tolerieren der Existenz von Oligarchenmedien ist hart rechts.

Klar, derzeit kann man Oligarchenmedien noch in zwei Kategorien einteilen: rechte Oligarchenmedien verschlanken Redaktionen, kürzen Budgets und setzen Journalist*innen auf die Straße, weil sie hoffen, so mehr Profit zu erwirtschaften. Und dann gibt es noch rechtsextreme Oligarchenmedien, denen Profite so lange egal sind, wie sie ihren Besitzern mehr Einfluss und politische Macht verleihen und ihnen die Möglichkeit bieten, ihre Pläne für die Gesellschaft umzusetzen.

Aber spätestens, sobald wir uns als Gesellschaft entschließen, etwas gegen die Oligarchie zu unternehmen, wird das eine Front.


Thomas Knüwer, Langzeitbeobachter der deutschen Medienszene und deren stolperhaften Gehversuche im Digitalen hat einen emphatischen Appell an Journalist*innen adressiert, die Öffentlichkeit zu umarmen, statt sich weiter hinter Paywalls zu verschanzen.

Wenn man aber der Überzeugung ist, dass unsere Gesellschaft mehr Informationen braucht, statt weniger. Und wenn wir deshalb Journalismus für existenziell in einer Demokratie halten (beidem stimme ich zu), dann muss man eben alles tun, um Informationen öffentlich zu machen für jedermann – und nicht nur für diejenigen, die sich diese Informationen leisten können.

Thomas hat natürlich recht, aber ich bin mir gar nicht sicher, ob es an dieser Stelle überhaupt noch was bringen würde, alle Stories wieder öffentlich zu stellen?


Lars Weisbrod war bei Haken Dran und sie haben auch über den hier diskutierte These des „Endes von Social Media“ diskutiert.

Was ich aber spannender fand, war ihre Diskussion über „News Avoidens„. Darüber denke ich auch häufig nach, gerade weil ich merke, wie mich der Newskonsum (ja, ich bin Newsjunkie) mir einfach nicht gut tut.

Gavin Karlmeier und Lars Weisbrod machen den Punkt, dass News Avoidens gefährlich für die Demokratie ist und ich stimme ihnen zu und ehrlich gesagt, kenne ich niemanden, der das bestreiten würde, was ein ziemlich sicherer Hinweis darauf ist, dass es die falsche Frage ist.

Die eigentliche Frage wäre eher: Wo sind wir falsch abgebogen, dass wir ein System gebaut haben, das unsere konstante Aufmerksamkeit verlangt und uns in emotional kostspielige Debatten verstrickt, bis wir ständig unglücklich sind? Aber das wäre, wenn man es durchdenkt, ein recht schwer zu entgegnender Einwand gegenüber der Demokratie. Zumindest der Demokratie in ihrer aktuellen Struktur in Zeiten des Internets.


Ganz grob zusammengefasst kann man sagen, dass der Kontrollverlust im Zuge der dritten Phase der Digitalisierung der Gesellschaft den heimlichen Wunsch erfüllt hat, sich selbst gegenüber transparent zu werden.

Seitdem haben wir nicht aufgehört, uns von dem Schock zu erholen. Der Schock gilt nicht nicht nur den aufgedeckten üblen Machenschaften, sondern genauso der Tatsache, wie fucking kompliziert und messy alles ist.

Die Flight-, Fight-, Freeze-Relfexe spalteten daraufhin die Mediengesellschaft. Der mediale Kampfreflex äußerte sich in erhöhtem Druck auf die Politik die Missstände zu beseitigen (Metoo, BLM, Fridays for Future, etc), während sich der mediale Fluchtreflex in eine Parallelwelt alternativer Fakten zurückzog. Die mediale Schockstarre hingegen rief „When they go low, we go high!“ und baute Paywalls um alles, was irgendeinen journalistischen Wert hat.

Alle drei Lager erschlaffen gerade und während der Kampfreflex sich in News Avoidens und Selfcare zurückzieht, konsolidiert sich der Fluchtreflex in den Oligarchenmedien. Die Schockstarren reden sich immer noch ein, mit ihrem traditionellen Journalismus die demokratische Öffentlichkeit zu repräsentieren und verweigern sich der Erkenntnis, dass sie hinter ihren Paywalls nur noch eine alternde und größtenteils professionelle Newsjunkie-Klasse erreichen.

An dieser Stelle kann ich endlich den Gewinner des Neuen Spiels verkünden: Es sind Oligarchen.

Streamingabos: Disney+ musste die AGB ändern | ZEIT ONLINE

Nathanael Hoffmann hat mich für die Zeit zum Thema Streamingdienste interviewt und warum ständig ihre Preise steigen.

Nach diesem Wachstum hätte sich der Markt etwas konsolidiert. In seinem Buch Die Macht der Plattformen nennt Seemann die nun kommende Zeit für die Unternehmen „Extraktionsphase“: „Die Anbieter schöpfen den Wert, den die Plattform schafft, immer umfangreicher ab, etwa indem sie den bestehenden Nutzern immer mehr Geld abnehmen.“

Zum Beispiel, indem sie auf Inhalte setzen, die es sonst nirgends gibt. „Lock-in-Effekte werden immer wichtiger. Nur bei Disney gibt es Marvel-Filme, nur bei Sky neue True-Detective-Folgen“, sagt Seemann. Je mehr ich an den Marvel-Filmen hänge, umso schwieriger könnte es mir fallen, die Plattform zu wechseln. Ebenso wichtig: „Jeder zusätzliche Nutzer kostet sie fast nichts, man sagt: Der Dienst skaliert gut“, sagt Seemann. Das gelte nicht nur bei Unterhaltungsplattformen, sondern besonders bei Software, die Nutzer einst einmalig kauften und dann besaßen.

Für Programme von Microsoft oder Adobe zahlen Nutzer heute Abogebühren. „Im Internet haben wir uns immer mehr vom Besitz entfernt“, sagt der Digitalexperte Michael Seemann. Zwar brauchen Verbraucherinnen keine Schallplatten oder DVDs mehr zu Hause. Das spart Platz und Aufwand. Geht Spotify aber bankrott, ist die Musik auch weg. Und dass Word jährlich kostet, kommt Verbrauchern teuer zu stehen: „Mehrmalige Zahlungen sind für Unternehmen lukrativer als Einmalkauf. Sie können dank der Abos besser langfristig planen“, sagt Seemann. „Etwas gehässig lässt sich über den Abo-Kapitalismus sagen: Wir zahlen einen unendlichen Kredit ab, ohne, dass das Abbezahlte jemals uns gehört.“ Er rechnet damit, dass Verbraucher verstärkt illegale Alternativen suchen. Umgekehrt könnten die Abopreise weiter steigen: „Es lässt sich aus Anbietersicht noch etwas aus den Kunden herauspressen.“

Quelle: Streamingabos: Disney+ musste die AGB ändern | ZEIT ONLINE

Newsletter No. 4

Unsere alten Götter haben uns belogen und die neuen können nicht geboren werden, weil Internet. Willkommen bei Krasse Links No 4. Diesmal mit Schwerpunkt Wirtschaft, KI und Zaubertricks.


Quasi als Follow Up zu der These des Social Media Tods aus dem letzten Newsletter hier ein Text von Jason Parahm, der eine kompatible, aber doch leicht andere These vertritt. Er bindet das Social Media-Paradigma zurück an die Millennials, der ersten wirklich digitalen Generation. Diese Generation, so die These, sei nach dem Twitteraus quasi von Social Media weitestgehend geheilt, denn zwischen Mastodon, Bluesky und Threads findet sich eh kein neues digitales Zuhause, eine Tatsache mit der man sich aber eigentlich ganz gut arrangiert hat. Haha!

Meine persönliche Perspektive darauf ist ja die eines späten GenXlers, der sein Onlineleben lang immer hinter den Millennials her trotten musste. Und während diese jetzt in ihrer Doppelhaushälfte dem Analogbiedermeier frönen, sitze ich in ihren digitalen Ruinen fest. Naja gut, ganz so schlimm ist es nicht. Bin ja jetzt wieder Blogger 😉


Jan Assmann ist tot. Das macht mich traurig, denn er und seine Frau (die ich sogar mal das Vergnügen hatte, kennenzulernen und der ich an dieser Stelle nur das Beste wünsche) hatten mit ihren Büchern auch auf mein Denken einen großen Einfluss.

René Walter geht es ähnlich und als Quasinachruf unternimmt er den Stunt, die Theorie des kulturellen Gedächtnisses auf das Internet zu applizieren. Resultat: es funktioniert nicht und das ist ein Problem.

„The digital is inherently incompatible with this way of collective memorization, the very foundation of what glues societies together and makes them work in the long run. There is “no canon for old memes”, and cultural practice in the digital is in an ever changing, never remembered flux.“

Memes don’t Canon. Ohne Kanon kein kulturelles Gedächtnis, was für René vor allem deshalb zum Problem wird, weil das kulturelle Gedächtnis gleichzeitig die Grundlage der Verständigung innerhalb einer Gesellschaft ist. Das führt nun seiner Ansicht nach unter anderem zu den aktuellen Kulturkriegen, aber es steht noch viel mehr auf dem Spiel.

„With the loss of reliable mechanisms for the formation of cultural memory in digital informed societies, we are in great danger of losing our very collective selves.“

Ich seh das so: Im Zuge der Polykrise neigt sich nicht nur eine Weltordnung und eine Art des Wirtschaftens dem Ende, sondern ein ganzes Paradigma, wie man auf die Welt schaut. Man kann nicht die materiellen Grundlagen des Zusammenlebens verändern, ohne auch gesellschaftliche Normen und Erwartungsstrukturen zu verändern.

Das Gefühl der Verlorenheit setzt schon hier ein. Ich stelle mir Kanons wie tiefsitzende gesellschaftliche Pfadentscheidungen vor, aus deren Wurzel sich der ganze Strauß an kultureller Imgagination verzweigt, an deren Enden wir alle leben, fühlen und denken. An dem Kanon zu rütteln meint nicht nur einen Baustein durch einen anderen zu ersetzen, sondern es bedroht den ganzen sich daraus verzweigenden Überbau. Und das erklärt die Intensität der aktuellen Kulturkriege.

Doch wenn René recht hat, dass wir im Internet nicht fähig sind, einen Kanon zu etablieren, bedeutet das, keine Pfadentscheidung mehr zu treffen und somit kulturell auf der Stelle zu treten. Das hieße, als Gesellschaft nicht mehr lernen zu können. Und wenn unten alles wegbricht und oben nichts mehr nachwächst dann wäre der 5000 jährige Bann der Historizität seit Erfindung der Schrift endlich gebrochen.

Doch ist es nicht vielmehr so, dass wir gerade erst unser kulturelles Gedächtnis outgesourced haben, indem wir dem Archiv das Sprechen beibringen? Der Kanon lebt jetzt aufgelöst im tausenddimensionalen Latent Space der generativen KIs und hört nicht mehr auf, uns vollzuquasselen.

Mich erinnert das eher an den Turmbau zu Babel. Der ganze Witz dieser Bibelstelle liegt ja in der Vorstellung, dass zu jener Zeit noch alle dieselbe universelle Sprache sprechen. Mit dem Zusammenbruch des Turms brechen auch die Semantiken auseinander und die Vielfalt der Sprachen entsteht und damit die Notwendigkeit der Übersetzung. Ist es ein Zufall, dass unser kulturelles Gedächtnis exakt in dem Moment auseinander bricht, als wir die perfekte Übersetzungsmaschine gebaut haben?


Ich frage auch deswegen, weil Deutschlands kulturelles Gedächtnis nicht nur die Varusschlacht, Holocaust und Goethe kanonisiert, sondern auch das Selbstbild als Exportweltmeister. Von dieser Deep Story aus blicken wir mit einer Arroganz auf die Restwelt, als sei es überhaupt möglich, dass alle Länder der Welt Exportnationen wären.

Nie drückte sich diese chauvinistische Identität hässlicher aus, als im Zuge der Eurokrise und der deutschen Berichterstattung über Griechenland: hier das fleißige, kluge, sparsame Deutschland, dort die faulen, dummen und alles verprassenden Griechen.

Doch wie Patrick Boyle in diesem sehr sehenswerten Video erklärt ist „Exportnation“ keine Auszeichnung für eine spezielle Mentalität und Schaffenskraft, sondern eine handelsstrategische Entscheidung, die durch ein dezidiertes Set von wirtschaftspolitischen Maßnahmen ins Werk gesetzt wird – als da wären:

  • Ein möglichst niedriger Wechselkurs zu anderen wichtigen Währungen, so dass die eigenen Produkte vergleichsweise günstig angeboten werden können.
  • Das Lohnwachstum zügeln, um die Kosten im Griff zu halten.
  • Niedrige Zinsen, damit Firmen flexibel Investieren können.

Es ist ein fucking Trick. Und dieser Trick geht nicht nur auf Kosten der anderen Länder, insbesondere unserer EU-Nachbarn, sondern auch noch auf Kosten von uns allen.

„These interventions are simply a transfer of resources from one group within a economy to another. Maintaining an artificially low exchange rate is no different from putting a tariff on imports while subsidizing exports. It transfers wealth from those who might want to by foreign goods to those in business of selling goods to foreigners.
Keeping wage growth below growth of productivity is another tax that transfers from workers to employers. Financial repression where interest rates are set artificially low – transfers wealth from savers to borrowers. Considering the household sector is generally made up of savers and the business and government sectors are usually borrowers , low interest rates are a transfer from households to business and government.“

Kurz: Die exportindustriellen Kapitalisten haben sich Jahrzehntelang auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung bereichert. Und die deutschen Medien haben das auch noch so lange abgefeiert, bis wir diesen Abuse zu unserer kollektiven Identität gemacht haben.


Diese Woche reden alle über Sora und natürlich haben auch mich die Bilder fasziniert. Aber wie bei allem KI-Kram hinterlassen auch die Sora-Szenen ein merkwürdiges Gefühl der Leere in mir.

Passend dazu sieht Brian Mercant in der Technologie vor allem das Videoäquivalent des berühmten „stochastischen Papageien“, der nur bekanntes re-arrangiert, statt Neues zu schaffen.

„It’s not that Sora is generating new and amazing scenes based on the words you’re typing — it’s automating the act of stitching together renderings of extant video and images. Which is not uncool, in a vacuum! It’s indeed impressive that technology can do this.“

Ich finde eigentlich, diese Reduktion wird der dahinter steckenden unfassbaren Komplexität nicht gerecht, aber, naja, unter dem Strich stimmt das ja schon. Egal ob Midjourney, Gimini oder Sora: alles basiert auf operationalisierter Statistik und wie bei einem Zaubertrick, den man durchschaut hat, nagt diese Tatsache an ihrem Wert.

Ja, ich denke, wir müssen an dieser Stelle über Wert sprechen. Die Faszination an KI generierten Inhalten hat eine noch kürzere Halbwertzeit als die von Memes, und während alte Memes noch wenigsten Nostalgie auslösen können, wirkt jedes KI-Bild zwei Monate später wie digitaler Abfall.

Dass sich kultureller Wert an der Möglichkeit seiner Reproduzierbarkeit orientiert, hatte schon Benjamin begriffen. Benjamin bezog das auf das „Werk“, das in seiner Zeit grenzkostenlos reproduzierbar wurde. Wir erleben dasselbe nun für den Prozess der Schaffung von digitalen kulturellen Artefakten selbst, welche wir bereits so wenig Wert schätzen, dass wir uns das Wort „Content“ dafür ausgedacht haben.


Dass Reiche einen überdurchschnittlichen Einfluss auf Politik und Medien haben, ist mittlerweile ja hinreichend belegt. Doch in einer Zeit, in der Milliardäre sich ihre Medienimperien nicht mehr in erster Linie zusammenkaufen, um ihren Reichtum zu vermehren, sondern um ihre politischen Ansichten in die Welt zu tröten, stellt sich die Frage, inwieweit der öffentliche Diskurs nun endgültig den Interessen der herrschenden Klasse ausgeliefert ist.

In einem lesenswerten Meinungsstück nimmt sich William D. Cohan neben Musk auch noch einen anderen Milliardär vor, nämlich den Finanzguru Bill Ackmann, der durch eine laute und erfolgreiche Kampagne auf X gegen die Gleichstellungspolitik an US-Unis aufgefallen ist. Ackman gibt selbst zu Protokoll, dass er sich solche Kampagnen wegen seiner „finanziellen Unabhängigkeit“ erlauben kann. Cohan erinnert an das Konzept des symbolischen Kapitals bei Bourdieu und schließt, dass sich noch nie in der Geschichte monetäres Kapital so leicht in diskursiven Einfluss umwandeln ließ.

„When only the ultrawealthy, as a practical matter, can afford to speak freely without consequences, what does freedom of speech really mean? There is a vogue among the superrich like Mr. Ackman, Mr. Musk and Mr. Trump for misconstruing the First Amendment as permission to support their particular vision of how public speech should work.“

Meinungsfreiheit war einmal ein Werkzeug, um Macht Grenzen zu aufzuzeigen, jetzt ist die Waffe in die Hände der Mächtigen selbst gefallen.


Unabhängigkeit ist ein hohes Gut. Doch wenn das US-Justitzministerium einen Trump-Fan beauftragt, eventuelle Verfehlungen von Biden zu untersuchen und wenn die NYTimes nur noch über Bidens Alter spricht, dann hat das weniger mit Unabhängigkeit zu tun, als mit dem Wunsch, von ganz rechts aus gesehen unabhängig zu wirken. Doch das, so Chris Hayes in diesem spot on Thread, ist einfach nicht dasselbe.

Das sollte sich insbesondere mal der öffentlich rechtliche Rundfunk zu Gemüte führen. Er glaubt, er könne der AfD durch Talkshoweinladungen beweisen, wie unabhängig er ist, was vollkommen absurd ist, weil die AfD niemals die Existenz einer nicht-milliardärskontrollierten Quelle von Information dulden wird. Der ÖRR arbeitet an seiner eigenen Abschaffung mit.


Der Kulturkrieg ist jetzt auch im Zentrum der KI-Debatte angekommen. Während das rechtsradikale Gab.io-Netzwerk eigene KI-Bots baut, die explizit darauf konfiguriert sind, den Holocaust zu leugnen, beschweren sich Musk und seine Jünger auf X, dass Googles Gimini zu „woke“ sei. Leider haben sie diesmal einen Punkt, denn die eingebauten Guardrails bei Gimini führen zB. dazu, dass historische Nazis mit diversen Hautfarben, aber eben nicht mehr weiß dargestellt werden können. Casey Newton hat in seinem Plattformer-Newsletter zu beidem eine gute Einordnung.

Manche haben schon Mitleid mit Google geäußert, aber ich sehe darin den gescheiterten Versuch des Unternehmens durch Eingriffe in die Userprompts die mangelnde Diversität in ihren Trainingsdaten auszugleichen, was halt nur schief gehen kann. Google hat Giminis Bildgenerierung vorerst ausgesetzt.


Ich finde aber auch ingesamt wird dem Thema generative KI die falsche politische Aufmerksamkeit gewidmet. Alle bangen wie das Kaninchen vor der Schlage auf den Moment, in dem ein gedeep-faktes Biden-Video China den Krieg erklärt oder eine KI-induzierte Fake-Reality (Lobo) unsere Wahrnehmung mit unserem Begehren kurzschließt. Dabei ist die politische Wirkung von generativer KI schon jetzt eine ganz andere. Der Kreml zum Beispiel hat es sich bereits zur Angewohnheit gemacht, Bildmaterial, das ihnen nicht in den Kram passt, als ki-generierte oder sonstige Fälschung zu „entlarven“, wie Sylvia Sasse in ihrem lesenswerten Beitrag „Der pseudoforensische Blick. Krieg, Fotografie und keine Emotionen“ aus dem Sammelband „Bilder unter Verdacht“ zeigt. Der, wie Sasse es nennt, „pseudoforensische Blick“, hat nicht nur die Aufgabe, das Wasser zu trüben, sondern zielt auch auf eine Veränderung der Sehgewohnheiten des Publikums:

Meine These ist, dass der forensische Blick gezielt imitiert wird, um die Rezeption des Krieges zu entemotionalisieren. Der kalte Blick, der damit angestrebt wird, soll ein technischer Blick sein, der nicht danach fragt, wer da liegt, wer da gerade gestorben ist, wessen Wohnung auf dem Foto zerbombt wurde und warum.


Nach dem Tod von Navalny hat sich Donald Trump zu Wort gemeldet und sich mit ihm verglichen. Wer diesen Satz liest und danach immer noch glaubt, dass generative KI irgendwas zum Wahnsinn der aktuellen politischen Situation beizusteuern hat, der … sollte den Satz noch mal lesen.

Vlad Vexler (ich habe ihn hier schon mal empfohlen) hat dazu wieder ein sehenswertes Video gemacht, doch woran ich hängen geblieben bin, ist seine Unterscheidung vom lügenden Politiker und dem Post-Truth-Populisten, die mir erklärmächtiger erscheint, als die mittlerweile kanonische Lügner/Bullshitter-Differenz.

Während der lügende Politiker den Leuten eine Wahrheit verkaufen will, die nicht existiert, geht der Post-Truth-Populist eine Art Pakt mit einem Teil des Publikums ein. Dieser Pakt besteht in der unausgesprochenen Übereinkunft, dass die Wahrheit einfach nicht relevant ist. Die Lüge hat in diesem Kontext eine ganz andere Aufgabe. Sie fungiert als eine Art Uniform, ein Shibboleth, an dem sich die Kulturkrieger gegenseitig erkennen und nach außen abgrenzen. Dafür muss die Lüge nicht sonderlich ausgefeilt oder überzeugend sein. Im Gegenteil. Je abstruser und grotesker sie ist, desto strammer sitzt die Uniform.

Was soll ein Post-Truth-Populist also mit Deepfakes anfangen? Er will doch niemanden von irgendeiner Wahrheit überzeugen. Viel eher arbeitet ihm die Tatsache entgegen, dass heute eben alle Beweise gefälscht sein könnten. Im Security-Bereich nennt man das auch „Plausible Deniability“ und es ist jetzt die Standardeinstellung unserer digitalen Medienwelt.


Wenn generative KI dem rechten Mob nicht zur Fabrizierung von falschen Wahrheiten taugt, dann doch wenigstens für Schaulust und Herabwürdigung von bekannten (und manchmal weniger bekannten) Frauen. Machen wir uns nichts vor: bei ki-generiertem Porn geht es um Machtspiele, gekränkte Männeregos und eine Traktorladung sexueller Verzweifelung, die bei genauerem Hinsehen alle kausal aufeinander verweisen.

Musk trimmt X immer mehr Richtung eines modernen 4chan und so ist es heute die natürliche Hauptanlaufstelle für solche Art Fakeporn. Nach Taylor Switft hat es jetzt die Komikerin Bobbi Althoff getroffen. Und wenn mächtige Medienstars wie Swift und Althoff dem quasi schutzlos ausgeliefert sind, wie muss das dann für Teenager sein, wenn deren Deepfakes über den Klassen-Whatsapp-Chat gehen?


In einer Welt, in der nichts wahr, aber alles möglich ist, sind die Ruchlosen die Könige und alle anderen sind gefickt. Ironischer Weise ist das gleichzeitig der Titel eines lesenswerten Buches über Putins Russland von 2014.

Peter Pomerantsev beschreibt darin das Russland, wie es bis 2012 existierte, in dem es eine Art von inszenierter Opposition, inklusive bezahltem, aktivistischen Widerstand gab. Man fand für dieses Modell den treffenden Namen „gemanagte Demokratie“. Russland war damals zwar schon voll durch-oligarchisiert aber noch nicht so totalitär wie heute und manchmal sogar auf eine theaterhafte Art ganz unterhaltsam. Aber schon damals war alles darauf ausgerichtet, die Leute zum Rückzug ins Private zu ermuntern.

Eingequetscht zwischen Milliardären mit Megaphonen sitzen wir nun in den schrumpfenden Ruinen einer nur noch von Propaganda, Kulturkampf-Bullshit und seelenlosem KI-Content dominierten Digitalsphäre und so langsam dämmert es uns, dass wir längst in Putins Welt leben.

Aber hier kann man gegen Milliardäre unterschreiben.

Newsletter No 3.

Krasse Links No 3. Diesmal mit Schwerpunkt Internet und Kultur. Have fun! 🙂


Social Media ist tot. So jedenfalls hatte es am Anfang des Monats bereits der Economist berichtet und Lars Weisbrod nimmt die These für die Zeit dankbar auf (befreit) und reichert sie mit einigen interessanten Anekdoten, Fakten und Beobachtungen an. Die These ansich ist tatsächlich nachdenkenswert: Was Social Media seit seinem Aufstieg ab 2005 ausgemacht hat, war die konzeptionelle Zusammenführung von sozialer Kommunikation einerseits und massenmedialen Effekten andererseits. Die Verbindungen wurden zwar auf persönlicher Ebene hergestellt (Follower/Friend), aber die Reichweiten skalierten dabei schnell in massenmediale Gefilde. Das ging so lange gut, bis es nicht mehr gut ging.

Die massenmedialen Effekte waren für die meisten Leute nicht mehr beherrschbar und gleichzeitig wurden die Räume für das Private immer enger. Das Ende von Social Media ist das wieder Auseinanderdriften dieser beiden Funktionslogiken: Zum Einen der Rückzug der Menschen in halbprivate Messenger-Chats oder in öffentlichkeitslimitierte Dienste wie BeReal. Zum Anderen die allgemeine Hinwendung zu „post-sozialen“ Medienberieselungsanalgen wie TikTok und Instagram Reels für Unterhaltung und ein bisschen auch für Information. Das Fernsehen ist zurück, auf ne Art.

X, könnte man daraus schließen, hat sich seit dem Tod von Twitter in Richtung postsoziale Medienberieselungsanalge verabschiedet, während Mastodon und Bluesky trotzig das Social Media Paradigma aufrecht erhalten wollen und dabei – naja, zunehmend wie eine digitale Senionrenanalage für Social Media Hängengebliebene wirken (Ja, ich meine dabei auch ausdrücklich mich selbst!).


Wo sich Threads hinbewegt ist noch nicht ganz auszumachen, aber die kontroverse Policyentscheidung, politische Inhalte nicht mehr algoritmisch zu verstärken, kann als Schritt in Richtung Postsozial verstanden werden, was einleuchtet, denn dort liegen die größeren Reichweite und die leichtere Vermarktbarkeit.

Ich habe tatsächlich einige Argumente gehört, warum das actually gut ist („politischer Content auf Plattformen hat uns doch erst in diese Situation gebracht!!“), aber selbst wenn man die Plattformen für die Polarisierung verantwortlich macht und glaubt, dass damit ändern zu können, stellen sich zumindest drei dringende Fragen:

  1. Was ist politisch? Dass diese Grenze schwer bis gar nicht zu ziehen ist, ist zu genüge erläutert worden. Daher finde ich die Folgefrage viel relevanter, die da lautet:
  2. Was halten Menschen für politisch? Und diese Frage ist sogar recht leicht zu beantworten: alles, was von der Norm abweicht. Der männliche Körper ist nicht politisch, der weibliche schon. Heterosexuelle Beziehungen sind nicht politisch, homosexuelle schon. Deutsche in Deutschland sind nicht politisch, Ausländer schon, etc. Es gilt die Hegemonie des Normalen.
  3. Diese Schwierigkeiten im Kopf stellt sich die dritte Frage: Habe ich genügend Zutrauen in den Konzern Meta, diese Frage zu beantworten? Und damit meine ich nicht nur, sie für mich zu beantworten, sondern für die Gesellschaft als ganzes, denn alles, was Meta tut, passiert auf Gesellschaftsebene.

Die Menschen haben allen Grund den Plattformen zu mißtrauen. Üble Erfahrungen haben sich über die Jahre gestapelt und die brutale Hinrichtung von Twitter unter der Ägide des Chefkapitalisten Musk war für viele der Breakingpoint (zumindest für mich). Kommerzielle Netzwerke fühlen sich einfach nicht mehr wie fester Boden an. Die Frage, was kann ich noch erwarten, wenn ich etwas poste, können nur noch Menschen beantworten, die es zu ihrem Beruf gemacht haben, die neusten Tweeks des Algos hinterherzuhecheln. Und dann sollen die Plattformen auch noch darüber Entscheiden, was in der Gesellschaft als Politik gelten soll?

Zu diesen und anderen Fragen lamentieren hörenswert auch Nora Hespers und Gavin Karlmeier im Podcast Haken dran.


Anfang dieser Woche ging ein Text von Stern viral (selten genug), in dem eine anonyme Mutter davon berichtet, wie ein unter männlichen Jugendlichen populärer Podcast ihren 14-Jährigen Sohn zum AFD-Anhänger gemacht hat. Die Aufregung ist vielleicht auch deswegen so groß, weil gerade erst ein Artikel der Financial Times (befreit) Furore machte, der bei jungen Menschen einen sich spreizenden Gender-Gap hinsichtlich der politischen Haltungen feststellte. Junge Männer, so scheint es, werden immer rechter, während die Mädchen eher links und stabil bleiben.

Der Podcast, um den es geht, heißt Hoss und Hopf (kein Link) und interessanter Weise hatte ich 2022 das Vergnügen mit Hoss beim Handelsblatt über Crypto zu diskutieren. Hoss war zu jener Zeit einer der sichtbarsten Crypto-Influencer in Deutschland. Ich muss sagen, dass ich Hoss – trotz unserer inhaltlichen Differenzen – nicht unsympathisch fand und sofort etwas Mitleid mit ihm hatte, als er sich aus seiner noch leeren Wohnung in Dubai zuschaltete. Wo muss man im Leben falsch abgebogen sein, um freiwillig in einer mit reichen Langweilern befüllten Retortenstadt in der Wüste leben zu wollen?

Hoss ist ein anschaulicher Prototyp für die Rechtsverschiebung unter männlichen Jugendlichen. Er ist teil einer Generation, die gelernt hat, dass man nicht mit Arbeit zu Geld kommt, sondern dass es im Kapitalismus eben nur Gewinner und Sucker gibt und es somit darauf ankommt, immer auf der Seite der ersteren zu stehen. Nichts bildet diese Ideologie so gut ab, wie der Finanzmarkt und dabei ist es fast egal, ob man Pennystock- Memestock-, Devisenheini oder eben Crypto-Bro ist (sein Kollege Hopf ist z.b. eher im traditionellen Finanzmarkt unterwegs).

Seit der ungefilterten Öffnung des Finanzmarktes für die allgemeine Öffentlichkeit durch Crypto, aber auch Trading-Apps wie RobinHood oder Trade-Republic hat sich darum eine eigene Industrie von Life-Coaches, Selfhelp-Gurus und eben Finanz-Influencern entwickelt, die über ihre Kanäle die nächste Generation verunsicherter Jungs rekrutiert, so dass die Pyramide immer ihren Sockel austauschen kann. Einen guten Podcast mit Innenasichten dieser mentalen Tretmühle haben die guten Menschen von Wild Wild Web produziert.

Hoss ist kein böser Mensch, er verwechselt nur sein Glück genau zur richtigen Zeit in Bitcoin investiert zu haben, mit seiner eigener Kompetenz und versucht seither mit Kursanalysen-Voodoo seinen Erfolg zu reproduzieren. Er ist damit einer unter Millionen. Er ist eine tragische Figur aber hat halt tausende von Fans.

Spätestens mit der Hinwendung von Elon Musk (neben Jordan Peterson, Joe Rogan und Andrew Tate eines der großen Vorbilder in dieser Blase) zum harten Rechtsradikalismus sind faschistische Positionen in diesen Kreisen zumindest so weit normalisiert, dass ihnen alle Versuche, Nazis zu verhindern, suspekt sind. Sie empfinden das als autoritäre Einschränkung der Meinungsfreiheit und glauben, Demokratie hieße, mit allen (also vor allem mit Rechten) reden zu müssen.

Das bekommt man jedenfalls zu hören, wenn man bei Hoss & Hopf reinhört. Zwar ist vor allem Hopf ständig dabei, auch rechte Parolen und Verschwörungstheorien rauszuhauen (der Youtuber MARWIN hat sich die Mühe gemacht, einige seiner Claims zu debunken), aber im Großen und Ganzen geht es vor allem um Medienkritik an den Mainstream-Medien (oder was sie dafür halten), die teils sogar berechtigt ist, aber eben auch sehr einseitig und schlecht informiert.

Den Jubel darüber, dass Tiktok jetzt einen Account, der Hoss und Hopf promotet und 166.000 Follower hat, gesperrt hat, kann ich nicht teilen.

  1. Tiktok ist halt sehr opportunistisch bei seiner Moderation und sperrt einfach alles, worüber sich die Öffentlichkeit gerade aufgeregt. Dahinter stecken keine Prinzipien, oder eine Policy, sondern reine PR. Hoss und Hopf machen schlechte Inhalte, aber es gibt mit großem Abstand schlimmeres auf Tiktok.
  2. Zudem sind Hoss und Hopf gar nicht auf ihre eigene TikTok-Präsemenz angewiesen, denn ihre Strategie ist es, Geldbepreiste Ausschreibungen für Tiktok-Reichweiten zu machen, bei denen dann ihre jungen Fans mit hunderten von Accounts konkurrieren.
  3. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ihnen diese ganze Kampagne wenig schaden wird. Im Gegenteil. Für die jungen Männer bedeutet die Aufregung und die Zensurbemühungen nur, dass Hoss und Hopf erst recht attraktiv werden. Ich weiß, das ist eine Zwickmühle, aber ich denke, in diesem Fall müsste man sich tatsächlich inhaltlich engagieren, statt mit dem Nudelholz.

Was mich bei Hoss und Hopf – eigentlich bei allen diesen Männlichkeitsinfluencern – so kirre macht, ist ihre demonstrative Eindimensionalität. Mit ihren Lambos und ihrer geldfixierten Statusidee wirken sie wie zugespitzte Karikaturen von Männlichkeit und die Tatsache, dass ihnen dabei jede ironische Ebene fehlt, macht das ganze so gespenstisch wie Sora-Szenen.


Es gibt seit einiger Zeit vermehrt Bemühungen, den kulturellen Moment in dem das Internet gerade steckt, auf einer Metaebene einzufangen. Meiner Wahrnehmung nach fing das alles mit dem Text von Kyle Chayka im Guardian an. Chayka ist eigentlich New Yorker Autor und seine Thesen hat er auch im Buch „Filterworld“ weiter ausgeführt, das ich aber nicht gelesen habe. In dem Stück für den Guardian arbeitet er sich vor allem an dem Phänomen ab, dass überall auf der Welt – zumindest in Großstädten wie New York, Bangkok, Tokio, Berlin – ein ganz bestimmter Stil von Hipster-Coffeeshops zu finden ist. Seine These dazu ist, dass durch die indirekte algorithmische Vernetzung über Instagram, Tiktok und Co. eine ortsunabhängige Stil-Angleichung stattfindet, meistens gar nicht bewusst.

„My theory was that all the physical places interconnected by apps had a way of resembling one another. In the case of the cafes, the growth of Instagram gave international cafe owners and baristas a way to follow one another in real time and gradually, via algorithmic recommendations, begin consuming the same kinds of content. One cafe owner’s personal taste would drift toward what the rest of them liked, too, eventually coalescing. On the customer side, Yelp, Foursquare and Google Maps drove people like me – who could also follow the popular coffee aesthetics on Instagram – toward cafes that conformed with what they wanted to see by putting them at the top of searches or highlighting them on a map.“

Kultur, gefiltert durch Algorithmen, führt unweigerlich zu einem gewissen Streamlining von Formen und Stilen und es ist nicht immer leicht, sich zu dieser Dynamik zu verhalten. Es ist, als wären die Plattformen das neue Flussbett der Kultur, in dem die alltagskulturellen Artefakte wie Steine liegen, die durch den Fluss der vom Algorithmus koordinierten Interaktionen, immer runder geschliffen werden.


Auch Rebecca Jennings beobachtet auf Vox den Einfluss von algorithmischer Kuratierung auf die Kultur, doch nimmt sie die kulturellen Protagonist*innen selbst in den Blick, also Künstler*innen, Musiker*innen und Autor*innen. Heute, so scheint es, reicht es nicht mehr eine bestimmte Form der Ausdrucksweise zu beherrschen, denn alle müssen jetzt auch gleichzeitig Influencer*innen sein und ihr Leben vermarkten. Der Aufmerksamkeitsmarkt auf Tiktok und Instagram ist brutal und egal, welche Form von Kultur man auch herstellt, gilt es der inzwischen ebenfalls algorithmisch rundgeschliffenen Idee eines AutorsAutorin/Künstler*in oder Musiker*in zu entsprechen.

„Is the labor of self-promotion making art worse? It’s sort of impossible to argue this; the internet has abetted the creation and exposure of infinitely more art than ever before in human history. But with less separation between art and commerce, Montgomery says, “there’s some self-censorship that happens. If you’re a little too knowledgeable about PR, you start to become way too aware of things like posting schedules, and it’s impossible to be punk anymore.”

Das ist in der Tat eine empfindliche Einschränkung des Möglichkeitsfelds der Kultur. Ein Algo-Hustler kann alles mögliche sein, aber ganz sicher kein Punk.


Eine noch umfassendere Betrachtung des algoritmisch-kulturellen Moments hat David Marx vorgelegt. Er unterteilt die bisherige Kulturlandschaft grob in eine Makro-Mainstreamkultur und verschiedene Mikro-Kulturen:.

  • Macro: Mainstream-ready content created for large audiences by major TV and film studios, record labels, major newspapers, and monthly magazines
  • Countercultural Micro: Content made under avant-garde, experimental, or otherwise non-mainstream aspirations that tinkers with the underlying conventions of form and content in an attempt to push the medium forward; this culture tends to be championed in élitist media enjoyed by small but influential educated audiences
  • Minority Micro: Culture created within identity-based minority communities that had long been excluded from mainstream participation: e.g. early hip-hop, latin music, gay club culture
  • Laggard Micro: Cultural tastes among white lower middle-classes that hybridize stable folk traditions with popular trends at the end of their cycles, which tend to be loathed by macro gatekeepers: e.g. country music, Nü Metal, Larry the Cable Guy

Mit der Durchdringung der Kultur durch das Internet kommt nun eine neue Mikrokultur hinzu, die Marx „Macro-Taste Micro“-Kultur nennt. Also eine nicht-Mainstreamige, aber vom Geschmacksmuster her doch ziemlich herkömmliche Form populärer Microkultur. Sein Goto-Beispiel dafür ist Mr Beast, der als unabhängiger Medienmacher/Influencer mehr Leute erreicht, als große Fernsehsender mit ihren populärsten Sendungen. Mr Beast ist in keiner Weise irgendwie gegenkulturell, sondern macht keinen Hehl daraus, dass er erstens der Über-Algo-Hustler ist und damit zweitens in die Mitte der Mitte des Mainstreams greift, um die Massen des Massengeschmacks bei ihren faulsten Präferenzen zu greifen.


Eine Auffälligkeit bei Mr. Beast ist, mit welcher Vorsicht er politische Themen umschifft. Er weiß, dass jeder noch so kleine Pups ihn in Zeiten der Hyperpolitik über Nacht die Hälfte seiner Fanbase kosten könnte und mein Eindruck ist, dass ihm Politik egal genug ist, da nicht reingezogen werden zu wollen. Er ist mit dieser Strategie nicht nur der erfolgreichste Creator ever existed, sondern auch sowas wie der Idealuser für Plattformen wie Threads. Eigentlich hätte Threads gerne nur ein paar Hundert Mr. Beasts und wir anderen sollen uns bitte nicht zu laut über Politik streiten, wir stören nur die Vorführung. Willkommen im Post-Social Internet!


Aber wenn der aktuelle algoritmische Moment in der Kultur darin besteht, Hustlers, Hipstercafees, Autor*innen-Persönlichkeiten, Männlichkeitsbilder und zuletzt auch noch den „Mainstream“ zur Karikatur seiner selbst rundzuschleifen, bzw. zuzuspitzen, dann erklärt sich damit auch – zumindest zum Teil – der Rechtsrutsch bei jungen Männern. Auf eine Art hat sich der Hang zum Normarliären (Jonas Schaible) von den Boomern in die algorithmusgeschliffene kulturelle Semantik der Gen-Z geschlichen – zum Erstaunen von uns Gen-X und Millennials.

Die Abziehbildhaftigkeit dieser Männlichkeits-Semantik gleicht dabei wiederum den ephemeren Werten, die der Crytptomarkt „produziert“ und im nächsten Moment wieder vernichtet. So wie Crypto ein zur Karikatur zugespitzter Cargo Cult des Finanzkapitalismus ist, so ist diese algorithmisch-normalitäre Männlichkeit eine Verdichtung popkultureller Versatzstücke aus einer internalisierten Mainstream-Medienkultur. Es kondensiert dabei all die platten Sterotype, aber befreit sie gleichzeitig von jeglicher soziokultureller Einbettung und Begrenzung, in denen sie vorgefunden wurde. Es sind Signifikanten ohne Signifikat – also just another Bubble?

Die Fragilität dieser Semantik ist aber auch eine Chance. Die New York Times hatte schon 2021 ein lesenswertes Stück über Influncer Burnout. Viele wollen wieder ausbrechen (ist ja auch wahnsinnig anstrengend und wenig rewarding, jeden Tag ein „echter Mann“, ein „echter Autor“, eine „echte Künstlerin“ zu sein) und für diese Kids braucht es Angebote, in die sie ihre monströsen Identitäten sanft umkippen lassen können, um sie neu und selbstbestimmt wieder aufzubauen. Und wenn sie das schaffen, könnten sie zur immunisierten Speerspitze eines neuen Widerstands gegen die Hegemonie algorithmischer Verflachung und Rechtsverschiebung werden …

Okay, okay, I got carried away …

Aber ganz ohne Scheiß: bitte, bitte gebt die Jugend nicht auf!

Die Strategie der Hamas

Ronen Steinke war beim Podcast Piratensender Powerplay, um über den Nahostkonflikt zu sprechen und obwohl ich beide sonst sehr schätze – also den Podcast mit Samira und Friedemann genau so wie die Texte von Steinke – muss ich sagen, dass ich etwas erstaunt war, wie unterkomplex die abgelieferte Analyse war.

Steinke übernimmt weitgehend das Framing der Israelischen Regierung, das ungefähr so lautet:

Israel wurde angegriffen und verteidigt sich nun gegen die Hamas, die zumindest auch als eine ordentliche Armee gelten kann. Die Hamasarmee aber ist feige und versteckt sich aus taktischen Gründen unter der Zivilbevölkerung, was die IDF vor ein Dilemma stellt, bei dem es nur schlechte Lösungen gibt. Da es für Israel aber um einen Existenzkampf geht, ist die bevorzugte schlechte Lösung eben das kollaterale Töten von tausenden unschuldigen Palästinensern. Aber sobald die Hamastruppen endlich besiegt sind … dann … naja, ab hier bricht das Framing ja meistens ab.

Zuerst: Es ist absolut verständlich, warum das die israelische Regierung so kommunizieren will, aber es ist eine offensichtliche Fehlanalyse der strategischen Situation und niemand tut sich einen Gefallen, es zu übernehmen. Auch Israel nicht.

Um sich zu vergegenwärtigen, wie schnell dieses Framing auseinanderfällt, muss man nur mal zwei Sekunden in die Hamas hineinversetzen und fragen:

Glaubt die Hamas, die IDF militärisch besiegen zu können? Sieht sich die Hamas als Armee überhaupt mit der IDF im Krieg? Noch allgemeiner: Ist der Feind der Hamas die IDF?

Wer hier eine der Fragen mit ja beantwortet, ist – sorry – nicht ganz bei Trost. Natürlich weiß die Hamas um ihre eigene militärische Unterlegenheit. Natürlich sieht sie sich nicht im Kampf mit der IDF in einem Sinne, wie sich zum Beispiel die ukrainischen mit den russischen Truppen sehen. Natürlich geht es der Hamas nicht darum, die IDF militärisch zu schlagen.

Das Ziel des Kampfes der Hamas ist nicht ein Sieg über die IDF. Das Ziel der Hamas ist ein Sieg über den Staat Israel. Und die IDF ist dabei ihr wichtigstes Werkzeug.

Und hier kommen wie zum Kern des Denkfehlers. Ronen Steinke bezeichnet Hamas’ Untertauchen in der Zivilbevölkerung als „Taktik“. Das ist schlicht falsch. Es nicht ihre Taktik, sondern ihre Strategie. Die Verwechselung von Taktik und Strategie wirkt wie eine Kleinigkeit, aber die Folgen dieses Missverständnisses sind immens.

Als Taktik funktionieren Zivilist*innen als Schutzschild eher leidlich und – um ehrlich zu sein, glaube ich schon lange nicht mehr, dass das bei der IDF noch irgendwelche Beißhemmungen auslöst.

Aber als Strategie funktioniert es wunderbar. Tausende, Zehntausende von Menschen sterben. Unschuldige, Frauen und Kinder. Und die Hamas weiß, dass jedes dieser Opfer Israel massiv schadet, seine Legitimität in der Welt angreift und seine Sicherheitslage gegenüber seinen Nachbarn drastisch reduziert. Bishin zu den allgemeinen Befürchtungen, dass der Krieg sich ausweitet, so dass Israel einen Mehrfrontenkrieg führen muss, was ein ganz anderer Schnack ist, als sich durch das überfüllte Flüchtlingslager zu manschen, das einmal der Gazastreifen war.

Die toten Zivilist*innen sind nicht etwas, was die Hamas in ihrem Kampf gegen die IDF hinnimmt, um sich selbst zu schützen (Taktik). Die Toten sind das Ziel (Strategie). Die Toten sind der Hebel, mit dem die Hamas glaubt, den eigentlichen Feind, nämlich den Staat Israel, endgültig von der Landkarte tilgen zu können. Und diese Strategie ist alles mögliche: zynisch, brutal, fanatisch, verbrecherisch, aber sie ist eines nicht: dumm.

Ich weiß nicht, ob die Hamas ihr strategisches Ziel erreichen wird. Aber derzeit sieht alles danach aus, als ob ihrer Strategie zumindest nichts im Wege steht. Netanyahu und die IDF spielen ihre Rollen makellos und die öffentliche Meinung im Rest der Welt scheint sich wie vorhergesehen mit jedem Toten in Gaza immer stärker gegen Israel zu wenden. Überall rumort es und die Spannungen und die Gewalt in der Region steigen kontinuierlich. Jeder taktische Gewinn Israels ist ein strategischer Gewinn der Hamas.

Nochmal: Wir wissen nicht, wie dieser Konflikt ausgeht. Aber derzeit könnte es nicht besser laufen für die Hamas.

Von all dem erfährt man in dem Interview im Piratensender leider gar nichts.

Newsletter No. 2

Willkommen bei Krasse Links No 2. Ich bin selbst etwas erschrocken wie lang der Newsletter geworden ist, aber ich habe auch einfach unterschiedliche Dinge ausprobiert. Gebt gern Feedback, was euch gefallen hat und worauf ihr verzichten könnt. 🙂


Alexandra Föderl-Schmid wurde wieder lebend aufgefunden und ich muss sagen, dass mir ein Stein vom Herzen fiel. Die Vize-Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung wird derzeit bezichtigt, in ihrer Doktorarbeit plagiiert zu haben; ein Vorwurf, der seit dem Fall von Guttenberg ein eigenes politisches Genre geworden ist und schon so manche Karriere zerstört hat. Doch es hat sich seitdem auch einiges verändert. Waren es damals wirklich empörte Hobbyisten, die ein tatsächlich komplett zusammengefriemeltes Plagiatspatchwork entlarvten, ist daraus heute ein Geschäftsmodell und – noch wichtiger – ein relevanter Nebenschauplatz im Kulturkrieg geworden. So wurden die aktuellen Recherchen vom rechtsradikalen Videoblogger Julian Reichelt beauftragt und von Stefan Weber durchgeführt, der sich bereits in der Vergangenheit als Plagitatsjäger mit Kulturkampfmission geoutet hat. Dass es Föderl-Schmid erwischt hat, ist – glaubt man rechten Medientröten – auch kein Zufall, jedenfalls wird es dort als Retourkutsche gesehen, weil die SZ angeblich eine vergleichbare Kampagne gegen Alice Weidel gefahren hat. Dass beides – also die angebliche Kampagne der SZ gegen Alice Weidel und die Vorwürfe gegen Föderl-Schmids Doktorarbeit – wenig Substanz haben, sollte zwar allen klar sein, kann aber einerseits bei Ubermedien und andererseits beim Falter nachgelesen werden.

Barbara Tóth vom Falter sieht in der Berichterstattung um den Fall journalistisches Versagen, aber ich glaube einfach, dass dieses Spiel nicht zu gewinnen ist. Das Hin- und Her der Plagiatsvorwürfe ist für normale Menschen unmöglich nachzuvollziehen und selbst geübte Akademiker*innen müssten sich dafür in die Arbeiten stürzen und den Vorwürfen im Einzelnen nachforschen. Am Ende stehen also die unterschiedlichen Vorwürfe augenscheinlich gleichberechtigt gegeneinander und gewonnen hat, wer am lautesten Schreit und die loyalste Fanbase hat. Plagiatsjägerei ist jetzt also ein strategisches Asset der Rechten. Deal with it.


Google hat endlich die Ultra-Variante seines Gimini Modells zugänglich gemacht. Damit steht das erste mal ein Chatbot zur Verfügung, der auf Augenhöhe mit OpenAIs GPT-4 konkurriert. Gimini Ultra ist in vielen Dingen ebenbürtig, aber doch in einigen schlechter und in manchen besser als GPT-4. Beide werden für ca $ 20 pro Monat angeboten. Da GPT-4 aber bereits ein Jahr alt ist, wirkt auch diese Aufholjagd alles andere als entschieden und im Januar war zu hören, dass GPT-5 bereits im Training ist. Jedenfalls wollte ich zu diesem Review auf Youtube linken (dessen Channel AI Explained, man sich zu dem Thema durchaus abonnieren kann) und dieser Einschätzung von Ethan Mollick, dessen Newsletter One Useful Thing ebenfalls eine warme Empfehlung ist.

Ich persönlich bin nach wie vor erstaunt, wie schwer sich Google tut, in Sachen KI die Führung zu übernehmen. Daher hatte ich letztens die Idee entwickelt, dass Google vielleicht gut daran täte, einen ganz anderen Approach zu fahren. Was, wenn sie ihre Ressourcen der KI-Forschung voll darauf konzentrieren, KI-Spam zu erkennen und damit ihr Core Business schützen: die Googlesuche auf Grundlage des freien Webs? Das wirkt zwar auf den ersten Blick ziemlich konservativ, aber meine Vermutung ist, dass es mit der zunehmenden Vermüllung des Netzes durch generative KIs eine ganz neue Nachfrage nach aufrichtig menschlichem Content geben wird und Google könnte the only Game in Town sein, genau das zu liefern?


Nicht nur die Google-Suche ist kaum mehr zu benutzen, sondern überall im Internet  scheint irgendwie alles schlechter zu werden. Cory Doctorow hat dafür den Term „Enshittification“ (beste Übersetzung bisher: Verschlimmscheißerung) geprägt und seine Theorie dazu gleicht mehr oder weniger meiner Theorie des Plattformlebenszyklus, die ich in meinem Plattformbuch ein Jahr zuvor aufgestellt habe. Kurz gesagt werden Plattformen immer beschißener, weil der Monetarisierungszwang die Betreiber dazu incentiviert, immer mehr von dem Wert, den eine Plattform schafft, für sich selbst abzuschöpfen (indem sie Zugänge versperrt, alles mit Werbung zukleistert, oder die Preise ins absurde erhöht). In meiner Theorie heißt das dann schlicht Extraktionsphase aber ich erkenne neidlos an, dass Enshittification das weitaus bessere Wort ist.

Nun bin ich auf eine andere Theorie gestoßen, die ebenfalls zumindest einen Baustein der Enshittyfícation erklärt: The Tyranny of the Marginal User. Ivan Vendrov, selbst Mitarbeiter bei Google, beschreibt den Prozess sozusagen aus der Binnenperspektive. Wenn ein Dienst sehr erfolgreich ist, richtet sich dessen Weiterentwicklung darauf aus, das Scheue Reh des „Grenznutzers“ einzufangen, also jenen Nutzer, der wenig Stakes im Dienst hat, die App mal ausprobiert und dann bleibt oder vielleicht doch nicht. Der Grenznutzer, von Vendrov auch liebevoll ‚Marl‘ genannt, ist sofort abgeschreckt von zuviel Einstellungsptionen und technischem Zeug und muss sofort an seiner Aufmerksamkeit durch den grellsten Content gezogen gezogen werden.

Marl’s tolerance for user interface complexity is zero. As far as you can tell he only has one working thumb, and the only thing that thumb can do is flick upwards in a repetitive, zombielike scrolling motion. As a product designer concerned about the wellbeing of your users, you might wonder – does Marl really want to be hate-reading Trump articles for 6 hours every night? Is Marl okay? You might think to add a setting where Marl can enter his preferences about the content he sees: less politics, more sports, simple stuff like that. But Marl will never click through any of your hamburger menus, never change any setting to a non-default. You might think Marl just doesn’t know about the settings. You might think to make things more convenient for Marl, perhaps add a little “see less like this” button below a piece of content. Oh boy, are you ever wrong. This absolutely infuriates Marl. On the margin, the handful of pixels occupied by your well-intentioned little button replaced pixels that contained a triggering headline or a cute image of a puppy. Insufficiently stimulated, Marl throws a fit and swipes over to TikTok, never to return to your app. Your feature decreases DAUs in the A/B test. In the launch committee meeting, you mumble something about “user agency” as your VP looks at you with pity and scorn. Your button doesn’t get deployed. You don’t get your promotion. Your wife leaves you. Probably for Marl.

Wenn sich alles den Bedürfnissen von Marl unterordnet, ist es eben kein Wunder, wenn alles immer beschißener wird. Fick dich einfach, Marl!


Die Apple Vision Pro hat eine Menge wirklich guten Techjournalismus getriggert und wir wurden überschwemmt mit lesenswerten und kritischen Reviews (Beispielhaft das lange und detaillierte Review von the Verge). Aber meiner Meinung nach hat Beeple, der Netzkünstler, der den NFT-Hype mehr oder weniger singlehandedly ausgelöst hat, den interessantesten Take zur Apples Vision Pro auf Instagram veröffentlicht. Seiner Meinung nach wird der Formfaktor, mehr noch als die Technologie entscheidend für die Adaption sein und ausgerechnet hier hat Apple die größten Kompromisse gemacht.

I was really hoping Apple would start to normalize wearing a computer on your face by making a computer you actually want to wear on your face. I wanted an Apple Watch on my face, they gave me a MacBook Pro. hard pass.

Apples traditionelle Rolle war eigentlich immer: Warten bis eine Technologie reif genug ist, um damit ein minimal viable Product zu bauen, das die Leute tatsächlich haben wollen und dann das Produkt entlang der technischen Möglichkeiten Schritt für Schritt ausbauen. Interessanter Weise sieht Beeple diesen Ansatz jetzt eher bei Meta verwirklicht:

I’m shocked to be saying this, but I think Meta is on the right track with their Ray Bans. Start very LIGHT and ADD functionality from there as technology allows.

Ich für meinen Teil bin noch nicht mal überzeugt, dass das Konzept „Gesichtscomputer“ (können wir diesen Term normalisieren, statt den ganzen XR, AR, VR, Spacial Computing Marketingbullshit zu übernehmen?) überhaupt eine Zukunft hat, die über ein bis zwei Stunden Nutzung pro Woche hinausgeht.


Tucker Carlsons Reise nach Moskau hat seit seiner Ankündigung für enormes Aufsehen in der liberalen Mediensphäre gesorgt, was verständlich, aber wenig hilfreich ist. Zum einen, weil wir schon lange wissen, dass die Wut liberaler Medienmacher das Grundnahrungmittel rechter Kulturkrieger ist. Zum anderen war schon bei der Ankündigung erwartbar, dass das ganze ein publizistischer Rohrkrepierer werden würde.

Doch nun bin selbst ich überrascht, wie konsequenzlos das eigentliche Interview war. Ich selbst habe es mir nicht angetan, aber ziemlich alle die es gesehen haben, berichten unisono von vor allem gähnender Langeweile. Putin reagierte kaum auf die Fragen, sondern spulte sein übliches inkohärentes Rumgemotze voller geschichtsrevisionistischem Bullshit und „warum ist der Westen so gemein zu mir?“-Gejammer ab, was man von praktisch jeder seiner Pressekonferenzen kennt. Die einzige Stelle des Interviews, die meiner Wahrnehmung nach die Relevanzschwelle etwas überstieg, war Putins spitze Bemerkung, dass er Carlson für zu dumm für CIA hält. Man kann ja von Putin halten was man will, aber in Geheimdienstangelegenheiten spreche ich ihm eine gewisse Kompetenz zu.

Jedenfalls scheint auch im Kreml die Meinung vorzuherrschen, dass das Interview ein Schuß in den Ofen war und daher fühle ich mich sehr viel wohler, es hier zu thematisieren. Der besten Take, der mich erreicht hat, kommt vom Videoblogger Vlad Vexler, einem intellektuellen Exilrussen, der regelmäßig russische Angelegenheiten analysiert. Money Quote:

„What this was, was a human being ludicrously victimized by his own unfiltered power. He presented the farcical self imposed prison, he is in.“

Wir lernen: der größte Gewinn des Interviews für Carlson und Putin war die Aufregung um dessen Ankündigung und in einer besseren Welt hätten wir die auch einfach verweigern können.


Die wichtigste technologische Neuerung, die der Urkainekrieg bisher hervorgebracht hat, ist die Verwandlung von Konsumenten-FPV-Drohnen in eine kriegsentscheidende Waffe. FPV (also First Person View)-Drohnen werden einerseits zur Aufklärung aber noch viel wichtiger, als eine Art ferngesteuerte Artillerie verwendet. Während normale Artillerie mehr oder weniger gesteuert auf ihr Ziel plumpst, kann eine FPV-Drohne ihr Ziel geradezu jagen, bis in die Eingänge von Häusern oder Bunkern hinein. Und sie ist dabei noch um einige Größenordnungen billiger als sogar „dumme“ Artilleriemunition. Nicht nur die Ukraine, sondern auch Russland setzt immer mehr auf Konsumemten-Drohnen und gleichzeitig arbeiten beide Seiten an Gegenmaßnahmen. Das sind vor allem sogenannte „Jammer“, die das elektromagnetische Spektrum, das die FPV-Drohne zur Kommunikation brauchr, stören sollen, was wiederum dazu führt, dass intensiv an Gegen-Gegenmaßnahmen gearbeitet wird, usw.

Eine absehbare Entwicklung, die sich aus dieser Gemengelage ergibt und an der ebenfalls unter Hochdruck gearbeitet wird, sind KI gesteuerte Drohnen, die ihr Ziel selbst finden, verfolgen und angreifen können und so im Zweifel gar kein Funksignal mehr benötigen. Ist eine solche Technologie erstmal da, wird sie – weil Software – sehr schnell und günstig ausgerollt und skaliert werden und setzt dann auch noch enorme personelle Kräfte frei, weil es dann ja auch weniger Drohnenpilot*innen braucht. Es ist also komplett nachvollziebar, warum beide Seiten diese Technologie unbedingt haben wollen und ich bin mir sehr sicher, dass wir sie noch dieses Jahr auf dem Schlachtfeld im Einsatz sehen werden. Ausgerechnet Ex-Google CEO Eric Schmidt engagiert sich, diese Technologie möglichst günstig für die Ukraine bereitzustellen. All das und noch einiges mehr erfährt man in diesem Times-Artikel (hier eine entpaywallte Version).

Mich persönlich erschreckt am meisten der Gedanke, dass dieser Kriegstechnologie der Reentry in den Consumer-Markt geradezu eingeschrieben ist und ich frage mich, wie lange es dauert, bis wir ihren Einsatz außerhalb von Konfliktgebieten erleben werden.


Die Bildungsstätte Anne Frank hat einen umfangreichen und lesenswerten Bericht über die Radikalisierung Jungendlicher zum Nahostkonflikt auf Tiktok veröffentlicht.

Die Beispiele, die der Bericht gibt, sind alarmierend und ohne Frage geht da eine beunruhigende Veränderung bei jungen Menschen in der Haltung zu Israel mit einem Anstieg von Antisemitismus und Verschwörungstheorien einher. Ich bin aber skeptisch, ob der Anteil von Tiktok oder der Algorithmen im Allgemeinen so groß ist, wie der Bericht glauben macht.

Ezra Klein verweist immer wieder darauf hin, dass die Sicht auf Israel generational unterschiedlich ist. Der ganz alten Generation steckt noch der Holocaust in den Knochen und für sie ist Israel vor allem ein Projekt zur Rettung von Juden auf der ganzen Welt. Die Boomer-Generation verbindet mit Israel ein abenteuerliches, fast utopisches Projekt eines kleinen, fragilen Staates (damals teils mit sozialistischen Anwandlungen), der sich in einem sehr feindseligen Umfeld behaupten muss. Meine Generation (let’s say Xennials) ist vor allem von den vielen gescheiterten Friedensbemühungen geprägt und schaut desillusioniert nach Israel als diesen unlösbaren, tragischen Konflikt. Aber die Generation der jungen Millennials bis Gen-Z hat Israel nur und ausschließlich als dominanten Player in der Region und als brutales Besatzungsregime erlebt, das keinen Funken Friedenswillen zeigt und sich in Politik und Rhetorik immer weiter radikalisiert. Ist es da ein Wunder, dass diese Generation ganz anders auf diesen Konflikt schaut?

Nochmal. Ich will den grassierenden Antisemitismus und die absurden Verschwörungstheorien, die dabei aufgewirbelt werden, nicht klein reden. Und ja, ein Medienumfeld, das inhaltlich schier unendlich, aber wenig institutionalisiert ist und das rein auf Viralität optimiert ist, ist dabei sicher nicht hilfreich. Aber rein didaktisch ist es halt auch eine Herausforderung, den Jugendlichen beizubringen, dass „#israelkindermörder“ eine antisemitische Trope ist, die man auf keinen Fall verwenden darf, während sie in den Nachrichten sehen, wie die IDF über 10.000 palästinensische Kinder tötet. (Nicht, dass ich nicht trotzdem einschreiten würde. Etwa so: „Ja, es ist BEIDES wahr! Das Narrativ der „Kindermörder“ ist ein uraltes und völlig an den Haaren herbeigezogenes antisemitisches Motiv UND ja, heute, hier und jetzt, tötet Israel tausende von Kindern. So ist die Welt. Sie ist fucking kompliziert!“)

Antisemitismus ist eine vertrackte Form von Menschenfeindlichkeit, weil sie über die Jahrhunderte kultiviert und tradiert wurde und es braucht ein halbes Studium, all die Tropen, Metaphern und Symbole zu erkennen, die ihn ausmachen. Gleichzeitig ist die Lage in Gaza objektiv katastrophal und man muss den Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihren Schrecken zu artikulieren und politisch zu diskutieren. Dabei muss natürlich antisemitischen Äußerungen entgegengetreten werden, doch dafür wäre zumindest eine trennscharfe Definition nötig, die auch Raum für Kritik an Israel und ja, auch Raum für die Forderungen der Palästinenser*innen lässt. Das ist in der deutschen Debatte zumindest fragwürdig, wie auch dem Verfassungsblog aufgefallen ist. Mir graut davor, dass eine ganze Generation gegen den Antisemitismusvorwurf desensibilisiert wird, während der Antisemitismus überall auf der Welt eskaliert.


Die Welt erscheint heute ganz natürlich im Schein von Milliarden LEDs, doch die Geschichte dahinter ist durchaus spannend. Also nicht die Geschichte der LED-Technologie ansich, die schon über 60 Jahre alt ist, sondern genauer, die Geschichte der blauen LED, die – das Farbspektrum ergänzend – auch die weiße LED erst ermöglicht hat – und damit sowohl unsere allgegenwärtigen Screens, als auch das vorherrschende Beleuchtungsparadigma unserer Zeit.

Die Blaue LED wurde lange Zeit für unmöglich gehalten, aber Shuji Nakamura, ein Angestellter einer mittelständischen Elektronikfirma in Japan, gab nicht auf und erst mit der Kombination mehrerer wirklich komplizierter technologischer Durchbrüche gelang es ihm 1993, die erste blaue LED herzustellen. Das Video erklärt nicht nur die Funktionsweise von LEDs und die faszinierenden Herausforderungen beim bauen von blauen LEDs, sondern erzählt darüber hinaus die unglaubliche Geschichte ihres Zustandekommens.

Nakamura musste hinterher seinen ehemaligen Arbeitgeber verklagen, um wenigsten 3 Millionen US-Dollar zu bekommen, für den Mulitimilliardemmarkt, den er erschaffen hat. Das vergleiche man mal mit dem zweitreichsten Mann der Welt, dessen wesentliche Lebensleistung darin besteht, zur richtigen Zeit eine Autofirma gekauft zu haben. Wie immer: Der Markt regelt.

Im Gespräch mit … Michael Seemann (Audio)

Der Podcast, den ich mit Martin Burckhardt aufgenommen habe, ist nun auch als … naja, richtiger Podcast verfügbar. Dort gibt es auch viele andere nette Gespräche.

Und seinen Blick auf den sich abzeichnenden Krypto-Hype geschärft. Und so ist (neben einer Videopremiere bei ex nihilo) ein höchst anregendes Gespräch über die Bitcoin-Blase, den Netzwerkeffekt und den Kontrollverlust der klassischen Institutionen entstanden.

Quelle: Im Gespräch mit … Michael Seemann (Audio)