Zuschauer

Manchmal kribbelts mir in den Fingern. Da les ich Diskussionen, die ein wenig abgleiten, dann emotional ausarten, schließlich sophistisch aufbrausen und dann eine pointierte Wendung nehmen. So mag ich das. Gerne bin ich bei so was ja aktiv dabei. Aber wenn sich zwei Stammgäste in meiner Stammkneipe wirklich anpissen, dann halt doch ich besser den Rand. So was wird ja immer gern als Anlass genommen, einen völlig ohne Grund zu hassen und ich will doch lieber geliebt werden und vor allem will ich mich nicht annörgerln lassen.

Nun ja, es ist aber doch schon manchmal sehr schwer sich rauszuhalten, vor allem, wenn sich einige in ihren philosophischen Sophismen verstricken, die sie ganz offensichtlich selbst nicht verstehen. Aber ne, ich lasse es lieber, schaue lieber ganz unbeteiligt zu, was noch so passiert.

Anders ein unbeteiligter und zufällig des Weges kommender und sehr beflissener und dazu noch mit dem Segen einer so wundervollen wie unprätentiösen Sprache ausgestatteter und und und … Besucher. Kurz undundund. Der kommt und spricht und trifft, dass es eine Freude ist. Glückwunsch und danke, ich hab mich köstlich amüsiert. Auch euch viel Spass.

Erinnerung

Nie wieder können wir Vergessenes ganz zurückgewinnen. Und das ist vielleicht gut. Der Chock des Wiederhabens wäre so zerstörend, daß wir im Augenblick aufhören müßten, unsere Sehnsucht zu verstehen.

Walter Benjamin

—————DADA————–

Das aus der Entenkeule geronnene Fett verteilte sich um ihren Mund und ließ die Haut rund um ihre Lippen im Kerzenlicht glänzen. Sauce war auf ihren Pullover getropft und breitete sich dort immer weitflächiger und mit der obligaten, hellen Fettumrandung aus. Ab und zu wischte sie sich abwesend die glänzenden Hände an den Oberschenkeln ab, während ihre Zähne schon den nächsten Fleischfetzen vom Knochen rissen. Zu Anfang hatte sie sich noch die Mühe gemacht Messer und Gabel zu benutzen, aber schon nach kurzer Zeit wurde sie vom eigenen Exzess übermannt. Sie achtete nicht mehr auf mich, nicht auf die feierlichen Kerzen, auf die weiße Tischdecke, das romanische Ambiente. Sie vergaß alles um sich herum. Sie wirkte merkwürdig deplaziert, so wie sie schlang, so wie sich beinahe suhlte im Essen.

Einmal, ganz kurz, schaute sie zu mir auf und ich war sofort peinlich berührt. So etwa wie jemand, der gerade aus versehen in die besetzte Damentoilette gestolpert ist. Es war, als ob ich sie in einem ihrer intimsten Momente beobachtet hätte. Ich erwartete sogleich, ihr den Schock aus den Augen zu lesen. Aber da war nichts. Kein Zeichen des Ertappt-worden-seins, keine Reue und keine Scham. Merkwürdig selbstsicher und mit leuchtender Gier griff sie über den Tisch – an mir vorbei – in die Schüssel mit den Oliven. Und weg war sie. Sie verschwand förmlich im Essen, oder besser im Akt des Essens, der sie hineinzog in den Schlund jener Leidenschaft, an der ich keinen Anteil hatte. Nicht sie war es, die aß, das Essen aß sie. Sie aßen einander. Mir wurde schlecht.

Ich überlegte kurz, ob ich etwas sagen sollte, vielleicht um ein Gespräch zu beginnen. Ich wagte es nicht. Sie war in anderen Sphären, in den schmierigen Sphären des schweren Fettgeruchs, der kehligen Schmatzer und der gurgelnden Wollust. Sie war verloren. Unendlich fern. Ich hatte keinen Zugang zu ihr. Sie spuckte den Knorpel über den Tisch und mir fast auf den Schoß. Sie warf mit einer ausladenen Geste die abgeknabberten Knochen einfach zu Boden. Sie kaute kaum und wenn, dann mit offenem Mund. Sie schmatzte. Als wieder einmal ihre Haare auf den Teller fielen, wurden sie mit einer mechanisch wirkenden Geste wieder hinter das Ohr gestrichen. Ein kleines, verlorenes Stückchen Entenhaut blieb ihr dabei am rechten Ohrläppchen hängen. Verklebt mit ein paar hängengebliebenen Haaren. Einmal stieß sie in einer zu hastigen Bewegung ihren Rotwein um. Sie bemerkte es nicht einmal.

Akribisch zerstampfte sie noch die letzten Kartoffeln, um die Reste der Sauce aufzunehmen. Als sie fertig war, leckte sie den Teller ab. Fein säuberlich ertastete ihre Zunge noch die kleinsten Essensreste und umspielte sie genüsslich. Eine Mischung aus Rotkohl und Sauce perlte noch von ihren schimmernden Wangen, als ich die Rechnung orderte.

Es ist schon Samstag

… und ich hab das Internet immer noch nicht durchgelesen …

Ich bin ein Gutmensch

Es ist also passiert. Einfach so. Das Tabu ist gefallen, es liegt am Boden und die Menschen gehen darüber hinweg, wie über einen Fußabtreter. Das als unveräußerlich gedachte Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit steht jetzt zur Disposition. Die Folter ist nicht mehr Tabu. Man diskutiert es eifrig auf beiden Seiten des Atlantiks. Zack! Und ausgeträumt ist der Traum von den „universalen“ Menschenrechten.

Die naiven Idealisten, die dachten man könne daran nicht rütteln, diejenigen, die meinten es gebe unumstößliche, ideale Werte, welche als unbezweifelbare, undiskutierbare Entitäten das menschliche Moralempfinden determinieren, sie alle stehen nun da, wie begossene Pudel. Ja, im Grunde tragen sie eine nicht geringe Mitschuld am diesem Untergang der Menschenrechte. Sie waren sich ihrer zu sicher.

Für die Langsamen:
Es gibt keine idealen Moralvorstellungen! Es gibt keine transzendentale Ethik! Kapiert das endlich!

Ethik muss erkämpft werden. Und zwar jeden Tag, an jedem Ort, immer wieder aufs Neue!

Und weil ich genau das auf meine Weise zu tun gedenke, bin ich ein Gutmensch.

unerreicht Wissbares

„Sie müssen ihre Lippen deutlicher Bewegen“, sagte der Stumme. „Sonst kann ich Sie nicht riechen.“
Es bleibt die Frage, wie man die Tomatensauce richtig auf die Nudeln aufteilt, damit man sie bis zum Schluss genießen kann.

Liebe Blogleser,

ich weiß, ihr seid nicht viele und meist auch selber Blogger, aber seid gewiss: ich hab euch trotzdem lieb!

Notfallplan

Ein Deutscher Staatsbürger wird entführt.

Möglichkeit A – von Irakern:
Laut aufschreien, Appelle an die Entführer, Kommission einrichten, scharf verurteilen ….

Möglichkeit B – von Amerikanern:
Stillhalten, vertuschen, augenzwinkerndes Einverständnis geben …

[Wenn es dann doch rauskommt, siehe A ]

Entstelltes Ich

Es ist so weit: Ich bin am Arbeiten. Zwanzig Seiten letzte Woche und nun geh ich schon mit meiner Magisterarbeit ins Bett. Aber nicht um zu schlafen. Wache Nächte und dekonstruktive Träume. Aufstehen, tun, machen, schreiben. Ich brauche keinen Kaffee mehr um wach zu sein. Die Augenringe bekomme ich damit eh nicht weg.
Eingehen und Verschwinden … weg – Also dann, bis später, sagt euch: … ich weiß es nicht mehr

Scheiß drauf!

Ja ich gebs zu, ich war nicht bei der Lesung. Und es tut mir leid,… nein, nicht für euch, für mich natürlich. Ich wär echt gerne da hingegangen, aber ich bin im Stress. Scheiß aufs Bloggen also, scheiß auf Lesungen, scheiß auf Kultur. Ich bin schließlich werdender Kulturwissenschaftler, da kann ich mir sowas nicht erlauben! Gerade nicht. Scheiß auf mich, scheiß auf mein Blog. Die Arbeit muss jetzt feddich werden, endlich. Bis dahin … Scheiß ich auf alles.