Konferenzen

Von allen Bluesgesängen über das Bloggen – was es mal war, für einen persönlich, oder wie man es sah, als Phänomen, oder auch nicht – ist der schönste, der Vortrag von Peter Praschl auf dem ZKM.

Obwohl ich weit nicht so lange dabei bin, kann ich doch von mir behaupten, die Ausläufer dessen erlebt zu haben, von dem er spricht. Denn ja, es ist eine untergegangene Welt, irgendwie. Ein kleine literarische Welt, eine – man kann sagen – intime Welt. Und ja, es war vor allem auch diese Welt, die mich im Mitte 2005 für das Bloggen begeisterte.

Mal anders gefragt: Was ist eigentlich aus den Blogleseungen geworden? Es gab eine Zeit, da traf man sich, um sich gegenseitig aus seinem Blog vorzulesen. In einem kleinen netten Kaffe mit ein, zweihundert Leuten. Manche fanden das albern und klar diente eine solche Veranstaltung doch mehr dazu, sich kennenzulernen. Ein Gesicht hinter der Geschichte zu haben, eine Stimme über dem Text.

Heute gibt es Barcamps (und Ähnliches). Da geht es um alles mögliche, aber selten ums Bloggen. Da geht es um die neuste Web2.0 App. Darum, ob Investor A in Startup B investieren will. Es geht um Jobs und es geht um Relevanz. Die erste Frage auf diesen Veranstaltungen ist: „Was machst Du?“. Man ist dort nicht als Blogger, nicht mal Mensch, man ist ein „Kontakt“. Wenn man ein eigenes Startup hat, oder Geld zum investieren, dann ist man im besten Fall ein „guter Kontakt“. Ich mag kein Kontakt sein. Nichtmal ein guter. Mir ist das zu wider so wahrgenommen zu werden.

Nein, es muss keine Lesung sein. Es kann auch über Technik und Markt und über Web2.0 gesprochen werden. Aber es gibt auch noch diese anderen. Die, die einfach nur bloggen (TM). Die sind zunehmend genervt, dass überall, wo man sich zu treffen hofft, der Businessschwarm schon lauert und Techblogger die Agenda bestimmen. Klar. Es gibt eben Menschen, die wollen mit dem Krams Geld verdienen, der anderen einfach nur Spass macht. Gegen deren Ellenbogen ist man machtlos, denn während man selber eine nette Zeit haben will, kämpfen sie ihren Kampf ums täglich Brot. Ich kann das irgendwie verstehen, aber es ist nun mal nicht mein Ding.

Ich bin nur ein Nutzer, ich will nicht mal sagen Blogger, denn dazu nutze ich zu viele andere Tools. Ich bin eine dilettantische Rampensau. Ich bin ein Hobbyscheißeschreiber, Amateur-Dauerkommentierer des Weltgeschehens, ein mißmutiger Hinkotzer meiner Gedanken. Am Web2.0 interessiert mich nur und ausschließlich, was ich damit machen kann, nicht wie das Businessmodell dahinter aussieht. Auch das muss man nicht toll finden. Aber ich fände es toll, mal nur mit Leuten zu quatschen, denen das auch so geht. Denn von meiner Art, da bin ich sicher, gibt es noch eine Menge mehr.

Es sieht so aus, als hätten wir unser Forum verloren. Als wären wir heimatlos. Das Ziel verloren. Die Richtung. Vielleicht deswegen der Blogblues.

Natürlich ist das alles Schwachsinn. Hier im Netz gibt es Platz für alles. Es gibt kein Thema, das keine Leser fände. Es gibt kein Bedürfnis, dass man hier nicht ausleben könnte. Und wer braucht schon ein Forum, wenn er ein Blog hat 😉

Und wenn zu wenig „einfach nur Blogger“ auf den Konferenzen sind, dann liegt das an den „einfach nur Bloggern“, die sich weigern, dort hinzugehen, weil sie fürchten, dass ihnen die Businesstypen auf den Sack gehen. Self fullfilling prophecy, sag ich da nur.

Die Re:publica08 ist als Bloggerkonferenz gedacht. Sie ist das Forum, sich im Reallive zu sehen und kennenzulernen. Sie ist keine Networkingveranstaltung für Startups und keine Jobbörse für Web-Entwickler. Es sei denn, wir lassen das zu – durch unsere Abwesenheit.

Also wer jetzt schon im Vorfeld herumnölt, dem möchte ich sagen, dass es in unserer Hand liegt, was dort passieren wird. Denn eine Konferenz lebt von ihrem Publikum. Und falls dann wieder eine Session über Werbung in Blogs kommt, dann gibt es diesmal hoffentlich kein wildes Kopfgenicke, oder nur Fragen, wie das denn geht, das werben, sondern eine echte Diskussion.

Deswegen leg ich mich jetzt schon mal fest: Ich gehe dahin. Und ich hoffe, dass gerade die Leute, die ähnlich denken wie ich, auch dort sein werden. Also Ihr!