Da

Wir sind in Brooklyn! Dort sieht es aus.

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Dann sind wir nach Manhattan gegangen.

Dann sind wir wieder zurück gegangen.

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Weil: Brooklyn hat die schönere Skyline.

Nämlich die von Manhattan.

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Die in Manhattan haben nur die von Brooklyn. Die armen.

LOST und der verlorene Schäfchenverstand

Ich hab da noch mal nachgedacht. Über LOST. Gestern habe ich ne Menge Krams gelesen, das mir irgendwie sagen will: ist ja alles gut so, was regen sich die Leute auf? Ich rege mich jetzt aber doch auf. Genauer: jetzt erst.

Einen schönen Text hat hoch21 geschrieben, der eh schon die halbe LOST Serie grandios per Blog begleitete. Die dortige Interpretation ist treffend: All der Kram: Die Dharma, the Others, die Zahlenfolge, all die Rätsel, der Rauch, die Insel, alles ist völlig egal. Am Ende geht es – und ging es wohl immer – um den je individuellen Weg der Charaktere in ihr Glück/Schicksal oder so. Ich glaube, er hat recht. Und ich will das etwas weiter spinnen.

Ich behaupte: zwei Worte hätten von Anfang an genügt, die ganze LOST Serie zusammen zu fassen und restlos zu verstehen ohne auch nur einen Ausschnitt gesehen zu haben: „LOST“ und „Christian Shephard„.

Diese zwei Worte, mehr nicht, denn nur darum ging es. Es ging um das verlorene Schaf – die verlorenen Schafe – und ihren Irrweg zum erleuchteten Pfad des christlichen Hirten. Amen. – Das war’s! Das war wirklich alles!

Und deswegen bin ich etwas sauer.

Ich habe mich nämlich damals in ein Theater gesetzt. Versprochen wurde eine tolle bunte, bombastische Rocky-Horror-Show mit Schnickschnack, Sensationen und Dings vom Broadway. Aber als der Vorhang zufiel, fand ich mich in einer Kriche wieder. Eine fucking Kirche; eine in die ich mich niemals freiwillig gesetzt hätte! Ja, LOST ist ein einziger, ewig langer Gottesdienst, mehr nicht. Zugegeben, ein gut gemachter, aber dafür auch ein sehr manipulativer Gottesdienst. Ein Gottesdienst nämlich mit nichts anderem im Sinn als gerade uns, uns Mystery-Fans bei unserer Faszination zu packen und uns auf den rechten, den spirituellen Pfad Gottes zu führen. LOST ist ein Missionierungsgottesdienst und wir waren die Schafe und haben das blökend mitgemacht.

Der mysteriöse Tot der Wissenschaft

Klar, es ging zuerst immer um den Widerstreit zwischen Man of Faith und Man of Science und wir waren alle gespannt, wie der ausgehen würde. Zuerst ausgetragen zwischen Jack und seinem Vater, dann zwischen Jack und Locke. Klar und Dharma und Mr. Eko und Krams. Alles richtig, soweit. Aber als dann in der sechsten Staffel Jack auf die Insel zurückkehrt, scheint er irgendwie lobotomiert worden zu sein. Jedenfalls sondert er nur noch schwer erträglichen „supposed to be here„-Quark ab, was man zuvor nur von Locke kannte und wandelt wie auf Drogen in seiner Schicksalsgläubigkeit herum. Und Man of Science? Gibt’s nicht mehr, wird nicht mehr unterstützt, ist einfach weg, der widerpart. Und all die Zeit hatte ich inständig gehofft, dass da dann doch noch irgendein Spin daraus wird. Dass sich dieses „Erleuchtete Pfad„-Gebrabbel als ebendas herausstellt und dass all das irgendwie anders aufgeklärt wird.

Anders, nicht auf eine bestimmte Weise, aber anders. Meinetwegen mit einem neuen Rätsel, meinetwegen auch gar nicht, meinetwegen überhaupt nicht wissenschaftlich, mir doch egal! Aber nicht so! Nicht, dass sich blökende Schafmetapher als richtig erweist und Jack zum glaubenden Märtyrer wird, zum tatsächlichen Sohn des verdammten christlichen Schäfers.

Klar, geht es bei Mystery nicht darum, am Ende für alles eine plausible und wissenschaftliche Erklärung zu haben. Es geht aber auch nicht darum, eine christlich, mystische Erklärung zu bekommen. LOST lässt aber nichts offen, sondern bezieht eindeutig Stellung. Denn der wissenschaftliche Widerpart der transzendenten Schäfchen ab der sechsten Staffel schlicht gebrochen. Er ist einfach nicht mehr da. Jack wurde missioniert, vollständig brainwashed. Und ab da steht nichts mehr zwischen dem irrationalen Schein des Allmächtigen und seinen Schäfchen, dass noch irgendetwas drehen oder tun könnte. Die Wissenschaft hat versagt in ihrer Suche nach dem Sinn der Insel, in der Suche nach den Lösungen der Probleme der Menschen, in allem. Sie wurde von den Autoren einfach in die Ecke gestellt, damit der heilige D-Zug an ihr vorbei rauschen kann, wie auf Schienen.

Und diese Schienen, die wurden tatsächlich nachträglich, also jetzt, sichtbar. Ich versuche sie etwas zurück zu verfolgen:

Auf dem Irrenweg zum Allmächtigen

Der Weg zu Gott geht immer über die Puppet Master. Die Puppet Master sind immer präsent wechseln sich ab, bleiben aber bis zum Schluss als mysterisches Motiv präsent.

1. Da haben wir zunächst die Others, die irgendwie mehr wissen als die anderen, mehr können, ein geheimes Supervolk, dessen dicker, zotteliger Zausel in Latzhosen der Anführer zu sein scheint. Er zieht die Fäden, sie sind ihm alle ausgeliefert.

2. Aber kaum haben die Lostis das raus gefunden, merken sie, dass dass der Zottel auch nur Befehle ausführt und schließlich, dass der Zottel nur ein netter, dicker Brummbär ist. Dann ist es nämlich Benjamin Linus. Dieser überaus ausgefuchste Typ, der alles zu wissen scheint, der alles vorsieht, alles Plant, dem alle irgendwie ausgeliefert sind. Er scheint alle manipulativ in Händen zu haben. Ein wirklich allmächtiger Gegenspieler.

3. Nachdem aber Linus eingemeindet wurde und ab dort auch nur ein Mensch ist, der eine ebenso ohnmächtige Spielfigur im großen Inselmonopoly ist, wird der eigentliche Puppet Master vorgestellt. Einer, vor dem sich auch Linus fürchtet – zu recht. Denn nun betritt Whitmore die Szenerie und nimmt die brutale Stellung des Gegenspielers an, während Linus plötzlich so klein ist, mit Hut und sich mit den LOSTies verbrüdern muss. Whitmore hat das Geld und die Macht und seine Spitzel sind überall. Er ist ein noch viel mächtigerer Gegner und ein noch viel größerer Puppet Master als alle vorherigen.

4. Aber während Whitmore so vor sich hinwurschtelt und mit jeder Folge irgendwie komplexer, aber auch egaler wird, stellt sich etwas ganz anderes heraus. Schließlich und letztendlich führen nämlich alle Wege dann doch zu Jacob. Jacob sind sie am Ende alle hörig. Egal ob Whitmore, der Tempelclown (auch recht mächtig) oder Linus, alle tun, was Jocob sagt, oder was sie glauben, was Jacob sagt oder meint. Endlich haben wir ihn, den wirklichen Herrscher über alles. Jocob rouled die Insel und noch viel mehr. Er ist der Puppet Master Master. Dabei hat er immer die unschuldige Aura des Erzengel Gabriel und die stoische Ruhe eines ZEN-Mönchs. Klar, ist er der spirituelle Mittelpunkt, auf den alles hinaus laufen muss. Naja, jedenfalls bis er einfach nieder gemeuchelt wird.

5. Und dann, ab dort, also ab Season 6 gibt es keinen Puppet Master mehr. Ab dort stehen die LOSTies für sich selbst, müssen alleine klar kommen. Nicht mal der Schwarze Rauch – jetzt in Lockegestalt – steht so richtig über ihnen. Und sie selber werden nun zu Kandidaten, Jacob zu ersetzen. Man könnte das eine Emanzipation nennen. Jedenfalls vorläufig. Aber die Zweifel bleiben: wo ist der eigentliche Puppet Master? Kommt da noch was?

6. Und dann – ganz am Schluss – kommt es raus. Der eigentliche Puppet Master – der Puppet Master Master Master – der Master of it all – und – nebenbei – die eigentliche Hauptfigur der ganzenh Serie im Hintergrund, all das war immer schon Christian Shephard, der christliche Hirte. Er ist der letzte, der wichtigste die eigentliche Figur, auf die alle hinaus läuft. Das anderen waren nur False Prophets, sie waren Irrwege aber dann doch – letztendlich – genau der Weg zu IHM. Nur zu IHM.

Da braucht man dann gar nicht die Erlösungstrory des Jack Shephard, dem christlichen Hirten sein eigener Sohn, den er auf die Insel zurück geschickt hat, um seine Schäfchen zu zu „saven“. Der dabei natürlich das Gute wieder einsetzt und somit schließlich für unserer aller Gutsein gestorben ist. Denn sie waren lost, sie waren es niemals auf der Insel, sondern sie waren es im Leben, wie wir alles es sind: verlorene Schafe auf dem falschen Pfaden.

LOST hatte die Aufgabe des Jack Shephard: uns alle wieder zurück zu holen. Mit Pseudomystery und einem großen Haufen Küchentheologie. Nein, danke!

updates

Es wird Zeit, mal wieder egostreammäßig ein paar Dinge hier aufzuschreiben.

Ich hab jetzt auch Flattr. Eigentlich. Allerdings nicht aufgeladen, weil dieses ver*ckte Paypal sich nicht mit meinem Bankdings begnügt, sondern gerne ne Kreditkarte hätte. Wozu brauch ich dann noch Paypal, frage ich mich?

Egal, ich finde Flattr eine tolle Idee, werde das auch hier einbauen, sobald da Geld drauf ist aber ich habe derweil schon mal eine Lobhudelei auf dem FAZ-Blog geschrieben. Flattr eröffnet nämlich eine Art Geschenkökonomie und ist damit vielleicht das genau richtige Bezahlmodell in Zeiten des Kontrollverlust.

* * *

Meine Idee, die der Plattformneutralität durfte ich als Eröffnungskeynote bei der CCC-Konferenz SIGINT vortragen. Ich hoffe, ich konnte dort meinen Punkt einigermaßen rüber bringen. Ich war sau aufgeregt und sau unausgeschlafen und ich habe kein referierendes Selbstbild von mir, weil ich sowas ja auch fast noch nie gemacht habe. Ich glaube, ich habe das aber ohne größere Patzer über die Bühne gebracht, werde aber das Video abwarten müssen um das genauer einzuschätzen. Die Artikel bei Heise und Zeit Online scheinen aber die Idee verstanden zu haben, was mich zuversichtlich macht.

* * *

Die SIGINT selber war übrigens ganz großartig! Eine Art Kongress in gemütlich. Wenige hundert Menschen auf einer großzügigen Fläche verteilt. Viel Zeit zum quatschen, diskutieren und kennenlernen. Kein Gedrängel in den Vortragssälen und immer einen Sitzplatz. Ich habe unglaublich viel mitgenommen. Ich musste einige Standpunkte anpassen oder differenzieren und habe eine ganze Menge gelernt. Ich weiß nicht: der Kongress ist natürlich Wahnsinn, in Sachen Input, aber ich habe dennoch das Gefühl, auf der SIGINT mehr mitgenommen zu haben. Vielleicht weil’s intensiver war? Weil man die Fragen nach den Pannals gleich weiter diskutieren konnte? Jedenfalls eine sehr sympathische Konferenz. Ich danke den Organisatoren für die Einladung und tolle Organisation.

* * *

Gestern hab auch ich endlich Lost zu ende gesehen. Ich bin ja verdammt spät eingestiegen (vor etwa drei Monaten), hab mir dann in Marathonsitzungen eine Staffel nach der anderen reingeknallt und war erst irgendwann mitten in der Sechsten auf dem allgemeinen Stand. Ich muss sagen: es hat mich alles nicht so reingezogen, wie das andere von sich berichten. Ich war interessiert und irgendwann wäre es unmöglich gewesen, da nicht bis zum Ende durch zu marschieren. Aber meine eigentliche Motivation war eher Opportunismus: Lost ist irgendwie sowas wie ein popkultureller Meilenstein meiner Generation. Die Serie nicht gesehen zu haben, so meine Befürchtung, wäre so, wie Star Wars nicht zu kennen. Star Wars, Lost, Per Anhalter durch die Galaxis und die Bibel sind nun mal feste Kulturbausteine, ohne deren Grundlagenkenntnis das Entschlüsseln von öffentlicher Kommunikation schwerer ist.

Aber als das gestern nun alles zu ende ging, hatte ich nicht diese Leere, dieses komische melancholisch-wehmütige Gefühl, dass ich habe, wenn ich einen langen Roman zu ende gelesen habe. Irgendwie war mir das alles, naja, egal. Alles ist irgendwie unklar, aber doch zu Ende gekommen. Meinet wegen. Klar, Fragen bleiben. Die von SpOn und noch viel mehr von College Humor. Und bei mir? Ach ja.

* * *

Und ich bin jetzt natürlich etwas im Stress. Ich muss noch so einiges schreiben, einiges organisieren und habe nur noch wenige Tage Zeit. Am Samstag geht es dann nämlich los, nach New York City, für drei Monate. Dort sind es gerade 32 Grad. Nur mal so.

Die Piraten und die Frauen

Wer hätte gedacht, dass ich mich nochmal so sehr mit Genderthemen auseinandersetzen würde. Im Studium hab ich darum meist einen gut erkennbaren Bogen gemacht. Doch heute, im Internet, ist dem Thema nicht aus dem Weg zu gehen.

Um es vorweg zu sagen: Ich halte das Thema für sehr komplex und fühle mich damit regelmäßig überfordert, was auch der Grund ist, warum ich nie etwas drüber schreibe. Ich schreibe aber nun in letzter Zeit über Ungleichheit und Plattformneutralität (ich mache dazu übrigens eine Keynote auf der SIGINT) und aus dieser Warte ist ein Blick auf die Genderdebatten beinahe unumgänglich. Und der Debatte bei den Piraten ist ja auch nicht zu entkommen.

Natürlich habe ich die Vorgeschichte mitbekommen. Das ungeschickte agieren von Leena Simon mit der Pressemitteilung und die noch ungeschicktere Reaktion des Berliner Landesverbands, waren beide ziemlich unnötig. Ich war von der Debatte mehr oder weniger amüsiert, vor allem der daraus folgende Rückzug der Piraten auf eine „post-gender„-Position. Nicht, dass das eine inhaltlich legitime Position wäre, aber „post-gender“ kann man ernsthafter Weise nur dann sein, wenn man sich mit der Geschlechterfrage vorher überhaupt mal auseinandergesetzt hat. Das spreche ich den Piraten ab. Aber „prä-gender“ und „post-gender“ sind ja schließlich beide irgendwie nicht gender, oder?

Tja, und nun hat der Bundesverband der Piraten also einen neuen Vorstand und diesmal ist nicht eine einzige Frau dabei. Ganz egal, wie man zur Genderdebatte steht, als Pirat muss man spätestens hier einsehen, dass man ein Problem hat. Alles andere ist Realitätsverweigerung.

Ich gehöre nun wirklich nicht zu den Leuten, die eine Quote fordern und ich würde auch nicht – wie manche das tun – die Piraten wegen ihres Frauenproblems als „sexistisch“ klassifizieren. Ich nehme es den Piraten voll und ganz ab, dass für die meisten Mitglieder das Geschlecht tatsächlich keine Rolle spielt. Ich glaube sogar wirklich, dass die Piraten einen besonders geschlechtsneutralen Umgang pflegen, mehr als andere. Und auch die von Antje Schrupp in’s Spiel gebrachte andere – feminine – Art des politischen Engaments, die eben nicht machtgetrieben ist, würde ich den Piraten mehr zusprechen als jeder der etablierten Parteien. Das zeigt alleine schon die Einführung von Liquid Democracy, das nichts anderes als eine weitere Entmachtung des Vorstandes zu Gunsten der Basis nach sich ziehen wird.

Ich würde grundsätzlich also gar nicht so sehr mit dem Finger auf die Piraten zeigen, denn ich weiß eigentlich nicht, wo sie groß was falsch machen. Außer, dass sie ihre Augen vor ihrem ganz offensichtlichen und – wie ich finde – gravierenden Problem mit den Frauen verschließen, kann man den Piraten eigentlich nichts vorwerfen.

Aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich auch nicht, dass nur eine Öffnung zur Genderfrage eine Lösung für dieses Problem sein kann. Frauen interessieren sich für mehr als nur für Genderthemen und dass die Piraten einen so niedrigen Frauenanteil haben und auch noch so wenig Frauen sich bereit erklären, für den Vorstand zu kandidieren, muss tiefere Ursachen haben, als nur das Nichtvorhandensein einer Frauenpolitik.

Und hier stehe ich relativ ratlos da. Man kann ja die Frauen nicht dazu zwingen, sich zur Wahl aufzustellen. Man kann sie auch nicht zwingen, sich für die Piraten zu interessieren. Man kann nur das Angebot schaffen und da kann man den Piraten – wie gesagt – eigentlich keinen Vorwurf machen.

Es bleibt also nur eins, was ich den Piraten derzeit raten kann:

Als erstes: seht endlich ein, dass ihr ein Problem habt. Und dann setzt euch zusammen und diskutiert, wie ihr es lösen könnt. Bindet dafür so viele Frauen ein, wie es geht und lasst feministische Debatten zu. Der Feminismus beschäftigt sich mit genau diesen Fragen schon ein paar Tage länger, als ihr.

Vielleicht brauchen die Piraten eine feministische Debatte dringender als die Frauen.

Konzertneutralität

Gestern war ich bei Dendemann auf dem Konzert. Ich geh selten und eher ungern auf Konzerte. Ich schaff es eigentlich nie so richtig, in diese euphorische Stimmung einzutauchen. Meist langweile ich mich nach ca. 30 Minuten und hab irgendwie Bock mich hinzusetzen.

Das war gestern gottseidank nicht so. Dendemann hat dem Laden eingeheizt und so viel Stimmung und Euphorie erzeugt … dass ich mich nicht die ganze Zeit gelangweilt habe. Was mir aber mal wieder auffällt: Wie wenig ich damit klar komme, bevormundet zu werden. Ich glaube, ich habe ein massives Problem mit Autoritäten. Dabei ging es nicht mal um mich. (Was ich übrigens auch sehr deutlich wieder bei der Visumsprozedur gemerkt habe.)

Der Ordner auf dem Konzert ging zunächst zu einem Mädchen, dass mit seiner Handycam kurze Aufnahmen von der Show machte und untersagte ihr das. Die Tatsache, dass das Verboten ist, ist ja wahnsinnig genug. Aber diese Fingerhaumenthalität kotzt mich zusätzlich an.

Als nächstes ging er zu einem anderen Mädchen, dass sich auf den Schultern ihres Freundes saß und feierte. Die musste natürlich runter. Muss ja alles seine Ordnung haben. Auf dem Rückweg hat er dann noch jemanden zur Ordnung gerufen, der nur eine Zigarette geraucht hat. Es ist Rauchverbot hier.

Gestern hat jemand bei mir im FAZ-Blog – in etwas altlinker Attitüde – meine Idee der Plattformneutralität auf den schon länger schwelenden Konflikt um den öffentlichen Raum bezogen. Ja, in der Tat, es ist das selbe Problem. Durch die Privatisierung des öffentlichen Raums (z.b. Shoppingmalls statt Fußgängerzonen) werden lauter kleine autoritäre Fingerhauregime geschaffen, die mit ihren willkürlich gebrauchten Hausrecht, die Freiheit des einzelnen insgesamt einschränken.

Es ist vor allem das Gefühl des Ausgeliefertseins. Der Ohnmacht. Du hast nur wenig Rechte auf privatem Boden. Egal ob auf Facebook, der Shoppingmall oder in der Konzerthalle. Geduldet werden nur die angepassten. Was angepasst heißt, bestimmt der Eigentümer. Pass Dich an, sonst darfst du an Gesellschaft, Kultur und Konsum nicht teilnehmen.

Plattformneutralität als politischer Ansatz ist weit mehr, als nur Netzpolitik.

Und zum Abschluss noch ein Konzert, bei dem ich wirklich gerne dabei gewesen wäre:

Wie beantrage ich ein US-Visum? (ALT!)

ACHTUNG, dieser Artikel ist sehr, sehr alt. Er ist von 2010! Die Angaben hier stimmen mit hocher Wahrscheinlichkeit zum größten Teil nicht mehr, einige Links zeigen ins Leere. Verwenden auf eigene Gefahr.

Dieses Blog ist in letzter Zeit zum Egostream mutiert. Das liegt natürlich vor allem an den ganzen anderen Projekten, die mich einerseits einbinden und die ich hier gerne sammle. Aber eigentlich sollen hier auch nützliche Inhalte drin stehen. Und obwohl das hier vielleicht gar nicht so einen Wert hat, für meine Stammleserschaft, will ich hier von meinem heutigen Besuch beim US-Konsulat erzählen. Das ist zwar so mäßig spannend, aber vielleicht hilfreich für Menschen, die nach Informationen dazu googlen, denn das sollte man, das ist nämlich verdammt kompliziert. Außerdem hat mich das alles ganz schön geflasht.

Vorgeschichte

Also: ich werde zusammen mit meiner Freundin für drei Monate nach New York gehen. Am 29. geht es los. Wir haben einen Flug bei Delta Airlines gebucht. Und haben dabei einen Fehler gemacht.

Obwohl wir eigentlich wussten, dass wir irgendwie nur so für drei Monate ohne extra zu beantragendes Visum einreisen dürfen, waren wir so doof und haben einfach so Pi mal Daumen gebucht. Und natürlich waren das dann genau drei Tage zu lang.

Bei Delta kann man leider nur innerhalb von 24 Stunden stornieren, umbuchen geht bei denen gar nicht und eine Reiserücktrittsversicherung hatten wir natürlich auch nicht abgeschlossen. Das heißt, die Flugdaten waren unverrückbar. Ein Visum musste her.

Nun kann man sich denken, dass das kein Spaß wird. Aber egal, wie schlimm man es sich vorstellt, die Realität ist schlimmer. Gut. Was erstmal positiv zu erwähnen ist: es lässt sich einiges davon online erledigen, da sind die recht weit, die Amerikaner.

Was muss ich beachten?

Zeit: Sich einen Monat vor dem Flug um das Visum zu kümmern ist völlig okay. Drei Wochen ist beinahe knapp. Zwei Wochen ist im Zweifelsfall schon zu spät. Eine Woche – vergiss es!

Literatur: Zunächst ist hier eine Schritt für Schritt Anleitung verzeichnet, wo auch alle Links zu den Formularen verzeichnet sind. Tolle Sache, das! Am besten bookmarken, oder als Homescreen einstellen, so lange man mit dem Visakrams beschäftigt ist.

Der Antrag

Das erste Formular, dem man sich widmen muss, ist der eigentliche Antrag (https). Man muss ihn als aller erstes machen, denn alles andere baut darauf auf. Ohne Antrag ist alles nichts!

Ein paar wichtige Tipps vorweg:

  1. Man sollte sich mindestens zwei Stunden Zeit nehmen.
  2. Man sollte folgende Dinge umbedingt in Griffnähe haben (die Formularausfüllsession timed nach einiger Zeit aus, so dass man, wenn man durch Suchen eines dieser Dinge aufhört, oftmals wieder neu anfangen muss)
    1. Reisepass
    2. Adresse von jemanden oder etwas (z.B. Hotel), wo man beauptet, dass man dort unter kommt.
    3. Die Reisedaten (Flugkrams)
    4. Alle Daten – Geburtage, Namen, Orte und sowas – von den Eltern.
    5. Passfoto, digital; Frontal, mittig, vor weißem Hintergrund, gut belichtet.
  3. Es gibt die Möglichkeit Formularausfüllzwischenstände zu speichern. Nutze das! Immer und überall! Andauend!

Wenn man es geschafft hat, alles unfallfrei auszufüllen (das müssen über hundert Fragen sein), bekommt man eine „Confirmation“. Gott sei dank auch gleichzeitig per Mail. Man sollte die gut aufbewahren. Abspeichern und Ausdrucken. Beides!

Die Terminvereinbarung

Mit diesem Wisch kann man dann wieder zu einem weiteren Formular huschen (aber erst dann!) in dem man den Termin im Konsulat vereinbart. Auch dankenswerter Weise alles online. Das ist auch nötig, denn die Telefonhotline ist schweineteuer!

Für dieses Formular sollte man eine Kreditkarte mit allen (wirklich allen!) Daten, die es zu so einer Kreditkarte gibt, griffbereit haben. Hier muss man alles nochmal auffüllen. Name, Wohnort, alles. Wenn es gut geht, kommt man zu einem Screen, wo man in einem Onlinekalender einen der freien Termine auswählen kann. Ich finde da ja immer noch prima! Sowas habe ich auf deutschen Behördenseiten nie gesehen.

Tralala (Vorsicht!)

Ab hier setzte wieder die für mich übliche Tralalalität ein. Ich hatte ja einen Termin als PDF per Mail bestätigt bekommen. Klar, das PDF war ganz schön lang und ich schwörs, ich wollte das nochmal irgendwann alles lesen, aber es war j aauch auf englisch! ich hab es mir dann natürlich nicht durchgelesen. Das heißt, ich hab das schon noch gelesen, aber erst in der Nacht vor dem Termin.

Dort fand ich dann so spannende Sachen heraus, wie die, dass ich noch einen nicht unerheblich großen Geldbetrag, nämlich 98,25 Euro hätte entrichten sollen. Und dass ich das wohl dokumentiert bei dieser Firma hätte tun sollen, damit ich deren Quittung dann mitbringen kann.

Außerdem wurde mir mitgeteilt, dass mein Foto, dass ich im ersten Formular hoch geladen hatte, vom Computer nicht akzeptiert worden ist. Ich solle ein neues mitbringen. Und dann soll ich noch einen Umschlag dabei haben, frankiert mit 1,45 Euro und mit meiner Adresse drauf.

Uff!

Die Überweisung machte ich schnell online und druckte mir das Hinweisfenster, dass die Überweisung von statten gegangen ist, aus. (SPOILER: keine gute Idee!) und als Foto machte ich dann – in etwa den Anforderungen entsprechend – ein paar Bilder mit dem iPhone, dass ich dann einfach mitbringen wollte und dann das Bild irgendwie per Mail denen zukommen lassen wollte (SPOILER2: auch keine gute Idee!)

Als letztes vorm Zubettgehen stellte ich fest, dass das Konsulat nicht – wie ich die ganze Zeit angenommen hatte – Irgendwo in Tiergartennähe ist, wo es hingehören sollte, sondern vor Zehlendorf – wo genau genommen überhaupt gar nichts hingehört!

Der Termin

Als überzeugter Radfahrer bin ich natürlich trotzdem mit dem Rad gefahren. Um 8:00 bin ich los. 12,7 Kilometer quer durch Berlin. Ich hatte mit 45 Minuten gerechnet, habe aber dann doch fast eine ganze Stunde gebraucht, weil ich den Weg immer auf dem iPhone nachschauen musste.

Ich kam also erstmal schon 10 Minuten zu spät. Das war aber – wie ich sofort sah – kein Problem. Vor dem Konsulat hatte sich bereits eine Schlange gebildet. Bevor ich mich aber einreihen konnte, machte mich ein bewachender Polizist darauf aufmerksam, dass ich mein Fahrrad hier nicht anschließen dürfe. Höchstens drüben, auf der anderen Seite der vierspurigen Straße.

Dann – auch da muss ich die Amis wieder loben – checkte bereits vor dem Konsulat eine Dame mittleren Alters die Dokumente aller Neuankömmlinge. Als ich dran war, war sofort klar: Ich komme so nicht rein! Ich brauche einen vernünftigen Überweisungsbeleg und ein richtiges Foto. Glücklicherweise gab mir die Frau routiniert ein gelbes Blatt Papier auf dem sie „10:45“ notierte. Bis dahin sollte ich mit den richtigen Unterlagen zurück sein. – Dort drüben führe man nach Zehlendorf hinein, dort gäbe es Banken und Optiker und so.

Zurück zum Service!
Zum Termin braucht man auf jeden Fall:

  1. den Pass.
  2. die ausgedruckte „Confirmation“ des ersten Formulars.
  3. Den Beleg (am besten den von Roskos & Meier OHG oder einen richtigen echten Überweisungsbeleg einer Bank.)
  4. Einen Umschlag, DinA5 – frankiert mit 1,45 Euro und der eigenen Adresse versehen.
  5. und (eventuell) ein Passbild

Zehlendorf

Ich also wieder auf das Fahrrad, ca. einen Kilometer nach Zehlendorf reingefahren. Dort erstmal kurz was gefrühstückt (so viel Zeit muss sein), dann zu „meiner“ Bank rein. Volksbank. Naja, eigentlich ja nicht meine Bank, also nicht Hannoversche Volksbank, dort bin ich eigentlich Kunde, sondern Berliner Volksbank. Was sich sofort als Problem herausstellte: Nein, man könne mir meine Überweisung nicht Quittieren. Die Hannoversche sei eben eine eigene Bank, da könne man nix tun… Herrje.

Okay, dann musste ich also in den sauren Apfel beißen, 100 Euro abheben, rüber zur Dresdner Bank gehen und direkt auf’s Konto des Konsulats einzahlen. Kostet extra 5 Euro aber man hat dann eine gültige Quittung. Dann natürlich sofort bei den Jungs der Hannoverschen Volksbank angerufen. Ja, sie können versuchen, die Überweisung rückgängig zu machen, aber nein, versprechen könne man nix. Naja, außer dass das auf jeden fall 6 Euro krams kostet.

Dann bin ich noch in dem Bürgerhaus Zehlendorf rumgeirrt. Ich finde ja, in solche Behörden gehören Passbildautomaten. Vermutlich bequatschen aber Optiker in der Gegend die Beamten, um genau das zu verhindern. Geschäftsmodell ist Geschäftsmodell.

Also beim Optiker für – extra us-amerikanisch standardisierte – Passbilder (2 Stück) noch mal 10 Euro bezahlt. Uff! Dann zurück.

Konsulat

Also, Fahrrad, wieder auf der anderen Straßenseite geparkt und rüber gegangen, angestellt. Ich fühlte mich gut, ich fühlte mich vorbereitet. Diesmal würde alles klappen! – „Mit dem Handy kommen Sie hier nicht rein!“ Scheiße! – Alle Versuche, den Polizisten zum Handyaufpasser zu machen scheiterten. Was soll das überhaupt! Warum haben die Angst vor Handys?

Jedenfalls gibt es drüben, über die Kreuzung rüber, bei der Ubahnhaltestelle „Oskar-Helene-Heim“ einen Kiosk. Die alte Dame darin, ist eine routinierte Handyverwahrerin. Kostet einen Euro und ist absolut vertrauenswürdig.

Wieder zurück, durfte ich mich also endlich in die Schlage einreihen und kam auch recht schnell rein. Beim Sicherheitscheck fiel auf, dass ich noch das Handyladekabel meines iPhones in meiner sonst als Notebooktasche genutzten Tasche lag. Wahnsinn! Das haben das kleine Kabel da behalten, ich könne es aber auf dem Rückweg wieder abholen. Ein einfaches iPhoneladekabel. Da war nicht mal das Netzteil dran!

Egal, ich war drin. Von dort an, war alles recht einfach. Nur eins: ich musste mich an den Namen und die Adresse meines Gymnasiums erinnern und niederschreiben, aber auch nur, weil ich dummerweise irgendwo einen Kreuz falsch gesetzt hatte (Kommt wohl häufiger vor).

Einmal alle meine Fingerabdrücke eingescannt bekommen, ein paar Fragen beantwortet und sofort mein Visum bewilligt bekommen. Mein Pass wird mir inllusive Visum die nächsten Tage zugestellt.

Uff!

Auf dem einstündigen Heimweg hat es dann noch etwas doller geregnet.

Angestrengtheiten

Uff, es hat mich viel Blut, Schweiß und Tränen gekostet, aber der dritte und letzte Teil der Reihe „managing CTRL-Verlust“ ist draußen. Es ist mein Vorschlag für eine Politik der Zukunft, eine, die mit dem Kontrollverlust umgeht, satt wie gegen Windmühlen dagegen zu kämpfen.

Mit der Serie geht hoffentlich auch die Anstrengung und die damit einghergehende Angestrengtheit meiner Texte vorbei. Gesellschaftskonzepte erdenkt man nicht mal eben, das ist harte Arbeit. Ich werd‘ das alles erstmal sacken lassen und beizeiten vielleicht neu und flüssiger formulieren. Ich hoffe dennoch auf eine rege Diskussion, denn das Thema ist mir sehr wichtig.

* * *

Des weiteren hab ich noch ein Paar Dinge nachzutragen: Einen ebenso angestrengten Podcast habe ich vor ein paar Tagen mit Max gemacht. Die Angestrengtheit liegt auch am Thema, sicher (ich gehe auch etwas auf die Inhalte, die ich jetzt verbloggt habe, ein) – aber vor allem weil ich echt erschöpft war, an dem Tag.

* * *

Und zwar davon, was am selben Tag mein Artikel über die Street View Diskussion ausgelöst hat. Über 100 Kommentare und dann werde ich auch noch angesprochen, den Artikel auf Zeit.de zu veröffentlichen. Das hatte zur Folge, dass ich mich einen Kommunikationsgewitter ausgesetzt sah, dass ich selten so erlebt habe. Als ich mich dann am Abend zu Max schleppte, war ich verständlicher Weise nicht mehr so richtig doll auf der Höhe.

Naja, aber ich will ja nicht meckern. Bloggen ist schon ein toller Job!

Ein Persönlichkeitsrecht für Jägerzäune

Seit Wochen prasselt eine Desinformationskampagne gegen Google-Street View auf die deutsche Bevölkerung ein, die durch alle deutschen Medien und der Politik getragen wird. In seltener Einigkeit wird dummdreiste Stimmungsmache gegen Google zusammen gertrommelt und alle machen mit. Alle Parteien, die Öffentlich Rechtlichen, die Fernsehsender und die Printverlage, Datenschutzbeauftragte, alle.

Bildschirmfoto am 2010-05-05 um 14.09.08
Deutsche Politik (Symbolbild) [Original]

Kein Argument ist zu dumm, als dass es nicht gebracht würde, keine Lüge zu dreist, als dass sie nicht gedruckt würde. Unwissenheit paart sich mit blankem Hass und undifferenzierten, irrationalen Ängsten zu einem Kampagnenhurricane, wie wir ihn schon lange nicht mehr hatten. Und das mit einem Thema, das lange nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat und auch heute noch als eher dröge gilt. Dem Datenschutz.

Dabei stört es die Journalisten nicht einmal, dass sie sich mit den politischen Prozessen, die sie in Gang setzen, in’s eigene Fleisch schneiden. Dass sie in der Berichterstattung den Begriff „Panoramafreiheit“ vermeiden wie der Teufel das Weihwasser, obwohl es der Garant dafür ist, dass da draußen auf der Straße überhaupt fotografiert werden darf, ohne einen Anwalt die Bilder machen zu lassen, daran hat man sich ja bereits gewöhnt. Nur fragt man sich, wie es sein kann, dass ausgerechnet Journalisten diesen Angriff – auch auf die Freiheit ihrer eigenen Berichterstattung – so wohlwollend entgegen sehen? Es kann nur mit der Hybris des Journalistenstandes zusammenhängen, dass er sich in einer Sonderposition wähnt, jenseits der Gesetze, die er für Google – und für niemanden sonst – fordert.

Dass es tatsächlich um einen Angriff auf die Panoramafreiheit – und damit auf ein wichtiges Recht für die Freizügigkeit von Information insgesamt – geht, zeigt die Hamburger Gesetzesinitiative. In ihrem Entwurf würde eine völlig neue Rechtsunsicherheit geschaffen werden, die uns alle – ja auch uns Blogger und Flickrer – einem völlig neuen Abmahnrisiko aussetzt. Nicht umsonst ist – im Gegenteil zu den von ihnen vertretenen Kollegen – der Journalistenverband alarmiert. Doch mit Argumenten lassen sich die selbsternannten „Datenschützer“ nicht aufhalten.

Kaum ein Bericht über Street View, der darüber berichtet, dass das, was Google tut, seit vielen Jahren von vielen deutschen Unternehmen getan wird, ohne dass sich je einer darüber aufgeregt hätte. Klar, denn diese Daten stehen hinterher nicht allen, sondern nur gut zahlenden Werbefirmen zur Verfügung. Was daran nun besser sein soll, kann wahrscheinlich nur ein Politiker oder Journalist verstehen.

Dass Bild.de bei dieser Kampagne natürlich allen Anstand fallen lässt und Google falsche Bilder unterschiebt (und dabei nebenbei den Datenschutzfail, den es Google zuschieben will, selbst unternimmt), gehört da nur zu den vorhersehbarsten Ausläufern der Kampagne.

Dass aber ausgerechnet Heise sich entblödet „kritisch“ über das Mitloggen von Wlan-SSIDs der Streetview-Autos zu „berichten„, lässt einen dann doch erschaudern. Nicht nur, dass genau diese Daten schon seit Jahren erhoben werden, ohne dass ein Hahn danach gekräht hätte. Nein, die Information, dass Google diese Dinge auch aufzeichnet, ist seit Anbeginn des Streetviewprojektes bekannt. Wenn nicht mal Heise es schafft, informiert und sachlich über Street View zu berichten, wer dann?

Was mich zusätzlich ärgert, ist dass der eigentlich gute und wichtige Diskurs des Datenschutzes für diese populistische Hysterie als Vehikel missbraucht wird. Das Recht in der Öffentlichkeit fotografieren zu dürfen gehört uns allen! Die Daten, die uns öffentlich zu Verfügung stehen, helfen uns allen. Sie werden helfen, uns zu orientieren und werden uns Fahrten ersparen. Sie werden die Welt ein Stück weit transparenter machen. Viele nützliche Anwendungen werden darauf basieren. Der CCC hatte immer die Devise: „Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen!„. Was ist daraus geworden?

Was ist mit unseren verdienten – und im Gegensatz zu Ilse Aigner auch glaubwürdigen – Datenschützern? Die steigen entweder auch in das undifferenzierte Googlegebashe ein (Peter Schaar) und die, die um die Absurdität des ganzen Wissen sollten, halten sich vornehm zurück. Wo bleibt denn eigentlich der Chaos Computer Club in der Debatte? Wo bleibt padeluun und der Foebud? Wo sind die digitalen Vordenker des Datenschutzes, die doch zu unterscheiden wissen, was öffentliche Daten und was private Daten sind? Wo bleibt die Stimme der Vernunft, die mit Nachdruck und Autorität die wildgewordenen Protagonisten eines falsch verstandenen Datenschutzes zur Ordnung ruft? Wo bleiben die Menschen, die mit genügend Verstand gesegnet sind, um darauf hinzuweisen, dass es kaum etwas öffentlicheres gibt, als eine Hausfassade?

Und wenn dann doch jemand aus der Deckung kommt – wie Jens Best und mit seiner Aktion dem Wahnsinn einen Spiegel vorhält, wird er mit einem hämischen und wie immer undifferenzierten Beitrag bedacht, der natürlich kein Wort darüber verliert, dass Jens hier nicht für einen Konzern, sondern für unser aller Recht agitiert, öffentliche Daten zu nutzen.

Es ist nicht schwer zu erraten, was da gerade passiert. Hier wird kalte Rache geübt an einem Unternehmen, dass den Stand des Journalisten wie kein anderes angegriffen hat. Ein Unternehmen, das es schaffte, den Menschen Tools in die Hand zu geben, mit dem sie bessere, schnellere und gezieltere Informationen erlangen können, als es der Journalismus je hat schaffen können. Das mit weiteren Innovationen, die es der Menschheit beschert, nicht nur die Vormachtstellung, sondern auch den Sinn des journalistischen Standes untergraben hat. Aus den Artikeln und Fernsehbeiträgen über Google Street View spricht sich nichts als der blanke Hass gegen diese Demütigung aus. Und doch zeigt sich gerade wieder in dieser Debatte wie sehr unsere Gesellschaft doch diese irrationalen kampagnengetriebenen Gatekeeper braucht, die es wagen sich selbst mit „Qualität“ zu assoziieren: so sehr wie ein Persönlichkeitsrecht für Jägerzäune.