Verlage schließen Deal mit Facebook News: „Facebook sitzt am längeren Hebel“

Ich habe t-online ein Interview zu Facebook News gegeben, ein schöner Anwendungsfall für meine Plattformtheorie.

Die Frage ist allerdings, wie mächtig Facebook wiederum bei den Nutzerinnen und Nutzern wird. Schon heute gilt das Netzwerk für viele Menschen als erste Anlaufstelle, wenn sie sich informieren wollen. Wenn es Facebook gelingt, zur allgemeinen Infrastruktur für News zu werden, dann haben die Verlage verloren. Dann hätte Facebook die Verbindung zur Leserschaft sozusagen komplett in der eigenen Tasche und könnte jegliches Lösegeld verlangen.

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3 Empfehlungen für die Internetkonferenz re:publica | rbbKultur

Kleiner O-Ton von mir zur re:publica.

Am Donnerstag beginnt die Internetkonferenz re:publica. Wie viele Veranstaltungen wird auch diese Konferenz in diesem Jahr nur im Netz stattfinden. Trotzdem ist das Angebot an Themen wieder sehr reichhaltig. Johannes Ehsan Fischer empfiehlt drei Veranstaltungen.

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Die Macht digitaler Plattformen – WDR 3 Kultur am Mittag – WDR 3 – WDR Audiothek – Mediathek – WDR

Nochmal WDR, diesmal WDR3. Hier noch mal etwas genaueres zu Napster und Graphnahmen.

Die großen Netz-Plattformen bestimmen immer stärker den Alltag und haben immer größeren politischen Einfluss. Der Medientheoritiker Michael Seemann analysiert in seinem neuen Buch ihre Macht und stellt Möglichkeiten vor.

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Michael Seemann über „Die Macht der Plattformen“ – WDR 5 Scala – Hintergrund – WDR 5 – WDR Audiothek – Mediathek – WDR

Ein etwas ausführlicheres Radiointerview auf WDR5 Scala über die Macht der Plattformen, wo ich unter anderem auch mal erkläre, was das überhaupt ist, so ne Plattform,

Ob Google, Amazon oder Facebook – ein Leben ohne Plattformen ist denkbar, aber unrealistisch. Medienwissenschaftler Michael Seemann fragt in seinem Buch, was die Macht der Plattformen ausmacht und warum jede Regulierung sie nur noch mächtiger macht.

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Michael Seemann schreibt über „Die Macht der Plattformen“: Nur Organisation schafft Gegengewicht – SWR2

Am Montag erscheint mein neues Buch und so langsam geht es los mit den Interviews.

Die gewaltige Macht von digitalen Plattformen kann nur durch kollektives Handeln eingehegt werden, davon ist der Kulturwissenschaftler Michael Seemann überzeugt. In seinem neuen Buch „Die Macht der Plattform“ kommt Seemann zu dem Ergebnis, dass individueller Boykott von Internet-Plattformen wie Twitter oder Facebook wenig ändert.

Quelle: Michael Seemann schreibt über „Die Macht der Plattformen“: Nur Organisation schafft Gegengewicht – SWR2

Episode 4: Die Manipulations-Erzählung mit Michael Seemann | Mind the Progress

ich war zu gast in dem schönen podcast „mind the progress“. ursprünglich war ich zu einem talk angefragt worden, doch weil ihr wisst schon was, ist die konferenz ausgefallen. ich finde toll, wie die ogranisatorinnen da flexibel drauf reagiert haben und ihre gesammelten speakerinnen nun im podcastformat zu wort kommen lassen.
in dem podcast reden wir über manipulation, der erzählung von manipulation, was wirklich hinter cambridge analytica steckt und was es mit dem überwachungskapitalismus auf sich hat. viel spaß!

Quelle: Episode 4: Die Manipulations-Erzählung mit Michael Seemann | Mind the Progress

X, aber als Hype

Technologie-Hypes gibt es immer wieder und Rückblickend scheint es offensichtlich gewesen zu sein, warum gerade jene Technologie völlig überschätzt wurde. Im dem jeweiligen Augenblick ist die Einschätzung aber tatsächlich schwierig. Umgekehrt kann sich ewig lustig machen, über Aussagen, wie es gibt einen Markt für nur fünf Computer auf der Welt (Thomas J. Watson, IBM), das Internet sei nur eine „Gezeitenwelle“ (Bill Gates), oder dass das iPhone zum Scheitern verurteilt sei (Steve Ballmer). Doch damals konnte man zu dieser Auffassung kommen und viele dachten so.

Trotz der Vorsicht, die man bei diesen Themen also walten lassen sollte, gibt es natürlich vorhersehbare Hypes. Ich zumindest bin mir bei manchen Dingen sicherer als bei anderen und ich bilde mir ein, im Laufe der Zeit eine gewisse Heuristik entwickelt zu haben.

Meine Heuristik ist relativ einfach. Ich habe drei Alarmglocken, die bei folgenden Mustern anfangen zu schrillen:

  1. X, aber in fliegend.
  2. X, aber in dezentral.
  3. X, aber in 3D.

Für alle drei Alarmglocken fallen einem sofort eine Menge Beispiele ein. Bei „X, aber in fliegend“ natürlich sofort das aktuelle Flugtaxi, das mal wieder von der CSU beworben wird. Klar, das ist ein leichtes Opfer, denn das Technologieverständnis der CSU zu schlagen, ist wie Kinder auf dem Spielplatz zu verkloppen. Bei „X, aber in dezentral“ fallen einem sofort die Cryptowährungen und Blockchain-Startups ein, von denen man in letzter Zeit so viel weniger hört. Aber es gehören natürlich auch die vielen Versuche dazu, Social Networks auf dezentrale Füße zu stellen. Auch „X, in aber in 3D“ klingt vertaut. Zuletzt ist sicher der bislang eher mäßige Erfolg von Oculus zu nennen (jedenfalls verglichen mit den Erwartungen), aber Oculus hatte viele noch viel unerfolgreichere Vorgänger. Älteren kommt vielleicht noch der Hype um das Spiel Second Life in den Sinn. Geht eigentlich noch wer in die 3d-Vorführungen von Kinofilmen?

Alle drei Technologie-Paradigmen haben also einen gewissen Trackrecord an überhöhten Erwartungen. Aber uns interessiert, was die drei gemeinsam haben.

Das sind wiederum drei Dinge:

  1. Alle drei hören sich oberflächlich gesehen erstmal toll und nützlich an.
  2. All drei bürden aber dem jeweiligen System (also X) in erster Linie unverhältnismäßig hohe Zusatzkosten auf.
  3. Alle drei tun das, obwohl der zusätzliche Nutzen objektiv gesehen doch vergleichsweise gering sind.

Zu 1. Natürlich ist fliegen geil. Da brauchen wir nicht drüber diskutieren. Fliegen ist immer spektakulärer als Autofahren und natürlich hat es auch viele praktische Vorteile. Dezentral ist auch etwas erstrebenswertes. Die Machtkonzentration zentralisierter Prozesse ist die große Enttäuschung unserer Netzwerkgesellschaft. Wäre es nicht toll, wenn wir dieselben Services hätten, aber ohne diese Machtkonzentration? Und 3D ist ein nobrainer. Wir wurden zum 3D-sehen und denken geboren, warum also hantieren wir ständig mit 2D-Interfaces herum? Was für eine Verschwendung!

Zu 2. Aber wie man es dreht und wendet: Wer fliegen will, kommt nicht daran vorbei gegen die Schwerkraft zu arbeiten, die Bitch! Das Entscheidende: diese Arbeit ist unhintergehbar und sie muss immer zusätzlich passieren zur eigentlichen Fortbewegung. Das ist ne Menge Extraenergie, die da verbraten werden muss um dasselbe auf dem Boden zu tun. Hinzu kommen die zusätzlichen Risiken, die mit der Tatsache einhergehen, dass man mit extrem hoher potentieller Energie weit über den Köpfen unbescholtener Bürger*innen weilt. Und jaja, der Lärm. Man kann an all diesen Dingen arbeiten, aber fliegen wird immer ein zigfaches mehr Kosten verursachen, als die Fortbewegung am Boden.

Auch Dezentral ist ebenfalls erstmal ein Kostenfaktor. Systeme tendieren dazu zu verklumpen und zwar gar nicht, weil böse Manager böse Dinge wollen, sondern vor allem aus Effizienzgründen. Netzwerke mit zentralen Hubs sind nun mal einfach wesentlich effizienter in vielerlei Hinsicht und wer den dezentralen Charakter eines Netzwerkes erhalten will muss immer einen Extraaufwand treiben, gegen diese Effizienzgewinne anzuarbeiten. Das ist tatsächlich mit der Schwerkraft vergleichbar. Am deutlichsten wird das bei Bitcoin und Ethereum, die allein zur Einigung ihrer dezentralen Nodes die Energie von mittelgroßen Volkswirtschaften verbraten. Und trotzdem gibt es auch dort Verklumpungseffekte. Zum dem Thema hab ich mal einen ganzen Artikel geschrieben.

Auch 3D ist teuer. Der Unterschied im Aufwand zu 2D ist aber nicht ein Drittel, sondern eine ganze Potenz, denn statt n hoch 2 muss jetzt alles n hoch 3 funktionieren. Und das betrifft nicht nur das Rendering von Bildern und Videosequenzen, sondern auch ihre Gestaltung und all die zusätzlichen Dinge, die zu Beachten sind. Also viele Dinge, die man nicht einfach mit zusätzlicher Rechenpower skaliert bekommmt.

Zu 3. Natürlich bedeuten diese zusätzlichen Kosten nicht, dass diese Dinge unmöglich sind. Alle drei Paradigmen haben sich sogar bereits in der Praxis bewährt, wenn auch meist in bestimmten Nischen oder unter besonderen Umständen. Es gibt Flugzeuge, es gibt das Internet, es gibt 3D-Videospiele. Der Grund, warum alle drei Paradigmen aber nicht allgegenwärtig sind (Fliegende Autos, Dezentrale Social Networks, überall 3D-Interfaces) liegt daran, dass ihr Nutzen im Vergleich zu den Kosten doch relativ gering ausfällt.

Wie viel Zeit spart man mit einem Flugtaxi statt Taxi wirklich? Das kommt natürlich auf die Situation an, aber niemals kommt man auch nur in die Nähe des Mehraufwandes. Bei dezentralen Ansätzen ist es fast noch krasser. Da gibt es neben dem idealistischen Wert sogar meist gar kein spürbaren Nutzwert. Ob der Bitcoin jetzt zentral oder dezentral in meine Wallet gewandert ist, merke ich im Alltag höchstens daran, dass es dezentral eben länger dauert. Bei 3D ist der Nutzen sogar oft deutlich negativ, weil es eh schon komplexe Situationen – wie die Bedienung von Interfaces – noch mit zusätzlicher Komplexität überlädt.

Fassen wir zusammen: X, aber in fliegend, X, aber in dezentral, X, aber in 3D sind rote Flaggen bei Technologien, denn sie haben eine Historie der Überschätzung und diese Überschätzung ist direkt ableitbar aus ihrem schlechten Kosten/Nutzen-Verhältnis. Dieses Kosten/Nutzen-Verhältnis ist diesen technologischen Paradigmen unhintergehbar eingeschrieben. Egal welche Antriebstechnik, Netzwerktechnik oder Grafikprozessor noch erfunden wird: Fliegen, Dezentral und 3D wird immer ein um ein vielfaches teurer sein als Bodenfortbewegung, Zentralisierung und 2D, während der Nutzen oft klein oder ganz und gar fragwürdig bleibt.

Das heißt nicht, dass es in Zukunft nicht auch vereinzelte, sinnvolle Einsatzzwecke für diese drei Technologie-Paradigmen geben wird. Ich bin mir sogar sicher, dass wir da noch was sehen werden. Aber zwei Dinge stehen fest. Erstens: sie werden nie die primär vorherrschenden Paradigmen werden und zweitens werden die meisten Projekte in diese Richtungen zwangsläufig überhypt sein.