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Ja, verdammt. Es ist eines der Themen DAS Thema in Sachen Technologie, das auch mich am allermeisten beunruhigt. Denn die Gentechnik hat das Potential so tief und grundsätzlich in das Verständnis, vor allem in das Selbstverständnis, des Menschen einzugreifen, wie es keine andere Technologie vermag.

Man muss sich nur vergegenwärtigen, wie oft Menschen sich in ihrer Geschichte das Menschsein genseitig abgesprochen haben, um zu wissen, wie fragil dieses Selbstbild ist. Schwarze galten lange Zeit in ganz Europa nicht als Menschen. Juden wurden als „Untermenschen“ vergast. Behinderte als „entartet“ ermordet. Und nein. Das ist alles noch nicht ausgestanden. Das kommt immer wieder und es bedroht auch uns. Auch jetzt. Es bedroht alles „Andersartige“. Das Andere, der Andere ist es, dem das Menschsein in unterschiedlichen Stufungen immer wieder abgesprochen wurde und bis heute wird.

Was passiert also, wenn auf den ersten Schritt der genetischen Erfassung und Untersuchung von Menschen, der nächste logische, der der „Selektion“, folgt? „Ich würde Ihnen raten, dieses Kind nicht zu bekommen. Es hat eine 78%tige Wahrscheinlichkeit einen Herzfehler zu bekommen.„.

Und erzähle mir keiner, dass Eltern sowas nicht tun würden. Sie würden es. Fast alle. Was Kinder heute schon alles erleiden müssen, weil ihre Eltern nur „das Beste“ für sie wollen. Überhaupt bin ich gegen Eltern. Aber das ist ein anderes Thema…

Und was, wenn die Technologie so weit ist, diese Dinge zu reparieren: „Wir bieten Ihnen den besten Mix Ihrer beider Gene und garantiert ohne Erbkrankheiten. Die gewünschte Haarfarbe tragen Sie bitte hier ein.„?

Wenn man es sich leisten kann, bekommt man dann „optimierte“ Kinder. Es wird sich natürlich nicht jeder leisten können. Aber jeder wird es versuchen. Denn was ist ein „normaler“ Mensch noch wert, unter all den Tüv-gesprüften Deluxemenschen mit Garantiesigel? Auf dem Heiratsmarkt? Auf dem Arbeitsmarkt? Als Bürger? Bei der Krankenversicherung? Als Freund? Als Sohn? Als Tochter? Als Mensch?

Der Film Gattaca hat sich genau dieser Frage angenommen. Wie sähe eine solche Welt aus? Aus der Sicht eines solchen „Unperfekten“? Ich empfand ihn damals als einer der erschreckensten Filme die ich je sah. Und ich glaube er untertreibt. Es wäre wird vermutlich alles noch viel schlimmer.

Hallo Folkert Knieper, Herr Steinhöfel und all die anderen Vielabmahner,


ich habe letztens einen Tierfilm gesehen. Er ging traurig aus. Die junge Antilope wurde am Ende vom Leoparden erlegt. So ist das in der Tierwelt.
Die schon stinkenden Überreste wurden dann nach zwei, drei Tagen von den Aasgeiern angegangen. Mir wurde wirklich übel, wie sie das halb vergammelte Fleisch hinunterschlangen. Ich fragte mich – eher aus dem Affekt heraus – ob die denn gar keinen Stolz besitzen würden, diese Geier. Natürlich werden Sie einige jetzt einwenden, Geier könne man doch unmöglich an menschlichen Maßstäben messen. Menschlichkeit, Stolz, Würde, das Streben nach Anerkennung und Tugend. Das sind nun mal Begriffe mit denen können Aasgeier nichts anfangen und das kann man ihnen ja auch schwerlich vorwerfen. Nein, das ist natürlich Unsinn und völlig naiv gedacht von mir. Trotz Gammelfleischskandal, wie ich nach kurzem Nachdenken immer noch meine.

Aber warum erzähle ich Ihnen das? Keine Ahnung. Wirklich nicht. Ich bin wohl abgeschwiffen. Das hat natürlich überhaupt nichts mit Ihnen zu tun. Nur um das mal klarzustellen.

Es ist nur so – und da werden Sie mir sicher beipflichten – tut das Gehirn oft sehr seltsame Dinge mit den Gedanken. Mal hüpft hier, mal dort ein Geistesblitz in das Bewusstsein rüber. Völlig unvorhersehbar. Chaotisch sozusagen.

Wie dem auch sei. Also, wie ich da so sitze und den Geiern zusehe, plötzlich, zack, denke ich an Sie. Ja, an Sie alle. Aus irgendeinem Grund frage ich mich nämlich in genau diesem Moment, ob das Geld, das Sie auf verschiedenen Wegen erwirtschaften, also ob dieses Geld es überhaupt vermag, Sie angemessen zu entschädigen.
Entschädigen für all das, was Sie dafür aufgeben müssen, um es zu verdienen. Und ob Geld so etwas überhaupt kann.

Hier endete auch schon mein Gedanke und war wieder verflogen. (Sie wissen schon, das Gehirn…) Schließlich ist das ja auch nun wirklich nicht mein Problem.

Leben Sie wohl,

mspro