Ich bin dieses Jahr endlich mal in München auf den Zündfunkkongress und werde mal etwas neues probieren. Und zwar werde ich über den digitalen Kapitalismus auf eine andere Art sprechen, als in der üblichen Faz-Feuilleton-Weise, die man sonst überall aufgetischt bekommt. denn ich mache mir sorgen um den Kapitalismus.
Der digitale Kapitalismus ist irgendwie neu, irgendwie anders, vielleicht auch viel schlimmer, vielleicht viel besser als der alte, analoge Kapitalismus. Plattformkapitalismus, Surveillance Capitalism oder Daten-Kapitalismus heißt er dann, wobei die Daten dann das neue Öl sind, für die wir die Datenautobahnen bauen müssen, oder so. Doch beschauen wir die tatsächliche Lage des Kapitalismus im digitalen Zeitalter, dann stellen sich dem Kapitalismus systemische Fragen, die das Potential der Identitätskrise in
Wurde mal wieder zum Thema DSGVO interviewt. Aber nicht nur ich. Insgesamt, spannendes Stück zum Thema.
Mittlerweile stellen sich Fachleute zunehmend die Frage, ob die Bedeutung der DSGVO nicht weit über Datenschutzthemen hinausgeht und vielmehr das Zusammenleben der Menschen im Innersten berührt – im persönlichen Austausch mit anderen und in ihrer Art und Weise zu kommunizieren. „Grundsätzlich besteht durch die DSGVO die Gefahr, dass der soziale Kit der Gesellschaft verloren geht“, sagt der Autor und Kulturwissenschaftler Michael Seemann. Wenn wir weniger oder schwieriger Informationen miteinander austausche
Habe einen langen Essay über Wework geschrieben, der auch die ideale der ‚New Work‘ Bewegung von Mitte der 2000er reflektiert, bzw. was daraus geworden ist:
Stellt man sich den Immobilienmarkt als Protokollstapel vor, hat sich Wework zwischen den Vermieter- und den Mieter-Layer (also die Firmen) als Management-Layer geschoben. Dinge, um die sich sonst jedes Unternehmen Gedanken machen muss, – von der Büroausstattung, der Organisation der Arbeitsplätze, bis hin zu Internet, Kaffee und Bierversorgung, aber auch Sicherheit und Postzustellung – hat Wework in seinen Service-Layer integriert und damit für die Firmen zu einer monatlichen Rechnung wegabstrahiert. Wewor
Interview mit der Deutschen Welle zu Uploadfiltern und Leistungsschutzrecht.
„Twitter, Facebook und Co. werden den Newsseiten-Betreibern sagen: ‚Klar könnt ihr Geld von uns verlangen dafür, dass ihr bei uns stattfindet, aber dann schmeißen wir euch halt raus.‘ Und dann werden die Newsseiten ihre Inhalte wieder für null Euro an die großen Plattformen lizenzieren, weil sie auf den Traffic angewiesen sind.“
All das bedeutet übrigens nicht, dass es nicht irgendwann einen sinnvollen Einsatzzweck von Blockchains geben kann – vielleicht auch von Tezos. Doch so lange der Kryptoanarchismus den Menschen und die Gesellschaft derart missversteht, wird auch in Zukunft jedes Blockchain-Startup gegen jede halbwegs vertrauensvolle Institution mit einfacher Datenbank verlieren. Und gegen Menschen, die sich wenigstens ein bisschen vertrauen.
Weil diese Wahrheit aber so ungeheuerlich ist, helfen wir lieber bei der Entstehung der Illusion und versichern uns gegenseitig in rituellen Akten kollektiver Unaufrichtigkeit, dass wir total verstehen, was da mit unseren Daten passiert. Je mehr wir „OK“ klicken, desto informationell Selbstbestimmter sind wir.
Eine schöne Doku über rechte Trolle im Netz, inklusive der Infiltration von Reconquista Germanica, dem rechten Kommandoserver der deutschnationalen Rechtstrolle.
Ich wurde ebenfalls interviewt und zwar zur Rolle der Trolle im US-Wahlkampf (der sogenannten Alt-Right) und zur Trolling Culture im Allgemeinen. Hier das Interview in voller Länge:
Man kann dem Film den Vorwurf machen, die Rolle der deutschen Rechtstrolle zu übertreiben, zumindest im Bundetagswahlkampf – was eben ganz im Sinne dieser Trolle ist (siehe dazu diesen Twitterthread von Max Hoppenstedt). In der Tat ist der Vergleich zur Alt-Right ziemlich verwegen. Die deutsche Trollkultur ist entweder nicht ganz so nazifiziert oder eben nicht so stark wie in den USA. Wahrscheinlich ist beides der Fall. Unter ihnen leiden müssen allerdings trotzdem viele.
Es gibt auch Kritik aus der deutschen Youtube-Trollszene, die sich zu unrecht in das rechte Licht gerückt sieht (siehe zum Beispiel). Ich kann einerseits nachvollziehen, dass sie sich dort falsch verortet fühlen und nehme ihnen ab, dass Rassismus und Misogynie nicht ihre Antriebsfeder ist. Ich finde aber trotzdem den Punkt, den der Film hier macht, gültig.
Bei meiner Beschäftigung mit der Alt-Right ist mir dieser schmale Grat immer wieder begegnet. 4chan war auch nicht von Anfang an rechts – als ich das erste mal damit in Berührung kam (so 2009) hatte ich ebenfalls nicht den Eindruck, obwohl sie schon damals mit Hakenkreuzen und KZ-Humor herumprovozierten. Ich verstand die Geste, wie sie wohl gemeint war, als anarchistische „Fuck You“ Botschaft an die Mainstream-Gesellschaft. Und doch ist es ja passiert, und doch kam der Schulterschluss mit den Nazis und doch haben sie politisch etwas bewegt und zwar nach rechts. Das ist vielleicht das Problem mit der Dauerironie: Aus Spaß wird Ernst und hinterher ist niemandem mehr klar, wo diese Grenze überschritten wurde.
Im Film wird das im Interview mit den Youtube-Trollen Imp und Dorian klar. Sie rechtfertigen ihre Nazisymbolik (HKNKRZ-TShirt und Holocaustwitze) als derben Nischenhumor, aber müssen doch zugeben, dass sie sich damit den Beifall der rechten Szene einfangen. Ich kenne den Menschentyp, der dort sitzt. Ich kenne ihn von den vielen Hackerkonferenzen genau so, wie aus der Piratenpartei. Junge, männliche Nerds, die sich in ihrem Intellekt dem Mainstreamdiskurs so weit überlegen fühlen, dass sie meinen, dessen diskursive Regeln würden für sie nicht gelten und sie könnten deswegen jedes Zeichen spielerisch für sich umdeuten. Das ist genau die Attitüde der 4Chan-Nerds gewesen – kurz vor ihrer Eingliederung in die Trump-Campaign.
Hier das ganze Interview mit den beiden.
Meine Pet-These ist ja, dass das frühe und brutale und Scheitern der Piratenpartei eine deutsche Alt-Right verhindert hat. Sie wäre der Missing-Link gewesen, der zwischen den Jungfunktionären der AfD, den Identitären und der Nerdkultur vermittelt hätte. Auch in den USA war es ja erst diese Allianz aus Neuer Rechter und Nerdszene, dieses explosive Gemisch aus rechter Ideologie und Trolling, dass diesen effektiven Meme-War zustande gebracht hat. Diese Verbindung war in der Piratenpartei immer schon angelegt und die Kämpfe, die vor allem 2012 und 13 ausgefochten wurden, fanden statt, weil der linke Flügel diese Affinität spürte, thematisierte und dagegen anging – bis er selbst rausgeekelt wurde.
Zu einer genaueren Beschäftigung mit der amerikanischen Alt-Right siehe auch meinen Vortrag an der Uni-Köln.