für personalisierte Inhalte

Ich mag unser Wahlrecht nicht besonders. Genauer: Ich mag die Zweitstimme nicht. Was wählt man da eigentlich? Eine Partei. Ganz abstrakt einfach nur eine Partei. Was ist das, eine Partei? Ein Zusammenschluss von Menschen, die sich unter der gemeinsamen Ägide, einer Idee, eines Wertkonsenses oder dergleichen versammeln. Partei ist Versammeln, Zusammentreten, ein Bündnis gestalten, eine Bruderschaft eingehen oder dergleichen. Das englische Wort „Party“ drückt das sehr viel deutlicher aus. Partei suggeriert eine Art von Homogenität. In Wirklichkeit gibt es diese Homogenität nicht, oder besser: wenn es sie gibt, dann wird sie eben erst durch diesen Zusammenschluss, den man „Partei“ nennt erzeugt. Die Partei ist eine Zwangsgemeinschaft, gebildet aus dem was man „Parteiräson“ nennt. Wenn einer im Namen der „Partei“ spricht dann wiederholt er dieses Bündnis, dann wird dieses Bündnis quasi neuerlich konstituiert, der Vertrag wird erneut unterschrieben, die Parteimitglieder erneut verpflichtet. „Die Partei“ ist eine Form von Gewalt.

Aber das, was sie verpflichtet: die Idee oder der Wert, hat sich doch längst verflüchtigt. Alle die, die gegen den „Personenwahlkampf“ wettern, all die, die meinen es solle doch viel mehr um Ideen und Wahlprogramme gehen, die sollten sich diese Wahlprogramme doch mal genauer anschauen. Es gibt keine Ideen, Ideologien, Werte mehr, die irgendeine „Partei“ rechtfertigen würden. Und wenn doch, dann müsste es nur eine einzige Partei geben. Es wäre die Partei, die für Gerechtigkeit, Freiheit, Frieden, Umweltschutz, Arbeit und Wirtschaftswachstum ist. Die Partei, die will, dass jeder Glücklich ist, die Partei, die für den Gewinn der Fußballweltmeisterschaft ist, die Partei, die für Freibier für alle ist, für Steuersenkung, für Moralität, die gegen Kriminalität und gegen den Terrorismus, eine Partei die „kompetent“ ist, eine Partei, die gegen alles Böse und für alles Gute ist. Das wäre einfach „Die Partei“, sehr schön karikiert von den Titanicmachern.

Statt dessen haben wir ParteiEN, die all das wollen und mehr oder minder deutlich auch versprechen. Was wählt man mit also der Zweitstimme? Die Antwort: Man wählt die Legitimation von Parteien. Sie haben keine andere mehr, weil jegliche Ideologie schon längst begraben ist. Die Parteien gibt es nur noch, weil es die Zweitstimme gibt.

Das könnte einem ja ziemlich egal sein eigentlich, aber leider hat das weitere Effekte. Die Zweitstimme entscheidet über die Sitzverteilung im Bundestag. Wer, außer den über die Erststimme bereits fest hinein gewählten Abgeordneten dort sitzt, entscheidet die Parteiführung, eben jene die „für die Partei sprechen“. Die haben eine Liste in der Schublade, auf der stehen Mitglieder in einer bestimmten Reihenfolge. Auf dieser Liste stehen natürlich vor allem diejenigen, die nichts dagegen haben, dass die Parteiführung in „ihrem Namen spricht“, es sind wohlfällige Leute, die es gerne haben, nicht „in ihrem eigenen Namen sprechen“ zu müssen. Man könnte sie auch Opportunisten nennen. Eben diese kommen über die Zweitstimme in den Bundestag. Und dort werden sie es nicht wagen gegen die Parteispitze zu stimmen, denn sonst stehen sie das nächste Mal ja nicht auf der Liste. Was wählt man also mit der Zweitstimme? Richtig: Man wählt den Opportunismus direkt in den Bundestag.

Das kann man auch schon allein daran sehen, dass die einzigen Querschläger im Bundestag per Direktmandat dort sitzen (Beispiel Ströbele). Es sind die einzigen, die dem Grundgesetz gemäß, ihrem Gewissen nach abstimmen. Es sind zudem die einzigen, die das überhaupt dürfen.

Bei aller Kritik an der amerikanischen Demokratie, dass der Kongress dort nur aus Direktkandidaten besteht hat die Unterteilung „Democrats“ und „Repulicans“ weitgehend unterhöhlt. Dort spielen die Parteien kaum eine Rolle. Politik spielt sich unter Individuen ab, jeder Abgeordnete ist einzig seinem eigenen Wahlkreis verpflichtet. Baut er Mist, wird er sofort abgewählt. Der Wahlkreis, im Gegenzug, kann sich immer direkt an ihn wenden und er wird sich persönlich um die Belange seiner Bürger in Washington einsetzen. Tut er es nicht, wird er ausgewechselt. Einfach so. Parteipolitik scheint so fast unmöglich. Niemand im Kongress ist vornehmlich seiner Partei verantwortlich, sondern zu allererst seinen Wählern.
Die Labels „Democrats“ und „Repulicans“ spielen eine weitgehend untergeordnete Rolle. Die Parteien haben dort kaum Einfluss auf das Stimmverhalten der Abgeordneten. Die Abstimmungen müssen deswegen auch nicht geheim sein, denn die Partei hat kein Druckmittel auf den Abgeordneten, wohl aber das Volk, und das will, legitimer Weise, Transparenz. Die Leute wollen ganz genau wissen: „Wie stimmt mein Abgeordneter ab?“.

Hier in Deutschland gibt es gar kein Bewusstsein dafür, nicht mal bei der dafür vorgesehenen Erststimme. Der Bundestagskandidat ist hier nur irgendein Typ aus der Gegend, den die Menschen das erste Mal auf irgendwelchen Plakaten kurz vor der Wahl gesehen haben. Den Namen merkt man sich eh nicht bis zu Wahlurne, kann ihn wohl meistens kaum einer Partei zuordnen und wenn er im Bundestag Einzug gehalten hat (oder nicht, ist ja auch egal), hat man ihn auch schon vergessen.

Jeder weiß sowieso: die Zweitstimme ist das wichtigste. Mit dieser kann eine Regierung dann beliebig arbeiten, ein Stimmautomat mit dem man die Vorstellungen der Parteispitze durchsetzen kann. (Man könnte ja so viel Geld an den Diäten spraren…)
Und so läuft das Spiel dann:
Die Regierung, will möglichst gut aussehen und alle Vorhaben sollen leichtfüßig durch den Bundestag gehen, „wie geschmiert“. Leute, die ihre Bedenken äußern sind da natürlich nicht willkommen.
Die Opposition hingegen will, dass die Regierung schlecht aussieht, und kann mit ihrem eigenen Stimmvieh wiederum die Ideen der Regierung blockieren, wenn sie die Mehrheit hat und zwar unabhängig davon, wie ihre Abgeordneten wirklich über diese Vorhaben denken. Denken ist nicht erwünscht, informieren braucht man sich nur was die Parteispitze meint und deren Argumente werden auswendig gelernt und fertig ist die Demokratie.
Das alles funktioniert nur durch die Zweitstimme.
Natürlich würde auch sonst kaum jemand nach seinem „Gewissen“ abstimmen, wenn es denn so etwas gibt. Natürlich wären Abstimmungen auch ohne die Zweitstimme in erste Linie strategisch. Die Strategie ist immer und überall, vor allem in der Politik, denn Politik ist Strategie, war nie etwas anderes und wird nie etwas anderes sein. Nur die strategische Ausrichtung würde sich bei Wegfall der Zweitstimme entscheident verändern.

Wenn die Strategien der Abgeordneten sich nicht mehr an der Parteiräson, sondern auf ihre speziellen Wählerkreise ausrichten würden, dann wären manche Gesetze gar nicht oder ganz anders auf den Weg geschickt worden. Die Opposition wiederum könnte nicht einfach pauschal verschiedene Vorhaben blockieren. Es ginge plötzlich um Inhalte, nicht um Parteiräson. Es ginge um den Willen des Volkes, nicht um den Willen der Parteien.

Also, ich bin für eine Demokratie der Inhalte, genau deshalb bin ich für einen personalisierten Wahlkampf.

Ich mag Lafontaine nicht…

ich mochte ihn noch nie. Ich weiß auch nicht warum. Habe mir damals sogar sein Buch „Das Herz schlägt links“ gekauft, um es herauszufinden. Ich habs aber nie gelesen. Also, mein tumbes, tendenziöses, völlig unbegründetes und unter rein subjektiven Vorurteilen gebildetes Urteil lautet: Lafontaine ist ein Arschloch. Ich hoffe ich konnte euch überzeugen.

Nachtrag:
So langsam wird mir mein Blog echt zu politisch. Aber ok, die Bundestagswahl steht an. Danach wird sich wieder ideelleren Dingen zugewendet.

Uaaaahhhhh

Mir wird schwindelig. http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,374119,00.html

Nachtrag: Andererseits ist das schließlich die logische Konsequenz. Was tut man gegen die Spatzen, wenn man keine Luftgewehre mehr hat? Richtig: Man schießt mit Kanonen. Da die USA einerseits mit ihren Kriegen an ihre personellen Grenzen gestoßen sind, die Gefahren aber andererseits keinesfalls aus der Welt sind, sind Atomschläge, oder zumindest die Drohung damit, das einzige noch zur Verfügung stehende Mittel Iran und Nordkorea doch noch Paroli bieten zu können. So nach dem Motto: „Soldaten haben wir nicht mehr, schicken wir ihnen Atomsprengköpfe.“ Ist der Atomkrieg also nur die normale US-Außenpolitik mit anderen Mitteln?

War on terror – Business as usual“ heißt auch der sehr viel optimistischere Artikel von Goedart Palm zum Jahrestag des 11. Septembers. Allerdings wusste er wohl auch noch nichts von der Doktrin, als er ihn schrieb. Nun ja, noch ist sie ja auch nicht offiziell. (Das hatte man sich aber damals auch schon bei den Diskussionen zur Präventivschlagsdoktrin gedacht: „Das setzt sich niemals durch…“)

Die Amerikaner haben ja tatsächlich erstmal mit sich selbst zu tun. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich nun eine Art Katrina-Katerstimmung breit machen wird, ähnlich wie nach Vietnam. Der Mythos des US-Helden wurde (mal wieder) entzaubert. Das Böse ist immer und überall, auch im eigenen Land, das werden nun auch die größten Patrioten nicht mehr leugnen können. New Orleans (im Gegensatz zu New York) kennt keine Helden.

Um so wichtiger ist es aber nun für die Neokons, sich wieder der Profilierung gegenüber dem (extern) Bösen zuzuwenden, nachdem sie vor dem Internen kapitulierten. Schon Bill Clinton ließ direkt auf seine Blowjobaffäre Bomben auf Bagdad folgen. Zumindest schaffte er es dadurch kurzzeitig seinen Penis von den Titelseiten zu bannen. Bushs Reputation steht ungleich heftiger zur Disposition. Herkömmliche Bomben werden da nicht mehr helfen…

Aber ob sich andererseits der amerikanische Heldenmythos per (rotem) Knopfdruck wiederherstellen lässt, ist zu bezweifeln. So wirklich Heldenhaft sieht das ja nun nicht aus.

Der Feind, das ist ja Katrinas Konsequenz, ist nicht nur ein (jedenfalls einigermaßen) zu personifizierender Terrorismus, sondern auch die gesichtslose Naturkatastrophe. Schön wäre es, wenn man mit den Atomsprengköpfen diesem Naturterrorismus Einhalt gebieten könnte, wie es der Film „Armageddon“ an Asteroiden so eindrucksvoll demonstrierte. Klimakatastrophen sind aber im Gegensatz zu Asteroiden nun mal nicht nach dem amerikanischen Geschmack. Man kann sie nicht einfach in die Luft sprengen. Der Kampf gegen sie ist langwierig, mühselig, unspektakulär und teuer. Kyoto ist kein amerikanischer Held.

Wie Katrina die Selbstwahrnehmung der USA beeinflussen wird, bleibt abzuwarten. Aber eines ist klar: So sehr man sich ein selbstkritisches Amerika wünscht, so sehr man auf eine demutsvolle Katharsis hofft, die Gefahren in der Welt bleiben real. Europa kämpft in Teheran gegen diplomatische Windmühlen und in Pjonjang sitzt ein wirklich Geisteskranker an ganz realen Atom-Turntables. Ohne ein starkes Amerika ist die Weltgemeinschaft hier aufgeschmissen. Also, was soll man tun, wenn man nur noch Kanonen hat? Vielleicht hilft ja ein wenig (Atom-)Säbelgerassel.

Dieses Blog IV

Ich übe noch.

Dicht

Nach langer Zeit habe ich mal wieder ein Gedicht verbrochen. Eigentlich ist das ja nicht der Richtige Ort (sondern dieser hier oben) aber da ich es so schön finde, ist mir doch auch hier einen Eintrag wert.

Schon OK

Hoppla, das war ein harter Schlag.
Ich hab’s wohl nicht überlebt. Aber
was macht es nun noch für einen Sinn,
„Ich“ zu sagen?

Oder „Du“?
Wo du doch nicht mehr in Reichweite scheinst.
Reichweite wovon?
Menschmenschmensch

Still jetzt,
verschwende auch du kein „Du“.
Nicht für mich. Hier
werde ich es sowieso nicht hören können.

Nein, schon OK, sprich ruhig,
dein Schweigen geht eh unter
angesichts der Massen von Verstummten hier.
Macht ja nix.

Hier gibt es wirklich nichts mehr zu sagen
kein „Du“ und schon lange kein „Ich“,
auch kein „Hier“, nur noch „Nichts“,
oder so.

Und nur ich habe das Recht es zu sagen,
hörst Du?
Nur ich!
Alle andern meckern doch nur.

Eigentlich wollte ich ja SPD wählen

Jetzt sehe ich aber, dass Rocko Schamoni in meinem Wahlkreis für „Die Partei“ kandidiert. Hmmmm. Schwere Entscheidung. –

Nachtrag: Ich seh gerade: Das oberste Wahlziel der „Partei“ ist es „das Merkel zu verhindern.“ Um das zu gewährleisten, darf ich also als guter „Parteisoldat“ natürlich auf gar keinen FallDie Partei“ wählen, sondern zum Beispiel die SPD. Puh, da bin ich aber beruhigt.

Also, hier die offizielle Wahlempfehlung von „T I E F“: Unterstützt „Die Partei“, wählt Rot-Grün!

Ich gestehe es

Mein Kopf ist heut so leer. Oje…

Selbstzitate

Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Wie schon Michael Seemann schrieb: „Selbstzitate sind rekursiv“““““““““““““““

Das unmittelbar mediale Nichts

Ein Zitat gehört. Etwa so: „Die Medienkunst ist eine künstliche Kunst“. Wärend die „normale“ Kunst also eine „natürliche“ Kunst ist? Während diese also keine Medien gebraucht? Gibt es „nicht-mediale“ Kunst?

Sicher: „Ich“ male, aber „ich“ mache den Computer malen. Es ist, als sei eine Ebene dazwischen geschoben, als ob der Computer das „ich“ der Autorenschaft erweitert. Aber tat das nicht auch schon der Bleistift oder das Tierblut auf den Höhlenwänden? Wo hört also das „Ich“ auf, wenn ich Medien benutze? Was ist dieses „Ich“, genannt der „Medienbenutzer“, der hinter dem Medium steht, der es kontrolliert, das „ich“, das der Ursprung der Verformung ist die man Kunst nennt? Wenn die Finger abgehackt sind, diese „natürlichen“ „extensions of men“, oder der Arm, oder noch viel mehr, spätestens dann wird man merken, wie sehr man „mittels“ ihnen gehandelt hat. Alles läuft also auf eine entkörperlichte Auffassung von Autorenschaft hinaus. Der Körper wird aufgeressen von dieser Argumentation, sie ist unersättlich. Stück für Stück, Finger um Finger, Arme und Beine, Rumpf, das Herz? Bleibt das Herz verschont? Sieht man mit dem Herzen besser? Ich sehe es schon im blutigen Schlund dieses Denkens entschwinden. Was bleibt? Ein tranzendenthales Bewusstsein, das unmittelbar schaffend gedacht werden müsste? Die Idee in seiner Reinheit, reiner Geist, als das dem Medium vorgelagerte? Doch auch hier bilden Erfahrungen, Präferenzen, Prägungen eine Medialität des Bewusstseins aus. Sogar diese Unmittelbarkeit ist also schon vermittelt. Entleibt man nun auch diesen Geistkörper, diese intelligible Materie dann bleibt … Nichts.

Ars Electronica

Es ist unglaublich interessant dieses Jahr, wohl auch weil ich mittlerweile eine Art Zugang entwickelt habe. Zunächst: Das Wasser wird auch hier nur gekocht, aber man erkennt die kreative Art Feuer unterm Kessel zu machen. Vielleicht an dieser Stelle demnächst mehr darüber. Bin noch ziemlich geflasht. Erstmal sacken lassen…