Malte

Kosovo Malte Welding, auch Spreeblickmalte genannt (von mir), hat jetzt ein eigenes Blog. Da ich seine Artikel, einerseits des sprachlichen Stils, als auch seiner leidenschaftlichen politischen Einlassung wegen, sehr schätzten gelernt habe, bin ich sehr gespannt, was dabei rum kommt. Ich kann mich erinnern, dass Malte mal in einem Interview (kein Link, habs vergessen wo) eigene Blogblogpläne verneinte, weil er nun mal am großen Lesertropf von Spreeblick hinge, deren Abwesenheit mindestens einen sofortigen Turkey auszulösen drohe. In diesem Sinne fühle ich mich verplichtet die paar Leser, die hier vorbeischauen, bei ihm rüberzuschicken, um seine Unabhängigkeitserklärung mit meiner offiziellen Anerkennung zu stärken. Also Kosovo Malte, Färöern mspro steht Dir bei.

"Spinnen wir eigentlich?"

Lieber Johnny,

ich hätte es gerne geschafft, Dich davon zu überzeugen, dass Du zu weit gehst. Nicht zu weit für mich oder all die anderen, die so wie ich jetzt rummeckern. Sondern vor allem zu weit weg von Dir. Ich muss mir eingestehen, dass ich Dir das nicht wirklich auf überzeugende Weise verklickern kann. Wie auch? Wer bin ich denn?

Aber ich bin überzeugt, es gibt da jemanden, der das kann. Jemand, der Dich besser kennt. Besser als ich sowieso aber vor allem besser, als Du Dich selbst. Zur Zeit jedenfalls. Tu mir bitte nur den einen Gefallen: rede mit ihm.

[nachtrag:] zieht Euch mal dieses Statement rein:

Tim, so haben wir ja auch nachgedacht und du kannst uns glauben, dass wir den Etat gut hätten gebrauchen können. Aber… es geht schon manchmal um klare Positionen. Wenn’s auch nur für uns selbst ist und für diejenigen unter den Lesern, die die Entscheidung ebenfalls für richtig halten.

Ich fühle mich wohler so. Das Geld wird schon irgendwo anders herkommen.

Johnny

Was von Spreeblick übrig blieb

Ich hatte mich ja eigentlich verabschiedet vom Metablogging (Nein, nicht vom Bloggen selbst, auch wenn es den Anschein hatte).
Aber mir ist der Kragen geplatzt, als ich gestern Johnny’s Rechtfertigung für den Adical-Yahoo Deal gelesen hab.
Ich hab nichts gegen Adical. Ich habe zwar bedenken geäußert, was die Professionalisierung des Bloggens anbelangt, aber ich bin nicht grundsätzlich gegen Werbung in Blogs. Ich bin sogar hoch erfreut gewesen, dass die Initiative für ein Blog-Vermarktungsnetzwerk aus der Bloggosphäre selber stammt. Dementsprechend habe ich mich auch nie beteiligt an dem Adicalgebashe. Ich persönlich würde zwar keine Werbung wollen, aber ich würde auch niemandem vorschreiben, es mir gleichzutun.

Als Adical als ersten Partner Cisco an Land gezogen hat, war ich wenig begeistert. Deren Engagement in China ist nicht wirklich hübsch. „This Website was sensored for you, by cisco technologies

Ich habe aber nichts gesagt. So was passiert und es ist schwierig, eine global agierende Firma zu finden, die sich nicht dem chinesischen System anpasst. Adical will Geld verdienen, da muss man Kompromisse machen. Man muss abwägen, man muss entscheiden, ob man auf so was Lust hat oder nicht. Ich hätte mich anders entschieden. Aber gut. Kann man drüber streiten.

Aber ich denke es gibt eine Grenze. Und egal wo man diese Grenze gerne ziehen möchte, Yahoo steht auf der anderen Seite. Yahoo zensiert Suchergebnisse, die der chinesischen Regierung ein Dorn im Auge sind. (Mittlerweile fangen sie auch in Deutschland an) Nicht schön, das. Aber Yahoo geht weiter. Weiter als Google und alle seine Mitbewerber. Es liefert auch auf Zuruf die personenbezogenen Daten von Dissidenten und anderen regierungskritischen Nutzern. Freiwillig. Ohne gesetzliche Verpflichtung. Yahoo denunziert. Es zeigt mit dem Finger auf das Versteck und schreit: „da ist der Verräter!“

Und nein. Es ist nicht das selbe wie Suchergebnisse zensieren oder die Technik zur Zensur zu liefern. Und nein, Yahoo ist damit ganz alleine, das macht keine andere Firma. Und nein, das geht nicht. Absolut nicht. Das ist böse. Da gibt es nichts zu beschönigen. Da gibt es nichts zu relativieren. Das ist unentschuldbar.

Ich lese Spreeblick gerne. Seit Malte dort berserkt schreibt, lese ich es noch lieber. Und ich sage ganz offen, das Johnny immer meinen höchsten Respekt hatte. Aber diese Verrenkung, die er dort anstellt, um seinen Lesern – und wahrscheinlich auch sich selbst – einzureden, dass es vertretbar sei, für Yahoo zu werben, nehme ich ihm übel. Und aus der persönlichen Enttäuschung heraus, bin ich richtig angefressen. Ja, ich bin wütend. Dass er versucht, sich aus der Verantwortung zu stehlen, und dass er später in den Kommentaren versucht, die Schuld von Yahoo zu relativieren, in dem er sie auf eine Stufe stellt mit Cisco, Google und all den anderen. Das sind Dinge, die ich nie von ihm erwartet hätte. Hätte mir das jemand vor ein paar Tagen erzählt, ich hätte ihn einen Lügner genannt.

Aber dann las ich diesen Eintrag. Der gab mir zu denken.
Was, wenn Johnny nicht Wahrheit sagt? Vielleicht kann er gar nicht anders, als Yahoo als Kunden anzunehmen. In der Werbung, kann man es sich vielleicht tatsächlich nicht erlauben, Kunden abzulehnen. Nicht weil man auf diesen einen Kunden angewiesen wäre, sondern weil potentielle andere Kunden davon abgeschreckt würden. Es könnte sein, dass Johnny gerade merkt, dass Adical doch nicht ein „anderer“ Vermarkter sein kann, wenn es überleben will.

Aber da ist das Problem: Denn Blogs sind „anders“. Man kann sich nicht von der Werbung auf seinem Blog so stark distanzieren, wie es andere Medien können. (Und sorry, die Versuche das zu tun wirken meist lächerlich) Denn man hat immer die Wahl. Man hat die absolute Entscheidungshoheit über alles, was auf seinem Blog passiert. Das verwandelt alles, was auf einem Blog steht, ob man will oder nicht, inkl. Werbung auch zum Statement. Und genau das ist es auch, was Sascha Lobo und Johnny als Alleinstellungsmerkmal und großen Vorteil den Werbekunden schmackhaft machen wollen. Zurecht. Und so ist es genau diese geringe Distanz, die Yahoo nun gern für sich in Anspruch nimmt, um sein Image aufzupolieren.

Ist es so? Ist Adical auf der Einbahnstraße zum „normalen“ Vermarkter? Mögt ihr es Euch und uns und den vermarkteten Bloggern gegenüber nicht zugeben? Weil dann genau das eingetreten wäre, was die Adicalkritiker von Anfang an prophezeiht hätten?

Wenn es so ist, und eigentlich kann ich mir auch nicht anders erklären, wie man als kritischer Mensch für Yahoo werben kann, gibt es dann gar keine Grenze mehr? So wie Johnny es in seinem Artikel schon vorsichtig andeutet? Spammer und Waffenshops? Axel Springer, 9Live und Heckler und Koch? Neue soziale Marktwirtschaft, Gasprom und die CDU? (merke gerade, dass ein Großteil der gerade Genannten, eigentlich Engel sind, im Vergleich zu Yahoo. Wirklich schwer Beispiele zu finden…)

Und – was ich zudem nochmal gerne wissen würde: wie fühlt sich das eigentlich an?

Ach so, ja

Herzlichen Glückwunsch!

Aber glaube ja nicht, Johnny, dass Du Dich hier in Hamburg auf so plumpe Weise inkognito bewegen kannst. Du bist enttarnt!