Was ist ein linker Schnöselismus?

Irgend ein Idiot hat mal gesagt, nichtvorhandene Erwartungen könne man nicht enttäuschen. Es geht. Partiell. Denn obwohl man sich schon beim Lesen des Programms langweilt, obwohl man schon von der Aufmachung her das Gefühl hat, einem egozentrischen Selbstgehype beizuwohnen, man eigentlich nur da hingeht, weil man kein Bock auf Alstervergnügen in Hamburg hat, dann wird man immer noch glauben, dass Leute, die sich an die Speerspitze innovativer sozialer Organisationsprinzipien drängen, wenigsten versuchen ihrem eigenen Anspruch gerecht zu werden.

Die ganze Veranstaltung sagt einem: Hier sind wir, das coole Netzwerk der digitalen Bohème (aka: Z.I.A), da seid Ihr, gerufen um uns zu bewundern. Wir werden Euch mit Begriffen wie Allmende, Web2.0 und Offenheit bewerfen, aber so lange wir das tun, tut ihr gefälligst nur eines: zuhören.

Was wäre ein linker Neoliberalismus? Das war die Frage, welche einer der Hauptgründe war, weswegen ich hier überhaupt bin. Eigentlich hätte es etwas spannendes werden können. Rinks, Lechts, Neo und Liberalismus sind schließlich Begriffe, die definitiv auf die Agenda gehören. Und ja, allein der Versuch ist als Statement schon ein Schritt in die richtige Richtung.

Aber, ach, Holm Friebe. Hätte er sich bloß nicht eingeladen. Er hatte sich überhaupt nicht vorbereitet aber das mit Verve. Er hatte zwar ein paar lose Ideen zusammengetöppelt und eine ganze Menge Zeitungsartikel ausgeschnitten, aber wenn er redet, dann ohne Konzept, ohne roten Faden. Er sagt Dinge wie „Inhaltistisch“, erzählt wie er das Programm „programmiert“ hat und sinniert über die „personelle Konfiguration“ der Runde. Es war Gerede, zugegeben gekonntes Gerede, aber Gerede. Ohne Inhalt, ohne Substanz. Nur: insofern spiegelte er nur die gesamte Ausrichtung des Festivals: eine leere Pose.

Und während Mercedes Bunz wenigstens versuchte das Thema konkret zu problematisieren, quatschte Holm wirr vor sich hin, hielt zeitungsartikel in die Luft und rezitierte Zitate. Holm schaffte es, jede These im Schlamm seiner Selbstdarstellung zu versenken.

Ich weiß eigentlich gar nicht wie es weiterging. Es schlierte sich alles in einem Larifarisumpf zusammen in dem man sich nur in abgerundeten Eckpunkten einig war: die Linke muss was anderes werden/sein als sie ist und der Neoliberalimus muss etwas anderes hinzutun, damit alles irgendwie anders wird. Für eine Zukunft mit Zukunft hätte Rocko Schamoni hinzugefügt.

Vielleicht war es auch einfach zu ehrgeizig, diesen begrifflichen Sumpf innerhalb einer Veranstaltung tatsächlich begehbar machen zu wollen. Einerseits.

Aaaaber eigentlich waren es gar nicht die Worte: die Demaskierung fand dann bei den Publikumsfragen an. Zunächst mussten alle, die die Dreistigkeit besaßen, eine Frage stellen zu wollen, noch vorne an die Tafel Bühne, weil es kein wirkliches Publikumsmikro gab. Und die, die sich trauten wurden sodann von Holm Friebe angepault: Sei es, dass er ihre Fragen als irrelevant einkategorisierte, sei es, dass er ihnen dauernd ins Wort fiel, um sie zum Langsamsprechen anzuhalten.

Absichtlich oder Unabsichtlich brachte dieses Desaster ein Zuschauer auf den Punkt, indem er die Gretchenfrage nach der Demokratievorstellung stellte, der in dem Linken-Konzept der Beteiligten bisher scheinbar nicht vorzukommen schien. Und hier wurde das Dilemma schlagartig sichtbar: denn das war sicher kein Zufall, dass dieses nicht unwichtige Thema ausgelassen wurde:

Der Popdiskurs ist elitär. Die Z.I.A ist elitär. Holm Friebe ist elitär. Diese ganze Veranstaltung atmet diesen elitären Habitus. Demokratie sind die anderen. Die unwichtigen. Was hier vorgestellt wurde, war der linke Schnöselismus.

Ipernity now

Meinen Flickraccount hatte ich ja schon länger abgeschossen. Alternativen gab es zwar genug, nur, welche sollte ich nehmen? Ich habe also die ganzen Erfahrungsberichte studiert, die so in der Blogosphäre herumgeistern, aber getraut, mich wo einzurichten, hab ich mich nicht. Nach längerem Abwarten allerdings kristallisierte sich Ipernity immer mehr als Alternative heraus. Man konnte der Schwarmintelligenz praktisch beim denken zuschauen. Und da die ja immer recht hat…

Also nahm ich mir ein Herz und einen ganzen Batzen Fotos und bin da jetzt einfach mal eingezogen. Und tatsächlich: hier hab ich gleich auf Anhieb viel mehr Fotos reingestellt, als ich je in Flickr drin hatte. Irgendwie fühlt es sich besser an. Obwohl das Look&Feel beinahe 1zu1 bei Flickr geklaut ist, wirkt es für mich ansprechender. Was sich extrem viel besser anfühlt ist aber vor allem die Geschwindigkeit. Das war etwas, was bei Flickr ungemein genervt hat und ich merke jetzt bei Ipernity, was Flickr hätte sein können.

Einige Features fehlen allerdings noch. Die PostByEMail-Funktion ist derzeit noch in der Entwicklung und ein „Blog this“- Button wäre auch verdammt praktisch. Web-Widgets fürs Blog vermisse ich auch, oder hab ich die nur nicht gesehen? (Die wollen wohl aber, dass man das hauseigene Blogsystem nutzt, deswegen kann das auch gut berechnend sein. Was soll sowas? Das funzt bei Myspace schon nicht.)

Jedenfalls hat es mich gepackt. Ich hab Stunden damit zugebracht tonnenweise Daten drauf zuschaufeln. Sind jetzt zwar zeitlich durcheinander aber für meine Verhältnisse super getaggt und in Alben gefasst. Sogar gegeotaggt hab ich die meisten Bilder. Ein paar Videos hab ich auf drauf gestellt.

Eine andere Sache, die ich mit dem Account vorhabe, ist eine Art Sammelstelle für Fotos aus dem Freundeskreis einzurichten. Da meine Freunde zum großen Teil nicht besonders netzaffin sind, ist das nämlich nicht so einfach. Da wäre erstmal die Überzeugungsarbeit, sich einen Account einzurichten. Die – berechtigte – Angst, was mit den Bildern von einem geschieht, etc. Also hab ich die meisten der Freundesbilder auf Friends-Only gestellt und haufenweise Invitations rausgeschickt. Rückkehrquote ist bisher eher mau. Aber mal sehen.

Und ja. Ich hab richtig Bock jetzt regelmäßig meine Bilder darauf zu stellen. Das hatte ich bei Flickr irgendwie nie. Also: Ab jetzt, gibt’s hier regelmäßig Fotos und Videos von mir.

Und da das alles was ich vorhabe so viel ist (datenmäßig), hab ich mir gleich einen Pro-Account gegönnt. Mein erster Web2.0 Pro-Account ever. Mal schauen ob ich das irgendwann bereue.

Werbung

Das letzte Websiteprojekt, das ich als unbezahlter bohemisierter freundschaftlicher Berater betreut habe („Alles scheiße! Mach neu!„), ist mateuniverse.com (wegen Trafficoverflow gerade etwas langsam).

Monate, nein Jahre, beinahe Jahrzehnte dauerte es, bis Mate es schaffte, sich von dem erbärmlichen CMS, dass ich damals für ihn programmiert hatte, zu befreien, um sich mit dem noch erbärmlicheren WordPress einen monatelangen Kampf zu liefern. Wie man sehen kann, hat wordpress Mate gewonnen. Sein Relauch wird jetzt überall verwurstet wo es um Design geht.

Niemand aber berichtet, dass Mate für das Websitedesign ausschließlich ökologisch abbaubare Farben verwendet hat. Ist ja auch besser so, bei solch dekadenten Farborgien:


(ähh, war das jetzt Ok so? Darf ich Dich jetzt besuchen kommen? So wie damals in Madrid, als du das lustige Bild (oben) von uns gemalt hast.)

Fangt den Spammer

Da hat der Mario was aufgetan (Auch die Updates lesen).

Alle, ja ALLE, Blogs die es gibt sind wohl in der Liste dieses Progrämmchens vertreten. Denn genau genommen heißt diese Liste Google. Foss behauptet also nichts weniger, als dass jeder Name, den man in das Suchfeld eingibt, dem Bespammen zugestimmt hat. Verwegen, verwegen.

Sich durch Mario in der Liste aufsuchen zu lassen, ist indes nicht mehr notwendig, sondern kann mit meinem hier geschriebenen Emulator genauso gut nachvollzogen werden.


(hier bitte den eigenen Namen eingeben)

In wieweit das jedoch justiziabel sein soll, kann man dann gerne auch an mir ausprobieren. Wir sind ja hier nicht bei Restposten24 oder so.

Freunde, es wird eng

Was soll ich hier sagen? Was kann ich jetzt noch sagen? Über Call-Active oder irgendein Unternehmen? Oder eine Privatperson? Über irgendwas? Wie kann ich es sagen? Und wie kann ich noch „Wie kann ich es sagen?“ sagen, wenn jemand behaupten kann, ich sage damit eigentlich etwas anderes, was ich gar nicht meine? Z.B. dass XXX-XXXXX betrügen würde? (um es ganz deutlich zu sagen „Wie kann ich es sagen?“ steht bei mir nicht synonym für „ XXXX-XXXXXX betrügt„, und XXX-XXXXX steht nicht synonym für Call-Active und „XXX-XXXXXX betrügt“ (Vielleicht gibt es die Firma ja) ist keine Aussage meinerseits, sondern ein fiktives Zitat, um zu illustrieren, dass man meine Aussage – wie jede Aussage -, wie auch immer verstehen könnte, unter anderem auch so, was ich mir aber – AUSDRÜCKLICH – nicht zu eigen mache. Im Gegenteil, ich sage nicht, dass call-active betrügt auch nicht im übertragenen Sinn) (Wobei: „Nicht zu eigen mache“, heißt dabei aber auch und vor allem nicht: „Du blöder Sausack, Du“ und schon gar nicht habe ich irgendwen konkretes damit meinen wollen. Ich meine nur und ausschließlich, was dort steht, nämlich, dass ich mir die fiktiven Zitate zur Veranschaulichmachung eines Vorgangs nicht zu eigen mache) Ich persönlich (ACHTUNG EIGENE MEINUNG!!!) finde eine solche Rechtsprechung nicht so gut (Wobei bitte darauf zu achten ist, dass ich „nicht so gut“ KEINESFALLS synonym mit „scheiße“, „dreck“, „Nazikacke“ oder sonst irgendetwas Beleidigendes oder Verleumderisches benutze, sondern einzig und alleine meine, dass ich das Urteil nicht so gut finde. So wie es da steht.) Ich glaube, praktizierte Meinungsfreiheit ist in diesem Land durch ein solches Urteil schwerer (nicht „unmöglich“ sondern „schwerer“ auch nicht als Synonym oder gar Euphemismus von „unmöglich“, denn „unmöglich“ hieße ja, dass das Urteil dieses Land zu einer Bananenreprublik machen würde, was ich nie behaupten würde, denn das würde ja die Richter zu Bananenrepublikrichtern degradieren, was eine Beleidigung darstellen würde, die ich niemals aussprechen würde (also um es konkret zu sagen: ich sage ausdrücklich: Die Richter sind keine Babanenrepublikrichter, was bitte nicht ausgelegt werden soll, dass ich damit meine, sie SEIEN Bananenrepublikrichter, also dass ich das also nur synonym verwenden würde. Also dieser Vorwurf wäre völlig falsch, denn das ist nicht so, nur damit das noch mal gesagt wird.))

Ich weiß, dass es Unklarheiten gibt, sobald man mit Sprache hantiert, denn es ist jedem (damit meine ich niemanden bestimmten, auch nicht indirekt oder synonym) selbst überlassen, jede Aussage wie auch immer zu verstehen. („verstehen“ ist hier wertneutral gemeint und soll keine beleidigenden Rückschlüsse auf auf die Intelligenz irgendeines Mitmenschen erlauben) Dadurch bin ich auf die gutmeinende Interpretation meiner Leserschaft (ich will damit ausdrücklich niemandem böse Absichten unterstellen, nicht mal denen, die mich falsch verstehen, was oft vor kommt), trotz aller versuchter Absicherung, angewiesen und möchte an dieser Stelle noch mal nachdrücklich dazu auffordern (nicht zu Gewalt und Straftaten, falls ihr das jetzt denkt), mich sehr genau zu lesen und bitte nicht falsch zu verstehen, denn das kann unter Umständen meinen finanziellen Ruin bedeuten. („bedeuten“ ist dabei im übertragenen Sinne gemeint, denn „bedeuten“ kann ja alles mögliche bedeuten, wie so vieles, weil die Interpretation grundsätzlich dem Leser obliegt, was ich ihm nicht streitig machen will, ich will nur eine bestimmte Interpretation ausdrücklich „nahelegen“, damit nicht hinterher wieder jemand (damit meine ich niemanden) beleidigt ist (obwohl ich natürlich zugestehe, dass er allen Grund dazu hat, falls er es denn sein sollte, denn der Umkehrschluss könnte ja heißen, dass ich behaupten würde, derjenige sei eine „beleidigte Leberwurst“, oder so. Das meine ich nicht.))

Danke für die Aufmerksamkeit (Wenn jemand mit ADS hier liest, das meine ich nicht als Beleidigung oder „Lustigmachen“, bitte nicht falsch verstehen, dennoch möchte ich mich schon mal entschuldigen.

PS: Sorry dafür, Stefan.

Evolution vs. Kreationismus im Simpsons-Movie

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SPOILER

Es ist unsinnig das hier zu lesen, bevor man den Film gesehen hat. Es ist zwar nicht so, dass dieser Text jetzt so viel von dem Film verraten würde, dass er sich nicht mehr lohnen würde, aber gerade weil ich nicht viel Handlung erzähle, sondern ihre Kenntnis voraussetze, wäre es schwierig der Argumentation zu folgen.

Achja, und: Alle Zitate, auch die direkten, sind aus meiner Erinnerung entnommen und müssen nicht wortwörtlich stimmen.
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Moooment. Sollte es nicht Evolutionlehre vs. Kreationismus heißen? Nein. Der dargestellte Konflikt befasst sich nur indirekt mit der Lehre, sondern mehr mit der Evolution schlechthin. Und das auf eine sehr vielschichtige, nichtplumpe Weise. Also nicht auf dem Niveau, auf dem sie für gewöhnlich geführt wird.

Aber kommen wir zum Punkt:
Die Evolution wird hier verkörpert von, na, Homer Simpson. Das den Film einleitende Spiel mit seinem Sohn Bart, das „trau dich was„-Spiel ist der erste und wichtigste Hinweis auf die Evolution. Völlig hirnverbrannt begeben sich Bart und Homer in immer wieder gegenseitig in neue Gefahr. Das ist auf einer bestimmten Ebene gewissermaßen die Quintessenz des Unterschiedes zwischen Kreationismus und Evolution. Das jedes Mal erneute Aufs-Spiel-Setzen der eigenen Existenz. Im Gegensatz zum Kreaktionismus ist in der Evolution nichts sicher, jede Art kann jederzeit ausgelöscht werden. Die Würde definiert sich zunächt über das „Dennoch-Überleben“.

Homer ist dabei ein außergewöhnliches Exemplar. Sein irrationaler Mut Unüberlegtheit gepaart mit seiner Ungeschicklichheit scheinen zunächst der eigentlichen Aussagen der Evolution zu widersprechen. „Survival of the fittest“ hatte Darwin noch proklamiert. Nur, das was Homer immer wieder rettet, ist der Zufall. (Und zwar nicht nur im Film). Der Zufall hat in der Dramaturgie der Simpsons immer einen ganz besonderen Stellenwert. Meist tritt er als Retter in der Not auf den Plan. Oft kann man ihn mit einem göttlichen Zeichen verwechseln. In Wirklichkeit ist es aber eben der evolutionäre Zufall, also dieser absurde Zufall, der die Welt ist, diese minimale Chance, die das Leben auf die Erde brachte, die den Menschen formte und die diesen vollkommen unfähigen Menschen, dessen absolute Karikatur Homer darstellt, hat so lange überleben lassen. Es ist also mehr die zeitgenössische Evolution des Zufalls, als die des „Fit-Seins“, die Homer repräsentiert und dessen Gerichtetheit er somit auch angreift.

Wenn Homer zu Marge sagt: „Ich denke nie. Ich will doch nur den Tag heil überstehen, damit ich mich Nachts an Dich rankuscheln kann„, dann ist das zwar gelogen, aber Homer rezitiert damit den Leitspruch der Evolution. Die Evolution ist dumm, sie denkt nicht, es gibt nur das Überlebenwollen der Einzelwesen. (Auch nicht der „Art“ (Dawkins hat mit diesem Vorurteil aufgeräumt)) Und wohin das führt, dieses unreflektitierte, egoistische Vor-Sich-Hin-Überleben, das thematisiert die Rahmenhandlung, um den Lake Springfield. Aber dazu später.

Jaha, der Film ist keineswegs ein reines und plumpes Plädoier für die Evolutionslehre. So einfach ist das nämlich nicht. Soviel kann schon mal gesagt werden: die Evolution kommt nicht besondern gut weg.

Aber kommen wir zunächst zum Kreationismus, hier dargestellt von Ned Flanders. Das das so ist, ist zwar naheligend, wird spätestens unmissverständlich klar, als Ned sich wahnsinnig schämt, weil er sich gerade vor dem, durch den vermüllten See mutierten, Eichhörnchen erschreckt hat. Das 10-Äugige Mutantenfiech wird nach dem ersten Schock von Ned als „durchaus gelungene Schöpfung Gottes“ sofort anerkannt und akzeptiert und damit automatisch ins Herz geschlossen. Ein klares Outing also, als Kreationist. Und gleichzeitig ein möglicher, sich daraus ergebender Weltbezug und seine moralischen Konsequenzen.

Und nun kommen wir zur eigentlichen Verhandlung der beiden Positionen. Denn diese findet nicht, wie es manche erwarten würden, auf einer ontologisch-wissenschaftlichen Basis statt. Es geht nicht darum, was denn jetzt richtig sei, sondern es wird auf einer moralischen und zweckmäßigen Ebene verhandelt. Es geht hier darum, welche „Weltanschauung“ ist das „bessere“ Modell, eines, was weniger Leid, mehr Freude, mehr Verantwortung generiert – schlicht – welches eine bessere Welt zu gestalten fähig ist. Und nicht zuletzt: welches Modell fähig ist, uns unsere Würde zu garantieren? Es ist wie im Kalten Krieg also ein Kampf der Systeme und damit ein Krieg um die Köpfe.

Und dieser Kopf ist hier natürlich Bart. Barts Konflikt zieht sich über den gesamten Film und ist ohne Übertreibung das tragende Element der Story. Evolution oder Kreationismus? Das ist hier aber Barts eigentliche Frage.

Zunächst, beim Rumalbern mit Homer, ist Bart ganz klar auf Seiten der Evolution. Er hängt an der Regenrinne, im Begriff herunterzufallen und während sein Vater an derselben rüttelt, lacht er noch dabei – und schreit vor Angst. Immer Abwechselnd.
Er scheint in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, ein Umstand, der Homer ganz am Schluss des Filmes tatsächlich selber in den Sinn kommt. Homer ist für Bart Vorbild, wie sein Vater Vorbild für ihn war. Der soziologische Wurmfortsatz der Evolution sozusagen.
Nur. Was hat diese Perspektive zu bieten? Diese Frage stellt sich Bart im Film ganz nüchtern und sehr zentral.

Denn immer wenn es eng wird, lässt Homer ihn im Stich. Homer ist neben seiner Dummheit, in diesem Film vor allem die Blaupause des Egoismus und zwar des vollkommen unreflektierten Egoismus. Er steht nicht zu seinen Fehlern, lässt andere für sie büßen. Er flieht vor jeder Verantwortung und erschleicht sich seine Gnade. Und wo die Gutmütigkeit seiner Mitmenschen (Flanders, Marge) nicht mehr ausreichen, tut der bereits zitierte Zufall sein übriges. Das ist der Lebensentwurf, der Bart eines Tages in seiner nackten Brachialität offensichtlich wird. Nein. Würde ist das nicht gerade, was er bei Homer entdeckt.

Und das geht so: Im Zuge des „Trau-Dich-Was„-Spiels mit Homer stiftet dieser ihn an, nackt durch die Stadt zu skaten (übrigens paradoxerweise unter Einsatz seiner Würde). Bart macht das glatt, wird aber von der Polizei einkassiert. Sie lässt ihn zur Strafe nackt am Laternenpfahl angekettet, so dass alle ihn ausgiebig auslachen können. Als Homer nach sehr, sehr langer Zeit endlich ankommt, um ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien, bittet Bart ihn aus seiner vollkommen entwürdigenden Position heraus, den Polizisten gegenüber wenigstens einzugestehen, dass er ihn zu dieser Tat angestiftet hat. Homer würde es nur eine Stunde Nachsitzen in Sachen Erziehung kosten, doch er leugnet natürlich. Als sich dann noch herausstellt, dass Homer zwar Barts Klamotten dabei hat, seine Hose aber nicht, wird es immer klarer worum es geht: Homer ist nicht fähig, Barts Würde wieder herzustellen, sogar unfähig überhaupt irgendeine Würde herzustellen. Wenn überhaupt, ist er fähig Würde zu nehmen. Sich und seinem Sohn, der – nun ohne Hosen – Homer im Resaturant beim Essen zusehen darf.

Da kommt gerade rechtzeitig die Alternative. Ned hilft ihm in seiner peinlichen Situation, denn er hat zufällig eine Hose (Barts Würde) dabei („Kinder scheuern sich immer die Knie auf, beim beten„) und während Homer sich lieber für ein Schwein interessiert, als seinem Sohn zu helfen, rettet Ned ihn über seine Schmach.

Denn es ist ja nicht so, als ob der Kreationismus mit all seinen christlichen Anleihen nichts zu bieten hätte. Er generiert ein Weltbild, wo jeder seinen Platz hat. Dazu ein verpflichtendes Gutsein zueinander und ein gewisses Einssein mit der Schöpfung. Ned ist – im Gegensatz zu Homer – fähig, Bart zu zeigen was Würde ist. (Außerdem macht er eine ganz vorzügliche Heiße Schokolade) Dass Ned in einer späteren Szene Barts Wunsch ohne zögern nachkommen will, ihn in seine Familie zu integrieren, zeigt diese Akzeptanz ohne Ansehung der Eigenschaften der Person, die in dem kreationistischen Weltbild angelegt ist.

Bart scheint sich also wirklich auf den Handel einzulassen und beinahe den ganzen Film über, wird er in seiner Entscheidung bestärkt.

Es könnte also der Film an dieser Stelle als ein Plädoier für das kreationistische Weltbild gelesen werden. Aber so einfach ist das natürlich nicht. Die Drehbuchautoren schrauben nämlich die Handlungskomplexität noch ein ganzes Stück weiter. Das wird klar, wenn man sich der Hauptrahmenhandlung und ihrer Relevanz für die Akteure annimmt.

Das eigentliche Problem, um das es geht, ist tatsächlich der Lake-Springfield, der durch seine andauernde Verschmutzung zum Armageddon der Springfieldbewohner mutiert. Die allzu offensichtlichen Verweise auf den Klimawandel und den Treibhauseffekt (Glaskuppel, Lisas „Al Gore“-Vortrag, etc) will ich hier mal bei Seite lassen und mich lieber auf ihre Wirkung auf die beiden Denksysteme konzentrieren.

Homer, ganz klar, derjenige, der so dermaßen abgestumpft ist, dass er noch das Fass den See zum überlaufen umkippen bringt, ist hier sicher das schlechteste aller Beispiele.
Aber schauen wir, was Flanders, also der Kreationismus, zu bieten hat. Nämlich nichts. Klar, Flanders ist, im Gegensatz zu Homer, kein schlimmer Umweltverschmutzer, aber die Verschmutzung selbst wird von ihm nur mit seinem seelingen Fatalismus goutiert. Er unternimmt nichts gegen die Verhältnisse, die ihm von vornherein als Gottgegeben erscheinen (so wie das mutierte Eichhörnchen). Er mag sich pflichtbewusst für seinen Nächsten einsetzen, etwa wo er den Simpsons zu Flucht verhilft, aber der kommenden Katastrophe hat er nichts entgegenzusetzen. In der allergrößten Not, kurz vor dem endgültigen Aus, fällt ihm nichts besseres ein, als zu beten. Auch seinem Weltbild fehlt es an einer gewissen Form von Verantwortung, wenn auch auf eine andere Weise als bei Homer. Und so versagt Flanders, also der Kreationismus, im Angesicht der kommenden Katastrophe. Seine Würde ist eben auch nur Abhängig von einem Externen Wesen, dessen Gnade er sich aussetzen muss.

Flanders scheint – zumindest hier – nur zum Schein eine wirkliche Alternative zu sein. Aber wofür plädiert denn dann dieser Film?

Da gibt es noch einen dritten Weg. Repräsentiert von Lisa Simpson. Sie ist es, die als erstes auf die drohende Katastrophe aufmerksam macht. Sie ist es, die zum Handeln auffordert und die einen Weg weist, wie Spingfield dennoch überleben kann. Obwohl die Bewohner zunächst sehr genervt reagieren, erkennen sie kurz vor dem Fall dennoch die Notwendigkeit von Lisas Forderungen und setzen sie in die Tat um. (Verhindern kann sie die Katastrophe dennoch nicht) Doch was ist ihre Motivation. Wo kommt ihr gesteigertes Verantworungsgefühl her? Die Antwort ist Vernunft.

Lisa ist vernünftig, d.h. sie reflektiert ihre Handlungen und die der Anderen und vermag es so die Konsequenzen dessen abzusehen und davor zu warnen. Nur wo ist ihr Angebot in Sachen Würde? Und wieso ist sie es nicht, die Ruferin in der Wüste, die doch noch Rettung verschafft?

Sie tritt Bart gegenüber jedenfalls nicht als Alternative auf. Und insgesamt auch nicht als Retterin. Denn das eigentliche, was der Film beschwört ist nicht die Vernunft, die durch Lisa (unter-)repräsentiert ist. Klar, sagt der Film: die Vernünftigen, die gibt es. Irgendwo. Ein paar. Es gibt die Al Gores (in dessen Fußstapfen sie tritt). Aber sie können nicht die Rettung sein. Das hier ist nicht „the day after tomorrow“

Die Rettung ist: Homer. Ja, Homer, also gewisser Maßen die Evolution. Die dumme Repräsentation der Evolution. Aber nicht Homer alleine, sondern ein modifizierter Homer. Einer der über sich hinausgeht, indem er dazulernt. (Das passiert im Film durch eine Art Entwicklungsroman und ein Erweckungserlebnis (aber eben nicht durch Lisa Simpson), ist aber im Grunde austauschbar). Homer und seine Fähigkeit im entscheidenden letzten Moment noch dazuzulernen, ist die einzige Rettung. (Im Film sind es zwei Lernerfolge, die Spingfield retten. Einerseits Homers Erkenntnis, dass er nicht alleine existieren kann und anderseits die Vorteile der Fliehkraft für sich innerhalb von Kugeln bewegender Körper)

Und mit diesen Erkenntnissen in letzter Minute die Welt zu retten, ist das Privileg des einfachen, dummen, egoistischen Menschen (Ja, genau der, der uns das alles eingebrockt hat). Ohne ihn und sein Dazulernen, wird es keine Rettung geben, das kann man wohl allgemein so stehen lassen. So ist es vielleicht aber eher ein Heraufbeschwören eines Hoffnungsschimmers am Horizont, als eine nüchterne Feststellung der Simpsonsmacher. Naja…

Aber das entscheidende ist: Überleben kann nur die Evolution, aber nur indem sie über die Evolution hinausgeht. Indem sie sich über das „egoistische Gen“ erhebt, wenigstens für einen Moment. Ja, ja Dawkins hat ja Recht. Aber dabei darf es eben nicht bleiben! Wenn die Menschheit überleben will, muss sie Dawkins hinter sich lassen. Aber dieses Hinter-sich-lassen ist wiederum in der Evolution bereits angelegt. Der evolutionäre Mensch kann dazulernen, sich weiterentwickeln, was dem kreationistischen Menschen versagt bleibt. Der ist zwar „intelligent designed“, aber eben auch statisch. Diese Öffnung in die Zukunft, so könnte man sagen, ist der entscheidende Punkt bei diesem Streit, der – man möchte sagen: „dennoch“ – 2:1 für die Evolution ausgeht.

Denn genau dieser Akt der Erkenntnis und des Lernens, also das, was ihn über die pure egoistische und dumme Evolution hinaushebt, ist es schließlich, was Homer seine Würde wieder zurückgibt. Und damit dem Menschen.

Waking Life und der philosophische Film

Gestern habe ich Waking Life auf 3Sat gesehen. Ich kannte den Film schon, allerdings nur auf Englisch. Da hab ich zu meiner Schande aber nur die Hälfte verstanden, was fatal ist, bei einem Film, der beinahe nur aus Dialogen Monologen besteht. Auf Deutsch ging das jetzt wesentlich besser.

Die Handlung ist schnell erzählt. Ein Junge wandelt durch seine mehrfach verschachtelte Traumwelt und begegnet jeder Menge Menschen, die über interessante philosophische Fragestellungen sinnieren. Ich bin geneigt sogar zuzugeben, dass sich die Themen im besten Sinne in ausgefeilter Wald- und Wiesenphilosophie ergehen. Finde ich wirklich super. Eigentlich.

Aber anstatt hier diese Themen jetzt freudig aufzugreifen, will ich lieber meckern. Denn ich störe mich an dem Format des Films ansich, der mich zu ein paar medientheoretischen Überlegungen verleitet. Denn ich finde den Film dennoch nicht gut.

Da sind einerseits diese brillianten Gespräche, die den Film von vorn bis hinten tragen. Da ist anderseits diese fulminante Ästhetik, die durch das Übermalen eines Realfilms erzielt wird und dabei auch noch andauernd den Stil wechselt. Zwei Dinge, für sich genommen, die hervorragend sind.

Ersteres gäbe einen super Sammelband ab. Vielleicht eine Radioserie auf Deutschlandfunk Kultur, oder eine gelungene Arte-Dokumentation.
Zweiteres wäre vielseitig einsetzbar, z.B. in Musikvideos, als Kunstfilm oder in einem avangardistischen Shortfilm.
Beides zusammen in einem Spielfilm kann auch funktionieren, wenn nur nicht etwas Entscheidendes vernachlässigt worden wäre: Die Übersetzung.

Es gibt in dem Film kaum eine Übersetzungsleistung, die einem Spielfilm gerecht würde. Das Format wurde verfehlt, sozusagen. Es wurden Texte zusammengeklebt und eine Handlung drumrumgeschrieben, die beinahe zu vernachlässigen ist. Das Ganze ist eine nett colorierte philosophische Anthologie, aber mitnichten philosophischer Film.

Damit meine ich, dass es durchaus philosophische Filme gibt, dass diese Filme aber nicht daraus bestehen, dass die Leute sich über Philosophie unterhalten. Vielmehr schaffen es die guten Filme, die Themen die sie beackern in einer filmischen Sprache, mit filmischen Mitteln zu reflektieren.
Gute philosophische Filme, kommen meist nicht als solche daher. Sie erzählen eine Geschichte, sie stellen Charaktere dar, sie schaffen ein Setting für philosophische Fragestellungen mit den Mitteln des Mediums Film. So etwa wie bei David Lynch, Jim Jarmusch oder Spike Jonze. Der Film als Medium hat seine eigenen Stärken, Fragen zu stellen.

Diese blieben bei Waking Life weitestgehend ungenutzt, was sehr schade ist. Es sind Ansätze da, sie verbleiben aber mehr im Hintergrund und überlassen die Bühne dem schlichten, nackten Wort. Ganz einfach: Für Waking Life hätte es keinen Film gebraucht, denn sein Inhalt bleibt weitestgehend unübersetzt.

Es ist also vielleicht mehr diese Enttäuschung, die mir den Film verleidet, als dass er nicht sehenswert ist. Denn das ist er nämlich trotzdem. Ich würde ihn jedem empfehlen, denn er weiß zu bereichern. Aber ich würde ihn nicht als Film empfehlen, sondern als Buch mit netten bewegten Illustrationen. Also geht hin und lest Waking Life, das beste Buch, das je Film sein wollte.

Tod den Parteien!

„Ich bin ein überzeugter und konsequenter Kritiker des Parteien-Parlamentarismus und Anhänger eines Systems, bei dem wahre Volksvertreter unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit gewählt werden. Die nämlich wissen dann um ihre persönliche Verantwortung in den Regionen und Kreisen, und sie können auch abberufen werden, wenn sie schlecht gearbeitet haben. Ich sehe und respektiere Wirtschaftsverbände, Vereinigungen von Kooperativen, territoriale Bündnisse, Bildungs- und Berufsorganisationen, doch ich verstehe nicht die Natur von politischen Parteien. Eine Bindung, die auf politischen Überzeugungen beruht, muss nicht notwendigerweise stabil sein, und häufig ist sie auch nicht ohne Eigennutz.“

Kluger Mann, dieser Solschenizyn. Bin ganz seiner Meinung. Zumindest als Zwischenschritt.

ein Buch. Na und?

Was soll ich dazu schon sagen. Hab doch schon alles gesagt. Vor 2 Jahren.

Luft – Tocotronic

Was ist das für ein wunderbar verstörendes Lied von Tocotronic: „Luft“. Ich komme wirklich nicht über diesen Text hinweg:

Die Luft ist so nutzlos um mich herum
so schön vergeht jetzt ein Millenium
ja, ich habe heute nichts gemacht
ja, meine Arbeit ist vollbracht

ich atme nur
ich atme nur
ich atme nur
ich atme nur

genau wie jetzt nur ein bisschen anders wird es sein
sei schlau und kleb die Bilder ein
ja, ich habe heute nichts gemacht
ja, meine Arbeit ist vollbracht

ich atme nur
ich atme nur
ich atme nur
ich atme nur

Und jetzt weiter im Text

neue Fehler warten
Steine liegen auf dem Weg
ich leg sie rüber in den Garten
ich warte bis dunkel ist
und ich seh die Schatten fliegen
ich warte bis es dunkel ist
das Nutzlose wird siegen
das Nutzlose bleibt liegen
also züchte ich mir Staub

Entschuldigung das hab mir erlaubt

und jetzt weiter im Text

neue Wege gehen
ich weiß ich werde jetzt
jedem zur Verfügung stehen
ich gehe wenn der Tag beginnt
und ich seh die Schatten fliegen
ich gehe wenn der Tag beginnt
das Nutzlose wird siegen
das Nutzlose bleibt liegen
also laufe ich durch Laub

Entschuldigung, das hab mir erlaubt

Was heißt das? Etwas ist vorbei. Etwas schönes. Und es geht schön zu ende. Ein Millenium, ein Jahrtausend, also nichts Belangloses sondern ein echter Paradigmenwechsel kündigt sich an. Aber wer möchte schon sagen, dass es nicht belanglos sei, wo das Neue doch das Belanglose ist. Das schöne Millenium wird abgelöst, ein Jahrtausendakt, eine Vorherrschaft des Schönen, abeglöst von der Belanglosgkeit, der Irrelavanz. Obwohl: „genau wie jetzt nur ein bisschen anders wird es sein„. Es ist nicht wirklich der tösende Umbruch. Keine Revolution. Es wird sich nicht alles schlagartig ändern, vielleicht ist es eher unmerklich, so nebenbei, eben belanglos. Aber doch: anders. Es hilft nichts. Es ist da. Zwecklos sich zu wehren. Kapitulation. Das ist die Kapitulation gegen das Belanglose. Es ist die Kapitulation des absoluten Schöpferwillens. Kapitulation der Kunst?

Die Kunst ist tot? Schon wieder? Sollen wir jetzt weinen? Nein, „sei schlau und kleb die Bilder ein„. Behalt die Erinnerung und dann: „weiter im Text„. Weiter im Text? aber „meine Arbeit ist vollbracht„. Was soll ich denn machen? „also züchte ich mir Staub„. Warum? „das Nutzlose wird siegen„. Das Nutzlose ist die neue Kunst. Eine Kunst, die keine Kunst mehr sein kann, denn sonst hätte sie ja eine „Funktion“.

Nur, warum sollte das Nutzlose denn siegen? „das Nutzlose bleibt liegen“ sagt der Text. Das Nutzlose wird also siegen, weil es liegen bleibt. Es bleibt liegen, also ist es vorher nicht liegen geblieben? Ja. Es wurde weggefegt, von den Straßenfegern der Kulturindustrie. Von all jenen, die bestimmen, was liegen bleibt, also „wichtig“, „relevant“, und was nicht, was weggefegt wird, also nutzlos ist. Den Gatekeepern.

Aus irgendeinem Grund kehren die Straßenfeger nicht mehr. Das Nutzlose bleibt liegen und wird deshalb siegen. Warum?

Ganz einfach: „Das ist alles nur geklaut„. Eine eigentümliche Referenz auf „Die Prinzen“ klingt an in „Entschuldigung, das hab mir erlaubt„. Ausgerechnet „die Prinzen“. Oh. Mein. Gott.

Diese Referenz ist aber dermaßen abgründig:

Einerseits. Das mitschwingende „Das ist alles nur geklaut„, das sich in seiner Zitathaftigkeit auch noch selber spiegelt. Keine Frage: Das Nutzlose ist das Zitat selber, das Mashup, das Kopieren. Ja vielleicht vor allem die digitale Kopie: „ich weiß ich werde jetzt/jedem zur Verfügung stehen„. Das Ende der Aura. Das endgültige Ende des Urheberrechts. Die Kapitulation vor dem Digitalen.

Andererseits. Die Prinzen. Nervigste Ausgeburt der Popkultur seit in deutscher Sprache gesungen wird. Wie kann man die Prinzen zitieren? Wie? Wie kann man es wagen? Aber das Zitat ist gleichzeitig die Antwort: „Entschuldigung, das hab mir erlaubt„. Man erlaubt es sich: das Kopieren. Man erlaubt es sich: das Zitieren. Man erlaubt sich sogar das Belanglose zu zitieren. Das Schlechte und nutzlose. Da gibt es keine Grenzen mehr. Keine Berührungsängste. Man züchtet Staub. Man erlaubt es sich, Staub zu züchten. „ja, ich habe heute nichts gemacht„. Dieses „ja„, gibt dem Satz etwas bekennendes. Es ist ein Bekenntnis, als ob man vor einem Tribunal stände, den Richterspruch erwartend. Aber es hat noch eine trotzige Note. Ja, so ist das eben. Ja, ich bin faul. Ja, ich mache belangloses. Ja, ich klaue auch von den schlechtesten Bands. Das habe ich mir erlaubt.

Die Frage stellt sich also so herum: Was ist das für eine Form von Kapitulation, wenn man als Tocotronoc die Prinzen zitiert?

Man erlaubt sich das Uncool-Sein. Die Grimasse, passend zur Pose. Albernheit. Man kapituliert vor dem subkulturellen Abwehrreflex. Im Grunde kapituliert die Pose ansich. Die Pose wird aufgegeben. Und tschüss Hipstertum.

So. Genug schwadroniert. Eine Frage an die Leser soll noch bleiben: Was hat das alles mit dem Internet zu tun?

PS: der Trick ist atmen.

EDIT: Achja, was mir noch aufgefallen ist bei dem Song: Die deutlichen musikalischen Anleihen bei Coldplay. Jedenfalls zu Anfang. Kann mir das jemand erklären? Oder ist das nur der allgemeine Trend?