Rasen betreten verboten!

Was mich nachhaltig irritiert, ist die Verbohrtheit, mit der in den Blogs derzeit diskutiert wird. Ich hab in der letzten Zeit für alle möglichen Äußerungen viel Prügel einstecken müssen. Das fing bereits auf dem Politcamp an (Gut, Verbohrtheit war von Politikern zu erwarten) und hat in meinem letzen Posting seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden.

Ich will mich nicht beklagen, ich kann das einstecken. Nein, ich finde das sogar gut. Ich mag kontroverse Diskussionen und natürlich hab ich sie auch bewusst lanciert. Nein, die Heftigkeit der Reaktionen hat mich zwar überrascht, aber es ist nicht das, wovon ich ein Unwohlsein bekomme.

Unwohl ist mir mit etwas anderem: Dem ständigen Insistieren auf den Status Quo.

Sobald man über das Bestehende hinaus denkt, sobald man seiner Sehnsucht Ausdruck verleiht, die Dinge, – die ohne Frage gut sind – doch bitte etwas weiter zu denken: Demokratie, Meinungsfreiheit, Emanzipation im Allgemeinen, wird man scharf abgebügelt. Mit den bestehenden Gesetzestexten Hand. ZACK! ZACK! „Wir machen das eben so, und so ist das nun mal!„.

Bin ich vielleicht anormal, dass ich mich mit dem Status Quo nicht zufrieden gebe? Natürlich erkenne ich an, dass wir eine gutes Rechtssystem haben. Es gibt eigentlich keine Länder, mit denen ich tauschen möchte. Ich bin auch ein großer Freund des Grundgesetzes.

Aber entbindet uns das von der Aufgabe, die grundlegenden Gesetze weiter zu denken? Entbindet eine mehr oder weniger gut funktionierende Demokratie davon, weiter zu gehen, die Demokratie noch mal neu zu denken? Besser zu denken? Und müssen Einschränkungen der Freiheit, die sicher zu einer Zeit mal ihre Berechtigung hatten, auf immer bestehen bleiben? Nur weil es sie gibt? Sollten wir tatsächlich glauben, dass wir der Gipfel der zivilisatorischen Bewegung sind, und dass alle Schritte weg vom Status Quo also automatisch Rückschritt bedeuten müssen?

Es wird immer wieder pathosschwanger auf auf die Generationen vor uns verwiesen, die teils unter erheblichem Druck und Leid all die Rechte erkämpft haben, an denen wir jetzt partizipieren. Es doch nicht so, als ob ich das nicht wüsste.

Aber ich frage: Wird man den Opfern, die diese Menschen gebracht haben, besser gerecht, wenn man sich über das von ihnen Erreichte freut und ansonsten mit Staatsgetöse ihre Geburtstage feiert? Oder würde man ihnen besser gerecht, wenn ihr Projekt fortsetzt. Noch mal anfängt, darüber nachzudenken, wie man noch mehr Freiheit, noch mehr Gleichheit, noch mehr Demokratie und Wohlstand erreichen kann – gerade in dem man über dasjenige hinausgeht, was die damaligen Generationen forderten und teilweise durchsetzten?

Wir wurden die letzten Jahre in einen gewaltigen Strudel hineingezogen, der alles was wir Wissen neu ordnet und neu definiert. Das Internet ist eine gewaltige Ent- und Neu-bewertungsmaschine. Es ist ein gigantisches niezscheanisches Projekt, das nur noch nicht alle erreicht hat. Aber uns. Wie kann man angesichts der Möglichkeiten und tatsächlichen Umwälzungen, die das Internet nach sich zieht, wie kann da man die Hände in den Schoß legen, auf bestehende Rechtslagen verweisen, und meinen: „Das ist nun mal so„? Wie kann man sich zum Beispiel damit zufrieden geben, was uns Kohlenstoffwelt da draußen an Partizipation bietet, wenn man doch das Internet kennt? Oder zeigt nicht das Internet, dass es keine Information gibt, die man hinter dem Berg halten kann? Ganz egal wie illegal, moralisch, falsch oder idiotisch sie ist? Und dass wir, statt den unmöglichen Kampf dagegen zu führen, lieber Wege suchen sollten, damit umzugehen? Ist es nicht auf den ersten Blick evident, dass die Gesetze von vorgestern, was die Informationshygiene angeht, im Internet sowieso nicht funktionieren können? War nicht auch das der Subtext der Zensursula-Debatte?

Was ich mir wünschen würde, ist mehr Mut, bestehendes zu hinterfragen. Und wenn man auf Gedanken stößt, die an dem Gegebenen rütteln, wünschte ich mir, dass man sachlich die Möglichkeiten und natürlich auch die Gefahren dieser Ideen diskutiert, statt erstmal herumzukreischen, dass es derzeit rechtlich alles anders aussieht.

Ich wünsche mir, dass alle mal gedanklich den Rasen betreten und jenseits der inneren Ordnungsrufe von links wie rechts vorurteilsfrei den Status Quo bewerten, und fragen, ob wir nicht gerade einen neuen Menschen bekommen, der neue Regeln braucht. Andere Regeln, vielleicht auch mal gar keine, wo vorher welche waren, weil sie heute keinen Sinn mehr machen.

25 Gedanken zu „Rasen betreten verboten!

  1. Ich kann Dir im Wesentlichen nur zustimmen. Meine Erfahrung: Das Aha-Erlebnis derjenigen, die sich auf bestehende (gute wie schlechte) Gesetze berufen ist enorm, wenn man mal verdeutlicht, wie Gesetze entstehen. Wenn erstmal klar ist, dass da teilweise in Hinterzimmern von extern beratenen Referenten Textbausteine zusammen kopiert werden, die dann unter dem Titel „Gesetzesvorlage“ durch einen Land-/Bundestag gewunken werden, stellen erstaunlich viele fest, dass da zum Großteil mit ganz lauwarmem Wasser gekocht wird/wurde. Erst nach dieser Erkenntnis setzte z.B. bei mir das stärker werdende Gefühl ein, dass man auf diesen Prozess durchaus Einfluss nehmen könnte.

    mfg
    RTF

  2. Lieber mspro, selbst wenn es mir egal wäre, ob Holocaustleugner bestraft werden oder nicht, ich würde nie eine soziale Gruppe, Verein oder Partei unterstützen oder mich darin bewegen, die sich mit einem solchen Arschloch in einem – auch noch politischen Kontext – wie auch immer solidarisiert oder dessen Argumentation zumindest verharmlost. Das muss nicht die Piratenpartei sein, das können auch der Kaninchenzüchterverein, meine Peer Group oder die coolen Twitkritter sein. Das hat nichts mit mangelnder Akzeptanz von Meinungsfreiheit zu tun, ich habe einfach keinen Bock auf solche Leute.
    In diesem Fall haben wir es aber zusätzlich mit einer Partei zu tun, die für die Bundestagswahlen kandidiert und theoretisch an einer Regierung beteiligt sein könnte, die mich regiert. Also erlaube ich mir auch, noch einmal darauf einzuhauen, und zwar nicht mit der Walserschen Moralkeule, sondern aus zutiefst politischer Argumentation und in demokratischer Debatte. Das lass ich mir von vermeintlich Superlibertären nicht als Unterdrückung der Meinungsfreiheit diskriminieren. Es ist genau das Gegenteil: Eine offene politische Debatte. Bitte nimm das endlich zur Kenntnis. Deine Argumentation ist hingegen auch im libertären Sinne total politikfrei, weil sie keine Stellung bezieht.

  3. word. Vielen Dank.

    Das hat mir in der Debatte bisher gefehlt. Alle versteifen sich auf „Das ist verboten“, „Das ist illegal“ und das war ja auch schon immer so.

    Wenn wir alles so machen würden wir immer wer weiß wo wir dann heute wären.

    Information ist der Schlüssel. Das ist Meinungsfreiheit in meinen Augen. Es gibt viele Aussagen, die dafür sorgen dass mir schlecht wird. Aber ich setze ihnen Information entgegen. Das ist der Deal. Und nicht die Leute wegsperren oder verknacken, die Dinge sagen die entweder unangenehm, verletzend oder falsch sind.

    Meinungsfreiheit kann nicht eingeschränkt werden.

  4. Ich konnte mich nachdem ich deinem Artikel gelesen hatte nicht an mich halten und ging schnurstracks aus dem dritten Stock runter auf die andere Straßenseite, wo ein Grünanlage mit obenerwähnten Schild ist und setzte mich ins grüne Gras um eine Zigarette zu rauchen.

    Hoffen wir, dass niemand niemals mehr damals erleben muss aber lasst uns hoffen, dass niemand niemals mehr heute erlebt. – Emanuel Eck

  5. @Lars Brücher du kleines Schlitzohr 😉

    Einfach überlesen, dass ich zutiefst FÜR den Diskurs und die Diskussionen bin und niemals GEGEN Kritik, nicht mal gegen Beschimpfungen.

  6. Lieber lars,

    du kannst ja auch entscheiden ob du in der Partei sein willst, der dieser Typ auch angehört. Wenn du glaubst, dass alle in einer Partei gleich sind und man sich dann nicht mehr abgrenzen bzw. seine eigene Meinung haben kann, dann ist das eben so.

    Das hat mit Superlibertär nichts zu tun, das ist Quatsch. Vielleicht hört Bodo die gleiche Musik wie du. Und jetzt? Vielleicht mag er auch das Bier, das du trinkst. Und jetzt?

    Abgrenzung geschieht im Kopf und wird demonstriert durch z.B. bloggen oder reden oder wie auch immer.

    Ich will solche Leute wie BT auch nicht an der Macht sehen. Aber ich will auc nicht, dass sie im stillen Kämmerlein ihre braune Kacke verbreiten und dann noch sagen können:“Ich bin aus einer Partei wegen meiner Meinung ausgeschlossen worden. Dabei hatte meine Meinung mit der politischen Arbeit der Partei nichts zu tun.“ (Was im Moment auch noch stimmt.) Dann hast du nämlich keine Möglichkeit, seinen widerlichen Aussagen Fakten entgegen zu setzen und ihn zu entlarven als das was er ist: ein gefährlicher Spinner. Dann sitzt er in irgendwelchen Eckkneipen und überzeugt (durch die Diskriminierung auf wehenden Fahnen als Märtyrer gefeiert) sukzessive einfache Menschen, die nicht wie hier im Netz kritisch hinterfragen.

    Ich bin für eine absolute freie Meinungsäußerung, weil sie dem braunen Pack den Boden entzieht und sie öffentlich vorführt.

  7. kurz notiert und eingeworfen:
    Ich hab nichts dagegen, daß der status quo in frage gestellt wird, wenn man meint, man könnte etwas verbessern. Man darf auch gerne mal frei rumutopisieren. Von mir aus. Dabei utopisieren einige leider aber so, als wären Gesellschaften oder ‚die Menschheit‘ lauter Leute, die händchenhaltend auf einer grünen Wiese rumtanzen. Dem ist nicht so und dieses Urvertrauen in das Gute und die Vernunft im Menschen habe zumindest ich auf breiter Linie verloren – und nein, ich glaube nicht daß das Internet dies fundamental ändert und ‚den Menschen‘ neu erfindet.
    Viele sehen dann in Regeln, Gesetzen und von mir aus auch ethisch-moralischen Grundsätzen Restriktionen und fühlen sich gegängelt. Es ist aber m.E. vielmehr so (da halt nicht alle vernünftig und gut sind und niemand neutral und objektiv ist), daß es bestimmter Regeln bedarf, um Menschen zu schützen. Und, ja, ich fühle mich z.B. durch bestimmte ‚Einschränkungen‘ einer vollkommenen ‚Meinungsfreiheit‘ beschützt, nicht angegriffen.
    Etwas hinterfragen, um die Verhältnisse zu verbessern? Von mir aus. Oft wird aber leider nur aus perfiden Zwecken hinterfragt – und nicht, um irgendetwas positiv zu verändern.
    War das jetzt schon wieder ein vorurteilsbeladener Ordnungsruf? kA

  8. @Lars, ähm, eigentlich überhaupt. Bist du sicher, dass du hier den richtigen Text kommentierst? Hast Du ihn gelesen? Ich bin etwas verwirrt, weil ich keine Ahnung habe, worauf du dich beziehst.

  9. @mspro Nee, war schon richtig, du erwähnst die Piratenproblematik hier nicht mehr, aber du beziehst deinen Beitrag ja auf die Haue, die du für dein mutiges und eisernes Einstehen für die Meinungsfreiheit im anderen Blogeintrag bezogen hast. Und ich will einfach nicht stehen lassen, dass du jetzt so metamäßig alle, die was gegen das Holocaustleugner haben mit denen in einen Topf wirfst, die da – im gewissen Sinne wie du, nur anders herum – rein formal argumentieren (was mir (auch) zu wenig ist). So ist es jedenfalls bei mir angekommen.

  10. Volle Zustimmung.

    Die ganze Debatte erinnert mich sehr an die Frage ob Wissenschaft Wahrheiten produziert. Die meisten Leute (incl. Wissenschaftlern selbst) würden dies mit ja beantworten. Selbst wenn diese Leute den Begriff des Konstruktivismus kennen und für viele Lebensbereiche nachvollziehen können, beharren sie in ihrem Fachgebiet auf der Aussage: meine Erkenntnisse sind wahr. Ja sie sind sogar unantastbar.

  11. @rene meissner

    Ich glaube es geht hier nicht darum, ob der Holocaust eine belegte Tatsache ist oder nicht… du meine Güte!

  12. „Aber entbindet uns das von der Aufgabe, die grundlegenden Gesetze weiter zu denken?“

    Nein, zumal in letzter Zeit ja auch genügend, als eigentlich gut empfundene, Gesetze und Regeln verändert wurden. In eine, in meinen Augen, sehr bedenkliche Richtung. Und aus sehr fragwürdigen Gründen.

    Insofern also vielen Dank für deinen Artikel.

  13. Hier werden ständig zwei verschiedene Ebenen vermengt. Die eine ist die Meinungsfreiheit und die Frage, wo sie juristisch ihre Schranken hat. Ich stimme hier ganz mit Johnny Häusler überein, finde solche Diskussionen aber durchaus diskutabel.

    Die andere Frage ist, ob eine politische, demokratische Partei, die von sich behauptet, Diskriminierung, Faschismus usw. abzulehnen, eine Partei die gewählt werden will, folgende Aussage eines ihrer Mitglieder hinnehmen kann. Ich zitiere

    B. Thiesen: „Es steht jedem Juden frei, jederzeit Deutschland für immer zu verlassen. Und im Gegensatz zum 3. Reich dürfen die heute sogar ihr gesamtes Hab und Gut mitnehmen.“

    Diese Aussage ist alt, war aber bei der Rüge, die er erhalten hat, noch nicht bekannt. Von dieser und anderen Aussagen hat er sich bis zur Stunde nicht distanziert, sie wohl aber bis vor kurzem wortreicht gerechtfertigt.

    Jetzt frage ich Dich: Ist es bloß Festhalten an irgend einem Status Quo, wenn ich einem Menschen mit solchen Aussagen heftig ablehne? Schon alleine wegen ihrer moralischen Dimension. Ist es verwerflich, dass ich und viele andere mit einem solchen Typen nicht in einer Partei sein wollen? Und ist es verwerflich, dass ich nicht der Meinung bin, dass ich dann gehen muss, sondern er?

  14. Was konkret meinst Du mit dem Beitrag? Er ist so allgemein gehalten, dass ich ihm natürlich zustimmen kann (wie jeder Mensch egal welcher Gesinnung wahrscheinlich); da es ja offensichtlich eine Reaktion auf Deinen vorherigen Beitrag ist: Was würdest Du Dir ganz konkret wünschen in der Debatte um Herrn Thiesen?

    Und meinst Du, dass man alles, wirklich alles, hinterfragen, neu bewerten, relativieren können dürfen muss?

  15. Also, von mir aus können Kinderpornographie und Holocaustleugnung ruhig weiterhin als Straftatbestand gesetzlich verankert bleiben. Sollen und müssen sie sogar, da gibt es für mich keine Diskussion.

    Das Problem ist ein anderes, Du (mspro) hast es im letzten Post meines Erachtens richtig beschrieben. Es steckt im Politiksystem selbst. Wenn man sich einmal dazu entschlossen hat, den langen Weg durch die Institutionen zu marschieren (und eine Parteigründung ist in meinen Augen genau das), dann ist man vielleicht nicht gerade Teil des System, aber man muß sich mit dessen Spielregeln abfinden. Auch das steht im Grundgrsetz, nur weiter hinten und interessiert nicht mehr soviele, weil es sich auch nicht so knackig verschlagworten läßt.
    Ich will hier nicht über die Erfolge, noch nicht einmal über Sinn und Zweck einer Gruppe wie ATTAC streiten, aber das es andere Wege der politischen Einflußnahme (bzw. des Versuchs derselben) als die Gründung einer Partei gibt, steht wohl außer Frage. Und gerade mit der vernetzten Schlagkraft der Internetuser halte ich zweckgebundene Bündnisse auf Zeit für das unserer Zeit angemessenere Mittel. Einfach wird das aber auch nicht, schon klar.

    Nun gut, es gibt die Piratenpartei. Finde ich auch gar nicht verkehrt, solange sie eine reine Interessenpartei bleibt, die sich auf ihre Kernkompetenzen besinnt und nicht etwa auf die Idee kommt, sich auch zu außenpolitischen Themen äußern zu wollen. Rundum-Regierungsprogramme kann man getrost den (noch) großen Parteien überlassen.

  16. @Enno, das mit den Ebenen, die vermischt werden, stimmt. Zum Beispiel von Dir gerade. Wenn ich ein anderen Umgang mit Meinungen fordere, dann will ich nicht – wie kommen die Leute eigentlich dauernd dadrauf?? – Dein Unwohlsein, deine Kritik die Diskussion und Deine Distanzierung zu Leuten wie Thiesen angreifen. Wie könnte ich?

    Von der Piratenpartei aber erwarte ich, sich der oben beschriebenen Problematiken bewusst zu sein, und auch visionär – nicht umbedingt perfekt oder ohne Stolper – aber eben mutiger als alle anderen, neue Wege zu gehen. Wenn man anerkennt, dass das Internet Zensur per se unmöglich macht, dann sollte man das auch in die Politik einer solchen Partei hineintragen. Ganz egal, was die anderen sagen.

    Ich weiß auch nicht, was die richtige Weise ist, mit Thiesen umzugehen. Ihn aber einfach hochkant rauszuschmeißen, wie es viele Fordern, so einfach kann es sich eine solche Partei nicht machen. Das ist meine Überzeugung, die sicher weniger Wert für die Piraten hat, als Deine, weil Du Mitglied bist. Aber ich wäre arg enttäuscht, wenn die politischen Reflexe des Auf-Linie-Bringens aus der anderen Parteien, mir nichts dir nichts bei den Piraten Einzug halten.

  17. Es klingt ja sicher naiv und ich habe das dezentrale Prinzip des Internets schon begriffen. Aber wie genau macht es „per se Zensur unmöglich“? Verstehe ich nicht. Wenn das wahr wäre, hätte sich ja niemand über irgendwelche Zensursula-Gesetze aufzuregen brauchen.

  18. Nun, dann hast du die Zensursula-Diskussion nicht ganz mitbekommen. Denn natürlich war ein Teil der Argumentation darauf abgestellt, dass sich die Sperren extremst einfach umgehen lassen.

    Das Beispiel Iran zeigt wiederum, wie eine viel ambitioniertere Zensurinfrastruktur nicht in der Lage war, die Berichterstattung der Proteste ins Ausland zu unterdrücken. Und jeder halbwegs technisch versierte Chinese kann, zumindest mit Hilfe eines Ausländers, die heftigste Zensurinfrastruktur der Welt, die Chinese-Firewall, überwinden. Zensur oder auch nur Kontrolle des Internets ist letztendlich unmöglich.

    Sehr schön und argumentativ unschlagbar wurde das zuletzt hier aufgeschrieben.

  19. Das habe ich schon mitbekommen und die anderen Beispiele sind mir auch bekannt. Nur würde den Erfolg beim Umgehen von Zensurbemühungen nicht ausschließlich „dem Internet per se“ zuschreiben. Da steckt noch einiges mehr dahinter.

  20. wer dem demokratischen system stillstand vorwirft, hat m. e. den sinn und die funktionsweise einer demokratie nicht verstanden. gute demokratie, die konsensfähig ist, MUSS langsam sein.

    zu meinen, dass leute, die aktiv im internet unterwegs sind, informierter, aufgeklärter oder gar besser sind als offliner (darunter soll es ja noch ein paar vereinzelte geben, die zeitungen lesen), zeugt von einer sehr elitaristischen einstellung.

  21. Hm erstmal zu den Kommentaren deines letzten (wie ich finde sehr guten) Artikels. Es war wirklich recht heftig – aber du verträgst das ja 🙂 Zum einen haben ich auch das Gefühl, das gerade die Menschen, welche bei solchen Diskussionen den Sinn des Ganzen nicht verstehen (oder ihre BILDung weitergeben), besonders hitzig und unsachlich diskutieren.

    Mal einfach ausgedrückt: „Je persönlicher und unsachlicher jemand Diskutiert, umso weniger hat er davon verstanden“.

    Und nun noch zu diesem Artikel: Eigentlich hast du recht – das „so ist es eben“ Denken und sich einfach damit abfinden – ist natürlich nicht der richtige Weg. Allerdings ist auch zuviel „neu, anders, besser“ nicht gut für eine Demokratie oder ein Rechtssystem. Viele der alten Regeln müssen sicherlich mit der Zeit angepasst werden. Aber lieber ein bisschen im Nachgang, als der versuch in vorauseilendem Gehorsam schon mal etwas „fertig zu machen“. Unser gesamtes Rechtssystem ist sehr sehr kompliziert. Und ähnlich wie man es aus der Natur kennt, können kleine Änderungen sehr große Folgen haben. Nur leider fehlen hier die Selbstheilungskräfte.

    Darum über den Tellerrand schauen und gugn was da so ist: JA! aber losspringen und alles Neu machen und dabei das alte vergessen: NEIN!

  22. Das liegt daran, dass nach dem Ende des Ostblocks das „Ende der Geschichte“ ausgerufen wurde. „Unsere Demokratie“ mit genau diesen unseren tollen Parteien und, na klar, der Marktwirtschaft – so ist das jetzt und das wird nie mehr geändert. Dieser Glaube an das Ende der Geschichte im Status Quo mit einer Ablehnung von allem, was auch nur wagt an eine Verädnerung in diesetr Hinsicht zu denken, ist natürlich eine Art Religion. Und wir wissen, wer häretisch wird, der erntet böse Kommentare, s.o.. 😉

    In Wirklichkeit ist das natürlich absurd, Geschichte bleibt niemals stehen und hat auch kein Ende. Industrielle und kulturelle Veränderungen verändern Staaten und Nationen, und das Internet ist eine Veränderung vom Kaliber „Dampfmaschine“ und „Fernsehen“. Und das wird auch „unsere großartige tolle Demokratie Marke FDGO(tm)“ verändern.

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