Reisetagebuch 6

Tag 6:

Ich habe eigentlich ganz gut geschlafen, fühl mich aber noch gerädert. Es ist halb 7 als ich die Morgenroutine beginne. Energieriegel reinziehen, Zähneputzen, Sachen in den Taschen verstauen, Zelt abbauen, zusammenpacken. Los. Noch ein Abschiedsfoto vom tollen Strand:

2015-08-09 07.43.16-2

Als ich gerade zum Aufgang zwischen den Dünen hoch zum Radweg kraxle, kommen mir drei Parkranger entgegen. „Guten Morgen“ sagen sie. „Morgen“ antworte ich, während es mir kalt den Rücken runterläuft. Das war knapp. (Vielleicht auch nicht. Sie sind schnell wieder zurück. Wahrscheinlich hätten die mein Zelt gar nicht gefunden …)

Ich bin jedenfalls wieder unterwegs. Komoot will nicht, weil kein Netz. Gut, dann halt ohne Tracking.

Zunächst will ich in die nächste Stadt, frühstücken. Ich habe einen riesen Hunger. Nach einiger Verfranserei im Darß komme ich endlich nach Perow und esse ein paar belegte Brötchen, dann mache ich mich über Zingst auf Richtung Stralsund. 2015-08-09 09.39.14

Die Fahrradstrecke ist wieder im Einklang mit Komoot und wir haben uns wieder lieb. Und zwar so richtig. Ich würde sagen, es ist der Höhepunkt unserer Beziehung, denn die Strecke, die mich Komoot entlang führt ist atemberaubend schön.

2015-08-09 10.19.57

2015-08-09 10.20.17

Ich fahre zwischen Feldern, Meer und Wiesen, die direkt aus der Windows-Hintergrundbildersammlung entsprungen sein könnten.

2015-08-09 10.49.54

Etwa bei Km 45 bekomme ich eine SMS, auf die ich gleich antworte.

2015-08-09 19.39.20

Martin ist ein Bekannter. Er ist befreundet mit meinem Freund Mark, mit dem ich im Büro sitze. Martin sitzt dann manchmal auch im Büro, daher kennen wir uns lose. Mark hatte ihn auf meine Tour aufmerksam gemacht, weil ich im Begriff war in seine Stadt zu kommen. Stralsund.

Nur eine halbe Stunde später höre ich ein leichtes, periodisches Rumpeln. Ich nehme zunächst an, dass wieder irgendwas von meinem Equipment zwischen Rad und Taschen gelangt sein muss. Aber da ist nichts. Ich fahre weiter. Das Rumpeln hört nicht auf. Ich steige noch mal vom Rad, sehe nichts. Fahre weiter. Das Rumpeln wird deutlicher. Mir wird klar, dass es sich um was ernsteres handeln muss. Ich sehe, dass das Rad unrund läuft. Habe ich mir eine 8 reingefahren? Aber wann? Es gab kein Ereignis, das dies rechtfertigen würde.

Ich halte nochmal an und schiebe ganz langsam. Da, die Felge scheint an einer Stelle mit der Bremse zu kollidieren. Zunächst denke ich, die Bremse habe sich verstellt, doch dann seh ich die Verformung in der Felge.

2015-08-09 11.14.18-1

Mist. Eine kaputte Felge hat mir gerade noch gefehlt. Einen Reifen hätt ich noch gewechselt bekommen, aber das. Naja, es sind nur noch knappe 20 Km bis nach Stralsund. Erstmal dahin eiern und dann mal weitersehen.

Ich steige wieder aufs Rad. Es rumpelt, aber das wird ja wohl noch zu schaffen zu sein. Doch das Rumpeln wird lauter, das Treten anstrengender. Verflucht. So komm ich nicht weiter. Nach etwa 100 Metern steige ab und muss aufgeben.

Und nun? Nun sitze ich mitten in der Pampa mit meinem Gepäck und dem Rad und es ist Sonntag. Ich schreibe Martin, dass das mit dem Mittagessen nichts wird, da ich eine Panne habe.

Ich rufe bei der Taxizentrale an. Dort sagt man mir, dass ich in ganz Stralsund kein Taxi finden würde, das mein Fahrrad mitnehmen würde. Wäre einmal so entschieden worden. Achso ja, na dann.

Auch der ADAC will nicht. „Wir schleppen nur Dinge ab, die ein Nummernschild haben.“

Doch Martin ruft an. Er könne mich mit dem Auto abholen. Ich bin gerettet. Nach einer knappen Stunde kommt er vorbei und findet mich am Straßenrand.

2015-08-09 12.48.29

Martin schaut sich die Felge an. „Ist wohl durchgebremst“, sagt er. Wir laden alles ein und fahren zu ihm. Nachdem wir dort meinen Krempel abgeladen haben, lade ich meinen Retter erstmal zum Essen ein.

2015-08-09 14.00.27

Martin hat auch einen tollen Hund namens Piet.

2015-08-09 14.20.49

Martin ist selber Radfahrer, nur mit sehr viel mehr Erfahrung und Ehrgeiz. Er wollte selbst gerade rausfahren – er macht immer Tagestouren – als ihn mein Notruf ereilte.

Nachdem ich bei ihm geduscht habe (war das herrlich!) und meine Wäsche in die Waschmaschine und die Akkus an die Steckdose getan habe, konnte er dann auch tatsächlich noch mal los und ich hatte Zeit die Stadt zu erkunden.

Stralsund ist sicherlich die schönste Stadt auf meiner Reise bisher.

2015-08-09 16.24.37

2015-08-09 17.38.25

2015-08-09 18.13.01-2

Um 19:00 treffen wir uns wieder. Martin kocht leckere Sportlernahrung (habe vergessen wie man das nennt) und ich fange an zu bloggen, während ich Bier trinke.

2015-08-09 20.02.49

Es hätte alles viel, viel schlimmer kommen können.

Jetzt hängt alles davon ab, was die morgen im Fahrradladen sagen. Wenn die das einigermaßen bezahlbar morgen noch hinbekommen, ist meine Tour gerettet. Wenn nicht, muss ich gucken. Einen Tag kann ich hier noch verbringen. Dann fahr ich halt mit dem Zug nach Rügen oder so. Wenn es mehrere Tage dauert, weil die was bestellen müssen oder wenn die das ganze Rad samt Gangschaltung austauschen müssen, habe ich ein Problem.

Alles hängt von morgen ab. Wünscht mir Glück!

Jetzt geh ich jedenfalls erstmal auf die Couch. Und das wird sehr gemütlich nach fünf Nächten Isomatte.