Reisetagebuch 7

Woah, so eine Couch ist schon ziemlich gemütlich nach 5 Nächten im Zelt. Dennoch wache ich gegen halb 8 auf und spüre jeden Knochen in meinem Körper. Ich habe einen riesigen Ganzkörpermuskelkater. Der setzt anscheinend bei mir immer mit etwas Verspätung ein.

Ich mache mich schnell fertig, denn wir wollen pünktlich um 9 bei Ladenöffnung in der Fahrradwerkstatt stehen. Kurzes Frühstück mit Martin, dann das Hinterrad ausbauen. Das ist gar nicht so einfach, da Nabenschaltung. Ein Kompliziertes Ding, von dem niemand auf der Welt so recht weiß, wie es funktioniert. Nicht mal Martin, dabei weiß der eigentlich alles über Fahrräder. Wir entfernen auch Mantel und Schlauch vom Rad, so dass nur noch Felge, Speichen und Nabe (mit Getriebe) übrig bleibt.

Der erste Händler, zu dem wir fahren, meint, man müsse das Rad einfach nur neu Speichen. Das beruhigt mich. Leider kann er uns keine Zeit garantieren, die sein Laden dafür brauchen würde. Wir versuchen es bei einem anderen Händler.

Die Frau ist freundlich und kompetent und verspricht eine neugespeichte Felge bis 15:00 – „Wahrscheinlich früher“. Meine Tour ist damit offiziell gerettet. \o/

Wir lassen das Rad da und fahren zurück zu Martin. Ich habe dort inzwischen mein gesamtes Equipment ausgebreitet. Größtensteils zum Trocknen. Das Zelt liegt auf der Terrasse in der Sonne, Schlafsack und Isomatte sind über Stühle gelegt, meine Wäsche ist gewaschen und hängt an einem Ständer und alle meine Akkus hängen am Strom.

Ja, ich habe mehrere Akkus. Mein iPhone 5 ist akkumäßig nur noch schwach auf der Brust – es hält kaum mehr einen halben Tag mit Tracking – und dennoch hängt von seinem Funktionieren so viel ab. Um sein Funktionieren zu gewährleisten habe ich unterschiedliche Akkustufen.

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Rechts sehen wir meinen normalen Nachladeakku. Er fasst 6000 Milliamperstunden. Das reicht für … sagen wir knapp 2 iPhoneladungen. Dieser Akku kommt pro Tag mindestens einmal am Tag zum Einsatz, meistens so nach Km 30. Ich habe ihn dann in einer der Hosentaschen während der das iPhone läd, das in einer anderen Tasche sitzt (oder ans Lenkrad geschnallt ist)

Der Akku links ist ein Brecher. 22.400 Milliamperstunden. Es hat gerade wieder mindestens 28 Stunden gebraucht ihn vollzuladen. Aber wenn er voll ist, dann hält er echt ewig. Er ist die EZB unter den Powerbanks. The lender of last ressort. Er ist mein ständiger Begleiter im Rücksack und hat mir schon oft den Arsch gerettet. Während der Tour lädt er nachts den anderen Akku sowie das iPhone. Gleichzeitig, denn er hat zwei USB Anschlüsse. Und das hat er die ganze Reise schon gemacht und gestern war er alle. Tjo.

Zurück zu meinen Sachen. Mein Geschirr habe ich abgewaschen, die Taschen habe ich vom Sand befreit – (überhaupt habe ich alles vom Sand befreit). Gegen 12 Uhr ist alles trocken, sauber, voll oder entsandet. Nur die Akkus sind noch nicht ganz fertig geladen.

Ich setze mich auf die Couch und spüre immer noch eine große Müdigkeit. Vermutlich war es das Adrenalin, dass mich die letzten Tage auf Draht gehalten hat, mutmaßt Martin. Ich merke jedenfalls, dass nicht nur meinem Equipment, sondern auch mir die unfreiwillige Pause sehr gut tut.

Und während ich so durch meine Timeline scrolle … schlafe ich ein. Ich muss so 2 Stunden weg gewesen sein. Als ich aufwache, ist es jedenfalls 14:00 und ich habe Hunger. Wir holen uns bei einem der ältesten Fischläden Deutschlands Fischbrötchen – unter anderem sind sie die Erfinder des Bismark-Hering-Rezeptes. Sogar Merkel hat hier schon Fisch geholt, zeigt ein Foto. Joah, schmeckt auch nicht nicht schlecht.

Als bis 15:00 noch nicht der erlösende Anruf von der Werkstatt kommt, werde ich nervös. Martin sucht die Nummer raus und ich rufe an. Besetzt. Später wieder besetzt. Dann geht niemand ran. Was ist da los?

Gegen 15:50 beschließen wir einfach nochmal hinzufahren. Vor Ort vertröstet man mich, es würde noch ca. 15 Minuten dauern. Dann – endlich – meine neue Felge ist da.

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Der Einbau gestaltet sich schwierig, weil wir trial and error versuchen, die Nabenschaltung wieder zusammenzufriemeln. Am Ende schauen wir uns Youtube-Videos dazu an.

Aber gegen halb sechs passt alles wieder zusammen. Mein Rad ist wieder heile und einsatzbereit. Meine Tour kann weitergehen.

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Meine ursprünglichen Pläne sind natürlich nicht rettbar. Ich kann jetzt nicht mehr Greifswald und Rügen machen, sondern muss mich entscheiden. Zunächst tendiere ich zu Rügen, aber dann bekomme ich eine SMS von Leander Wattig. Er sei jetzt doch heute schon wieder in Greifswald. Perfekt.

Also mach ich mich auf die Tour runter nach Greifswald. Nur ca. 35 Km, aber es ist ja schon spät und ich noch nicht vollständig erholt.

Die Strecke ist schon eine der unbequemsten. Sie besteht fast ausschließlich aus Kopfsteinpflaster und so werde ich zwei Stunden lang durchgerüttelt.

Als ich gegen 20:00 in Greifswald ankomme hat mir Leander geschrieben. Sein Zug sei ausgefallen, er müsse einen späteren nehmen, aber ich könne ja schon mal zu seiner Family fahren. Was ich gerne annehme.

Ich werde herzlich empfangen, dusche und quatsche ein bisschen. Dann ziehe ich mich zurück zum Bloggen. Ungefähr jetzt müsste Leander dann auch am Bahnhof ankommen und wir können zu Abend essen.

Beim Tracking habe ich den Überblick verloren. Dauernd kackt die App ab, dauernd geht irgendwas schief. Ich bin jetzt bei 465 getrackten Km, die eigentlichen Km sollten aber viel höher sein. Vermutlich irgendwo bei 500.

Morgen mache ich mich auf den Weg zum CCCamp. So langsam werden die guten Zeltplätze rar, habe ich den Eindruck. Ich werde es nicht an einem Stück schaffen. Mal sehen was so kommt. Kennt ihr schöne Fahrradstrecken bzw. Zeltgelegenheiten zwischen Greifswald und Berlin?

Ah, da ist ja Leander. Dann können wir ja essen!

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