Fünf Facebookanwendungsfälle eines Facebookhassers

Da ich mich heute der hackr fragte und ich die ganze Zeit schon mal drüber schreiben wollte: hier ein paar Anwendungsfälle zu Facebook von mir, dem Facebookhasser.

Wie einige Leser ja wissen, habe ich bereits ein paar Anläufe mit Facebook hinter mir. Dies ist mein dritter. Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich Social Networks, insbesondere Facebook nicht mag. Also nicht nur auf der Sympathieebene, sondern tatsächlich vom Handling als Tool her.

Das Konzept „Freund“ finde ich klasse. So allgemein. Als bidirektionales Newsabonnement von Leuten ist das Freund-Konzept eher eine schlechte Metapher, als ein gutes Tool. Natürlich ist diese eingängige Metapher gleichzeitig der Grund für Facebooks Erfolg, aber einer effizienten Nutzung steht sie queryologisch im Wege. Ich habe mittlerweile verschiedene Variationen durch, die Facebookfreundschaft als Tool dennoch sinnvoll einzusetzen.

Beim letzten Versuch habe ich schlicht und einfach jeden „befriendet„, der danach fragte. Das Ergebnis war, dass meine Timeline unlesbar war und ich von allen Seiten mit Einladungen, Like-doch-mal-die-Seite-Scheiß und den ganzen anderen Crap zugemüllt wurde. Als Facebook meinen Account löschte, habe ich innerlich etwas aufgeatment.

Bei dem jetzigen Versuch betreibe ich das ganze ernsthafter. Ich nehme nur Leute rein, die mir auf die eine oder andere Art geläufig sind und/oder ich mich wirklich für ihren Content interessiere. Ich halte dadurch die Timeline „sauber“ und werde nicht mehr von so viel „Gedöns“ genervt. Ideal ist dennoch was anderes.

Vor allem aber versuche ich durch Facebook mit den Leuten in Kontakt zu bleiben, die kein Twitter haben. Als Twitterer vernachlässigt man alte Freunde zu schnell. Da mittlerweile auch diese alten Freunde fast alle auf Facebook sind und dort auch recht aktiv, klappt das sogar ganz gut. Das wäre der sinnvolle Usecase Nr. 1.

Zurück zu Facebook bin ich übrigens gekommen, weil ich nicht mehr eingeladen wurde. Alle wussten immer wo am Abend was stattfindet, außer mir. Ich wurde sogar bei mehr oder minder guten Freunden nicht zum Geburtstag geladen, weil die Einladungen in manchen Kreisen nur noch über Facebook laufen. Und dass ich der eine bin, der halt nicht bei Facebook … das vergisst man gerne mal. Das klappt jetzt wieder ganz gut. Obwohl unter den Invites immer noch so 50 Prozent Müll ist, lohnt es sich schon für einige Termine dabei zu sein. Das wäre Anwendungsfall Nr. 2.

Ein weiterer Grund heißt Marcel Weiß. Er – der Facebookfan – richtete eine Gruppe zu einem Projekt ein, bei dem ich auch immer dabei bin. In so einer Gruppe kann man relativ bequem innerhalb eines begrenzten Kreises kommunizieren. Gruppen sind im Grunde für alles gut, für das man sonst eine Mailingliste betreiben würde. Nur besser. Dadurch dass es die Kommunikation strukturiert, hat man immer im Überblick, wer zu welchem Thema was sagt. Mittlerweile läuft auch zum Beispiel die Twitkritredaktion in einer Facebookgruppe, was sich als sehr praktisch erwiesen hat. Das wäre also Anwendungsfall Nr. 3.

Bei Anwendungsfalls Nr. 1 erwähnte ich meine Nichttwitterfreunde. Natürlich versuche ich auch sie über mein vielfältiges Webtreiben auf dem Laufenden zu halten. Dafür leite ich mittlerweile via RSS.Graffiti alle Feeds aller meiner Projekte in meine Timeline. Das hat aber noch einen Grund. Redundanz. All die Webinhalte bekommen da ein zweites Datenbankzuhause. Beispielsweise meine Twitpics. All die Fotos, die ich so nebenbei bei Twitter poste könnten schnell verloren gehen, wenn Twitpic mal pleite geht. Bei Facebook werden Bilder und Text noch mal seperat gespeichert. Ich habe nichts gegen Datensilos, so lange man sie nur als Backup nutzt. Das wäre Anwendungsfall 4.

Bei Twitkrit haben wir Facebook fest in die Seite integriert. Bei einigen populären Posts habe ich doch gemerkt, dass da auch einiges an Traffic über Facebook kommen kann. Deswegen bin ich am überlegen, hier und bei anderen Projekten neben dem Twitter- und Flattr-Button auch einen Facebook-like Button zu integrieren. Ich sträube mich noch, aber es scheint doch recht sinnvoll zu sein. Wenn ich mich überwinde, könnte das also mein Anwendungsfall Nr. 5 werden.

Bei all dem schwindet allerdings nicht meine tiefe Abneigung gegen Facebook und sein Regime. Ich fühle mich unwohl, mich allzu sehr auf Facebook verlassen zu müssen und ich finde es bedenklich, wie unersetzbar es sich macht. Ich kenne sehr viele, für die ist ihr Facebookprofil die zentrale Anlegestelle ihrer Identität im Netz. Ich weiß, wie schnell und willkürlich einen Facebook verbannen und wie wenig man dagegen tun kann. Zudem führt sich Facebook immer mehr als Zensor auf. Man kann dort bestimmte Links nicht posten, Worte werden in Chats und Messages zensiert und so weiter. Ich versuche alle Dinge, die ich auf Facebook tue, nicht essentiell werden zu lassen. Aber wie man allein an meiner Rückkehr zu dem Dienst sehen kann, ist die soziale Gravitation schon groß genug.

11 Gedanken zu „Fünf Facebookanwendungsfälle eines Facebookhassers

  1. F.B.Purity filtert die Timeline und macht Facebook einigermassen erträglich…

  2. Ich könnte mir Facebook mit ein paar kleinen Änderungen als ein Großartiges Tool vorstellen. Im Prinzip müsste es nur eine einfache Möglichkeit geben seine Freunde in Kategorien einzuordnen, für jede Kategorie einen eigenen Newsstream anbieten und jeden Status für eine oder mehrere Kategorien zuordnen können.

    Mich stört an Facebook vorallem diese Masse an Leuten mit denen man zwangsweise irgendwie immer befreundet sein muss, obwohl ich nicht im geringsten Interesse an ihnen habe. Ich entfreunde doch niemanden, das wär ja unsozial. Ich finde das Twitter Follower Prinzip da sehr viel angenehmer.

  3. @simonnickel Exakt das kann man auf Facebook tun, wenn man seine Freunde in Listen einsortiert. Bei Statusupdates kann man in den Sicherheitseinstellungen bei jedem Posting (Pfeil am Schlosssymbol unten, Benutzerdefiniert…) komplexe Einstellungen treffen z.B. „sichttbar für Liste X, Y aber nicht sichtbar für Liste Z und Person A und B“

    Auf der Empfängerseite kann man die Timeline immerhin nach Listen filtern, aber nicht mehrere gleichzeitig.

    Das System ist sicher noch ausbaufähig. Es stört mich z.B., dass man Leute nur komplett aus der Wall rausnehmen kann („verbergen“). Man müsste das wenigstens nach Typ des Updates tun können. Foto, Status, Link, Eventeinladung…. Der Eingangsfilter ist ja viel wichtiger als der Ausgangsfilter. (according to @mspro)

    Ich (und die meinsten anderen sicher auch) scheuen aber den Verwaltungsaufwand, den das beinhaltet. Facebook macht sowas wie eine kolloborative Filterung, aber die ist recht primitiv. Um so mehr Comments und Likes, um so wichtiger. Man kann irgendwo Freunde für den Newsfeed wichtiger machen (find ich grad nicht).

    Das Filtersubjekt lässt sich eben nicht komplett algorithmisieren.

  4. Ich nutze statt twitpic ja http://www.gdzl.la/ – das werden die Photos bei flickr gespeichert. Ich weiß allerdings nicht, ob das nur bei der offiziellen Twitter-App funktioniert. Soweit ich mich erinnere, nutzt Du Echofon?

  5. @AlMagnifico ich weiß, dass das mal ging. Hatte ich mir auch alles schön sortiert, aber die Ansicht eines Streams zu einer dieser Listen war nur über Umwege zu erreichen, von daher nicht von Bedeutung. Seit der Umstellung auf das neue Design finde ich diesen Stream gar nicht mehr, auch die Einteilung der Freunde in Listen ist erschwert worden. Vllt. bin ich einfach zu doof für Facebook, aber das Listen-Feature sollte einfach zu bedienen sein.

    Das mit dem Bewerten nach Wichtigkeit kann ich übrigens auch absolut nicht leiden. Das will ich gefälligst selbst bestimmen was mir wichtig ist (soll das auch Kontrollverlust sein?).

  6. @simonnickel: Seit irgendwann in diesem Jahr sind die Newsfeeds der einzelnen Listen sehr leicht zu erreichen. Ganz oben über dem Feed kann zwischen „Hauptmeldungen“ (also dem nach Interesse gewichteten Feed) und „Neueste Meldungen“ wählen. Wenn man dann nochmal auf „Neueste Meldungen“ klick kann man zum einen inhaltliche Einschränkungen machen (zB nur Statusupdates oder nur Fotos) und zum anderen die Nachrichten der einzelnen Listen auswählen. Wenn man dann noch alle nervigen Anwendungen aus dem Feed verbannt, bleibt das ganze auch leserlich.

    Das Listenfeature vereinfacht die Privatsphären-Einstellungen erheblich und verhindert einen zugemüllten Feed.

  7. Pingback: Lesenswerte Artikel 21. Januar 2011

  8. Genau das ist das größte Problem bei Facebook. Die schaffen es nicht, ihre Features den Leuten mal vernünftig zu erklären.

    Jede Umgestaltung bei Facebook wird erstmal von allen bejammert,

    Stets das gleiche Schema: Die Leute gewöhnen sich an das Benutzerinterface und nach einer Änderung finden Sie gewohnte Funktionen nicht mehr an den gewohnten Orten und beklagen sich, das diese entfernt worden (wie jetzt, bei der Einführung des neuen Profils).

    Nach einer Weile stellt sich dann heraus, dass es sich um eine Vereinfachung der Bedienung handelt und neue, nützliche Funktionen hinzu gekommen sind. Ist ja auch der Sinn hinter der Weiterentwicklung von Software. Die sind immer am basteln.

  9. Pingback: Linkdump for 21. Januar 2011 Links synapsenschnappsen

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