Die Schönheit gibt sich nicht hin. Sie macht sich rar, für den, der nach ihr sucht. Sich ihrer zu bemächtigen ist der Wunsch des Eros, und dieser Wunsch wird doch nur gesteigert durch seine Nichterfüllbarkeit. Denn all die Mittel und Wege die Schönheit zu erlangen, führten nur zu ihrer Vernichtung, oder, noch viel schlimmer, zu seiner eigenen Vernichtung, denn dort, wo er ihr doch noch habhaft würde, hörte er auf ein Eros zu sein. Und so bleibt er ein ewig Suchender und er bleibt ein ewig Nicht-findender, er bleibt eben ewig Eros, verfolgt von seinen selbst geschaffenen Dämonen.
Doch ist das schon die letzte Wahrheit? Wird der Eros sich mit dieser Lage abfinden? Unwahrscheinlich. Eros wäre nicht Eros, würde er nicht alles daran setzen, die Distanz zu überwinden. So denkt er vielmehr beständig darüber nach, wie es wohl möglich sei, ihr doch nah zu sein, dieser Schönheit. Aber wie kann man sich etwas nähern, das beständig flieht? Was flieht sie denn, die Schönheit? Die Antwort: Ihn doch nur, den Eros flieht sie, den Liebenden. Hat er die Struktur seines eigenen Begehrens erst begriffen, so versucht er vielleicht ein anderer zu werden, kein Eros mehr zu sein. Er könnte sich verstellen, sich verleugnen, so tun als ob. Vielleicht versucht er sich selber schön zu stellen. Und tatsächlich: sich schön, also rar zu machen, lässt die Schönheit ruhen. Nur den Eros lässt sie dennoch nicht los. In seiner eigenen Schönheit findet er keine Erfüllung, denn der anderen ist er dadurch kein Stück näher als zuvor. Doch würde er sich bekennen, das weiß er, würde die Schönheit sogleich wieder die Flucht ergreifen, das Spiel ginge von vorne los. Was tut nun also dieser Eros? Was kann er tun, in seiner falschen Verhüllung? Wie kann er seine Maske fallen lassen, ohne dass dahinter sein Gesicht zum Vorschein kommt? Muss er dafür nicht selber ortlos werden? Wer ist denn nun dieser Eros, wenn man ihn mal ganz direkt fragt? – Niemand!
Und so wird er sich auf ewig bekennen, ohne sich zu bekennen und alle seine Liebesbriefe werden unsigniert bleiben. Sie werden deshalb freilich zu etwas anderem, zu etwas öffentlichem. Ein öffentlicher Teil des innersten des Eros, eine Eruption ohne Krater. Aber ist dies nicht gerade das Wesen der Kunst: Sich öffentlich zu verbergen? Ist Eros also ein Künstler?
Sicher ist nur, er wird sich weiterhin verstecken, hinter dem Namen der Schönheit, ihn des Nachts heimlich auf die Gehwege schreiben, doch an seiner Haustür wird er das Klingelschild abschrauben. „Eros? Nein, der wohnt hier nicht.“