Wo ist mspro?

Menschen fragen sich den ganzen Tag: Wo ist eigentlich mspro? Vielleicht auch nicht. Aber falls doch, kann man jederzeit hier vorbeischauen und nachgucken. Meine Location-Daten aus Foursquare und und meine aktuelle Geoposition werden hier ständig auf dem aktuellsten Stand wiedergegeben.

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Krasse Links No 32

Willkommen bei Krasse Links No 32. Lasst alle Hoffnungen fahren, heute zünden wir die termo-memetische Explosion und zwingen die Fandoms mit mythischer Gewalt zur semantischen Sezession.


Ich musste viel über dieses Foto nachdenken. Es wird ganz ohne Frage in die Geschichte eingehen. Ich habe mich wie viele andere darüber beschwert: Wie kann ein Präsident, der zurecht immer wieder darauf hingewiesen hat, wie sehr Trump eine Gefahr für die Demokratie ist, ihm so freundlich die Schlüssel zur Macht aushändigen? Es fühlt sich falsch an, sogar ein bisschen nach Verrat.

Ich habe versucht, wütend auf Biden zu sein, aber es ist mir nicht gelungen.

Wenn man fällt, dann gibt meist Möglichkeiten durch Gewichtsverlagerung, einen Ausfallschritt oder ungelenkem Rudern mit den Armen doch noch das Gleichgewicht zu wiederfinden. Doch es gibt auch diesen Punkt, an dem man merkt, dass der Fall unvermeidlich ist. Das ist immer ein awkwarder Sekundenbruchteil, denn man ist ja schließlich bei Bewusstsein und das Gehirn kann auch im Fallen das Planen nicht einstellen.

Was hätte ich getan? Hätte ich mich im Weißen Haus verschanzt? Hätte ich den Killbefehl für Trump gegeben? Hätte ich über Nacht den Widerstand organisiert? Wogegen genau? Mit wem?

Wir alle sind Produkte unserer Erwartungen und unsere Erwartungen sind Produkte unserer materiellen Umwelt und wenn sich die Umweltbedingungen rasant ändern, laufen wir alle wie der Koyote bei Bugs Bunny über die Schlucht und zappeln ein paar Sekunden in der Luft, bevor wir fallen.

Biden ist zwar US-Präsident, aber auch er ist nur ein Bruder im Fall. Niemand sieht dabei gut aus.


Alan Moore, der Comic-Künstler hinter V wie Vendetta und Watchmen, rantet über Fancultures und macht dabei interessante Beobachtungen.

And when I looked back, after an internet and some few decades, fandom was a very different animal.

An older animal for one thing, with a median age in its late 40s, fed, presumably, by a nostalgia that its energetic predecessor was too young to suffer from. And while the vulgar comic story was originally proffered solely to the working classes, soaring retail prices had precluded any audience save the more affluent; had gentrified a previously bustling and lively cultural slum neighbourhood. This boost in fandom’s age and status possibly explains its current sense of privilege, its tendency to carp and cavil rather than contribute or create.

Moore lehnt deswegen Fankulturen nicht grundsätzlich ab, aber macht eine nützliche Unterscheidung.

I believe that fandom is a wonderful and vital organ of contemporary culture, without which that culture ultimately stagnates, atrophies and dies. At the same time, I’m sure that fandom is sometimes a grotesque blight that poisons the society surrounding it with its mean-spirited obsessions and ridiculous, unearned sense of entitlement.


Auch tante denkt über den Zusammenhang von toxischem Entitlement und Nostalgie nach und das Fortschrittsbild, das daraus folgt:

A story of progress can’t just include burning down ungodly amounts of rocket fuel just so some middle-aged people don’t have to think or learn something new. A story of progress can’t reduce itself to technological gimmicks and parlour tricks. “Flying cars” is still cars. And a life based on individual mobility is not only bad because of the climate impact but because it’s a recipe to destroy local communities and alienate people from one another and the places the live and work and exist in.


Adam Tooze hat eine aufschlussreiche Grafik darüber, wie sich die wirtschaftliche Stimmungslage der US-Amerikaner*innen entwickelt hat, seit letzter Woche.


Ich bin erst eine Folge der neuen Staffel des sehr guten Podcasts Wild Wild Web und die Folge hat mich gleich sehr beschäftigt. Im Zentrum stehen gespaltene Wahrnehmungsphänomene wie den Laurel/Yanny-Sound und das entweder Schwarz-blaue, bzw. weiß-goldene Kleid, um die erbitterte Schlachten im Internet geführt wurden.

Die Erklärung, warum einunddaselbe materielle Artefakt so unterschiedliche Wahrnehmungsmuster produziert, liegt der Forschung nach an der jeweiligen Vorprägung. Man kann sich das so vorstellen, dass das Bild/der Sound sowohl Laurel, als auch Yanny, sowohl Schwarz-blaue als auch weiß-goldene Interpretationspfade erlaubt und welchen dieser Pfade das Bewusstsein nimmt, ist determiniert durch deine unbewusst eingeübten Entscheidungsraster. So lässt sich eine Korrelation von Frühaufstehern und Nachteulen mit dem Schwarz-blaue bzw. weiß-goldene sehenden Probanden erkennen, weil die einen den Lichteinfall im Bild tendentiell als Tageslicht, die anderen tendentiell als künstliches Licht interpretieren und Laurel wird eher von Männern, Yanny häufiger von Frauen gehört, weil die eine Interpretation sich an den tiefen, die andere eher an den hohen Tönen orientiert, die beide da sind.

Der Podcast wird aber dann geradezu philosophisch, als es darum geht, welche Erkenntnisse sich daraus für die Gesellschaft ergeben? Dass es je plausible Pfade gibt, ein und denselben Gegenstand zu interpretieren, ist ja auch Basis der „polarisierten Gesellschaft“.


Thomas Zimmer analysiert, was an der zweiten Trump-Präsidentschaft anders sein wird, als an der ersten. Es gibt viele spannende Punkte unter anderem, dass wir uns bereits an einen mehrfach eskalierten Trump gewöhnt haben.

The notion that he has always been the same, just Trump being Trump, is massively misleading and obscures the rather drastic radicalization of the Right’s undisputed leader. Trump is coming off the most openly, aggressively racist campaign of a major party candidate in modern U.S. history. He explicitly promised a “bloody” mass deportation, the political persecution of his opponents, the purge of the “enemy within.” He declared he would use the military to suppress protests. His closing pitch to the American people was rage, intimidation, and vengeful violence. Trump wants to restore “order,” by whatever means necessary – an order not just of white Christian rule and unfettered self-enrichment for the wealthy, but also patriarchal domination.

Aber auch insgesamt ist alles konsolidierter, organisierter, homogener und mächtiger als beim Überraschungssieg 2016.

Warum mich das alles so viel mehr beschäftigt, als die kollabierte Bundesregierung? Weil die Auswirkungen für uns gigantisch sein werden. Ideen haben Netzwerkeffekte und wenn die liberale Demokratie in ihrem Kernland fällt, dann ist diese Idee Schach-Matt. Und weil Deutschland als kleiner Bruder immer die Semantiken vom Großen aufträgt, löst jedes Erdbeben da drüben einen Tsunami bei uns aus.


2017, ein halbes Jahr nach dem ersten Wahlsieg von Donald Trump war Michael Kreil auf eine Interessante Beobachtung gestoßen, als er die Verbreitung von „Fake News“ (wie man damals noch sagte) trackte. Wir machten gemeinsam eine Analyse ich nannte das Phänomen damals „Digitaler Tribalismus„.

Im Zentrum stand diese Auswertung: Wir sehen Twitteraccounts, die eine bestimmte FakeNews verbreitet haben (rot) und Twitteraccounts die die Richtigstellung verbreiteten (blau), wobei die Größe der Punkte der Anzahl der Follower entspricht (die großen waren damals noch die Massenmedien) und der Ort im Netzwerk repräsentiert die relative Vernetzungsdichte mit den anderen Accounts. Nachdem wir allerlei Checks gemacht haben, kamen wir zu folgendem Schluss:

Fake News sind nicht, wie es oft angenommen wurde, die Produkte sinisterer Manipulatoren, die damit die öffentliche Meinung in eine bestimmte Richtung lenken wollen. Sie sind vielmehr das Futter für bestätigungshungrige Stämme.

Ich hatte ein ein buntes Protpouri von kulturellen und psychologischen Semantiken gesammelt, um das Phänomen zu beschreiben und von Seth Godin übernahm ich die Beobachtung, dass die Gründung jedes Stammes in Form einer Häresie erfolgt. Man macht eine Setzung außerhalb des semantischen Mainstreams, und wenn man es geschickt anstellt, so Godin, scharen sich Leute um diese Pfadendscheidung. Und plötzlich hat man Macht. Das Buch ist von 2008.

Mein Denken hat sich weiterentwickelt und heute würde ich sagen, dass „Digitaler Tribalismus“ einfach eine „Semantische Sezession“ ist. Semantische Sezessionen passieren ständig im großen oder kleinen. Immer dann, wenn in der Kunst oder Kultur irgendwas für beendet erklärt und etwas neues ausgerufen wird, ist das eine zumindest versuchte semantische Sezession. Größere, folgenreiche semantische Sezession waren die Gründung des Oströmischen Reichs, die Reformation und die Aufspaltung in Aldi Süd und Aldi Nord.

Semantische Sezession sind nach Wengrow/Graebers „Dawn of Everything“ durch „ Schismogenesis“ motiviert, also den Drang sich abzugrenzen, nur ging damals eine semantische Abspaltung immer auch mit einer örtlichen einher.

Das, was wir damals untersuchten war der Rumpf einer semantischen Abzweigung, der zu einer alternativen Wirklichkeitsebene gewachsen ist. Diese zweite Wirklichkeitsebene hat den einfachen Verbreitungsvorteil: sie schafft einen alternativen Raum der Anerkennung, mit anderen Regeln für Wut und Gewalt, und einem eigenen Statussystem. Das ist für alle attraktiv, die sich im Major Consensus Narrative (Bruce Sterling) unzureichend gesehen fühlen.


Influencer*innen bekennen sich nach dem Wahlsieg zu „MAGA„.

“I’m done. I’m so tired of my old fan base,” she concludes. “I don’t give a fuck about your identity politics. I voted for Trump. And” — she adds, inexplicably — “I hate fat people!”

Es sieht so aus, als ob sie schon lange nach Wegen gesucht haben, das eigene Arschlochsein zu rechtfertigen.

“We’re in a different climate now. A different era,” the consultant told me. “Trump gives people permission to be the worst versions of themselves. And with him winning, we’re seeing that again on a much larger scale.” Still, she adds, there remain some talking points that have proven to be toxic for brands. “Honestly,” the consultant says, “people lose more brand deals talking about Palestine than anything else.”

Trump-Supporter*innen haben ein heterogenes Motivationsprofil, aber ich glaube, viele sehen in ihm die Erlaubnisstruktur, ihre je eigene Verletztheit in Gewalt umzumünzen.


Carole Cadwalladr führt den Trumpsieg auf einen materiell hergestellten Split der Medialen Wahrnehmung zurück.

You have a subscription? Enjoy your clean, hygienic, fact-checked news. Then come with me into the information sewers, where we will wade through the shit everyone else consumes. Trump is cholera. His hate, his lies – it’s an infection that’s in the drinking water now. Our information system is London’s stinking streets before the Victorian miracle of sanitation. We fixed that through engineering. But we haven’t fixed this. We had eight years to hold Silicon Valley to account. And we failed. Utterly.

Nur im Gegensatz zu den unhygienischen Bedingungen im London der Industrialisierung, wurde die Informationskloake nicht durch Nachlässigkeit, sondern mit vielen Milliarden Dollar hergestellt und die Leute dahinter haben jetzt die Demokratie gecaptured.

Elections are downstream from white men talking on platforms that white men built, juiced by invisible algorithms our broligarch overlords control. This is culture now.

Indem sie X kontrollieren und Meta (Facebook, Insta, Threads) politisch kalt gestellt haben, haben die Broligarchs die Hegemonie über die digitale Öffentlichkeit erlangt, während wir uns darum zankten, ob Mastodon oder Bluesky ein besseres Tool ist, um sich nicht wiederzufinden.

These bros know. They don’t fear journalists any more. Journalists will now learn to fear them. Because this is oligarchy now. This is the fusion of state and commercial power in a ruling elite. It’s not a coincidence that Musk spouts the Kremlin’s talking points and chats to Putin on the phone. The chaos of Russia in the 90s is the template; billions will be made, people will die, crimes will be committed.


404Media schreibt über eine Schwemme von ki-generierten Musk-Slop, der sich viral auf Facebook ausbreitet.

Als Musk zusammen mit Trump auf der Bühne herumsprang fand ich das abstoßend und peinlich, aber dabei entging mir, was für eine termo-memetische Explosion sich da ereignet hat.

Trump und Musk sind wahrscheinlich die memetischsten Persönlichkeiten, die es je auf dem Planeten gab und wenn diese beiden digitalen Tribes zusammenkommen und einen gemeinsamen Beat anstimmen, dann macht das ne Menge Krach, führt aber auch zu seltsamen Effekten.

Die hardcore MAGA-Fans sind meist älter, wenig gebildet, eher aus dem ländlichen Raum und hängen in Facebook-Gruppen ab. Musk-Anhänger sind eher junge Männer, die auf Raketen und Autos stehen, sie sind überdurchschnittlich gebildet und hängen natürlich auf X rum.

Doch jetzt, wo diese beiden Stämme germerged sind und werden viele Musk-Fans MAGA (Musk bot mit dem schwarten MAGA-Hut eine passende Pfadgelegeheit an) und Musk erlebt seinen zweiten Frühling auf Facebook, mit all den von Shrimp-Jesus erlernten KI-Ritualen.

Some of the most viral posts on Facebook leading up to and immediately after an election in which Musk actively campaigned for Donald Trump are AI-generated disinformation that universally make Musk look like a philanthropist and genius inventor who is actively solving America’s problems out of the kindness of his heart, created by people in the Philippines, Vietnam, and India and spammed to Facebook. These images went viral and continue to go viral on a platform that has repeatedly said it does not want anything to do with politics, gave less reach to posts that contained the word “vote,” and suspended journalists for reporting about Trump’s praise for Hitler’s generals.


Hier ein Deepdive in die politische Willesnbildung des Individuums.


Kuku Schrapnell reflektiert auf 54Books ihre eigene Gewalterfahrung – sie wurde von einer Gruppe rechter Schläger zusammengeschlagen – auf eine intensive und erkenntnisreiche Weise. In der Reflexion greift sie auf Walter Benjamins Unterscheidung von Rechtsetzender (auch mythischer) und Rechtserhaltender Gewalt. Rechtserhaltende Gewalt ist das Disziplinieren von Regelverstößen.

Mit der rechtssetzenden Gewalt ist es ein bisschen schwieriger, nicht umsonst spricht Benjamin auch von der mythischen Gewalt. Am Anfang jeder rechtlichen Ordnung braucht es Gewalt, um sie durchzusetzen.

Aber diese rechtliche Ordnung muss auch beschützt werden, weil sonst andere, mythische Gewaltaten die Pfadentscheidungen treffen:

Während es auf der einen Seite zwar immer mehr rechtliche Gleichstellung für queere Menschen gibt, wie zum Beispiel das maßlos wichtige Recht auch heiraten zu dürfen, oder die Abschaffung des schrecklichen Transsexuellengesetzes zugunsten des nicht ganz so schrecklichen Selbstbestimmungsgesetzes, steht auf der anderen Seite die Zunahme der (mythischen) Gewalt gegen queere Menschen, die diese Rechte in Frage stellt. Die rechtliche Gleichstellung ist nicht nur in sich selbst prekär, immerhin kann ja schon die nächste rechte Regierung alles wieder kippen, sie ist auch immer nur so stark, wie die in ihr gebündelte Gewalt. Die Gleichstellungsrechte können überall da in Frage gestellt und unterlaufen werden, wo ihre rechtsbegründende Gewalt nicht direkt in Erscheinung tritt, weil beispielsweise Polizeistreifen lieber durch linke oder migrantisch geprägte Viertel fahren, oder andere Gruppen schon so mächtig geworden sind, dass sie sich ungehindert austoben können.

Weil sich jede Gewalt ihre eigene Erlaubnisstruktur baut, setzt sie implizit Recht. Aber was kann man dem Entgegensetzen?

Wenn ich diese Texte von damals lese, merke ich erst, dass das, was ich Verdrängung genannt habe oder Ruhe, nichts anderes ist als Dissoziation. Dabei wären so viele Gefühle viel angebrachter. Wut zum Beispiel. Kaum ein Gefühl fällt mir so schwer wie Wut. Wut ist immer die Emotion des Angreifers, oder nicht? Die, die mich sehen und denken, sowas wie mich sollte es nicht geben, sind die Wütenden. Mir selbst fällt es schwer wütend zu werden. Eine Person, die mich liebt, hat gefragt: „Was machst du, wenn du wütend bist? Traurig werden und weinen?«“ Und in den meisten Fällen stimmt das.

Dabei ist Wut so ein wichtiges Gefühl. Es ist die Wut, die uns nach Veränderungen streben lässt. Wenn wir wütend werden, haben wir Energie und können etwas bewegen. Wut zeigt uns aber auch unsere Grenzen auf. Wenn jemand oder etwas uns zu nahekommt, uns verletzt oder bedroht, kann Wut uns helfen aus dieser Situation herauszukommen. Traurig werden und weinen hilft da eher selten. Ich kenne jedoch viele Queers, die wenig Zugang zu ihrer Wut haben. Wut ist auch ein gefährliches Gefühl. Wut kann auch den Kontrollverlust bedeuten, wenn wir über das Ziel hinausschießen und denen weh tun, die wir lieben. Wir haben so viel Wut erlebt. Noch bevor wir wussten, was unseres eigenes Nicht-Passen bedeutet, hat es schon den Zorn und das Mobbing der anderen auf sich gezogen. Wenn ich mir Wut wünsche, wünsche ich mir eine gemeinsame Wut, einen queer rage, der auf die Straßen schwemmt. Aber dabei sind wir nicht nur unser Gefühl, werden nicht zu einem Mob, sondern wir sind, weil wir miteinander sind, auch füreinander da. Wir passen aufeinander auf.

Weil wir keine Individuen sind, die einfach wütend werden können, erstickt die Wut, wenn sie keine Wege findet, sich wechselseitig zu erlauben. Während sich die Rechten in eine Rage- und Gewalt-Pirruette nach der anderen steigern, finden Minderheiten und Linke ihre Wut nicht zusammen.


Gleich nach der Trump-Wahl postete tante das VideoHow to be Hopeless“ von Carlos Maza und er hat völlig recht, dass es einer der besten Video-Essays überhaupt ist und ich finde, es ist auch der Video-Essay der Stunde.

Das Video ist drei Jahre alt und wurde kurz nach der Erstürmung des Kapitols veröffentlicht, also noch in der Bidenzeit und auf dem Peak der Coronawelle. Maza hangelt sich entlang von Camus‘ „Die Pest“ durch die Stadien im Umgang mit einer Pandemie (avoidance, scapegoating, Fixing it) und natürlich ist das alles erstmal auf die Pandemie bezogen, aber im laufe des Videos wird klar, dass es auch um den Aufstieg des Faschismus geht und unseren hilflosen Umgang damit.

In dem Dreieck aus Camus‘ Pest, der Corona-Pandemie und der Faschisierung des Westens verfolgt Maza das überforderte Individuum, das danach strebt, seine Kontrollillusion zu beschützen.

The Goal of avoidance isn’t really to comfort, it’s to protect our egos. To admit that there is a plague, is to admit, that your life is over now – that our routines, our ambitions, even the way we breathe may have to change because of a crisis that is largely out of our control.

Wenn die geplante Freiheit berührt wird, sind wir am empfindlichsten. Covid machte sich zur Netzwerkzentralität in allen Plänen und das geht mit einer enormen Reduktion der plausiblen Freiheit einher. Und weil das Individuum ja an der plausiblen Freiheit hängt, erfährt es die Einschränkung als Identitätskrise und verdrängt.

Dazu kommt, dass die Infrastrukturvergessenheit des Individuums sich als Unverwundbarkeit-Illusion ausdrückt:

Even at death’s door, their egos can’t accept that the main character could really be killed by something as stupid and absurd as a plague.

Das am schwierigsten zu überwindende Stadium ist „Fixing it“. Weil wir uns alle als Main Character unserer Geschichte erzählen, glauben wir, den Karren aus dem Dreck ziehen zu können und verfallen in heillosen Aktionismus und steigern uns in hohe Erwartungen hinein.

If we just find the perfect candidate, and avoid touchy subjects, and only ever protest in exactly the right way, the other side will come to their senses. Things will go back to normal.

Das ist kein Plädoyer für das Aufgeben, sondern für die Einsicht, dass wir trotz allem fallen können.

That we are tiny failable creatures, who have always been drawn to demagogues, who appeal to our worst impulses. And that living in a country that is constantly being bombarded with fascist propaganda means even our best efforts to contain cruelty will not alway be enough. That dealing with fascism is an inevitible part of living alongside other humans, and when that desease starts to infect an entire polical party, those of us who are not sick will need to stop blaming the most vulnerable amongst us, and be ready to help them fight the plague.

Das Individuum ist als Projektion irgendwann nicht mehr haltbar. Doch dieser Zusammenbruch des Egos ist eine Befreiung.

Our egos tell us that we’re the hero of the story, but Camus says we’re a lot more like inmates, trapped together like the people in Oran, waiting to see what’ll ultimately happen to us. And as grim as that sounds, there is something kind of liberating about that isn’t there?

Ich habe mich heute auf allen möglichen Kanälen über den Habeck-Hype aufgeregt und ich kann auch prima erklären, warum, aber hinterher ich habe mich trotzdem geschämt. Auch Habeck und alle, die an ihn glauben, sind Mitinsassen. Auch sie sind Geschwister im Fall.

Ich bin so unfassbar schlecht darin, aber ich glaube, es jetzt Zeit wird, das eigene Ego zu beerdigen und zu verstehen, dass wir alle nur hilflos durch die Ereignisse taumeln. Und wenn wir unsere Coolness abgelegt haben, können wir uns umschauen, wer sonst noch unsere Hilfe braucht.

When Camus talks about decency he is not talking about sweetness or civility, he is talking about a radical commitment to our fellow inmates. A commitment to fighting for what’s right and trying to protect the vulnerable even if you know it’s hopeless. Not because it will make us powerful or protect us from suffering, but because in a world that is this indifferent to human suffering — giving a shit about what happens to other people is the only true act of rebellion.

Lasst uns solidarisch Fallen üben.

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