Meine Anti-ACTA Rede

[gecopyrightetes Foto von Campact – wieder entfernt.]

Foto CC und dings und so von der DigiGes. ach doch nicht. (war zu faul richtig zu gucken.)

Anti ACTA! Schön war es. Leider waren nicht so viele Leute da, aber das war zu erwarten. Eigentlich darf man sich nicht darüber beklagen, denn es ist ein Ergebnis unseres Erfolges. ACTA liegt in den letzten Zügen und die meisten sehen keinen dringenden Handlungsbedarf. Ich fand es dennoch wichtig noch mal ein Zeichen zu setzen.

Auf der Demo habe ich sogar eine kleine Rede gehalten. Meine erste politische Agitation. Es hat einen echt spaß gemacht sowas zu schreiben. Und hier die Rede im Volltext:
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Hallo Netzgemeinde!

Es ist ein gutes Gefühl, hier so viele junge Leute zu sehen. Ich kann nicht in eure Köpfe gucken, ich weiß nicht, warum ihr hier seid.

Ich weiß aber, was mich damals 2009 gegen Zensursula und für die Freiheit des Internets auf die Straße trieb.

Gefühlt hatten wir es gerade in die Hände bekommen, das Internet. Wir probierten aus und spielten herum. Und wir hatten Spaß dabei. Spaß an der Kommunikation, Spaß an der neuen Öffentlichkeit, einer noch kleinen Öffentlichkeit. Niemand schien das zu kümmern, was wir da so taten. Und doch war da so ein Gefühl, dass das hier etwas enorm wichtiges ist, was die die Leute da draußen noch nicht ganz verstehen.

Als Zensursula das Internet zensieren wollte, traf mich das wie ein Schlag. Ich spürte sehr genau, dass die gerade neu gewonnene Freiheit im Internet bedroht ist. Wir alle wussten sofort, dass die Zensurinfrastruktur, sobald sie einmal errichtet sein würde, nicht auf Kinderpornographie beschränkt bleiben würde. Und wie sich heute herausstellt, hatten wir recht: fast überall, wo solche Netzsperren eingeführt wurden, wird viel mehr zensiert als ursprünglich angedacht war. Ja, vor allem auch Urheberrechtsverletzungen.

Damals und auch heute wissen wir: der Versuch, das Internet zu kontrollieren, erstickt alle Freiheit darin.

Zensursula wehrten wir ab. Und ACTA bekommen wir auch weg!

* * *

Letztes Jahr kam raus, dass Universal ADMIN Rechte auf Youtube hat. Die brauchen noch nicht mal mehr wen fragen, um Content verschwinden zu lassen. Auch die anderen Verlage und Labels können sehr leicht und ohne echte Prüfung bestimmen, was auf Youtube läuft und was nicht. Youtube war einmal ein großartiges Archiv der Popkultur. Und es hätte ein noch großartigeres werden können, bevor dort die Taliban der Kuturindustrie einfielen.

Jetzt ist es kaputt. Warum ist es kaputt? Weil die Rechteverwerter in den großen Arsch von Google kriechen konnten und dort löschen sie, was ihnen gefällt. Auf Youtube ist keine freie Kultur mehr möglich. Auf Youtube gibt es keine freie Meinungsäußerung, solage die Verlage dort tun können, was sie wollen.

Youtube ist kaputt!

ACTA ist nun der Versuch das ganze Internet wie Youtube zu machen.

Notice and Takedown für das ganze Internet! Das ist es, was sie wollen.

Aber sie werden es nicht kriegen!

* * *

Wir sahen letztes Jahr überwältigende Beispiele, wie das Internet den politischen Protest revolutiuoniert. Wir sehen heute viele Experiemte, wie das Internet die ganze Art, wie wir uns politisch organisieren, verändert. Der arabische Frühling, OccupyWallStreet und Liquid Democracy sind dabei nur die sichtbarsten Beispiele.

Wir merken, dass sich etwas verändert. Und dass sich etwas verändern muss. Es ist mehr Demokratie möglich, und deswegen fordern wir auch mehr Demokratie ein. Zu recht!

Wir wissen nicht, wie Politik in der Zukunft organisiert wird. Ich bin mir aber sicher, dass egal wie, vernetzte Kommunikation eine wesentliche Rolle spielen wird.

Wenn wir für die Freiheit im Internet kämpfen, kämpfen wir nicht für ein paar Folgen Game of Thrones und eine Handvoll MP3s, wie uns gerne unterstellt wird. Wir kämpfen für die Grundlagen einer freien Gesellschaft in der Zukunft!

Eine Gesellschaft, die auf unfreier Infrastruktur basiert, kann selbst nicht frei sein. Andersrum: eine Freie Gesellschaft braucht ein freies Internet!

Und wenn sich dieser Freiheit etwas in den Weg stellt, dann muss es schon verdammt gute Argumente haben.

Urheber! Verwerter! Lasst euch eins gesagt sein: Umsatzeinbußen und sterbende Geschäftsmodelle sind keine Argumente gegen die Freiheit. Und Nein. Das Urheberrecht ist _nicht_ Systemrelevant!

* * *

Die Politiker sagen, in ACTA stehe nichts drin, was nicht schon mit den heutigen Gesetzen in Deutschland möglich wäre. Das mag sein. Wir wissen schon lange, dass die Gesetze mit den Lebensrealitäten der meisten von uns nichts mehr zu tun haben.

Ist das ein Grund diesen Quatsch dann zum Internationalen Standard zu erheben?

ACTA ist gewaltsame Realitätsverweigerung. Es ist der Versuch einen längst hinter uns gelassenen Status Quo nachträglich wieder in die Gesellschaft einzuprügeln. Koste es was es wolle.

Aber mit einem haben die Politiker recht. Wenn ACTA fällt, ist unsere Arbeit längst nicht getan. Dann muss die Urheberrechtsdiskussionen endlich auf den Tisch. Dann müssen wir die Politik dazu bringen die Augen aufzumachen und die neue Zeit endlich zur Kenntnis zu nehmen.

ACTA muss weg. Doch solange das Urheberrecht seine Durchsetzung gegen die Internetfreiheit behauptet, werden wir keine Ruhe haben, vor ACTA und ihren Schwestern.

Es kann deswegen nicht nur darum gehen, ein Handelsabkommen zu kippen. Es muss darum gehen, das Recht der Realität anzupassen. Das ist unsere eigentliche Aufgabe.

Danke!

3 Gedanken zu „Meine Anti-ACTA Rede

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