Eine zugegebenermaßen etwas wirre, aber nichtsdestotrotz irgendwie interessante Herleitung der Notwendigkeit des Hackens

Und dann fand ich mich wieder mal mitten drin, in der Diskussion um das Grundeinkommen. Es müsse doch Gerecht zugehen und das System momentan sei eben ungerecht! Der Begriff „Leistung“ ist nichts anderes, als die Verschleierung der Tatsache, dass … „ABER“, wendete meine Gesprächspartnerin ein: Was sei denn gerecht? Als ob man das einfach so für sich hindefinieren könne. Eine objektive Gerechtigkeit gebe es schließlich nicht.

Nagut, dachte ich. Dann lassen wir das mit der Gerechtigkeit, eben. Ich erinnerte mich an diesen tollen Podcast, den ich relativ frisch abonniert hatte. Das Philosophische Radio hatte eine schöne Sendung über John Stuard Mill und im Zuge der Erklärung seines philosophischen Programms, dem Utilarismus – sowas wie das kohlsche wichtig-ist-was-hinten-rauskommt-Paradigma in akademisch – wurde das Beispiel einer Bewertung für Gesellschaftstheorien angeführt: So wäre die Haltung solch eines Utilaristen, dass unter vollkommener Absehung der Umstände ihres Seins, jenes System das beste, dass das meiste Glück der meisten ermögliche. Hey, das MUSS doch das Grundeinkommen sein, oder?

Naja, Glück, gut, das ist jetzt auch nicht so sehr scharf umrissen, aber immerhin etwas besser als Gerechtigkeit. Es gibt immerhin eine immer ambitionierter werdende Glücksforschung. Glück wird, wenn es nicht schon der Fall ist, sicher demnächst messbar sein. Dann werden wir ja sehen!
Nun hatten meine Gesprächspartnerin und ich erst gestern über den Schirrmacher diskutiert und seine nicht zu unterschätzende aber im Buch „Payback“ leider etwas untergehende These, dass – egal ob denn nun philosophisch oder neurowissenschaftlich begründbar oder nicht – der Glaube an den „Freien Willen“ umbedingt aufrecht gehalten muss. Eben weil es der Gesellschaft als ganzes nutze, diesen Glauben zu haben und auf ihn zu beharren.
Und während sie diese These als antiwissenschftlich, rückschrittlich, ja vielleicht sogar antiaufklärerisch zurückwies und ich mit ethischer Argumentation dagegen hielt und Schirrmacher einen digitalen Humanisten schimpfte, hätte ich nicht daran gedacht was nun, einen Tag später geschehen sollte.

Sie wand nämlich an dieser Stelle unserer Diskussion ein, dass ein solches auf Glück der meisten optimiertes Gesellschaftssystem sich wohl am ehesten durch Desinformation und Drogenverbreichung bewerkstelligen lasse, und dass das ja nun nicht die Lösung sein könne.

„Ha!“, rief ich! Also verfechtest Du also doch den freien Willen! Denn aus utilaristischer Radikalsicht ist es ja völlig egal, wie der Zustand des Glücklichseins herbeigeführt wird. Hauptsache, er ist da.
Aber natürlich gab ich ihr recht. Wie auch anders? Der glaube und Wille zum freien Willen ist letztendlich stärker, als man gemeinhin meinen sollte. Ich erinnerte mich an einen anderen Podcast der selben Reihe, diesmal mit Jan Philipp Reemtsma, jener Tabakzögling, der nach seiner Entführung, statt den Familienkonzern weiterzuführen, lieber eine Stiftung für Soziologie in Hamburg eröffnete und seitdem am Thema Gewalt herumforscht.

Nachdem die Ausschreitungen aus dem Menschsein behandelt waren, die viele Individuen in totalitären und gewaltdomierten Gesellschaften überfällt, kam es zur obligatorischen Gretchenfrage der deutschen Nachkriegsgeschichte, nämlich wie er, Reemtsma, sich denn verhalten hätte, im dritten Reich? „Ich hätte Widerstand geleistet! Natürlich!“ schnellt es aus ihm heraus und ich saß erschrocken vor dem, äh, iPod, vor solch einem offensichtlichen Mangel an Selbstzweifeln. Natürlich hakte da der Moderator nach. Wie man sich denn sicher sein könne. Nein, sagte, Reemtsma, sicher könne man nie sein. Aber er empfinde es moralische als Pflicht, dies nicht nur von sich zu behaupten, sondern auch fest daran zu glauben. Alles andere käme ja bereits einer Kapitulation vor der Gewalt gleich.

Aber wo war ich stehen geblieben? Ach ja. Willensfreiheit und seine Begründung, nicht in ihrer Existenz, sondern in ihrer ethischen Notwendigkeit. Die Notwendigkeit muss zumindest in Form der roten und der blauen Pille gegeben sein. Dass heißt, dass ich Neo-gleich wie in Matrix entscheiden können muss, ob ich in der düsteren echten Realität gegen Robotermonster kämpfen will oder in der Gemütlichkeit einer bürgerlichen Existenz das Richtige im Falschen suche. Aber dafür vielleicht glücklich bin, weil mir der Name Adorno eh nie etwas gesagt hat.

Überhaupt die Bürgerliche Existenz! Jetzt, heute, kann ich es sagen! (Früher hätte man mir den Kopf gestreichelt und den wer-mit-20-kein-Sozialist-ist-Spruch über den Scheitel gezogen):
Zwischen Bauer sucht Frau und der Option auf den Abteilungsleiterposten befindet sich kein Fitzelchen Realtität! Niente! Gar nichts! Ich schwörs! Ich hab mit DENEN geprochen!

Und dann denke ich daran, wie ich zusammen mit Markus Beckedahl während des Hackerkongress 26c3 vor ein paar Tagen einfach mal über die Straße gegangen bin. Einfach nur die paar Meter vom BCC rüber in’s Alexa. Wir wollten Bier holen. Und was war das für ein Kultur-, Gesellschafts- und Realitätsschock! Was waren das für Leute! Die im Alexa. (Klar, die sind speziell genug, aber man bedenke, ich hatte drei Tage lang nichts als Nerds gesehen!)

Und hier muss man es eingestehen: Wir waren die Außerirdischen! Wir sind die shifting Reality. Wir sind die Blase und die Parallelgesellschaft. Wir sind es, die in die Realtät eingebrochen sind, nicht umgekehrt. Das war das eigentlich erschreckende.

Oder anders, etwas fairer: Auf so eine Art sind wir alle einander eine Martix. (Der Mensch ist dem Mensch eine Matrix! Was sachste, Hobbes?) Irgendwie leben wir alle in jeweils der Blase, in der wir uns am wohlsten fühlen. Eingelullt durch die Fehlwahrnehmung unserer Peergroups als Normalität. Und vielleicht ist das ja auch ganz gut so. Aber so ein Ausflug in’s Alexa führt einem hier und da dann auch die Pillenetscheidung wieder zu Gemüte. Auch das ist gut, denn man vergisst es, dass man selbst es war, der sich für blau oder rot, Bürgerlichkeit oder Szene, Sexuelle Ausrichtung und und Rollenmodelle entscheiden hat. Plomlompom aka Christian Heller nannte diese Vorgänge in seinem Vortrag „Identity Wars“.

Foucault hingegen nannte das „Individualisierung“ (PDF) und er nannte das nicht auf die platte Art, wie man sich denken könnte, sondern injizierte eine gute Portion Ironie. Denn die normativen Kräfte der Gesellschaft und ihre Schablonen sind das erste, was diesen Prozess überhaupt erst möglich macht. So meint der Begriff eben nicht Abgrenzung, Diversifizierung und Entfaltung der Persönlichkeit, sondern sein Gefügigmachen für die engen Korridore der gesellschaftlichen Dispositive. Erst ein gerbrochenes Individuum, dass die Grenzen seiner Welt gezeigt und infiltriert bekommen hat, wird zum Individuum im Foucaultschen Sinn.

Ein Freund von mir hat jetzt geheiratet. Dieser fundamentalste aller Initiationsriten der bürgerlichen Gesellschaft war das letzte, was ich von im erwartet hatte. Er war immer der, der kein gutes Haar an welcher Regel auch immer gelassen hat. Er war der Prototyp des Rebells und mein erstes Rolemodell. Und was er zu seiner Verteidigung sagte, geht mir nicht mehr aus dem Kopf: Wenn man jung ist, hob er an, denkt man, man wäre total frei und könne alles neu denken, alles neu erfinden und das Leben würde sich schon bücken. Aber irgendwann merkt man, wie unfrei man damals war. Im Kopf. Wie man immer unbewusst die Schranken reproduzierte, die die Gesellschaft einem auferlegte.
Nach dieser Erkenntnis kann erst die eigentliche Revolutionsarbeit geleistet werden: Nämlich nietzscheanisch die Umwertung aller Werte. Erst wenn man sie alle Verstanden hat, kann man sie in Frage stellen und über sie hinausreichen.

Was sich ergibt, ist dann ein riesig großer Ozean. Ein Ozean an Möglichkeiten. Wenn man alles, nachdem man es gelernt hat, in Frage stellt, hat man die Freiheit alles andere auszuprobieren. Jeder Rebell wird kleinlaut, sobald er die Möglichkeiten ahnt. Denn: Here be Dragons!

Dennoch, einige, darunter ich, sind bereit, zumindest einige der neuen Möglichkeiten auszuloten. Neue formen der Arbeit, der Liebe, des Wohnens und und, und. Das grenzt fast an Fleisarbeit und ja, es ist schon anstrengend. Andere, wie mein Freund, begreifen, was sie da haben. Nämlich vor allem die Chance zu entscheiden. Dort, erst dort, wo alles in einem riesigen Ozean der Unentscheidbarkeit vor sich hinsuppt, kann man eine Entscheidung treffen, die eine wirkliche Willensentscheidung ist. Tja, so schnell kann es gehen.

Denn man muss eines begreifen: die Entscheidung für die Blase „brügerliches Leben“ ist so gut und so schlecht wie die Entscheidung für jede andere Blase. Wichtig ist allein, dass es eine echte Entscheidung ist. Und ja, ich BIN ein Verfechter des Freien Willens! Sonst hätte das alles für mich hier keinen Sinn.

Wo wir wieder bei Neo in Matrix sind. Als er am Schluss allmigthy wird, wird dies bebildert mit kryptischen Zeichenfolgen, die vertikal herunter laufend, seine Umgebung formen. Eine plakative Darstellung des Umstandes, dass er ein komplettes Tiefenverständnis für das System der Matrix entwickelt hat. Dass er, der Hacker, es nun gegen sich selbst und seine Gegner ausspielen kann. Dass er die Grenzen – Foucault würde sagen Dispositive – derart tief verstanden hat, ihre Schwachstellen, ihre Möglichkeiten, ihre Reaktionen und die Reaktionen auf ihre Reaktionen, dass er über sie hinausgehen kann, dort, wo die Drachen wohnen.

Und es ist kein Missverständnis, wenn uns Foucault kein Entrinnen bietet. Aus dem Prozess der Individualsierung, den Dispositiven, der Regierung und den Selbstpraktiken. Aber, das störte mich an Foucault schon immer, fatalistisch den Umstand hinnehmen will ich nicht. Wenn es immer ein System gibt, weil es immer ein System geben MUSS, dann ist nicht die Revolution, also die Abschaffung des Systems, die Antwort auf die Freiheit, sondern ihr Verstehen und das produktive Nutzen dieses Verstehens um das System gegen sich selbst zu wenden.

Dann ist Hacken als allumfassende, nicht nur auf Computer, sondern auf alle gesellschaftlichen Grenzen anzuwendende Praktik, die einzige Freiheitsoption des modernen Menschen.

31 Gedanken zu „Eine zugegebenermaßen etwas wirre, aber nichtsdestotrotz irgendwie interessante Herleitung der Notwendigkeit des Hackens

  1. ich komm nicht über einen absatz hinaus 😀
    nimm doch mal auf und poste als mp3,
    hat scytale bei dem wikipedia-blogpost auch gemacht 🙂

  2. wenn ich es richtig verstehe, bereitest du uns sanft auf deinen Eintritt in ein bürgerliches Leben vor?

    An den freien Willen glaube ich nicht, aber an Entscheidungsmöglichkeiten.

  3. Picki, nö! Ich werd der Blase hier vorerst erhalten bleiben. So lange ich noch Spaß dabei habe 😉

    Und: Wie kann man an Entschedingsmöglichenkeiten ohne freien Willen glauben, bzw. es begründen?

  4. Beim Lesen des Titels hatte ich ja doch irgendwie was anderes erwartet, als die Projektion eines Fachwortes der Nerdwelt auf „die da draußen“. Dennoch, dein Matrix-Vergleich passt.

  5. Wenn nun aber eine wirkliche Entscheidung im Sinne der (Willens-)Freiheit nur dann möglich ist, wenn man ein Konstrukt, einen Vorgang und die Konsequenzen oder auch seine eigenen Beschränkungen vollends verstanden hat, wird eine freie Entscheidung unmöglich. Denn die Analogie des „Hackens“ fällt, betrachtet man die Komplexitäten der sozialen Umgebung, die technische Netzwerke derzeit noch nicht beherrschen oder aufweisen.
    Denn die Frage „Was kann ich wissen“ stellt sich deiner These entgegen.

    Es ist zu begrüßen, informiertere und somit freiere Entscheidungen zu fordern. Es ist zu begrüßen, eine Auseinandersetzung mit den eigenen Beschränkungen zu suchen, zu versuchen diese Begrenzungen zu hinterfragen und diskursiv zu verschieben. Aber eine Freiheitsbegründung lässt sich hiermit schwerlich herleiten, sondern gleitet vielmehr in eine Plausibilitätserklärung wider den freien Willen, denn, eines ist Gewiss: Ich kann nicht alles wissen.

  6. Gelesen, verstanden und Gefallen gefunden. Und du hast mir ein seit 2 Jahren bestehendes Drehbuchproblem gelöst, danke!

  7. Es gibt Menschen die können schreiben. Es gibt Menschen die können nicht schreiben.

  8. @mspro
    Ich glaube, dass es zu einer Entscheidung immer eine begrenzte Anzahl von Möglichkeiten gibt, von denen mir viele (aber nicht alle) auch bewusst sind. Ich glaube allerdings nicht daran, das die tatsächliche Wahl einer Möglichkeit von einem freien Willen gesteuert wird, sondern durch unendlich viele Parameter, die mir überhaupt nicht bewusst sind, längst getroffen wurde, bevor ich *glaube* mit meinem freien Willen eine Entscheidung zu treffen.

    Wir haben unser Gehirn (ein Computer), ein paar Instinkte und Reflexe. Wo genau ordnest du da den freien Willen zu?

  9. und der Neo-Vergleich:
    Neo ist zuletzt Teil der Matrix, wie kann er da ein Hacker sein?
    Ist das nicht dieses Beobachter-Problem?

  10. Mjays, ja, wenn man Freiheit absolut denken will. Ich meine vielmehr, dass das Hacken es ermöglicht, sehr regional über einige wenige Grenzen für eine geringe Zeit hinauszublicken. Durch Lücken, die womöglich kurz nach ihrer Entdeckung geschlossen werden.
    Nein, es ist kein Lebensentwurf und vor allem kein Gesellschaftsentwurf. Nur das Eingeständnis, dass es immer ein System geben muss, dass man überwinden können muss. Freiheit also eher als Erfahrung, denn als zu sichernder Zustand.

  11. Bernhard Bueb erklärt Freiheit des Menschen so:
    ‚Freiheit ist aber mehr als Unabhängigkeit, sie bezeichnet den Willen und die Fähigkeit, sich selbst ein Ziel zu setzen, dieses Ziel an moralischen Werten auszurichten, mit dem eigenen Leben in Übereinstimmung bringen und konsequent verfolgen zu können…
    Frei darf sich aber erst ein Mensch nennen, wenn er auf das Wozu eine Antwort geben kann…
    Freiheit ist kein Zustand, sie ist die späte Frucht einer langen Entwicklung, man erwirbt sie durch unendliche Stadien der Selbstüberwindung, des Wandels von Disziplin in Selbstdisziplin.‘
    Aus ‚Lob der Disziplin‘, meiner Ferienlektüre.

  12. Picki, ich meine, dass man das was du Entschedinungsoptionen nennst nicht wirklich Entschedinungsoptionen nennen kann, wenn du glaubst, dass die Entscheidung vorbestimmt ist. Eine vorbestimmte Entscheidung ist doch gar keine.

    Ich würde es da tatsächlich mit Schirrmacher halten und die Willensfreiheit positiv begründen, sondern ethisch. Es ist gut, dass wir sie haben und sie verteidigen. Zur Not auch gegen die Realität! 😉

  13. @HilliKnixibix
    Bisschen arg an der protestantischen Arbeitsethik angelehnt…
    Und kann man bei einer gnadenlosen Selbst“disziplinierung“ (andere nennten es wahrscheinlich -geißelung), noch von Freiheit sprechen?

  14. @HilliKnixibix dem würde ich widersprechen. Das „Wozu“ muss eben nach meiner Definition nicht beantwortet werden. Im Gegenteil! Sobald ich sagen kann, warum ich mich für A und nicht für B entscheiden habe, mache ich die Entscheidung abhänging von äußeren Begebenheiten. Die einzige freie Entscheidung begründet sich nur mit einem herzhaften „Weil ich es so will“.

  15. Freier Wille und Entscheidungsmöglichkeiten sind, naturalistisch betrachtet, Illusionen. Zwar sind sie nicht deterministisch, d.h. grundsätzlich nicht vorherbestimmbar (Chaostheorie, Quanteneffekte, etc.), aber sie unterliegen den strengen Regeln der Physik. Da ich im Grunde recht unspirituell bin, glaube ich nicht an ein metaphysisches Ich, dass echte, freie Entscheidungsgewalt besitzt. Diese Erkenntnis jedoch ist keine Begründung dafür weshalb man sich in die Schlange der Roboter unserer Gesellschaft homogen einreihen muss. Im Gegenteil. Die, unsere, Erkenntnisse, die sich in unserem Gehirn in Form von neuronalen Verdrahtungen manifestieren erlauben es unserer „Maschine Mensch“ andere Entscheidungen zu treffen als es der Trek der willenlosen Gelichmacher tut. Auch wenn Freier Wille eine Illusion ist, so macht es keinen Unterschied, denn an unseren Ich, unseren Entscheidungen, und unserem Willen, ändert dieser Umstand nichts. Wir sind wer wir sind. Würde sich unser freier Wille in einem metaphysischen Ich befinden (z.B in einer Seele) so würde dies auch zu einer Bedeutungslosigkeit des Körpers führen. Irrationale Vorstellungen von einem Leben nach dem Tod, Erlösung und ewige Verdammnis müssten dann wieder in das Zentrum unseres Weltbildes gerückt werden.

  16. @mspro
    Somit ist Hacken also der kontinuierliche Versuch, grenzen zu Überwinden, und dein Plädoyer eines, welches in einer anderen Form die Zeit der Aufklärung eingeläutet hat. Ich gebe dir vollkommen Recht, dass der Versuch unternommen werden muss, die Grenzen versuchen zu überschauen, auch wenn dies leider immer wieder nur temporär geschehen kann. Und den systembedingten, zwangsläufigen Verbleib im System, den haben schon viele andere, neben deinem guten Freund, schmerzhaft kennengelernt.

    @Picki, Daniel
    Ein striktes Beharren auf die Richtigkeit physikalischer Gesetze schließt einen Freien Willen nicht aus. Aber natürlich gibt es den Kontrast von Pfadabhängigkeiten und dem Axiom des Freien Willens.
    Aber als solchen muss man Ihn als Grundlage unserer Gesellschaft sehen. Unsere Gesellschaftsvertrag basiert auf der Vereinbarung von Individuen mit einem freien Willen, unser Rechtssystem basiert auf der Annahme eines freien Willens. Und unser gemeinhin als solches bezeichnetes Weltbild braucht unbedingt, auch in naturalistischen und kommunitaristischen Ausformungen einen freien Willen des Individuums, wenn nicht schon zur Abgrenzung von Wir und Ihr.

  17. gelesen und sogar verstanden. obwohl ich nix von foucault gelesen habe und auch nicht studiert. vielleicht, weil ich es wollte?
    ich geh da ganz naiv ran, mit meinem bauchgefühl und allem gefährlichen halbwissen, das mir zur verfügung steht. wie ich es über die jahre auch drehe und wende, ich komme immer an den punkt, dass es keinen freien willen geben kann. sehr wohl aber dessen illusion. oder noch einen schritt weiter: nur, weil ich etwas als real empfinde, weil es theorien, physik, glaube usw. gibt, heißt das _nicht_, dass es die dinge tatsächlich gibt. vielleicht ist alles nur ein großer traum, das abgefahrenste spiel ever.
    bin nicht der ansicht, dass die illusion oder etwaige tatsächliche existenz eines freien willens notwendig ist, damit systeme funktionieren bzw. durch „hacker“ in frage gestellt werden. uns menschen ist nämlich etwas wunderbares eingebaut: die vergesslichkeit. so, wie wir uns nicht ständig unserer körperfunktionen bewusst sein können, damit wir überhaupt lebensfähig bleiben und nicht wahnsinnig werden bzw. handlungsunfähig, so können wir uns nicht in jeder sekunde darüber gewahr sein, dass alles determiniert ist. wir müssen input verarbeiten, permanent, da bleibt gar keine möglichkeit, bei jeder entscheidung daran zu denken, ob es den freien willen gibt oder nicht. wenn man sich mal einen tag genauer anschaut, dann wird man staunen, wie unzählig viele entscheidungen wir treffen müssen.
    es ist also unerheblich, was wir glauben. ich fühle mich runder mit mir, wenn ich glaube, der freie wille existiert nicht und ich habe einen pool an entscheidungsmöglichkeiten, die auf wundersame, verwickelte weise in meiner überzeugung alle zum selben ergebnis führen würden. aber eine bedeutung über die für mich hinaus hat es nicht. es ist nicht mal ethisch notwendig, den freien willen zu proklamieren.
    was allerdings für mich stimmt: eine welt, in der menschen wagen, in ihre abgründe zu schauen, sich blasen oder nester zu suchen und diese auch hinterfragen oder wechseln. eine welt, in der menschen ihre grenzen ausloten, ihr hirn und ihre gefühle herausfordern, es riskieren, wegen zu vieler fragen wahnsinnig zu werden. eine welt, in der so eine diskussion wie diese hier möglich ist, ist ungleich interessanter, als eine welt, in dem man sich keine fragen stellt und vielleicht glücklich ist. wer fragt, trägt zuweilen das ganze leid der welt auf den schultern, aber zuweilen auch ihre ganze freude. ich bin verdammt froh, kein mensch zu sein, der sich, andere und die welt nie hinterfragt.
    freiheit liegt für mich darin, mich dem, woran ich glaube, zu fügen. freiheit liegt für mich darin, zu akzeptieren, dass ich immer wieder hin- und hergeworfen bin zwischen der sehnsucht nach der hingabe der stoiker, einem gefühl von heiterer gelassenheit und wildwütendem stürmen gegen windmühlenflügel.

  18. Poetin, bedenke: du würdest die von dir beschriebenen intellektuellen Herausforderungen gar nicht vermissen, wenn du dümmer und am besten unter Drogen wärst. dir würde nicht’s fehlen und du wärst glücklich.

    Das, was wir freier Wille nennen, ist das, was Du hier verteidigst. Nichts anderes. Gäbe es ihn nicht, wäre die Entscheidung klar.

  19. hm. mspro, ob tatsächlich frei oder nicht: wir müssen ihn wohl verteidigen, diesen freien willen. damit wir daran glauben können, dass irgendwelche kackbratzen, die begönnen, uns mit drogen glücklich und dumm zu machen, nicht damit durchkämen. wer das nicht mehr glauben kann, kann sich gleich die kugel geben.

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