Datenschutz now!

Irgendwo muss es ein Land geben – vielleicht in einem Paralleluniversum – in dem persönliche Daten verkauft werden. Ich meine damit nicht die Adresshändler der Printverlage oder Kriminelle, die geklaute Kreditkartennummern verticken. Keine Frage, die gibt es.

Nein. Es muss noch ein Land geben, in dem die Information „Michael Seemann hat „XY“ geliket„, „Michael Seemann’s Beziehungstatus ist Z“ oder „Michael Seemann findet folgenden Link gut“ eine verkaufbare Ware ist. Denn das ist das, was uns die Medien, wie aktuell der SPIEGEL, immer wieder verklickern wollen: „Facebook will deine Daten verkaufen! VERKAUFEN!!!EINSELF

Nein, das wollen sie nicht. Sie wollen mir Werbung einblenden. Sie wollen damit Geld verdienen, dass ich eine Anzeige eher klicke, wenn man vorher ein paar Daten zur Eingrenzung vornimmt. Sie wollen verhindern, dass ich Werbung für Slipeinlagen zu sehen bekomme, weil ich doch Autos viel eher klicken würde, was ich nicht tue, aber im Weltbild eines Werbers ist das halt so. Das ist das Geschäftsmodell, das mehr oder minder leidlich funktioniert, aber gut genug funktioniert, dass andere Leute Facebook viel Geld geben.

Und ja, es gibt Probleme mit Daten: Beispielsweise, dass die US-Unternehmen gezwungen werden, auf Zuruf persönliche Daten ihrer Nutzer an die US-Regierung abzugeben. Durch Twitter, die die betroffenen informierten, ist das jetzt öffentlich geworden. Zu glauben, Facebook würde nicht angefragt, wäre hochgradig naiv. Bei denen läuft das mit Sicherheit unter der Hand. Aber auch in diesem Fall werden die Daten mitnichten verkauft, sondern sie werden beschlagnahmt. „It’s the law!„, wie der Amerikaner sagt.

Ja, wir müssen aufpassen, was wir schreiben, sagen und tun, das macht die aktuelle Entwicklung in Sachen Twitter und Wikileaks mal wieder deutlich. Aber auch hier ist der Feind in jedem Fall nicht Twitter und auch nicht Facebook, sondern der Staat. Der Staat ist es, der einen auf Linie bringen will, der Menschen zwingen will, bestimmte Handlungen zu tun oder zu lassen, weil er es für politisch opportun, legal oder illegal hält. Und der Staat ist es, der mich in’s Gefängnis steckt oder meine Wohnung durchsucht. Er ist es, der mir mein Leben zur Hölle machen kann. Nicht Facebook, nicht Google, nicht Twitter.

Wenn der Datenschutzdiskurs sich weiterhin von den Flachpfeiffen wie Aigner, der Spiegel oder Peter Schaar die Butter vom Brot nehmen lässt, wird Facebook irgendwann webgesperrt, ein „digitales Radiergummi“ wird unsere Daten verDRMen, alle Häuser werden bei StreetView verpixelt aber die Vorratsdatenspeicherung kommt trotzdem. Das Wort „Datenschützer“ beginnt bereits einen piefigen Unterton zu bekommen. Es wäre schade, wenn es zum Schimpfwort wird. (Und genau deswegen ist es eben doch wichtig, dass der CCC sich zu Themen wie StreetView öffentlich und klar positioniert.)

Der Staat und andere Institutionen wollen die Kontrolle über die Informationen zurückerlangen. „Datenschutz“ solange er sich als Abwehrrecht gegen den Staat versteht, ist nicht nur aber auch deswegen derzeit ein wichtiges Anliegen. Es sollte nicht verspielt werden, nur weil der Datenschutz sich in falschen Feindbildern verrennt und sich unrefektiert und selbstgerecht nur noch auf die Schulter klopft. Es wird Zeit für den Datenschutzdiskurs, sich kritisch mit dem eigenen Sujet auseinander zu setzen, denn wir brauchen ihn aktuell sehr dringend.

9 Gedanken zu „Datenschutz now!

  1. Du verwechselst Facebook mit Google. Für Google stimmt das, für Facebook nicht. Natürlich verkauft Facebook auch die Daten. Da haben sie auch nie ein Hehl draus gemacht. Vor allem an die Marktforschung. Die Geschäftsmodelle von Google und Facebook sind unterschiedlich und deswegen auch die AGBs. Google sichert zu, die Daten nicht weiterzugeben, Facebook nicht.

    Auch generell ist die Unterscheidung zwischen Staat und Privat nicht so einfach. Wie Du richtig erkannt hast, hat der Staat auf alles Zugriff. Hätte er das nicht, wäre er kein Staat mehr. Der Unterschied ist nur, _welcher_ Staat den Zugriff hat. Mir ist da oft ein amerikanisches Unternehmen sogar lieber als ein deutsches. Das der deutsche Staat mal was gegen mich haben sollte, ist nämlich sehr viel wahrscheinlicher, als das der amerikanische an mir interessiert wäre. Bei Facebook sind meine Daten also im gewissen Sinne sogar sicherer als bei StudiVZ, auch wenn letztere die besseren Datenschutzbestimmungen haben mögen – in anderem Sinne sind sie wieder bei VZ besser aufgehoben.

  2. Facebook gibt Daten an Partner weiter, wie beispielsweise die darauf aufsetzenden social Spielehersteller. Deswegen steht das in den AGBs.

    Und der Staat ist der Feind, weil es da so etwas nettes wie das „Gewaltmonopol“ gibt. So kompliziert ist das gar nicht.

  3. Pingback: Datenschutz im Spiegel. | lemontreepresse

  4. Pingback: Kontrollverlust | sixumbrellas

  5. @mspro: Ich glaube du hast Recht. Hab mir grad Facebooks Datenschutzbestimmungen daraufhin nochmal durchgeschaut und das so direkt nicht gefunden. Hatte ich von früher anders in errinnerung. Vielleicht ist meine Errinnerung falsch, oder sie haben das wieder geändert.

    Was das Gewaltmonopol angeht: Ja, klar das ist „schlimmer“ (jetzt mal unabhängig davon ob man es für notwendig hält oder nicht). Wobei es zumindestens in Zukunft vielleicht sowas wie ein Beziehungsmonopol von Facebook geben könnte, was dann ähnlich krass wäre. Vielleicht ist das schon jetzt in manchen Kreisen so, dass man auf Facebook angewiesen ist? Also wirklich angewiesen, nicht nur im Sine von wäre netter mit.

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  7. Pingback: Gedächtnis und Datenschutz « Differentia

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