Feedbackschleife II

„Alles was wir wissen, wissen wir durch die Massenmedien.“ Diese einfache aber wahre Erkenntnis stammt von Niklas Luhmann. Und wenn ich einfach sage, dann muss ich das sogleich relativieren, denn dieser Satz ist nicht einfach, er ist alles andere als einfach und er wird Luhmann sicher nicht leicht gefallen sein, denn es ist immerhin der der erste Satz in „Die Realität der Massenmedien“, seinem Buch über die Massenmedien, welches also gleichsam ein Massenmedium ist. In diesem Massenmedium unternimmt er also den Versuch, die Masse zu informieren, wie die Massenmedien die Massen informieren. Das ist sicher nichts Einfaches und so stellt sich schon hier die Komplexität des Themas andeutungsweise dar. „Andeutungsweise“ weil auch eben diese Massenmedien selber durch die Massen informiert werden, genauso wie Luhmann sich informiert hat, informieren musste, um dieses Buch überhaupt schreiben zu können. Man müsste also anfügen: „Alles was die Massenmedien wissen, wissen sie von uns und/oder von den Massenmedien.“

Bald ist Wahl und die Sonntagsumfragen überschlagen sich. Und so wissen wir zum Beispiel, dass zur Zeit ein schwarzgelbes Bündnis gewählt werden würde, im Gegensatz zu vorgestern, wo dies ganz knapp nicht drin gewesen wäre. Allerdings kann man das auch nicht so bestimmt sagen, denn es gibt mittlerweile fünf wichtige Agenturen, die sich alle dafür zuständig sehen, und ihre Ergebnisse kommen selten zu den gleichen Schlüssen, sie weichen ab, meist nur um einen Prozentpunkt, das aber regelmäßig.

Wenn aber jeder seine Meinung bildet, indem er sich informiert, indem er Zeitung liest und Nachrichten schaut aber gleichzeitig diese Zeitungen und diese Nachrichten vor allem darüber berichten, wie die Gesellschaft ihre Meinung bildet, wenn jeder Leser so zum Leser seiner selbst wird, wenn er Teil des Textes, Teil all der roten, grünen und schwarzen Balken wird, bis er sich selbst als Prozentpunkt identifiziert und wenn zusätzlich dieses Hin und Her des Doublebinds der Meinungen in ein bestimmtes Intervall gerät und so eine Art Resonanzschwingung bildet, dann wird es Zeit sich die Ohren zuzuhalten.

Nachtrag:
Der Ton dieser Rückkopplung wird auch noch dadurch verstärkt, dass ich darüber schreibe, wie die Massenmedien, über die ich mich über die Massenmedien informiert habe, die Massen informieren, so wie Luhmann es tut, so wie ich es tue, indem ich schreibe wie Luhmann es tut und wie es die Demoskopen tun, mit ihren Statistiken, Büchern und Texten, hier in meinem Text, in diesem Blogeintrag, der auch nichts anderes ist als ein Massenmedium, genauso wie ein Buch, eine Zeitung und die Nachrichten. Indem ich also hier informiere, wie dieses ganze Hin und Her der Information und der gegenseitigen Informierung, sich zu einem Ton auswächst, der gerade von mir nochmals gesteigert wird und diese Rückkopplung auf eine neue Stufe hebt, wird vielleicht ein anderer, von mir Informierter aus der Masse meiner Leser, seinerseits dazu gebracht etwas darüber schreiben, wie er von mir informiert wurde und noch mal wird dann der Ton lauter, schriller und unerträglicher und deswegen will ich mich an dieser Stelle schon mal dafür entschuldigen.

Ein Gedanke zu „Feedbackschleife II

  1. ich finde feedback gut – egal ob von bob moogs synthesizer oder jimi hendrix gitarre…
    helge schneider hat gestern im stadtpark auch über rückkopplung gesprochen – zufall?
    soweit mein feedback zu deinem eintrag…

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