Frauen zu sexistisch für die Piratenpartei?

Gerade einen schlechten Rant über die Piratenpartei in die Timeline gespült bekommen und blieb schon beim ersten Absatz stecken:

Ich sah ein Gruppenfoto, das die Piraten-Fraktion aus Berlin zeigt. Undiplomatisch und sexistisch wie ich bin, spreche ich es aus: Das Bild war eine Ansammlung von zotteligen Typen. Schwammige Figuren, ungesunder Teint, hässlich, mein Gott, da ist ja nix dabei! Man roch die vermieften T-Shirts regelrecht. Kein Wunder, dass keine Mädchen bei denen mitmachen. Ich verstehe jetzt auch, warum die Piraten keinen Wahlkampf mit Fotos veranstalteten – das Auge wählt schließlich mit.

Die Autorin Mely Kiyak macht hier zunächst die Selbstzuschreibung eine Sexistin zu sein und zwar weil sie die Piraten, die als Abgeordnete in Berlin einziehen, als unattraktiv deklariert und ihre Ablehnung damit begründet. Ich finde, der Selbstvorwurf ist durchaus gerechtfertigt. Frauen beschweren sich zurecht, wenn man sie bei Themen nicht nach sachlichen Kriterien, sondern nach ihrem Aussehen bewertet. Man nennt das Sexismus. Warum sollte das also nicht auch andersrum gelten?

Als nächstes unterstellt sie aber auch den anderen Frauen, dass sie aus den selben Gründen nicht in die Piratenpartei eintreten: „Kein Wunder, dass keine Mädchen bei denen mitmachen.„.

Sicher, das ist polemisch, ironisch und sonst noch was und vielleicht meint die Autorin das ja gar nicht wirklich so. Aber wenn ich ehrlich bin, zumindest ähnlich abwertenden Äußerungen über die Äußerlichkeiten der Piraten habe ich schon von der ein oder anderen Frau gehört. (Jedoch nicht explizit, dass das ein Nichteintrittsgrund ist). Paradigmatisch ist da sicher auch der RTL-Beitrag über die Gamerszene, der ähnliche (sexistische?) Klischees aufgreift.

Zumindest ist es aber eine interessante These und wäre ein krasser Spin in der Piraten-Genderdebatte.

Sind die Piraten für manche viele Frauen uninteressant, weil sie die männlichen Mitglieder nach ihrer sexuellen Attraktivität beurteilen?

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36 Gedanken zu „Frauen zu sexistisch für die Piratenpartei?

  1. deine vorliebe für steile thesen in allen ehren, aber um es mit placetogo zu sagen: seriöslich?

  2. Die Piraten brauchen eindeutig mehr attraktive Singles in Führungspositionen!
    Die bevorstehende Heirat des Vorsitzenden Sebstian Nerz wird sie wieder unter die 5%-Hürde drücken.
    Und das mit „mehr Frauen an die Spitze“ war natürlich eine Falle, damit bleibt weniger Platz für die Frauenmagneten.

    Die logische Konsequenz ist also, eine 100%-Quote für gutaussehende Single-Bi-Männer. Aktives Wahlrecht erhalten logischerweise nur Frauen.

  3. Ich gebe hier nur eine implizite These der Autorin wieder, die ich – naja – steil, aber nicht abwegig finde.

  4. Von mir darauf ein großes WTF?

    Selbst wenn all diese beleidigenden Aussagen über das Äußere der Abgeordneten zutreffend wären, wäre das kein Grund, poltische Abwertung zu betreiben oder der Partei am Ende fernzubleiben. a) Ist das nicht die PSM – Partei der schönen Menschen – und b) wird bei den Piraten immer noch Politik gemacht und kein Sex.

    Mit solchen Oberflächlichkeiten entlarvt sich die Autorin selbst auf frappierendste Art und Weise.

  5. Da fällt mir ein: Es war ja auch eine populäre These, dass viele Frauen 1998 die SPD gewählt haben, weil sie Gerhard Schröder attraktiv fanden.

  6. Nur mal so: Auf den Berliner Wahlkampf-Plakaten wurden die Gesichter der Spitzenkandidaten abgebildet…

  7. „Die Politiker bilden sich unerklärlicherweise ein, daß es kein wirksameres Mittel gäbe, die Wählermassen zur Begeisterung hinzureißen, als ihnen ihr eigenes Porträt, das Bild eines verächtlichen Phrasendreschers zu präsentieren. Welch geheimnisvolle Anziehungskraft trauen sie diesem Gesicht zu, in dem sich alle menschlichen Gemeinheiten und Häßlichkeiten widerspiegeln, diesen Zügen, die nichts als Niedrigkeit, Verlogenheit und alle physiognomischen Kennzeichen der Falschheit, der Habgier und des betrügerischen Eigennutzes offenbaren?“

    Wer hats gesagt?

    Nadar. Und der wußte, wovon er sprach.

  8. Ich glaube ja, dass die These etwas arg kurz greift. Es mag durchaus Frauen (oder Männer) geben, die nach Attraktivität wählen, aber das wird wohl keine relevante Größe sein.

  9. Für mich war der Text eher unter der Kategorie „Satire“ einzuordnen. Hatte mit Journalismus nur am Rande zu tun. Daher sollte man auch nicht so ernsthaft darauf reagieren, sondern lachen und drüber stehen,.

  10. @bosch
    wie sonst konnte Angela Merkel Kanzlerin werden? Und wenn es so wäre, wer wählt denn dann die ganzen alten Männer?

  11. @habicht na alte Männer strahlen doch Erfahrung und eine gewisse Gelassenheit aus, das hat nichts mit Sexyness im Sinne physischer Attraktivität zu tun, sondern mit der guten alten hegemonialen Männlichkeit 🙁

  12. Klar können Frauen auch sexistisch sein. Genau, wie jede_r rassistisch oder lookistisch sein kann und noch ganz viele andere Diskriminierungslinien bedienen kann. Es ist übrigens auch sexistisch von „den Frauen“ zu sprechen. In diesem Fall wählt Mely Kiyak die Piraten aus sexistischen und lookistischen Gründen nicht. „Die Frauen“ machen es aus anderen Gründen nicht oder sie machen’s.

    Nerdbashing ist übrigens ebenfalls immer scheiße. Egal von wem es kommt.

  13. @mspro: was findest du denn an dieser these so überzeugend, dass du sie erst auf twitter und dann hier zitierst und verlinkst? da würde ich ja schon gerne noch was von _dir_ zu lesen.

    „(hmm, hoffentlich ist es nicht sexistisch zu behaupten, dass auch frauen sexistisch sein können?)“

    jein. frauen sind nicht vor der reproduktion sexistischer klischees über frauen und männer gefreit, insofern: klar. trotzdem ist es problematisch, bei strukturellen machtverhältnissen mit umkehrschlüssen zu arbeiten im sinne von „als ich mal in afrika war wurde ich auch komisch angeschaut. schwarze sind also genauso rassistisch wie weiße.“ das negiert eben die strukturen und ist problematisch.

    bei dem thema hier muss man (wie auf twitter bereits geschrieben) ja sehen, dass den frauen auch vorgeworfen wird, lookistisch zu sein, also eine partei der schönen menschen ansprechender zu finden als die zottelpiraten.

  14. Zustimmung: wenn überhaupt kann man feststellen, dass die Gesellschaft als ganzes Sexistisch ist.

    Nun bleibt aber die Frage, ob es nicht plausibel sein kann, dass nicht nur eine Variante des Sexismus (einige Männer wollen Frauen nicht mitspielen lassen) dafür mitverantwortlich sein kann, dass so wenig Frauen in die Piratenpartei eintreten, sondern auch eine zweite (einige Frauen fühlen sich vom Männerbild der Nerds abgestoßen).

    Da geht es nicht um Umdrehung von Machtverhältnissen sondern um Ursachenforschung.

  15. ich glaube nicht, dass „einige männer wollen frauen nicht mitspielen lassen“ der hauptgrund ist und das ist auch nicht stand der debatte. höchstens in der art, dass einige männer keine lust haben, die parteiinternen faktoren, die zum frauenanteil führen, soweit zu diskutieren und zu verändern, wie es nötig wäre, weil es ihnen am ende halt doch nicht wichtig genug ist.

    als nächstes kommt wahrscheinlich die frage, was denn nun die ursachen sind. ich weiß es ehrlich gesagt nicht, aber vermute, dazu gibt es viele erkenntnisse bzgl. anderer parteien, die zum teil übertragbar sind, zum teil nicht. ich denke jedoch, dass es nicht weiterführend ist, die schuld in die schuhe der frauen zu schieben und dabei gleich wieder ein sexistisches klischee (frauen interessieren sich nur fürs äußere) wiederzukäuen.

  16. Frauen, denen vor allem die Attraktivität der Männer wichtig ist, gehen zur FDP. Sind bekanntlich recht wenige. Deutlich mehr Frauen ist die Attraktivität der Männer völlig egal, das kann man an dem etwas höheren Frauenanteil der Grünen sehen. SCNR

  17. Sagen wir mal so: Nerdkultur ist für viele Frauen eher so ein bißchen bäh bäh, bzw. nicht so zugänglich.
    Bei den Grünen kann ja jeder mitmischen, der ein bißchen öko und nachhaltig ist, da gibt einen Zugang über die eigene Alltagswelt. Bei den Piraten ist da evtl. etwas schwieriger, als technisch Ahnungsloser sich positionieren zu können. Wobei die Themen ja abstrakt genug sind, um keine Ahnung von Technik haben zu können.

  18. mspro: Nicht, dass du noch Strukturen leugnest, sonst wirst du poststrukturalisiert. Da könnte ja jeder kommen. Scheißweißeprivilegistenfaschoslookistendämlicheunterdrücker.

  19. @bosch naja. Listenaufstellungen sind auch immer ein Mangel an Alternativen.

  20. Mely Kiyak ist ein Meilenstein des geistigen Abstiegs der Frankfurter Rundschau. Egal um welches Thema es geht. Das die für ihr unüberlegtes Geseier bezahlt wird, ist ein gutes Argument für mehr Kostenloskultur im Web.

    Für alle, für die die Frankfurter Rundschau mal für einen aufgeklärten linken Journalismus stand, ist die Redaktionsmischpoke inklusive Mely Kiyak ein schlechter Horrorschocker.

  21. Was meinst du hierzu Michael:

    Sexismus ist nicht per se etwas Negatives. Es ist dialektisch, wie eigentlich alles dialektisch ist. Sexismus ist ja eigentlich nur Biologie. Der Mechanismus, der für schöne und genetisch gute Nachkommen sorgt. Dass dieser Mechanismus in einer komplexen Gesellschaft (also eigentlich schon bei mehr als 2 Leuten) auf andere Bereiche als die Fortpflanzung überschwappt (wobei ja dort ebenso Sexismus kritisiert wird) ist also nur naheliegend. Aber dass unsere Politiker in der Regel relativ unansehnliche Zeitgenossen sind, zeigt ja, dass uns das nicht so wichtig ist, wenn es um Politik geht. Gut, das könnte auch daran liegen, dass Politiker nicht direkt gewählt werden und schöne Menschen lieber was Schöneres als Politik machen.
    Übrigens ist es ein ziemlicher Unterschied, wie jemand auftritt und wie er wirklich aussieht. man wird ja nicht hässlich geboren und ist dann zum Gamer/Piraten/Nerd/Geek verdammt. (Das würde wohl Sarrazin so sehen)

  22. @habicht: Man muss Listen ja nicht zwangsläufig mit Parteimitgliedern besetzen. Es ist ja nicht so, dass es noch nie Listen gab, auf der auch Nichtmitglieder vertreten waren. Das erweiterte die Möglichkeiten. Zumindest theoretisch.

  23. IMHO ist diese Polemik eine platte, reaktionäre Phrase die sich auch auf die dummdreisten Sprüche irgendwelcher Stammtischchauvis bezieht die Damen gerne nach dem Aussehen bewerten. Ich sage gerne: Manche Leute sind noch nicht Mensch genug für die Piratenpartei.

  24. _Führer als das idealisierte Sexualobjekt der Masse_

    Dazu kann ich nur eine wissenschaftlich belegte Quelle anfügen:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Masse_und_Macht#Massenpsychologie

    [quote]
    Sigmund Freud baute auf Le Bons Überlegungen auf. Die Masse, so deutete er, werde zweifach libidinös gebunden. Einmal verbänden sich die Individuen durch den Herdentrieb miteinander, des anderen brauche eine Masse immer auch einen Führer, dem sie bedingungslos folgen könne. Freud verglich dieses Phänomen mit dem Zustand der Verliebtheit. Der Führer sei das idealisierte Sexualobjekt der Masse, das unerreichte Ich-Ideal, in dessen Person all die unerfüllten Wünsche der Masse projiziert werden.
    [/quote]

  25. Pingback: die ennomane » Blog Archive » Links der Woche

  26. Vielen Dank für den Hinweis auf die freie Autorin Mely Kiyak, ich kannte sie bisher nicht. Auch lobenswert, dass sich die sonst so pc- bzw. links-konforme FR auch mal eine(n) Querdenker(in) leistet…

  27. Hi Sven,

    bei Deinem Post weiß ich gar nicht wo ich mit Kritik anfangen soll (ich mag sowas, daher danke dafür :-)). Ich beginne trotzdem mal:

    Zitat: „Sexismus ist nicht per se etwas Negatives (…) Sexismus ist ja eigentlich nur Biologie.“ – Nö und nö. Sexismus ist Reduktionismus auf ein Körperteil hin und das soll nichts negatives sein? Ich sag Dir, wir Kerle haben Glück gesellschaftlich über Frauen gestellt zu sein, denn ich fänd es schon komisch, wenn eine Frau mich als Person akzeptiert nur weil sie findet, dass meine Kuppe schön geformt ist. Andersrum scheint das für Dich kein Probelm zu sein. Sexismus kann auch nichts mit Biologie zu tun haben, weil er überall andere Ausdrücke findet (im alten China, z.B. fand Sexismus über die Größe von Füßen bei Frauen seinen Ausdruck).

    Zitat: „Es ist dialektisch, wie eigentlich alles dialektisch ist.“ – Wenn Du schon philosophisch argumentieren willst, dann bedenke bitte, dass sobald alles irgendeine Eigenschaft hat (hier: Dialektik), dann hat nichts mehr diese Eigenschaft.

    Lg

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