Heute mal etwas ganz anderes. Wobei irgendwie auch nicht. Mal sehen.
Also da haben wir gerade einen Streit – mal wieder – über Präimplantationsdiagnostik. Und ich muss sagen, ich bin da hin und -hergerissen.
Da wäre erstmal der Streit, wie er im Mainstream ausgetragen wird: hier die Ökoleute in merkwürdiger Koalition mit den CDU-Fundi-Christen gegen SPD und Liberale. Und natürlich hat Weissgarnix nicht unrecht, wenn er hier eine verlogene Debatte ausfindig macht. Natürlich ist die Grenze willkürlich/religiös fundiert, wo man von Leben/Mensch und die ganzen Implikationen wie „Würde“ herleiten kann. Dann kann man auch Abtreibungen verbieten, etc.
Andererseits dieser Tweet von @pantoffelpunk:
[Link]
Anderseits der Film GATTACA:
Es stellt sich – um mal von der unfruchtbaren (kchkchkhch) Debatte um „Ethik“ und „Moral“ wegzukommen – die Frage, wie hier „private“ Interessen, denen einer „Gesellschaft“ entgegenstehen. Eine politische Frage also. Denn machen wir uns nichts vor: wenn wir uns fragen, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen, kommen wir um die Frage: „wer regelt die Geburt?“ nicht herum. Denn geregelt wird sie so oder so.
Die vollkommen privatistische Antwort: Die Eltern regeln die Geburt. „Mein Bauch gehört mir“ gilt ja immer noch und zwar als progressiver Slogan. Aber: dann wird das GATTACA-Szenario mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wahr werden. Denn mehr noch als „das Beste für ihr Kind„, wollen Eltern „das beste Kind„. Das bestmögliche, das genetisch irgendwie machbar ist.
Und deswegen wird die PID eben nicht bei schlimmen Krankheiten stehenbleiben, sondern langfristig auch bei der Ausbesserung von Unzulänglichkeiten nicht halt machen. Ein Casting aus mehreren 100 befruchteten Eizellen wird irgendwann Standard werden und welche Eltern werden dann nicht „unten rechts“ bestellen? (Für Nicht-Appleuser: das ist in der Produkttabelle immer die Maxiamalausstattung)
Ein PID-Wettrüsten wäre die Folge. Die Züchtung des Supermenschen. Vermutlich – jedenfalls zunächst – auch mit ungleichen Mitteln. Vor allem die Anzahl der Befurchtungsvariationen wird entsprechend der Geldbörse der Eltern eine Begrenzung erfahren. „Das perfekte Kind“ wird man aber mit höherer Wahrscheinlichkeit eher unter 1000, als unter 100 befruchteten Eizellen finden.
Dagegengehalten wird mit: dann lassen wir die Selektion eben ganz. Wir verbieten PID und überlassen alles, dem Zufall/Gott etc. Aber auch dieses Szenario ist relativ unrealistisch in einer globalisierten Welt. Dann geht man eben in’s Nachbarland, wie übrigens jetzt schon. Außerdem lässt sich sehr wohl auch argumentieren, dass ein Leben, dass keine Überlebenschance hat, nur unnötige Quälerei ist. Sind wir nicht auch in der Pflicht zu regulieren, wo wir es können?
Es bleibt also nichts anderes, als sich mit der PID zu arrangieren. Und dann sollte man zunächst auf den Tisch legen, wo genau die Probleme damit liegen.
Mein Unwohlsein liegt eindeutig an der Entscheidungsmacht, die da aus dem Himmel fällt. Darf es eine solche Instanz geben, die sagt, dieses ist „wertes“, jenes ist „unwertes“ Leben? Es ist mir unangenehm, wenn dritte über Leben oder Nichtleben von anderen entscheiden – auch weil diese anderen dann in der Gesamtheit die Gesellschaft stellen werden, das sollte man nicht vergessen.
Mit scheint, wir haben es hier mit einem Plattformneutralitätsproblem zu tun. Betrachtet man den Uterus als Gebärinfrastruktur, die in privater Hand liegt, dann hat man das Problem, dass das, worauf Gesellschaft beruht – nämlich seine biologischen Individuen – durch die PID gescannt und nach Gutdünken der privaten Betreiber der Infrastruktur reguliert werden. Die Präimplantationsdiagnostik ist die Deep Packet Inspection des Genpools.
Braucht es also eine Uterusneutraität, die – ähnlich wie die Netzneutralität – genau regelt, wie viel in welchen Grenzen überhaupt privat reguliert werden darf? Ähnlich wie bei der Netzneutralität kann es nicht darum gehen, den privaten Betreibern zu verbieten, ihre Infrastruktur durch Regulierung am Laufen zu halten, sondern sie muss dieser Regulierung enge Grenzen zu setzen. Man könnte die PID beispielsweise nur auf streng eingegrenzte gesundheitliche Beeinträchtigungen beziehen und jede Erweiterung unter politische Abwägung stellen. Ich glaube auch, dass genau das gerade diskutiert wird.
Mein Punkt ist einfach, dass man die PID und damit die Geburtenkontrolle sehr wohl als politisches Problem betrachten sollte. Es darf in dieser Hinsicht keinen Freifahrtsschein der Eltern geben. Die Frage: „in welcher Gesellschaft wollen wir leben?“ ist eine politische Frage, die die PID zuungunsten der Gesellschaft in die Hände Einzelner legt. Um das zu erkennen braucht man aber keine „Ethik“ und schon gar keinen Gott.
Ich hatte es so verstanden, dass die PID kinderlosen Paaren, die genetisch vorbelastet sind, helfen soll, wenn diese das wünschen. Ein Gattaca/Supermensch-Szenario ist davon weit entfernt oder irre ich?
Wenn wir PID aus ethischen Gründen nicht zulassen, müssten wir dann nicht auch Abtreibung und „die Pille danach“ verbieten? Und wäre das sinnvoll? Glaube nicht.
Empfehle auch dieses 3minütige quer-Video zum Thema:
http://blog.br-online.de/quer/quer-schlager-ich-hab-sie-gemacht-09072010.html
1. so weit ist es nicht. Die derzeitigen Begründungen sind durchweg edel. Aber wie gesagt: die PID ist wie die DPI. Erstmal ein Werkzeug, mit dem man viel gutes tun kann. Aber das muss da nicht aufhören. Es wäre naiv diesen Weg nicht zuende zu denken.
Deswegen bin ich ja gegen ein Verbot der PID, wie ich oben schrieb. Man darf aber nie vergessen, dass wir es hier mit einem politischen Problem zu tun haben.
„Ein Casting aus mehreren 100 befruchteten Eizellen wird irgendwann Standard werden […]“
Dieser Satz zeigt leider, wie wenig Ahnung du von diesem Thema hast, denn um mehrere Hundert befruchtete Eizellen zu erhalten, müsste man sich jahrelanger (!) Behandlung unterziehen. Die meisten Paare, die sich der PID unterziehen würden, wären wahrscheinlich froh, wenn sie fünf befruchtete Eizellen hätten.
Nicht jeder muss seine Meinung zu jedem beliebigen Thema in die Welt pusten, erst Recht nicht, wenn er nur extrem oberflächlichliches Wissen dazu hat und am Thema vorbei redet, sorry.
WortWirrWarr – ich rede da durchaus von einer Zukunftsvision. Vielleicht ist das nicht ganz klar geworden.
Natürlich ist das klar geworden. Aber du kannst doch nicht auf Grundlage falscher Tatsachen visionieren. Das ist einfach schade und wird dem Thema nicht gerecht.
WortWirrWarr – hä? falsche Tatsachen? Wie kann es falsche Tatsachen in einer Zukunftsvision geben? Flache Vorhersagen vielleicht. Aber kannst du mir Glaubhaft machen, dass sich der Stand der Technik in Sachen künstlicher Befruchtung die nächsten 10 bis 15 Jahre nicht wesentlich ändern wird?
Ja, das könnte ich durchaus. Wenn du dich genauer über das Procedere der künstlichen Befruchtung informieren würdest, könntest du das auch selber. Da mir aber leider nicht scheint, dass du ein ernsthaftes Interesse an dem Thema hast, sondern nur zu einem beliebten Diskussionsthema deine Meinung kundtun möchtest, spare ich mir meine Energie für jemanden, der ernsthaft an dieser Diskussion interessiert ist.
Blabla
Na, das zeigt ja nun dein aufrichtiges Interesse an der Diskussion. Ohne Worte.
WortWirrWarr – huch? wer hat denn die Diskussion verweigert?
Mal abgesehen davon, dass du dich wirklich mal mit dem Thema Eizellen-Gewinnung und deren Auswirkung auf die Frau beschäftigen solltest, bevor du Zukunftsszenarien ausrufst (du würdest doch auch jemand belächeln, der sich über die Zukunft des Internets auslässt und dabei keinerlei Ahnung vom Status quo hat, oder?), also abgesehen davon: gehen deine Argumentationen nicht auch in Richtung „Wutbürger“? Lieber nix verändern, wer weiß, wohin das führt? Helfen wir heute Paaren in Not, werden in Zukunft nur noch optimierte Monster geboren! Setzen wir heute Kontrollen gegen Urheberrechtsverstöße zu, werden morgen schreiende Blogger von der Geheimpolizei aus dem Oberholz geschleppt! Gehen wir heute einen Meter Richtung Blume am Wegesrand, fallen wir morgen schon in den Straßengraben!
Das Dammbruchargument ohne wirkliche Unterfütterung mit Fakten ist hohle Rhetorik, auf dem Niveau von „das wird schlimm enden“ und „wenn das jeder täte!“
Ich werd den Teufel tun und hier für oder gegen ein Gesetz zum Thema sein. Stattdessen werde ich ein paar Vorraussagen wagen:
1. PID wird zur Diagnose eingesetzt werden, egal ob die damit festgestellten oder auch nur vermuteten Krankheiten/Defizite geheilt werden können oder nicht.
2. PID wird ebenso eingesetzt werden, um nicht-kranke Eigenschaften festzustellen, unwichtiges wie zB Haarfarbe.
3. Die durch PID herausgefundenen oder auch nur als wahrscheinlich angesehenen Erwartungen werden dazu benutzt werden, Eizellen zu selektieren, egal ob das verboten ist oder nicht.
4. Nach der PID kommt die Behandlung, die Veränderung des Genoms in den Eizellen. Irgendwann, wenn die Biotechnik so weit ist. Sie wird ebenfalls wie in 1 und 2 sowohl begründet, also zur Heilung von in Genen sichtbarer Defekte, als auch unbegründet mit dem Ziel irgendeiner „Verbesserung“ stattfinden, egal ob verboten oder nicht.
5. PID ist teuer. Ob sie angewandt wird, hängt heute vor allem von den Kostenübernahmen der Krankenkassen ab. Wer reich genug ist, kriegt sie auf jeden Fall – wenn nicht in Deutschland, dann anderswo. Dasselbe wird für jede irgendwann mögliche Behandlung gelten.
6. Folgende Benutzergruppen können wir erwarten:
– die große Masse (kenn ich nicht / ist mir egal / brauch ich nicht)
– die Risikoträger (brauche ich unbedingt – Kasse zahlt)
– die Absicherer (ich wills aber wissen – Kasse zahlt wahrscheinlich nicht)
– die Verbesserer (mein Kind soll allerbeste Chancen haben – nur für viel eigenes Geld zu bekommen)
– die Ablehner (unnatürlich / religiöse Gründe)
Diese Gruppen werden mit unterschiedlich lauter Stimme jeweils Gesetze in ihrem Sinne fordern. Dazu kommen dann noch die Lobbyisten, die natürlich alles tun werden, PID und Nachfolgetechniken als akzeptiert und erstrebenswert darzustellen.
7. Es wird schon bald irreführende bis unseriöse Werbung für die Zielgruppen 2-4 geben.
Die PID ist nur eine weitere Laboruntersuchtung. Ob sie erlaubt oder verboten, angewendet oder weggelassen wird, ist völlig egal. Die wichtige Frage ist wie immer diese: ich bekomme zusätzliches Wissen, wie also gehe ich damit um? Bis jetzt wird dies juristisch ausreichend in der gegenwärtigen Abtreibungsgesetzgebung geregelt (die ich für komplett scheiße halte – ich bin für größtmögliche Eigenverantwortung der Frau nach dem Muster des alten DDR-Gesetzes).
Sollte diese nicht mehr ausreichen, wären auch andere Diagnosen mit Aussagen über das zukünftige Kind auf den Prüfstand zu stellen, letztlich dann eine gesetzliche Regelung zur Frage, wer überhaupt noch Kinder bekommen darf und unter welchen Bedingungen. Und eine solche Regelung möchte ich nicht.
Milhouse – bei dir bin ich mirt immer nicht sicher, was du von mir willst. Ich kenne dich schließlich als jemaden, dem ich durchaus zutraue lesen zu können. Vielleicht überschätzt du dich aber auch einfach und meinst schon zu wissen, was in meinen Texten steht und du brauchst sie nicht zu lesen? Vielleicht willst du mich auch nur ärgern? ich weiß es nicht. Wo bitte sage ich, dass ich nichts verändern will? Hast du nicht gelesen, dass ich für die die PID bin? Hast du? ach…
Da geht uns genau gleich. Ich schätze dich als Denker, ärgere mich aber, wenn du auf den Hinweis, dass in deinem Denkmodell ein Fehler ist (Eizellengewinnung) einfach darüber hinweggehst.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass du deine analytischen Fähigkeit auf dem Altar des „Buzz“ opferst.
Aber vielleicht sollten wir sowas lieber mal offline diskutieren.
Frohe Weihnachten und nix für ungut!
milhouse – Eizellengewinnung/künstliche Befruchtung- Ich lasse mich gerne belehren. WortWirrWarr hat leider den Schwanz eingezogen, aber vielleicht hast du ja den Schneid mir klar zu machen, dass sich der Stand der Medizin in diesem Gebiet die nächsten 15 Jahre nicht verändern wird?
Dafür fehlt auch mir die Zeit. Habe aber das Gefühl, dass man als Netzfreund Innovationszyklen unterschätzt, das Fortschreiten der Informationstechnologie ist nicht mit medizinischen Neuerungen zu vergleichen. Der menschliche Körper ist da eine sehr träge Komponente.
Oh, wenn ich die Kostendegression für Genseqenzierung der letzten 10 Jahre heranziehe, dann steht die Medizin der Prozessortechnik in nichts nach. Im Gegenteil! 😉
(im übrigen bin ich es leid mit diesen: „du hast unrecht, aber ich kann es dir aus den und den gründen nicht erklären“-Phrasen abgespeist zu werden. Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen.)
mspro, aber das „nachbauen“ eines weiblichen uterus wird vermutlich noch mehr als 10 jahre in anspruch nehmen. und an genau diesem ort enstehen die kleinen gattaca zukunftsmenschen. abgesehen davon ist eine schwangerschaft mit das komplexeste aller biologischen vorgänge und zu großteilen überhaupt nicht erforscht. vllt wird man sich in tausend jahren an dich erinnern. vielleicht aber auch nicht. sorry für die polemik…
heike – ich will ja gar nicht ausschließen, dass ich unrecht habe. Aber das kann man doch bitte auch begründen? Ich mein, dieses Jahr wurde die erste komplett künstlich hergestellte, sich rerpoduziernde Zelle vorgestellt. Zu glauben, dass es bei der derzeitigen Anwendung der PID verbleibt, halte ich für ziemlich naiv.
Die Methoden der Eizellgewinnung sind nicht gerade nebenwirkungs- oder risikofrei. Eine natürliche Begrenzung, wie viele in-vitro-befruchtete Eizellen für PID zur Verfügung stehen, gibt es also schon. Und weder von Tausenden oder Hunderten, vielleicht nichtmal von Dutzenden kann nach heutigem und absehbaren medizinischen Know-How die Rede sein. Danke trotzdem für die Kontextualisierung PID und DPI. Irgendwie schräg, aber treffend.
„Ich mein, dieses Jahr wurde die erste komplett künstlich hergestellte, sich rerpoduziernde Zelle vorgestellt.“
Nein, es handelte sich „nur“ um das erste komplett chemisch-synthetisierte Erbgut. Es wurde in eine zuvor vom Eigengenom befreite Bakterienzelle gepflanzt.
http://www.jcvi.org/cms/press/press-releases/full-text/article/first-self-replicating-synthetic-bacterial-cell-constructed-by-j-craig-venter-institute-researcher/
Selbst Venter’s Institut schreibt das ein bisschen verwirrend in seiner Pressemitteilung, aber der ganze andere Kram der so eine Zelle ausmacht (Lipidmembran, Zellplasma, Proteine, Botenstoffe…) kam von der Wirtszelle für das synthetische Genom. Ganz so schnell schreitet die Wissenschafte nun auch nicht voran 😉
es wird mit sicherheit dabei nicht bleiben und man kann den zeitraum da bestimmt auch flexibel ausgestalten. das grundproblem bei der künstlichen befruchtung ist ein völlig anderes. steht auch in besagtem spiegelartikel und weiß ich von freunden, du brauchst mehrere anläufe, in der regel, dass es überhaupt klappt, dass die befruchteten eizellen nicht abgestoßen werden. das ist komplett unerforscht und es mag tausend gründe dafür geben. hinzu kommt, das der weibliche körper auch erholungsphasen braucht, die meisten anläufe dauern über jahre, das ist alles enorm anstrengend und dazu entsetzlich teuer. wo keine schwangerschaft mit künstlich befruchteten eiern, da keine zukunftsvision, um es grob auszudrücken.
someone – nun, die Entnahme der Eizellen muss ja nicht das Maß der Dinge sein. Eine Eizelle, die dann künstlich reproduziert wird, ist durchaus für die Zukunft denkbar.
LifeScienTology – ja, ist recht.
heike – Siehe meinen Kommentar auf someone. Und dann gibt es diese Möglichkeit an die wir nicht denken, weil niemand daran gedacht hat. Ach Zukunft halt.
Jedenfalls: PID zu diskutieren, ohne auf die Möglichkeit von dessen Ausweitung in der Zukunft einzugehen, halte ich für gefährlich. Wir machen hier ein großes Fass auf und es geht um mehr, als nur das seelische Wohl von ein paar Einzelnen. Die Frage ist politisch und sie wird politischer, desto mächtiger PID wird.
nee. ohne uterus kein kind. punkt.
heike – aber den uterus braucht man doch erst, nachdem man die wahl getroffen hat.
Es ist keine Diskussionsverweigerung meinerseits, wenn ich dir ein derart komplexes Thema nicht mal eben in zwei Sätzen erklären kann. Das geht leider nicht. Wissen ist nun mal die Vorraussetzung für eine sinnvolle Diskussion und ich denke, dass du bei diesem Thema leider wirklich daneben gegriffen hast. Ich finde es sehr schade, dass du dir das nicht eingestehen kannst, was aber vermutlich eben an dem mangelnden Wissen dazu liegt. An den weiteren Kommentaren (besonders milhouse gefällt mir sehr gut) kannst du das auch sehen. Ich wollte dich in keinster Weise angreifen, war aber erstaunt über deine Reaktion.
Eizellen reifen sehr komplex und werden sicher nicht in zehn Jahren zu züchten sein. Die Ausweitung der Möglichkeiten der PID in der Zukunft ist allerdings sinnvoll und auch notwendig. Unter Berücksichtigung von Tatsachen natürlich.
WortWirrWarr – Ist es wirklich zu viel verlangt, dass du deine Position begründest, wenn du meiner widersprichst? Und wenn du glaubst, dass du es in „zwei Sätzen“ nicht erklären kannst, dann tu es halt in acht. Oder gib mir Links zu lesen, oder oder oder.
Wenn du dich nur ein bisschen mit Wissenschaft auskennst, weißt du sicherlich, wie ungemein unretlich ein „du hast unrecht, aber ich sag dir nicht warum“ ist.
leihmütter? die alternative für arbeistlose frauen? nee, nee. damit kommste auch nicht weiter . das ist ein so weibliches thema und da hängen so viele fragen und faktoren dran. wer sich dafür entscheidet, entscheidet sich per se für ein kind. aus den wenigen befruchteten eizellen, die gesunden einzupflanzen, erscheint mir richtig. derzeit. also für pid. man kann die ethischen vorstellungen immer den jeweiligen gegebenheiten anpassen. ich glaube zum beispiel auch, dass es eine generation (irgendwann) nach uns geben wird, die vermutlich mit ekel auf uns schauen wird, weil wir alles und jeden und uns selbst gefilmt, photographiert und protokolliert haben. es wird menschen nach uns geben, die komplett andere vorstellungen vom leben haben und vllt lachen sie sich über gattaca tot, weil sie komplett anders leben. ich glaube einfach zu sehr an freigeist und komplett abwegige dinge, auch wenn es momentan alles nach fortschritt in der technologisierung aussieht.
Das menschliche Gehirn ist eine Mustererkennungsmaschine und will in allem immer Gesichter sehen. Bei manchen führt das zu esoterischen Vorstellungen, andere Vergleichen PID und DPI ohne sich mit *beidem* hinreichend sachlich fundiert beschäftigt zu haben, um es vergleichen zu können. Leider kann ich es dir auch nicht erklären, weil ich mich damit nicht auskenne. Aber „100 Embroyen“ klingt für mich wie „im Jahr 2000 haben alle einen Helikopter“.
Spannend nur der Gedanke, dass hier die letzte Privacy-Schranke fällt, wenn hier meine Daten ausgewertet werden, noch bevor ich defacto mit dem ersten Lebensschrei welche produzieren konnte. Aber ob das dasselbe ist?
Ja, zu letzterem habe ich schon mal einen artikel geschrieben: http://www.ctrl-verlust.net/gentechnologie-und-die-pflicht-zur-utopie/
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Der Satz alleine zeigt, wie absurd die Diskussion ist. Bist Du schon mal Vater geworden? Hast Du’s schon mal probiert? Weisst Du, wie viele Eltern es gibt, die erfolglos versuchen, überhaupt ein Kind zu bekommen, gerade, weil sich das immer weiter nach hinten schiebt?
Ja, ein Kritiker darf auch dann über beispielsweise Musik urteilen, wenn er kein Instrument spielt/Musik studiert hat (wenngleich das nicht schadet).
Aber so theoretisch schlau über PID zu schreiben und die eigentlichen Themen aus purer Unkenntnis zu ignorieren, das beeindruckt schon. Viele Eltern wollen _überhaupt_ ein Kind. Und das Thema alleine ist speziell für Frauen derart emotional, dass ich diese ganze Debatte einfach nur lächerlich finden kann.
Schalt mal in den Mensch-Modus statt solche Artikel im Nerd-Modus zu schreiben.
Und dann schau Dir mal die Serie „Kingdom Hospital“ an (US-Fassung), in der zwei Menschen mit Down-Syndrom mitspielen. Grandios. Die sind schon nach heutigen PID-Kriterien eigentlich lebensunwert.
gattaca ist doch keine zukunft mehr, sondern teilweise realität. „unwertes“ leben wird heutzutage einfach abgetrieben, ganz legal. so verschieben sich im moment die behinderungsarten gewaltig. trisomie 21 kommt heute vergleisweise selten vor, weil sie weniger das licht der welt erblicken (dabei gibt es wenige menschen die so lebensbejahend, fröhlich etc sind…). dagegen nehmen die behinderungen in folge einer frühgeburt gewaltig zu, da kinder heute auch schon ab der ~22 schwangerschaftswoche durchgepeppelt werden.
schon heute ist der druck auf die eltern von außen sehr groß, „warum haben sie nicht abgetrieben“, obwohl man es gar nicht wissen hätte können, auch mit pid nicht.
behinderungen wird es immer geben, vielleicht in zukunft weniger genetisch als „hausgemacht“. doch wenn wir es nicht schaffen solche menschen das lebensrecht anzuerkennen, als teil der menschheit zu sehen, wird es wohl wirklich vollständig so enden wie in gattaca.
Tilman – Ich bin mit der Thematik nicht unvertraut. Meine Mutter komme keine Kinder bekommen. Ich selbst bin adoptiert.
Ich finde aber dennoch nicht, dass man diese Dinge allein privat regeln darf, jedenfalls wenn es an die PID geht. Und „Emotionen“ hin, „Menschlichkeit“ her – das hier ist ein politisches Problem und deswegen versuche ich da politisch dran zu gehen.
In meinen Augen greifen sämtliche Diskussionen im die PID einfach viel zu weit. Es geht doch hier gar nicht um Designerbabies, sondern wie Deef schon im ersten Kommentar schrieb, um kinderlosen Ehepaaren Leid zu ersparen.
Man weiß bei sämtlichen Neuerungen, ob nun technisch oder medizinisch, nicht im Voraus, wohin das führen wird. Man kann in jeder Entwicklung Teufelswerk sehen, wenn man Angst vor Neuerungen hat. Sicher gab und gibt es auch viele Leute, die es nicht gut finden, dass Menschen mittlerweile Schweineherzen implantiert werden. Wo wird uns das hinführen? Mischen sich etwa die Gene der Person mit denen des Schweins?
Und niemand kann glauben, dass es sich ein Paar mit Kinderwunsch „einfach“ machen würde, ein behindertes Kind abzutreiben. Nach meiner Erfahrung geht es einfach darum, dem Paar Leid zu ersparen in der Form, dass man sich nicht weitere 14 Tage Hoffnung macht, ob man vielleicht schwanger ist oder nicht. Schon vorher festzustellen, ob diese Blastozyste lebensfähig ist und der ganzen Aufwand von weiteren Hormongaben lohnt oder nicht.
Nehmen wir z.B. mal eine ICSI-Behandlung bei einer Azoospermie des Mannes. Frau nimmt also erstmal, je nach Alter und eigenem Hormonstatus, 2-3 Wochen Hormone, damit sich Follikel bilden. Wenn es gut läuft, können dann vielleicht 10-15 Follikel entnommen werden. Zeitgleich darf der Mann ein Becherchen beglücken. Da er aber unter einer Azoospermie leidet, reicht es leider nicht aus, die Follikel und Spermien in ein Glas zu schütten um umzurühren. Nein, da ist so wenig, dass der Arzt gezielt Spermien aussuchen muss und diese dann direkt in die Follikel injiziert.
Doch über die Qualität der Spermien kann er in diesem Moment so gut wie nichts sagen, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohnt, wie aktiv und gesund diese „Schwimmer“ waren usw. Dieses Gemisch reift dann 3-5 Tage heran, manche sterben aber auch ab, und das ist nun der Moment, in dem man eine PID macht um zu schauen, ob das da in der Schale überhaupt lebensfähig ist.
Aber, Deutschland – Technologiestandort, kann sich mit sowas natürlich nicht anfreunden. Lieber setzt man der Frau 2-3 Blastozysten ein, gibt ihr weiterhin Hormone, überlässt sie 14 Tage einer Achterbahn aus Bangen und Hoffen, gibt ihr bei positivem Gelbkörperstatus weiter Hormone, nur damit sie dann in der 12. Woche eine Fehlgeburt erleidet und dann von irgendeiner Stelle den lapidaren Kommentar zu hören bekommt, dass es vermutlich nicht lebensfähig war.
Das man übrigens schon künstlich Follikel gewinnen kann, ist schön und gut, aber bis zur „Serienreife“ wird es noch einige Jahre dauern. Man kann heute z.B. auch schon aus Gewebe aus dem Hodensack Spermien gewinnen, aber die sind auch oft defekt und der ganze Aufwand/Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Ergebnis.
Und ja, ich bin nicht nur für eine PID bei vorbelasteten Paaren, sondern bei allen ICSI. Denn es geht hier nicht darum, dass man kein behindertes Kind will, sondern darum, dass da etwas heranreift, was nicht lebensfähig ist. Nicht lebensfähig im Sinne von der weibliche Körper wird es bis zur 12. Woche abstossen (sogenannter Frühabort).
Und ja, dies ist ein sehr emotionales Thema 😉
Michael – ich honoriere das, dass Du das Thema entsprechend ernstnimmst. Ich stelle jedoch in Frage, ob solche Fragestellungen bis zum bitteren Ende politisiert werden müssen. Durch die Politisierung, die am Ende dann ggf. auch noch gesetzliche Regelungen zufolge hat, werden Themen „mechanisiert“, man könnte auch „algorithmisiert“, die genau das nicht sein sollen. Es gibt Aspekte des Menschseins, die eben nicht reguliert werden sollen und dürfen.
Danke auch für den Einblick in Deine private Situation. Das ist schon kein einfaches Schicksal. Es ist jedoch nochmal was anderes, wenn man selbst in dieser Elternrolle steckt. Und weitergedacht – selbst wenn wir via PID nur perfektes Genmaterial erhalten – durch Komplikationen bei der Geburt entstehen auch Risiken und nachfolgende Behinderungen. Wollen wir dann da mit Euthanasie ran? Die Gesellschaft muss sich vielmehr damit einfach auseinandersetzen, dass es Menschen mit Behinderungen gibt, und diese aktiv integrieren. Und das geht. Dafür gibt es so viele gelungene Beispiele. Ich sehe grade, papierbox schrieb das gleiche.
Allen, die über das Thema diskutieren und ernsthaft politische Regelungen dafür schaffen wollen, ggf. aktiv potentiell behinderte Föten abzutreiben, sei empfohlen, mal für ein paar Tage Häuser oder gar Siedlungen zu besuchen, in denen Behinderte integriert mit Nichtbehinderten leben. Und dann mal anfangen zu überlegen, was „Glück“ und „Zufriedenheit“ eigentlich bedeuten. Das hat ganz viel mit Achtung und Nähe zu tun und ganz wenig mit „Leistungsfähigkeit für die Gesellschaft“.
Tilman Haerdle – und meinst du nicht, das die PID – sofern sie immer besser im früherkennen von Behinderungen wirkt – nicht das Bild und die Einstellung gegenüber Behinderten ändert? Von der heute eingeschätzten „Andersheit“ hin zum „vermeidbaren Unfall“?
Das ist es was ich meine: es ist eine Riesenverantwortung, die wir uns mit der PID aufladen. Ich will, dass darüber diskutiert wird.
Michael – wie gesagt, abstrahier das mal von den in der Schwangerschaft erkennbaren Problemen. Behinderungen können auch im Geburtsvorgang entstehen, oder eben durch Frühgeburten. Es ist die gesellschaftliche Aufgabe, nachgerade Kern der Humanität, auch die zu fördern, die nicht Mainstream sind. Sonst fangen wir irgendwann mal an, Linkshänder, Schwule etc. genauso rauszumendeln, wenn sich das genetisch festmachen liesse.
irgendwie… stimmst du mir zu? widersprichst du mir? verstehst du, was ich sage?
Ich würde Dir dann zustimmen, wenn Du die Position vertrittst: Lass uns darüber diskutieren und dabei verhindern, dass die Menschheit versucht, durch PID eine genetische Optimierung durchzuführen. Weil das nicht zielführend ist, aus den obigen Gründen. Es gibt einfach Bereiche, in denen es keinen Sinn ergibt, wenn der Gesetzgeber oder die Politik reguliert. Diskutiert werden zum Erkenntnisgewinn darf alles.