Nathanael Hoffmann hat mich für die Zeit zum Thema Streamingdienste interviewt und warum ständig ihre Preise steigen.
Nach diesem Wachstum hätte sich der Markt etwas konsolidiert. In seinem Buch Die Macht der Plattformen nennt Seemann die nun kommende Zeit für die Unternehmen „Extraktionsphase“: „Die Anbieter schöpfen den Wert, den die Plattform schafft, immer umfangreicher ab, etwa indem sie den bestehenden Nutzern immer mehr Geld abnehmen.“
Zum Beispiel, indem sie auf Inhalte setzen, die es sonst nirgends gibt. „Lock-in-Effekte werden immer wichtiger. Nur bei Disney gibt es Marvel-Filme, nur bei Sky neue True-Detective-Folgen“, sagt Seemann. Je mehr ich an den Marvel-Filmen hänge, umso schwieriger könnte es mir fallen, die Plattform zu wechseln. Ebenso wichtig: „Jeder zusätzliche Nutzer kostet sie fast nichts, man sagt: Der Dienst skaliert gut“, sagt Seemann. Das gelte nicht nur bei Unterhaltungsplattformen, sondern besonders bei Software, die Nutzer einst einmalig kauften und dann besaßen.
Für Programme von Microsoft oder Adobe zahlen Nutzer heute Abogebühren. „Im Internet haben wir uns immer mehr vom Besitz entfernt“, sagt der Digitalexperte Michael Seemann. Zwar brauchen Verbraucherinnen keine Schallplatten oder DVDs mehr zu Hause. Das spart Platz und Aufwand. Geht Spotify aber bankrott, ist die Musik auch weg. Und dass Word jährlich kostet, kommt Verbrauchern teuer zu stehen: „Mehrmalige Zahlungen sind für Unternehmen lukrativer als Einmalkauf. Sie können dank der Abos besser langfristig planen“, sagt Seemann. „Etwas gehässig lässt sich über den Abo-Kapitalismus sagen: Wir zahlen einen unendlichen Kredit ab, ohne, dass das Abbezahlte jemals uns gehört.“ Er rechnet damit, dass Verbraucher verstärkt illegale Alternativen suchen. Umgekehrt könnten die Abopreise weiter steigen: „Es lässt sich aus Anbietersicht noch etwas aus den Kunden herauspressen.“
Quelle: Streamingabos: Disney+ musste die AGB ändern | ZEIT ONLINE