Netzkommentar: isharegossip

Hier, der Text zu meinem dradio.wissen Netzkommentar zu isharegossip.

Letzten Samstag wurde ein Jugendlicher von 20 anderen brutal zusammengeschlagen. Er hatte ein Schlichtungsgespräch gesucht, weil seine Freundin unter dem Mobbing einiger Mitschüler litt. Im Internetforum Isharegossip.com wurde sie als „Schlampe“ verunglimpft.

Kinder können grausam sein. Ich weiß das aus eigener Erfahrung, auch ich habe darunter gelitten. Und ich kenne einige, denen es noch schlimmer erging.

Der Schulhof ist nun in das Internet erweitert worden. Wenn aber auf dem Schulhof getuschelt wird, dass X eine Schlampe ist, dann ist das schlimm. Wenn es im Internet für die ganze Welt auffindbar steht, kann das schlimmer sein.

Bundesfamilienministerin Kristina Schröder hat jetzt angekündigt zu prüfen, ob Websites wie Isharegossip in Deutschland verboten werden können. Als ob das irgendetwas helfen würde!
Egal, ob die Jugendlichen die Gerüchte dann auf schuelerVZ, 4chan oder völlig anderen Kanälen veröffentlichen, das Problem wird damit kaum in den Griff zu bekommen sein.

Was kann ein Verbot, was kann ein Gesetz, was kann der Datenschutz schon dagegen tun, wenn Menschen andere Menschen im Internet verleumdnen wollen?

In den USA ist das sogenannte „cyber bullying“ – also das Mobbing von Jugendlichen im Internet – längst zu einem ernsten gesellschaftlichen Problem ausgewachsen. Es ist so schlimm, dass Präsident Obama das Thema mehrmals ganz persönlich aufgegriffen hat.

Wenn wir etwas tun wollen, dann sollten wir den Jugendlichen die Stärke und die Fähigkeiten geben, Beschimpfungen und Verleumdungen zu ertragen. In den USA versucht die Plattform „It Gets Better“ genau das. Erwachsene sprechen in der Öffentlichkeit von ihren schlimmsten Demütigungen aus ihrer Jugend und zeigen den Jugendlichen, dass sie nicht allein sind und dass es besser wird.

Langfristig müssen wir aber eine Gesellschaft und eine Kultur schaffen, in der Daten keine Existenzen gefährden können. In denen intimste Informationen – egal ob wahr oder Gerücht – nur ein Schulterzucken hervorrufen.

Wir brauchen eine tolerante und diskriminierungsfreie Gesellschaft und zwar bald!

3 Gedanken zu „Netzkommentar: isharegossip

  1. Anderen Kanälen, soso … *hust*. Aber immerhin, jugendliche Trolle eignen sich hoffentlich weniger als Kindesmissbrauchsbeschwörungen, um die Gemüter des Wahlvolks zu erregen.

  2. Ich bin ja für mehr Diskriminierung. Das ist auch nicht das Problem. Der Gedanke diese Gesellschaft könnte oder müsste erreicht werden, ist der typische deutsche Idealismus á la Kriminalität einfach abzuschaffen oder von hundertprozentig sauberer und landschafts-uneinschränkender Energie zu leben.
    Aber wieso juckt es mich eigentlich, dass mich jemand eine Schlampe nennt.

  3. @Thomas: Es ist rufschädigend, da in der momentanen Gesellschaft serienweise Monogamie als Leitbild gilt und du damit einer sozial nicht durchgängig respektierten Minderheit zugeordnet wirst. Was wiederum zu Diskriminierung führt.
    @mspr0: Dann können wir ja als ersten Schritt in diese Gesellschaft mal einen Staat nehmen, welcher bestimmte Lebensformen (Ehegattensplitting) nicht anderen steuerlich bevorzugt. So von wegen Diskriminierung und so.

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