Krasse Links No 67

Willkommen zu Krasse Links No 67. Schnallt die Groyper an den Femboy, heute verüben wir ein Lulzsec, um auf 4Chan die Alt-Right zu veranschlagen.


In ihrem Newsletter stellt Berit Glanz die Hilflosigkeit der traditionellen Medien gegenüber beidem – Charily Kirk und seiner Ermordung – bloß.

Als die Festnahme des Täters in einer Pressekonferenz verkündet wurde, kursierten bereits Falschinformationen, dass auf die Tatpatronen “trans ideology” geschrieben worden sei. Tatsächlich gab es Aufschriften auf den Patronen, die sich auf die Internetkultur bezogen. Diese Referenzen waren jedoch so verschachtelt und spezifisch, dass die etablierten Medien es nicht schafften diese Layer zu durchdringen. So wurde beispielsweise die Aufschrift “Ciao Bella Ciao” von BBC über die New York Times bis hin zum Schweizer Blick als antifaschistisch bezeichnet, obwohl das ursprünglich antifaschistische Lied in der Internetkultur völlig anders konnotiert ist. Die meisten Institutionen sind auch 2025 nicht in der Lage auf die notwendige Kompetenz zurückzugreifen, um Internetkultur überhaupt kritisch einordnen zu können.

Wer detailliert entschlüsselt bekommen möchte, auf welche Memes sich der Attentäter bezog, wie der Mord sich in die Memekultur einordnet und auf welches Radikalisierungsmilieu er verweist, dem sei an dieser Stelle erneut der Newsletter von Ryan Broderick empfohlen, der dankenswerterweise decodiert, was die meisten etablierten Medien nicht recherchiert bekommen. (Ryan Broderick: Charlie Kirk was killed by a Meme. Garbage Day)

Für Menschen, die hüfttief in Internetkultur feststecken, deren Gespräche sich immer wieder um Online-Themen drehen, deren Humor entscheidend von ihren Timelines beeinflusst wird und die vielen ihrer sozialen Kontakte vorwiegend virtuell begegnen, sodass viele ihrer Ansichten und Verhaltensweisen von den sozialen Medien geprägt sind, haben sich in den letzten Jahren die Begriffe „extrem online“, „chronisch online“ und „terminally online“ eingebürgert. All diese Begriffsvariationen verweisen darauf, dass die Benutzenden vielleicht zu viel Zeit im Internet verbringen. Nicht zufällig sind diese Begriffe semantisch mit unheilbaren Krankheiten assoziiert, man ist „terminally online“ – unheilbar mit dem Internet verwoben – und hat sich dadurch so stark verändert, dass es kein Zurück mehr gibt.

Eine solche Ignoranz gegenüber der Online-Kultur können sich die Redaktionen im Jahr 2025 nicht mehr erlauben, wenn sie weiter den Anspruch haben, Ereignisse politisch deuten zu wollen.

Die Veränderung der Welt durch Internetkultur betrifft mittlerweile eben nicht mehr nur Einzelpersonen, die einfach mal Gras anfassen sollten. Internetkultur ist keine Nische mehr, die man wahlweise ignorieren oder als obskuren Quatsch verlachen kann – wie es beispielsweise noch bei GamerGate vor zehn Jahren der Fall war. Es fühlt sich wirklich unfassbar an, dass man das 2025 überhaupt noch benennen muss. Das Internet ist in den letzten Jahren zentraler Teil einer Radikalisierungspipeline geworden, mit unterschiedlichen Phänomenen, Subkulturen und Referenzrahmen. Die massive Ausdifferenzierung verschiedener Communities trägt dazu bei, dass es immer schwieriger wird Subkulturen mit komplexen eigenen Codes und Referenzen zu verstehen. Dafür braucht es Expert*innen, die diese Kulturen nicht nur erklären, sondern auch dechiffrieren können. Wenn wir den Graben zwischen Internetkultur und einer sich dem Internet verweigender Offline-Kultur überwinden wollen, müssen wir anhand konkreter Beispiele ins Gespräch kommen.

Berit hat natürlich recht mit der Einschätzung, aber selbst als jemand, der Internetkultur und die Online-Rechte seit 2006 einigermaßen auf dem Schirm hat, finde ich die aktuelle Nachrichtenlage um den Kirk-Mord ziemlich … verwirrend. Also schauen wir uns das mal an.


Roter Bär hat auf Bluesky die bisher beste Einordnung der Medienstrategie von Charlie Kirk und seinesgleichen, indem er sie zurück zu ihren Ursprüngen bei den „New Atheism“-Bewegung der 2000er zurückverfolgt.

Der Performativität ist wichtiger als gute Argumente. Wer kann die andere Seite besser dominieren? Wessen Argument *wirkt* stärker, wer hat die Lacher auf seiner Seite. Und, seien wir ehrlich, eine Diskussion gegen Mr. „Die Erde ist 6000 Jahre alt.“ gewinnen ist jetzt nicht so schwer.

Nach Gamergate hat die Online Rechte diese Strategie adaptiert.

Die Rechte hat von den New Atheists gelernt, dass Debatten nicht nur ein lukratives Business, sondern auch ein Rekrutierungstool sein können (ganz besonders, wenn du dafür Geld von den Coke Bros & Templeton kriegst). Nein, natürlich überzeugen Diskussionen niemanden, darum geht’s nicht.

Hier greift der zweite Punkt, den die Rechte verstanden hat: du musst die Gegenseite nicht argumentativ entkräften. Du musst sie lächerlich machen! Scheißegal wie eine Diskussion ausgeht. Du brauchst nur ein paar gute Clips für Youtube.

Und das Dritte, dass die Rechte verstanden hat; der Grund warum Charlie Kirk, Ben Shapiro, Stephen Crowder, auf linke Unis rennen; der Grund warum sie nicht mehr nur zur ihren eigenen Leuten reden; der Grund für dieses Memeformat:

Junge Menschen haben starke Meinungen, große Emotionen und normalerweise kein Medientraining.

Sie sind die perfekten Opfer für kurze Propaganda Videos und Cringe Compilations. Besonders, da bei deinen Veranstaltungen du das Mikrofon, die Moderation und die Kameras kontrollierst.

Es gibt da noch eine weitere Traditionslinie, in die Charlie Kirks Auftritte eingebunden sind: Trolling-Culture, die selbst wiederum der Hacker-Kultur entspringt.

Dass es eine direkte kulturevolutionäre Linie von der Figur des Hackers zur Figur des Trolls gibt, hatte bereits Whitney Phillips in ihrem Buch „This is why we can’t have nice things“ zu den Zeiten der online Alt-Right-Bewegung gut herausgearbeitet.

So wie ein Hacker die technischen Systeme hackt, so hackt der Troll den Diskurs: ein vermeintlich „intellektuell überlegenes“ „Indidividuum“ dominiert die Online-Debatte, indem es Diskursteilnehmer*innen durch gezielte Provokationen emotional zum Entgleisen bringt. Es geht nicht darum, das Argument zu gewinnen, sondern den Diskurs kaputt zu machen.

Dabei kommuniziert der Troll nur scheinbar mit den Diskursteilnehmer*innen, während seine eigentliche Botschaft der eigenen Troll-InGroup gilt: Schaut, wie ich diese Idioten wieder vorgeführt habe. Dabei markieren Codes und Memes die wichtige Grenze zwischen In- und Out-Group und jeder Ansehensverlust in der Öffentlichkeit wird durch das Erlangen von In-Group-Status entschädigt.

Wie so vieles entstand die Trolling Culture vornehmlich auf 4Chan und wurde vor allem seit dem ersten Wahlkampf von Donald Trump integraler Teil der DNA der Online Rechten (damals sagte man Alt-Right). Von dort ist sie in viele Subkulturen übergeschwappt. In Gamerforen, Discord Channels, auf X und in vielen Fan-Kulturen sind die Troll-Semantiken – ihre Begriffe, Memes und Strategien – in alle Layer eingesickert und von dort in das Vokabular der Generation Z geflossen. Charlie Kirk ist eines der vielen Produkte dieser Kultur.


Tiktok-User Aidan Walker versucht, die möglichen Motive des Attentäters von Charlie Kirk, Tyler Robinson, zu deuten: Der Anschlag sei basically ein „Shitpost“.

Am Ende geht er auf die tiefere Bedeutung des Pepe-Frosches ein, die so zentral für die Groyper-Trolle im Internet ist und auch bei der online Alt-Right seit 2015 beliebt ist. Es geht nicht um „Polarisierung“ oder „Algorithmen“, sondern eine bestimmte Leere, die viele junge Leute spüren:

„you will alway be alone. You never gonna have a future. And you will never have a voice.“

Diese Stimmung trifft auf drei Pfadgelegenheiten.

A Long entrenched nihilistic online tradition, the ready availability of fire arms, and an increasing derangement of mainstream discourse.


Die Tiktokuserin Cy Canterel erklärt in diesem Video was die Groyper Wars und was Black Pilled Accelerationalism ist.

So wie ich das verstanden habe, machen die „Groypers“ also mit Charlie Kirk, was Charlie Kirk mit den arglosen College Studierenden macht?

Anonymous ist als Hacker-Bewegung in den 2000ern direkt aus 4Chan hervorgegangen und hat immer wieder Menschen und Institutionen bloßgestellt oder einfach nur geärgert. Als sie im Zuge von Wikileaks um das Jahr 2010 immer politischer wurden, ärgerte das insbesondere die Die-Hard-Vertreter der 4Chan-Troll-Kultur die Hacken und Trollen strengstens nur „For the Lulz“ (also für den Spaß) praktiziert sehen wollten und gründeten Lulzsec. Lulzsec ließen die Erfolge von Anonymous alt aussehen, sie hackten hoch dotierte Security Firmen, das FBI, den Senat und die CIA. Sie wurden am Ende alle festgenommen, aber mir scheint, der „For the Lulz“-Fundamentalismus der 4Chan-Trolle überrollt gerade mal wieder die zu politisch gewordenen Auswüchse seiner eigenen Kultur.

Nur wurde aus dem Lulz-Fundamentalismus ausgewachsner Endzeit-Nihilismus. Aus den „Lulz“ wurde das letzte YOLO!


Nur wenige Tage vor dem Attentat auf Kirk hatte Charly Warzel ein ganz anderes Shooting-Event (ja, davon gibt es inzwischen ca. eines pro Woche in den USA) zum Anlass genommen, um über die internet Shooter-Kultur als solches zu reflektieren.

But the rush to make sense of the shooting based on these messages and symbols is misguided. As incoherent, unhinged, or even cringey as the Minneapolis shooter’s videos might seem, they are part of a familiar template of terroristic behavior—one that continues to spread in online communities dedicated to mass shootings and other forms of brutality. In these morbid spaces, killers are viewed as martyrs, and they’re dubbed “saints.” Really, they’re influencers.
– He told me that the “proximate goal of these attacks is to entrench the shooter in the broader legacy of violence and propel the legacy further.” The idea, in other words, is to motivate someone else to become a shooter—by creating a public manifesto, leaving a trail of digital evidence, and even livestreaming attacks in some cases. “The more frequently the template shows up, the more likely it will repeat,” Newhouse said. “It’s not ideological in the sense that we tend to think about it. There may be anti-Semitic or fascistic elements therein, but the real incentive is the self-reinforcing legacy of these shooters.” […]

There are many different networks of terror online, all with a constellation of differing ideologies, though many of them overlap. There is the Terrorgram Collective, whose leaders were last year indicted by the Department of Justice “for soliciting hate crimes, soliciting the murder of federal officials, and conspiring to provide material support to terrorists.” Another group is known as the True Crime Community, or TCC, which is a collection of users that grew in part out of the “Columbiners” community—these are fans of mass shooters and serial killers.

Sometimes, these groups overlap with other violent networks, including those that traffic child pornography and target and exploit vulnerable minors into cutting or otherwise hurting themselves. As the extremism researchers Jean Slater and Ry Terran wrote earlier this year, these groups, as well as right-wing youth subcultures, have blended together into a diffuse, “hybrid threat network.” What this means is that users from all these fringe subcultures—people from Terrorgram, mass-murder fan groups, people looking to groom children, trolls—are interacting across public social networks and private chat communities.

Es geht darum, sich in eine Online Ahnenreihe einzuordnen.

There are in-jokes, lore, and, most importantly, real people trying to impress their perceived peers. For instance, in January, the Wisconsin Center for Investigative Journalism and ProPublica reported that two teenagers who carried out separate shootings in Madison, Wisconsin (December 2024), and Nashville, Tennessee (January 2025), crossed paths online and frequented many of the same spaces dedicated to glorifying and discussing mass killings. […]

As one extremism researcher posted last week, the goal of these attacks is to join the lineage of mass shooters and for the next killer to inscribe their name on a gun before an attack.

Die Linie von der Hackerkultur zur Trollkultur lässt sich damit direkt bis zur Shooter-Kultur weiterziehen.


Ken Klippenstein hat einige Chats aus dem Discord Forum ausgewertet, in dem Robinson unterwegs war und mit einigen Leuten dort gesprochen und ist überzeugt, dass Robinson weder ein klassischer rechter, noch ein irgendwie linker ist.

“I think the main thing that’s caused so much confusion is that he was always generally apolitical for the most part,” the friend told me. “That’s the big thing, he just never really talked politics which is why it’s so frustrating.”

The picture that emerges bears little resemblance to the media version. Robinson, I am told, though quiet, was a well-liked person with a supportive family. The friend group who he interacted with on Discord, far from some kind of militia camp or Antifa bunker it’s been portrayed as, represented a range of different political views but mostly talked video games.

In seinem Umfeld sieht man ihn als besonders unpolitischen „normal guy“.

“Obviously he’s okay with gay and trans people having a right to exist, but also believes in the Second Amendment,” the friend said, referring to the right to bear arms.

The friend described Robinson as fairly typical of a young man his age from Utah: someone who loved the outdoors, was a gamer, and into guns.

“To all of us he just seemed like a simple guy who liked playing games like Sea of Thieves, Deep Rock Galactic and Helldivers 2, loved to fish and loved to camp,” the friend said. “It really did seem like that’s all he was about.”

Dass Tyler Robinson teil der Groyper-Kultur ist, dafür lassen sich keinerlei direkte Hinweise finden und ich halte das auch nicht für wahrscheinlich. Aber Robinson bewegt sich ohne Frage in der kulturellen Nähe der Groyper, was aber noch lange nicht heißt, dass er auch deren Ideologie anhängt.


Die Tiktok Userin Bottleneck_Loser erklärt in diesem Video (unrelated zum Attentat) warum die Femboy Szene und die Online Rechte so überraschend viel kulturelle Überschneidungen hat: Sie sind im selben Online Ökosystem sozialisiert: 4Chan.

Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass Tyler Robinsons Online-Affinitäten eher aus dieser Richtung erklärbar sind. Er kommt aus einem konservativen Elternhaus und lebt ohne deren Wissen mit einer Transfreundin zusammen und hat sicherlich mit den üblichen Identitäts- und Schamkrisen zu kämpfen, die sich für junge Menschen aus solch einer Konstellation ergeben und könnte durch diese Affinität mit der Femboy-Semantik in Berührung gekommen sein. Man muss das als unterschiedliche Ecken überlappender semantischer Netzwerke verstehen, wobei die politische Bedeutung der Symbole oft von außen wichtiger genommen werden, als von innen. Tyler kannte die Meme-Kulturen, ihm war der Nihilismus der Groyper nicht fremd, er bezog sich offensichtlich auch auf die Shooter-Kultur. Aber all das bedeutet eben nicht, dass er damit politisch rechts ist.


Inzwischen sind Gerichts-Dokumente veröffentlicht worden, in denen die Chats zwischen Tyler Robinson und seiner Transfreundin/Mitbewohnerin nachzuselesen sind, in denen Robinson die Tat zugibt. Die Washington Post.

Robinson sent text messages to his roommate after the shooting, the court filings said, including one that stated: “I had enough of his hatred. Some hate can’t be negotiated out.”

Es ist desorientierend sich in dem Wust aus Ideologie, Online Culture und Lebensumständen zurechtzufinden und wahrscheinlich werden wir noch weitere Details erfahren. Aber hier ein Versuch, wie die teils widersprüchlichen Informationsbrocken in eine halbwegs plausible Erzählung passen:

Tyler Robinson ist ein Opfer der Online-Schwäche der Linken.

Das Internet, insbesondere für junge Menschen ist ein Ort rechter bis rechtsradikaler Hegemonie. Es gibt linke Angebote, sicher, aber die sind aus Perspektive junger Gamer-Männer quasi unerreichbar, sozial unattraktiv und/oder als Community prohibitiv wählerisch.

Aus diese Abwesenheit linker Pfadgeleghenheiten ist bereits Luigi Mangione hervorgegangen.

Auch Mangione ist keinesfalls ein klassischer Linker, ganz im Gegenteil. Auch er ist in rechten Subkulturen des Internets sozialisiert worden und äußerte im Netz bisweilen Ansichten, die normalen Linken die Fingernägel kräuseln lassen.

Und doch war sein Attentat auf den United Heathcare CEO unzweifelhaft Rache an einem als ungerecht und unmenschlich empfundenen System. Es war ein antikapitalistischer, also doch irgendwie „linker“ Impuls, der ihn zum Handeln trieb.

Ähnlich könnte es mit Tyler sein. Es braucht kein Adorno-Seminar um zu erkennen, dass Charlie Kirk ein gefährlicher Hassprediger ist. Insbesondere, wenn dein direktes Soziales Umfeld von diesem Hass bedroht ist.

Tyler Robinson war sicher kein „Linker“ im klassischen Sinn und nicht teil der Linken Szene, die Trump und seine Leute jetzt verantwortlich machen wollen, aber sein Impuls war doch … antifaschistisch?


John Lanchester hat im London Review of Books die wahrscheinlich interessantesten Texteinstieg des Jahres.

It is strange and striking that climate change activists have not committed any acts of terrorism. After all, terrorism is for the individual by far the modern world’s most effective form of political action, and climate change is an issue about which people feel just as strongly as about, say, animal rights. This is especially noticeable when you bear in mind the ease of things like blowing up petrol stations, or vandalising SUVs. In cities, SUVs are loathed by everyone except the people who drive them; and in a city the size of London, a few dozen people could in a short space of time make the ownership of these cars effectively impossible, just by running keys down the side of them, at a cost to the owner of several thousand pounds a time. Say fifty people vandalising four cars each every night for a month: six thousand trashed SUVs in a month and the Chelsea tractors would soon be disappearing from our streets. So why don’t these things happen? Is it because the people who feel strongly about climate change are simply too nice, too educated, to do anything of the sort? (But terrorists are often highly educated.) Or is it that even the people who feel most strongly about climate change on some level can’t quite bring themselves to believe in it?

Ich glaube, sowohl Lugi Mangione als auch Tyler Robinson hätten ihre Anschläge nicht verübt, wären sie Teil linker Strukturen gewesen. Es ist richtig, dass Menschen sich in Gruppen zu Dummheiten anstacheln können, aber die meiste Zeit fungieren Gruppen als korrektiv. Insbesondere die Linken Strukturen von heute sind nicht nur befriedet, sondern wirken befriedend.

Meine These wäre, dass ein Crackdown gegen linke Strukturen weitere Anschläge nur wahrscheinlicher machen würde.


Marinus van der Lubbe war ein niederländischer Arbeiter mit erheblichen Seheinschränkungen. Er kam nach Berlin und wurde dort vermutlich durch Spitzel und Provokateure der Geheimpolizei angestiftet Ärger zu machen. Am 27. Februar 1933 legte er den Reichstagsbrand

Bereits kurze Zeit nach der Verhaftung van der Lubbes gab es Zweifel an seiner tatsächlichen Schuld. Sein geistig verwirrtes Auftreten im Prozess ließ Zweifel aufkommen, ob er denn wirklich in der Lage gewesen sei, allein das Parlamentsgebäude anzuzünden, und ob demnach sein Geständnis glaubhaft sein könne. Darüber hinaus wurde auch seine Schuldfähigkeit bezweifelt. Vielfach wurde vermutet, dass man ihn zum Prozess absichtlich unter Drogen gesetzt habe.

Ich will hier gar nicht spekulieren, das haben etliche andere getan, aber vermutlich ist die Motivation van der Lubbes für den Anschlag ähnlich komplex und vielschichtig, wie die von Robinson. Aber sicher ist, dass seine Motive mit den tatsächlich existierenden kommunistischen Strukturen im Hitler-Deutschland ähnlich wenig zu tun hatten, wie Robinson mit irgendwelchen US-Linken.

Doch das war alles völlig egal für den Fortgang der Geschichte.

Die Nationalsozialisten nahmen van der Lubbes Anwesenheit im brennenden Reichstag als Anlass für eine brutale Verfolgung ihrer Gegner. Schon kurz nach dem Brand setzte eine Welle von Verhaftungen ein, von der etwa 1500 Menschen – insbesondere Kommunisten – betroffen waren. Mit großem Propagandaaufwand wurde die Tat der KPD angelastet. Hitler nutzte die Gelegenheit, mit der Reichstagsbrandverordnung diejenigen Verfassungsartikel außer Kraft zu setzen, die bürgerliche Freiheiten garantierten. Diese Verordnung lieferte bis 1945 formal die Rechtsgrundlage für viele Maßnahmen gegen Personen und Vereinigungen, welche das nationalsozialistische Regime als Gegner einschätzte.


Trump, Vance, Miller, Bondi und andere rufen bereits nach Rache an allem, was sie „links“ nennen.

In the six days since Mr. Kirk was gunned down in Utah, Mr. Trump and his top officials have promised a broadside against the political left, indicating that they would go after liberal groups like George Soros’s Open Society Foundations and the Ford Foundation; revoke visas for people seen to be “celebrating” Mr. Kirk’s death; begin federal investigations into hate speech; and designate certain groups domestic terrorists.

“We want everything to be fair; it hasn’t been fair, and the radical left has done tremendous damage to the country,” Mr. Trump told reporters on Tuesday, as he continued to play down and excuse violence on the right. “But we’re fixing it.” […]

As a part of the crackdown, Mr. Trump’s aides are crafting an executive order to combat political violence and hate speech that could come as soon as this week, according to a senior administration official who spoke on the condition of anonymity to preview the action. The person declined to provide details.


Das schlimmste an der ganzen Kirk-Sache ist für mich bis jetzt, dass wir Ezra Klein an die Faschisten verloren haben. Direkt nach dem Anschlag veröffentlichte Klein eine peinliche Apologie – quasi eine Heiligsprechung – von Kirk mit dem Titel „Charlie Kirk Was Practicing Politics the Right Way„.

Matt Goldberg hat – neben Ta Nehisi Coates – die beste Replik dazu geschrieben.

Kirk’s organization, Turning Point, kept a running Professor Watchlist of academics who they felt ran afoul of conservative beliefs, and would harass these people. Were these liberal academics not entitled to their own beliefs? When Trump repeatedly lied that the 2020 election was stolen, Kirk echoed that lie. Were the people who voted for Joe Biden and those who believed in the democratic process not entitled to their beliefs? When an attacker came to Nancy Pelosi’s house and beat her husband, Paul, with a hammer, Kirk suggested someone should bail out the attacker. Are Nancy and Paul Pelosi not entitled to be safe from political violence?

Er wirft Klein vor, an der Wahrheit nicht interessiert zu sein. Es geht ihm nur darum, sich als „vernünftigen“ Zentristen zu inszenieren, um rechts besser anzukommen.

However, Klein’s refusal to grapple with the reality of Kirk’s political beliefs—that those who disagreed with him should be silenced—highlights that Klein’s interest here isn’t honesty but flattery. It shows Klein isn’t writing about Kirk at all. He’s writing about himself and saying, “I’m doing politics the right way because I’m lauding someone who disagrees with me.” […]

I would go so far as to say that Klein’s article is not only dishonest but deeply cynical in its self-aggrandizement. Klein is making a calculation similar to California Governor Gavin Newsom, who applauded Kirk for his “spirited discourse”, and Pennsylvania Governor Josh Shapiro, who lowered his state’s flags to half-staff even though Kirk was not a Pennsylvanian. These men are making the political calculus that they can perform benevolence. “Look, we may not agree with this man, but look at how we honor him. Look at how we embrace people of all beliefs. We are doing politics the right way.”

Das ist insbesondere eine Form von Verrat, während seine Kolleg*innen gefeuert werden, nur, weil sie Kirk mit dem zitieren, was er tatsächlich sagte.

MSNBC contributor Matthew Dowd and Washington Post columnist Karen Attiah were fired for accurately describing Kirk’s views, even though they acted with far more professionalism and respect than Kirk displayed in the aftermath of the attack on Paul Pelosi. Is it spirited discourse to get people fired from their jobs because they chose to be honest rather than polite?


Im Vorwort einer Interview-Aufzeichnung mit einem anderen Faschisten, Ben Shapiro, macht Klein seine neue politische Positionierung noch einmal klar.

We are going to have to live here with one another. There will be no fever that breaks, no permanent victory that routs or quiets those who disagree with us. I have watched many on both sides entertain the illusion that there would be, either through the power of social shame and cultural pressure or the force the state could bring to bear on those it seeks to silence. It won’t work. It can’t work. It would not be better if it did. That would not be a free country. […]

To recognize that does not mean we don’t disagree. It does not mean we are not appalled or afraid of what others say or want. But I think it means that we do more than that, too. I think we also have to be looking for what we can recognize in one another. Sometimes that might mean overlooking what we can’t recognize in one another.

Das „overlooken“ was er im anderen nicht „recognizen“ kann praktiziert er im Dialog mit Shapiro bis zum Erbrechen. Klein ist ein gebildeter Mann und eigentlich hielte kaum ein Satz Shapiros seiner kritischen Auseinandersetzung stand. Aber der neue Klein kann viel mehr Bullshit schlucken.

Die Frage ist: Wenn er sich uns jetzt so offensiv als Botschafter des Faschismus verkaufen will, dass er offiziell bereit ist, die Wahrheit zu ignorieren, warum sollten wir ihn als politischen Kommentator dann noch ernst nehmen?

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