/******** Dies ist ein Rant. Er ist undifferenziert und angreifbar. Ich habe das Gesagte allerdings in differenzierter und durchargumentierter Form in meinen Blogs und vor allem in meinem Buch vorgelegt. Ich darf das. ********/
Technologischer Totalitarismus! Edward Snowden! Wir werden alle unterdrückt! Die Zivilgesellschaft ist am Boden, die Demokratie gemanagt! Das Internet ist zur Kontrollarchitektur geworden, die uns alle versklavt! Überwachungskapitalismus! Totale Kontrolle, kein Entrinnen! Wir müssen Widerstand leisten! Wir brauchen dringend neue, digitale Grundrechte! Und zwar jetzt! Reclaim Autonomie!
Ihr habt doch alle den Schuß nicht gehört! Habt ihr die letzten Jahre einmal aufgepasst? Habt ihr überhaupt mal hingesehen, was gerade passiert?
Nein. Wir haben kein Problem mit der Unfreiheit des Bürgers. Dem Bürger geht es gut. Der ist so frei wie niemals zuvor! Trotz NSA. Trotz Google und Facebook. Nein, halt. Das Gegenteil ist der Fall! Gerade durch Google und Facebook! Durch das Internet.
Ihr erzählt alles falsch herum. Der Bürger wurde durch das Internet ermächtigt, nicht geschwächt. Er wurde immer mächtiger und mächtiger. Er wurde zum Monster. Und der Staat ohnmächtig.
Was ist los? Der Wutbürger ist los! und das Internet hat ihn entfesselt. Und wir – die Netzpeople – wollten das so.
Erinnert euch: wir kämpften für freie Vernetzung, Abbau aller Hierarchien, für dezentrale Machtverteilung, alternative Medien, Gegenöffentlichkeiten und feierten den Tod des Gatekeepers. Zehn Jahre ist das erst her.
Und wir bekamen PEGIDA und andere Facebookgruppen voller Hass, ein Journalismus in der Krise, der niemanden mehr erreicht, weil die alternativen Medien jetzt überall sind und lieber Verschwörungstheorien und Fakenews verbreiten. Eine weltweite Bewegung der desinformierten Wutbürger pflügt gerade die Welt um.
Rafft es endlich: Wir leben nicht in der Dystopie eines Schirrmachers oder Snowdens, sondern in der Utopie der Netzgemeinde. Gone horribly wrong.
Wir waren naiv. Wir dachten der Staat, die Institutionen und die Unternehmen seien die Bösen. Der Mensch müsse nur befreit werden, denn der Mensch, der sei gut. Wir haben uns geirrt.
Und jetzt schreien wir Google und Facebook an, als ob sie Schuld seien an dieser unserer Misere, dabei meinen wir eigentlich: „Hilfe! Wir ersticken im eigenen Hass! Wir brauchen wieder Regulierung, Gatekeeper, Kommunikationskontrolle, zentrale Instanzen, die regeln, was richtig und was falsch ist.“ Wir schreien nach Netzinnenpolitik.
Aber das wird nicht so einfach werden. Der Wutbürger ist los und er wird sich nicht so leicht wieder einfangen lassen. Die Freiheit, die wir ihm gegeben haben, wird er eisern verteidigen. Man merkt das immer dann, wenn irgendwer versucht, beispielsweise gegen Hatespeech und Fakenews vorzugehen. Der Shitstorm („ZENSUR!!1“) ist garantiert.
Wir sind mitten in einem Kulturkampf und die Plattformen werden darin mit Sicherheit eine Schlüsselrolle spielen. Gerade weil sie zentralistische Moloche sind und als solche die Einziegen sind, die die Macht haben, in den Meinungskampf einzugreifen. Und wenn das passiert, dann nicht deshalb, weil Mark Zuckerberg die Weltherrschaft an sich reißen will, sondern weil wir ihn darum anflehen werden.
Ja, das ist der Ort an dem wir sind. Es ist kein schöner Ort. Also können bitte die Feuilletonisten und Netzintellektuellen endlich von ihren „Überwachungskapitalismus“-Podien heruntersteigen und anerkennen, dass sie seit Jahren gegen den falschen Feind anrennen?
Und können wir endlich mal eine ehrliche Debatte führen, ohne den Schirrmacherbullshit? Dann wär doch mal was gewonnen.
Dass der „Wutbürger“, die „alt-right“, etc im Netz so erfolgreich sind, liegt imho zu einem großen Teil daran, dass sie die einzigen sind, die „radikal“ genug sind, ans Netz zu glauben.
Sehr schon bei den Piraten zu beobachten: kaum drohte der Erfolg, starb das „Themen statt Köpfe“, weil man ja „richtige“ Politik machen wollte, nicht nur was für „Nerds im netz“. Man wollte ja die Menschen erreichen, und das tut man bekanntermaßen, indem man die Politikrituale der Etablierten nachahmt, also kamen Gendersternchen, Postprivacy und andere Lächerlichkeiten. Das Netz ist ja ganz nett, aber funktionieren tut das doch nicht, haha, werdet doch mal erwachsen.
Und nun? Wer ist der „Kopf“ der Alt-Right? Nein, nicht Trump. Der hat sie nur als nützliche Idioten entdeckt. Wer ist „Kopf“ der „Wutbürger“? Beatrix Storch? Bitte.
Wie Clinton in einem Moment der Klarheit erkannte: ein Zeichentrickfrosch ist ein Erfolgreicherer „Kopf“ als sie.
Und die Themen der Alt-Right? Neben dem definitiv großen Themenkomplex Rassismus/Xenophoibie findet man, wenn man sich die unangenehme Erfahrung mal antut, Blogs wie „chateau heartiste“ oder „return of kings“ zu lesen, Themen wie Medienkritik, Kapitalismuskritik, Kritik an Geheimdiensten, etc.
Selbstverständlich ziehen sie nicht die Schlüsse, die mir (als eher liberallinkem) da vorschweben, aber es demonstriert sehr schön den Fehler im „Themen statt Köpfe klappt nicht“:
Entweder, die Alt-Right ist die Irrelevanz, in der Piraten und andere nicht versinken wollten. Warum reden wir dann über sie?
Oder sie ist es nicht. Dann war es ein Fehler, sich an die alte Politik anzupassen.
Sorry, aber so schnell unterschreibe ich den Ruf nach Zensur nicht. Er wird immer wieder ertönen, und er wird immer wieder neu verpackt werden, aber auch Haß und Wutbürger sind kein Grund, Meinungsfreiheit abzuschaffen. Und ihr wollt wirklich nicht, daß die Instrumente zur Kontrolle der öffentlichen Meinung, des öffentlichen Diskurses dereinst in die Hände rechtspopulistischer Parteien fallen. Nein, Hass ist aus gutem Grund vom Artikel 5 gedeckt. Demokratie ist kein schöner Ort. Es ist auch kein konfliktfreier Ort. Aber es ist ein Ort voller Chancen, an dem wir alle ständig mitgehalten dürfen, mitgestalten müssen. Zensur ist die billige saubere einfache Lösung der Diktatur.
tl;dr: Die Menschen sind gar nicht so gut wie ich immer dachte. Macht da bitte einen Vorhang aus Stoppschildern vor damit ich das nicht mehr sehen muss und zurück kann in meine Traumwelt in der alles so schön rosa war.
Das ist auch nur die halbe Wahrheit. Den Leuten ging und geht es eben nicht gut. Die Wahl von Trump erklärt sich nicht nur dadurch, dass ein Teil seiner Wähler tatsächlich „deplorables“ sind. Das Problem ist ein Establishment, in dem sich auch immer mehr „linke“ Intellektuelle, denen es selbst gut geht, mit dem globalen Kapitalismus arrangiert und von der Verteidigung der Interessen der Massen verabschiedet haben und sich statt dessen um Genderfragen und Minderheiteninteressen kümmern, die zwar an sich legitim sind, aber minder prioritär. Wenn 60 Menschen so viel haben wie die halbe Welt, muss DAS oben auf der Tagesordnung stehen, jeden Tag. Und das Überwachungsthema hat damit durchaus zu tun, da es dabei ja um den Erhalt dieser globalkapitalistischen Machtstrukturen geht.
Die vorgetragene Plattform- wie Staatsgläubigkeit, bei vollkommener Ignoranz der politischen Auseinandersetzungen und der ökonomischen Verschiebungen der letzten Jahre, führt dann dazu, dass man sich eine Menschengruppe als Feindbild wählt und den politisch-wirtschaftlichen Status Quo für großartig erklärt. Dass dabei die Herkunft des Wutbürger-Begriffs ignoriert wird, ist nur folgerichtig in diesem auf so vielen Ebenen falschen und einfältigen Rant. Er gut passt in eine Zeit, in der Rückschrittlichkeit und Herabwürdigung anderer überall um sich greift. Ein Schritt vor, drei Schritt zurück.
Warum die neue Fokussierung der öffentlichen Debatte auf die „Wutbürger“ automatisch die Irrelevanz des Überwachungsthemas bedeuten soll, erschließt sich mir auch nach mehrmaligem Lesen nicht. Bitte erklär das doch mal.
Das, was aktuell deutlich wird ist, dass in allen Bereichen nur noch schwarz oder weiß gilt. Nur müssen wir endlich wahrnehmen, dass die Welt so nicht funktioniert.
Ja bspw. Transparenz ist gut, aber sie hat auch ungute Anteile. Wir scheinen tatsächlich daran zu glauben, es gebe dieses reine, weiße, saubere. Lassen über schwarz oder weiß abstimmen und glauben alles wird gut werden. Dem ist aber nie so, bei keinem Aspekt gibt es nur positive Anteile, da wir aber die Guten ™ sind haben wir jedeni Respekt vor den anderen verloren. Und auch wenn die alt-right Bewegung durch dieses Vorgehen erfolgreich wurde, werden wir sie nur bekämpfen können, wenn wir das Gegenteil tun, mit Respekt auf die andere Seite zu gehen, ihr die Hand reichen, akteptierend, dass sie ihre Sichtweise hat, statt ihr den gleichen ausgrenzenden Hass entgegen zu schleudern.
@ Ben, zwei über mir:
„Das ist auch nur die halbe Wahrheit. Den Leuten ging und geht es eben nicht gut. “
Doch. Viel zu gut. Die Skala ist verschoben. Das was wir als „nicht gutgehen“ betrachten, ist in den allermeisten Ländern eher ein „extrem gutgehen“.
Hier lebt jeder Hartz4 Empfänger besser, als der der König von Frankreich vor 300 Jahren. Stichwörter: Heizung, Hygiene, Nahrungsvielfalt, Gesundheitswesen, etc.
Mich erinnert dieses „Uns geht’s nicht gut“ immer an „Das leben des Brian“:
„Abgesehen von Sanitäranlagen, medizinischer Versorgung, Bildung, Wein, der öffentlichen Ordnung, Bewässerung, Straßen, einem Frischwasser-System und dem Gesundheitswesen, was haben die Römer je für uns getan?“
Heute morgen im ZDF MoMa:
Front Nacional Parteileute machen Parteitag im Anzug und mit Gourmetessen. Erster Interviewpartner: „Die Flüchtlinge sind Schuld, dass es uns so schlecht geht“.
Nein, uns geht es wahrlich nicht schlecht.
Also ich habe mich jetzt gerade extra mit Kind auf dem Arm an den Straßenrand gestellt, um hier zu vermerken: Undifferenziert und angreifbar? Aber hallo! Wenn der Text eine PR-Aktion ist, um dein Buch zu verkaufen – okay. Aber als politische Intervention taugt er so was von gar nicht. Im Gegenteil. Ich finde ihn gefährlich, bedauerlich und derartig simplifizierend, dass man sogar im Minus rausgeht.
Das Wichtigste: Du begräbst unter deinem monströs aufgeblasenen Label „Dystopie eines Schirrmachers oder Snowdens“ ganze Bürgerrechtsbewegungen, den gesamten Neoliberalismus und die Kapitalismuskritik der letzten 10 Jahre, nur um dann am Ende mit „Utopie der Netzgemeinde. Gone horribly wrong“ unterkomplex um die Ecke zu kommen. Dünner geht es nicht! Wenn dein Buch die Argumente hat, bitte her damit. Im Text sind sie jedenfalls nicht.
Und auch philosophisch ist in deinem Text Alarmstufe Rot. „Wir haben kein Problem mit der Unfreiheit des Bürgers. Der Bürger wurde durch das Internet ermächtigt, nicht geschwächt. Er wurde immer mächtiger und mächtiger. Er wurde zum Monster. Und der Staat ohnmächtig.“ Michel Foucault hätte mit dir aber so was von den Boden aufgewischt. Wenn du dem einflussreichsten Machttheoretiker zu genau deinem Thema schon fundamental widerspricht, dann doch bitte mit einem Gegenargument! Stattdessen: feuilletonistische Phrasen wie „Wutbürger“.
Ich bin mir sicher, dass du den Diskurs voranbringen willst, aber das ging jetzt irgendwie komplett in die Hose. Please try again!
Systemtransformation.blogsport.eu
Ganz ehrlich: ich finde deinen text unsachlich und politisch gefährlich.
Die net-community soll sich mal schön selbst an die digitale nase fassen, und fragen, warum sie über 40 jahre eine digitale utopie verteten hat, die komplett an der Realität vorbeiging?
Mögliche Antwortmöglichkeiten von meiner seite:
– zu viel weed, mdma und lsd
– hippietum
– nerdbedingte unsozialität
– zu wenig sex, weil schüchtern
– keine ahnung von kapitalismus
– keine ahnung von staat
– bürgerliches mackertum
Jetzt so zu tun, als „müssten alle aufwachen“ ist der letzte Schwachsinn.
Die Leute können (!!!) nicht mehr aufwachen.
Warum????
Weil die „netcommunity“ in ihrem „öffentlichen leben“ als admins und programmierer alle produkte für staat und kapital entwickelt hat, die das verhindern.
ablenkungsmöglichkeiten wie youtube und computerspiele
social entertainment networks wie fb
einschüchterungsinstrumente wie google, vorratsdatenspeicherung, face recognition software, drohnen usw
betrugsportale wie loovoo, tinder, ok cupid usw
usw
undsofort
Das Ding ist leider durch.
Danke liebe netcommunity
Lars
Sorry, aber Ursache und Wirkung verwechselt. Dass das zwei parallele Entwicklungen sind, kommt Dir nicht in den Sinn? Sich nur auf ein Problem zu konzentrieren, funktioniert heutzutage halt nicht mehr.
Aus: Das Neue Spiel, S. 233 – 235: Regel 9 und quasi das Fazit des Buches.
Wir sind der Endgegner
Wenn wir versuchen, ein grobes Bild der nächsten zehn bis zwanzig Jahre zu zeichnen, sehen wir, dass eben nicht die Geheimdienste, nicht der Staat und nicht einmal die zentralistisch kontrollierten Plattformen die größte Herausforderung darstellen. Der Endgegner des Neuen Spiels ist nicht einer der mächtigen Akteure des alten Spiels, sondern wir sind es selbst. Und die Herausforderung, die wir entgegen allen Sträubens annehmen müssen, liegt darin, ohne die kontrollierenden Kräfte des alten Spiels auszukommen. Wir sind noch nicht so weit. Die meisten von uns sind im Kopf noch immer fest im 20. Jahrhundert verankert und weigern sich die neuen Spielregeln überhaupt nur anzusehen, geschweige denn zu verstehen. Der Kontrollverlust macht uns Angst, und aus dieser Angst heraus – und weil wir es so gewohnt sind – fordern wir Schutz. Der Staat soll uns beschützen: vor den Plattformen und vor den Geheimdiensten. Die Geheimdienste sollen uns beschützen: vor anderen Geheimdiensten und den Terroristen. Die Plattformen sollen uns beschützen: vor einander, vor dem Staat und den Geheimdiensten. Wir wissen im Grunde, dass wir Dinge wollen, die einander widersprechen. Doch wir haben gelernt, dass wir Rechte haben; also fordern wir sie ein, ohne darüber nachzudenken, dass wir es mit verschiedenen Playern und gegenläufigen Interessen zu tun haben. Diese Vorgehensweise bringt uns in eine gefährliche Situation: Wir stärken die, die wir fürchten, und geben freiwillig unsere Werkzeuge zur Selbstbestimmung aus der Hand. Diese Strategie wird nicht lange gutgehen. Im schlimmsten Fall wird sie sogar in einem nicht mehr eingrenzbaren Machtungleichgewicht enden. Derweil sind wir vor allem von uns gegenseitig überfordert. Wir schließen uns Shitstorms an, wir lassen uns provozieren oder provozieren andere, eskalieren hier einen Streit oder tragen dort ein Scheingefecht aus. »Da hat jemand unrecht im Internet!«3 ist unser Schlachtruf. Wir sind intolerant gegenüber den Lebensweisen, Meinungen, kulturellen Hintergründen und Ideologien der anderen. Die digitalen Tools haben die Einzelnen – in der Summe die Zivilgesellschaft – ermächtigt. Wir haben alle mehr Möglichkeiten, mit anderen zu kommunizieren, uns zusammenzuschließen, um unsere Interessen durchzusetzen, uns zu organisieren. Aber wir verwenden diese Möglichkeiten dafür, uns gegenseitig am Fortkommen zu hindern. Dabei lernen wir uns doch einfach nur kennen. Das Internet hat den Raum zwischen den Menschen schrumpfen lassen. So lernen wir, was andere Menschen denken, was für Probleme sie haben und wie sie sich Lösungen dafür ausdenken. Wir werden dabei mit Sichtweisen konfrontiert, die wir bisher nur vom Hörensagen kannten. Das alles ist oft schmutzig, meist mehr als irritierend. Manchmal fühlen wir uns angegriffen, manchmal verhöhnt. Aber das ist nicht das Internet, es sind die Menschen. Mit dem Kontrollverlust kommt alles ans Licht. Die Welt ist tatsächlich voller Hass, Missgunst, Rassismus, Sexismus – und das ist ein großes Problem. Der Hass und die Menschenfeindlichkeit sind nicht durch das Internet hervorgerufen worden, sondern bilden sich dort nur ab. Und von dort speien sie uns an. Die NSA mag die theoretische Möglichkeit haben, jeden Einzelnen von uns unter Druck zu setzen, einzuschüchtern und zu terrorisieren. Vielen Menschen passiert genau das jeden Tag, und sie werden da durch effektiv zum Schweigen gebracht – aber nicht von der NSA, sondern von Trollen, Maskulinistinnen, Nazis oder anderen Menschen feinden. Insofern hat das tägliche Drama im Netz auch seinen Zweck. Hinter fast allen Reibungspunkten stecken ungelöste soziale Probleme. Probleme, die es immer gab, die wir aber im alten Spiel leichter ausblenden konnten. Im Netz gibt es immer eine kritische Masse an Menschen, die einen Missstand für skandalös genug halten, um ihn anzuprangern. Das ist anstrengend, aber eine gute Sache. Nur so kann gesellschaftlicher Fortschritt funktionieren. Schade ist nur, dass die täglichen Kleinkriege auch die emanzipativen Bewegungen spalten und segmentieren. Die Zivilgesellschaft steht sich in allererster Linie selbst im Weg. Durch Hass und sozialen Druck werden Menschen klein, stumm und unsichtbar gemacht. All das trifft die Schwächsten am härtesten: die Marginalisierten, die Diskriminierten und die, die ein empfindsames Gemüt haben. Wir werden uns noch eine ganze Weile gegenseitig wehtun, bis wir feststellen, dass die digitalen Tools nur deswegen so viel Leid ermöglichen, weil sie uns eine neue Macht gegeben haben. Eine Macht, mit der wir nicht umzugehen gelernt haben. Eine Macht, für die es unzureichende Regeln, wenig effektive Mechanismen der Kontrolle und kaum herausgebildete kulturelle Praktiken gibt. Der wahre Endgegner ist unsere Unfähigkeit, uns selbst als die Nutznießer dieser Macht zu begreifen.
oopsi, gestern noch sagte ich dies bei mir zuhause …
man könnte auf den ketzerischen gedanken kommen, daß die digitale boheme mit ihrem hysterischen ton seit einem jahrzehnt erst das setting für den der „besorgten bürger“ geliefert hat und das wohl auch der grund sein könnte, warum aus treten im hamsterrad politisch gesehen bislang einfach nicht ‚rum gekommen ist ausser eben dieser ständig hysterischen alarmbereitschaft.
und nun deine post …
was schirrmacher betrifft, ich weiss nicht so recht, ob das nicht der falsche dummy ist zum draufprügeln. ich hab‘ mich ja auch oft geärgert über seine fähigkeit, intelligente lektüre aufzuschnappen und sie dann für sich zu vereinnahmen, aber … naja, es gibt unverständigere und seine einsicht, daß sarrazyn ein epigone von houston chamberlain ist, fand ich schon bemerkenswert
und
ist mein „wir haben dem feind eine geladene waffe in die hand gedrückt … und er sagt nicht mal danke“
fehlt noch „wir sollten nur noch die hälfte von dem machen, was wir so machen und die so gewonnene zeit damit zubringen, darüber nachzudenken, ob wir es überhaupt tun sollten.“ ich habe halt ziemlich dumme ideen
institutionen sollten dazu da sein, menschen ihre rechte zu garantieren. auf diese rechte zu beharren, selbst wenn man deren relevanz im eigenen alltag nicht spürt, ist ein kampf um prinzipien – keiner gegen die instutionen als solche.