Bewerbung

Hallo Transparency International,

Wie ein Vöglein mir vom Dach zupfiff, wird bei Ihnen demnächst die Stelle des Ethikbeauftragten frei. Ich möchte also die Gunst der Stunde nutzen, um mich hiermit auf diese Stelle zu bewerben.

Zu meiner finanziellen Situation:

Wie man so hört, soll es ja durchaus der Karriere bei Ihnen hilfreich sein, wenn man sagt, dass Geld für einen keine Rolle spielt. Natürlich gilt das für einen Ethikbeauftragten noch viel mehr.
Mit Freuden kann ich deshalb vermelden, dass ich durch die großzügigen Zuwendungen verschiedener Unternehmen und Verbände nicht auf das von Ihnen zu zahlende Gehalt angewiesen bin. Die Unternehmen und Organisationen, die meine Karriere als Ethikbeauftragter in Ihrer Organisation wohlwollend zur Kenntnis nehmen würden, nennen mich jetzt schon „Mr. Persilschein“. Sie haben mir auch zugesagt, mein Honorar zu verdoppeln, falls ich den Job bei Ihnen bekomme. Machen Sie sich also ums Finanzielle keine Sorgen. Das regeln wir schon.

Es ist natürlich evident, dass ein Ethikbeauftragter vor allem eine bestimmte moralische Eignung mitbringen muss:

Schon als Kind konnte ich schwächere Mitschüler um ihr Pausenbrot bringen, indem ich ihnen elterliche Sanktionen angedroht habe, die nichts als heiße Luft waren.

In meiner Zeit als Mitarbeiter einer russischen Inkassofirma hatte ich den Spitznamen „Antichrist“ und galt als besonders gewissenlos im Umgang mit den finanziellen Losern dieser Gesellschaft.

Meine Mutter habe ich verkaufen müssen als die Müllentsorgungsfirma in die ich all mein Geld gesteckt hatte, wegen angeblich illegaler Umweltverschmutzung dichtgemacht wurde.

Als Interessenvertreter arbeite ich zur Zeit für einschlägige Lobbyverbände. (Der Wortlauf der neuen Urheberechtsnovelle stammt übrigens von mir.)

Ausbildung:

Des Weiteren bringe ich eine absolute Unbedarftheit in rechtlichen Fragen mit. Ich bin zwar noch dabei mir einen Doktortitel zu … zuzulegen, die Verhandlungen kann man aber durchaus als fortgeschritten zu bezeichnen.

Wie man hört, sind für diesen Job auch besondere Softskills erforderlich:

Meine Dialogbereitschaft habe ich schon früh gegen eine verzweifelte Haudrauf-Mentalität eingetauscht.

Die Selbstherrliche Arroganz, die ich an den Tag lege, schützt mich vor jeglicher Art von Selbstzweifel.

Ich hoffe, sie werden meine Bewerbung wohlwollend zur Kenntnis nehmen. Falls ich den Job nicht bekomme, dann werde ich mir übrigens vorbehalten gerichtlich gegen Sie vorzugehen, … wegen … wegen Mißbrauchs der Geschäftsordnungs- …äh – veranlassungsklausel … oder so was, mal sehen. Sie wissen sicherlich, wie teuer das werden kann!

Verehrten Gruß,

mspro

5 Gedanken zu „Bewerbung

  1. Das habe ich jetzt mit einem ausgeprägtem Schmunzeln gelesen. Vielleicht der richtige Weg, sich dem Thema zu widmen. Ich schmunzle noch immer…

  2. Schmunzeln ist erlaubt, solange es meine Persönlichkeitsrechte nicht beeinträchtigt 😉

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