Krasse Links No 24.

Willkommen bei Krasse Links No 24. Stachelt Eure Weirdness durch den Algo, heute zertrommeln wir die Schwerlosigkeit der Macht.


Die Financial Times berichtet, dass die Techbranche alleine dieses Jahr über hundert Milliarden Dollar in KI-Infrastruktur investiert.

Microsoft, Alphabet, Amazon and Meta all revealed massive increases in spending in the first six months of 2024 — totalling $106bn — in their latest quarterly earnings reports, as their leaders brushed off stock market jitters to pledge further investment hikes over the next 18 months.

Und das ist erst der Anfang.

Analysts at Dell’Oro Group now expect as much as $1tn could be channelled into infrastructure such as data centres within five years, even though the companies have so far failed to convince investors that their customers are prepared to spend big on AI products and services.


Edward Zitron, der schlecht gelaunte Silicon Valley Insider, nahm die Nachricht, dass OpenAI auf dem Weg ist, dieses Jahr 5 Milliarden Dollar Miese zu machen, zum Anlass einen seiner ellenlangen Blogposts (mit ehrlich gesagt extrem viel Redundanz) zu schreiben und dem Unternehmen den Untergang vorherzusagen. Er gibt OpenAI höchstens ein bis zwei Jahre, bevor es unter der einen oder anderen unerfüllbaren Erwartung zerbricht. Um dem zu entgehen, muss OpenAI mindestens ein paar dieser Dinge schaffen:

  • OpenAI’s only real options are to reduce costs or the price of its offerings. It has not succeeded in reducing costs so far, and reducing prices would only increase costs..
  • To progress to the next models of GPT, OpenAI’s core product, the company would have to find new functionality
  • OpenAI is inherently limited by GPT’s transformer-based architecture, which does not actually automate things, and as a result may only be able to do „more“ and „faster,“ which does not significantly change the product, at least not in such a way that would make it as valuable as it needs to be.
  • OpenAI’s only other option is to invent an entirely new kind of technology, and be able to productize and monetize said technology, something that the company has not yet been able to do.

Zitron und andere trommeln seit Monaten diesen Beat, ich ja auch seit einiger Zeit, und seit Wallstreet und Massenmedien eingestiegen sind, ist er eigentlich kaum mehr überhörbar und wird durch immer mehr Indizien gedeckt, und ja, die Tech-Werte wackeln schon, aber das oben erwähnte 100 Milliardenloch wird trotzdem weitergeschaufelt?

Meine Vermutung: Man kann dem „Markt“ gerade beim Denken zuschauen. Und weil er Informationen ganz zufällig so langsam verarbeitet, wie ein sich enorm überschätzt habender Tech-Oligarch, der getrieben von der allzumenschlichen „Sunk Cost“-Fallacy immer noch auf ein Wunder hofft, braucht er halt ein bisschen?


Max Read stellt die sehr berechtigte Frage: „Why is Bitcoin even a campaign issue in 2024?“ und seine Betrachtungen sind lesenswert. Denn tatsächlich sollten sich auch die Cryptokritiker eingestehen, dass die These, die erhöhten Leitzinsen würden Crypto den Gar ausmachen, nicht aufgegangen ist. Irgendwie haben es die Crypto-Bros geschafft, Bitcoin in die Welt der Schwerkraft zu transferieren, auch wenn die Stimmung nun eine ganz andere ist, als zu „Web3“-Zeiten:

The residual, streamlined, post-FTX, post-web3 crypto culture is interesting. It’s mostly divested itself of the pretense of non-speculative utility that served as a cover for the web3 bubble; you don’t really hear many start-ups pitching blockchain solutions anymore. What’s left is a core group of ideologically and financially committed young men, a mix of hustlers and marks (almost everyone in this scene is both at once), who buy deeply into crypto’s promise of financial independence, if not always the full anarcho-capitalist program that spawned the tech.

Bitcoin ist jetzt jetzt zwar kein Tool mehr, um irgendein Problem zu lösen, aber ein „anerkanntes“ spekulatives Anlageobjekt und hat damit eine zweite Gruppe von Trommlern akquiriert, die in ihren Beat einstimmen:

This base is joined in the current crypto coalition by a collection of somewhat more pragmatic, often institutional investors–think Larry Fink of the immense investment management firm BlackRock–who have less of an ideological commitment and simply like crypto (and especially Bitcoin) as a speculative “non-correlated” asset.

Es ist vielleicht ein historischer Zufall, dass just in dem Moment, in dem das ganze Crypto-Scheme zusammenbrach, die SEC die Freigabe von Bitcoin-ETFs bekanntgab. Die Riesenpauken von Jericho Wallstreet machen eine Menge her. Für Wallstreet ist Bitcoin zwar nur ein „uncorrelated asset“, dass sie zum „Hedgen“ (also zum Risikoausgleich) von strukturierten Portfolios verwenden können. Sie geben nicht mal mehr vor, dass ein Bezug zur materiellen Realität in ihren Modellen eine Rolle spielt. „Number Go UP“ plus ein bisschen Zahlenwoodoo reicht vollkommen.

Crypto ist angetreten den Finanzmarkt zu ersetzen, und hat ihn stattdessen als zynische Clownveranstaltung enttarnt. Das wäre alles furchtbar lustig, aber leider bestimmen diese Clowns unsere materielle Realität und lenken die Ressourcenströme, die unsere Zukunft bauen.


Threads hat die 200 Millionen Usermarke durchbrochen und das ist ein guter Take:

Zumindest, wenn man das irreführende Wort „Monopol“ mit „hoher Netzerwerkzentralität“ tauscht und dazu versteht, dass das kein Ausrutscher ist, sondern dass Kapitalismus immer so funktioniert.

Mir wurde übrigens auch klar, warum Threads so schlecht darin ist, trotz dieser User-Zahlen öffentliche Relevanz zu erzeugen. Der Threads-Algorithmus arbeitet dezidiert a-rhytmisch und zerlegt jeden Beat in zusammenhangslose Soundfetzen.


Alle reden davon, dass die Kamala Harris-Kamapagne das Wort „weird“ als effektive Waffe gegen Trump/Vance entdeckt hat und alle lieben es. Die Argumentation geht so, dass Trump und Vance sich kaum gegen den Vorwurf wehren können, schließlich ist er so vage, dass man ihn nicht widerlegen kann und die Beteuerung, man wäre gar nicht „weird“ klingt wie eine Bestätigung der These.

Ich will das Manöver auch gar nicht auf taktischer Ebene kritisieren. Es sieht so aus, als würde der Ausdruck tatsächlich gut auf Trump und Vance im aktuellen, kulturell-politischen Moment passen und könnte einen mehrheitsfähigen Beat gegen den Faschismus anstimmen.

Ich will aber auf strategische Untiefen hindeuten, in die man sich mit der Rede von der „weirdness“ begibt. Denn „weird“ bleibt eine Ausgrenzungsgeste des Andersartigen und passt damit grundsätzlich auf alle (noch) nicht-etablierten Semantiken. Mit „weird“ wird kein Problem beschrieben, sondern eine Abweichung konstatiert und diszipliniert und deswegen fällt es mir schwer, dabei einzustimmen.

Let’s face it: ich bin weird. Dieser Newsletter hier ist weird. Ihr alle seid „weird“ weil ihr das hier lest.

Im Gegenzug schreibe ich den Newsletter nur deswegen, weil mir die Welt „weird“ geworden ist. Ich habe die Ungleichzeitigkeit zwischen materieller Realität und etablierten Erzählungen nicht mehr zusammenbekommen und meine weirdness ist nur die Spiegelung dieser Entfremdung.

Und auch wenn ihr der festen Meinung seid, dass ich hier eh nur quatsch erzähle und es kein Verlust wäre, wenn Leute wie ich einfach ausgegrenzt werden: die Gesellschaft braucht weirdness, um aus angestammten Semantiken auszubrechen und sich weiter zu entwickeln.


Das Schöne an dem Bild mit dem Beat ist ja, dass es auch die Öffentlichkeitsstruktur der AGI-Debatte gut erklärt. Da haben wir zum einen die Leute, die vor den existentiellen Gefahren vor AGI warnen (Longtermists) und dann gibt es die Leute, die meinen, man muss AGI mit allem was geht und gegen alle Bedenken durchdrücken (e/acc), aber wenn man ein bisschen in die Debatte reinhört, dann merkt man schnell: es ist derselbe Beat, nur phasenverschoben.

In diese Psydodebatte hat sich nun auch Vatlik Buterin eingeschaltet und ich kann nicht anders, als seinen Text zu empfehlen. Meine persönliche Theorie zu Buterin ist, dass er eigentlich zu intelligent und mitfühlend ist, um mit den Cryptobros rumzuhängen, aber irgendwie ist er in diese Strukturen materiell und semantisch zu sehr verstrickt, als dass er daraus ausbrechen kann und man merkt seinem Text an, wie sehr er sich müht, von diesem toxischen Startpunkt aus einen einen Weg in die Vernunft zu finden und dabei scheitert.

Der Text ist aber vor allem deswegen lesenswert, weil Buterin so intellektuell aufrichtig ist, nicht nur die apokalyptischen AGI-Szenarien auszumalen, sondern auch mal deren „utopische“ Gegenerzählung auszubuchstabieren:

It seems very hard to have a „friendly“ superintelligent-AI-dominated world where humans are anything other than pets.

Ich glaube ja nicht an AGI, aber wenn selbst die Tech-Bros mit nichts besserem kommen können, als einer Zukunft, in der wir all unsere materielle Handlungsmacht verlieren und als endgültig atomisierte und entkörperlichte „Individuen“ den Hitzetod der Gesellschaft im Metaverse feiern, zusammen mit unseren KI-Freund*innen, deren Haustiere wir eigentlich sind, dann liegt die Frage auf der Hand:

Kann ich das Extinction-Szenario noch mal sehen?


Lewis Waller hat in seinem empfehlenswerten Channel „then & now“ eine sehr überzeugende Historie und Kritik der Massenmedien und damit der medialen Öffentlichkeit vorgelegt.

Wie Euch vielleicht aufgefallen ist, ist es fast unmöglich, heute eine Fundamentalkritik der Medien auszusprechen, die weder in die Falle tappt, der rechten Semantik des Elitenbashings auf den Leim zu gehen, noch den weit schlimmeren Fehler begeht und die Elitenverbundenheit der Massenmedien leugnet.

Waller aber schafft das, indem er sich die Zeit nimmt, die Geschichte der Massenmedien von der Druckerpresse bis Jordan Peterson zu erzählen ohne dabei den Blick auf die politische Ökonomie der Branche zu verlieren.

Dabei kommt er zu dem sehr nachvollziehbaren Schluss, dass, ja, die Mainstreammedien Elitenmedien und Biased as Shit sind (aber eben anders als die rechten erzählen), aber die rechten „alternativen“ Medien eben auch Elitenmedien und noch viel biaseter as Shit sind. Ihr Trommeln dient nur einem Eliten-internen Machtkampf.


Andreas Knie, der Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität hat einen Gastbeitrag in der Frankfurther Rundschau über den Zustand der Bahn geschrieben und greift darin vor allem die Idee der Trennung von „Netz und Betrieb“ an. Im Gegensatz zu Straße und Auto, so Knie, müsse man Schiene und Bahn als operationale Einheit verstehen.

Die Eisenbahn dagegen funktioniert nur als integriertes System unter einer Leitung. Züge und Schienen sind ein geschlossenes, aufeinander abgestimmtes Gebäude: Trasse und Traktion ist eine Produktionseinheit.

Das Chaos bei der Bahn ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie die eisenharte Durchsetzung der Ideologie des Marktes funktionierende Systeme an den Rand des Zusammenbruchs bringen kann.

Betrachten wir das ganze einmal mit der Brille der Ökonomie der Abhängigkeiten: Auf die Bahn sind viele Menschen angewiesen aber auf unterschiedliche Weise. Der eine pendelt beruflich zwischen München und Berlin, die andere besucht jeden Sonntag ihren Bruder in der Nachbarstadt und alle sind irgendwie ein bisschen davon abhängig, mehr oder weniger spontan an jeden Ort in Deutschland kommen zu können. Die Bahn hat damit eine enorm hohe Netzwerkzentralität im gesellschaftlichen Gesamtgefüge.

Der „Markt“ ist in dieser Theorie nur der Umstand, dass es mehre unabhängige Infrastrukturen zur Befriedigung einer bestimmten Abhängigkeit gibt, was die relative Netzwerkzentralität der Anbieter reduziert. Das ist nicht nichts und kann zu einer gewissen Preis- und Produktdisziplin führen, aber die Frage ist: trifft das auf den Bahn-Wettbewerb überhaupt zu?

Mehrere Bahnunternehmen, die auf einem „neutralen“ Netz operieren schaffen in den wenigsten Fällen alternative Verbindungen mit alternativen Preisen. Meist ist es so, dass Strecken aufgeteilt werden: Strecken in die ein kleinerer Anbieter reingeht, wird für die Bahn unwirtschaftlich und wird geschlossen, bzw. Ressorceninputs dahin werden reduziert.

Doch Abhängigkeiten sind immer relational zwischen zwei Akteuren und die Strecke München – Berlin subsituiert nun mal nicht die Regionalbahn in die Nachbarstadt und umgekehrt und so kommt es, dass durch den angeblichen „Wettbewerb“ gar keine Netzwerkzentralität reduziert, sondern nur umgeschichtet wird. Die Preise geben dann höchstens kurzfristig nach, aber sobald jedes Bahnunternehmen seine jeweiligen Strecken monopolisiert hat, muss Rendite erwirtschaftet werden. Gleichzeitig muss aber für den Betrieb der Bahn immer mehr organisatorische Apparate einbezogen werden, die das Gesamtsystem instabiler werden lassen.

Der Wettbewerb hat gigantische Zentrifugalkräfte entstehen lassen, die keiner mehr überblickt, die vermeintlichen Wettbewerbsvorteile sind nur zulasten der unteren Beschäftigtengruppen erreicht worden, während Overhead und beteiligte Anwaltskanzleien gut verdient haben. Es gibt komischerweise auch nur einen Fachkräftemangel bei Busfahrerinnen und Busfahrern, nicht bei Zweckverbänden. Innovationen kommen in diesem Wettbewerbsverfahren auch nicht vor, da nur die Kosten betrachtet werden und die Angebote für Jahrzehnte nicht verändert werden können, sonst drohen Klagen der Unterlegenen.

Knie schlägt Radikalmaßnahmen vor:

Es muss sofort notoperiert werden. Alles, was nicht zum Eisenbahngeschäft gehört, wird verkauft, die Länder geben den SPNV wieder zurück an eine neu gegründete „Deutsche Eisenbahn Gesellschaft“, die vom Eisenbahnbundesamt kontrolliert und überwacht wird. Hier können dann die Länder ihre Interessen einbringen, diese werden aber alleine einer bundesweiten Systemlogik unterstellt.


Der Chefkomentator der Financial Times, Martin Wolf, appelliert an die Milliardäre, Trump nicht zu unterstützen und sein Hauptargument besteht darin, sie darauf hinzuweisen, dass ihr Reichtum von eben jenem System abhängt, das sie durch ihre Trumpunterstützung angreifen.

The plutocrats who support Trump may remain safer than Berezovsky. But can they really be as free as they want? Yes, a further erosion of democracy might protect them from interference by the elected politicians they detest. But the men they put in power, in their stead, have a tendency to turn themselves into absolute rulers. Nobody can then be truly safe.

Der Verweis auf „Berezovsky“ bezieht sich auf eine Anekdote, die Wolf am Anfang erzählt.

In 1999, the late Boris Berezovsky had lunch with the editor and senior journalists of the FT. I had already met him in Moscow on several occasions. Berezovsky had just played a role in persuading those close to Boris Yeltsin to appoint Vladimir Putin, then head of the FSB, Russia’s security service (whom Berezovsky had known when Putin was deputy mayor of St Petersburg), to be prime minister and his successor as president. “Why”, I asked, “did you trust a former KGB agent with power?” I have long remembered his reply: “Russia”, he said, was “now a capitalist country. In capitalist countries, capitalists hold power.”

My jaw metaphorically dropped. Berezovsky was an intelligent, ruthless and cynical man, who had lived much of his life in the Soviet Union. He was also a Russian, who knew Russia’s brutal history. Yet he appeared to believe Marxist claptrap about where power would lie in supposedly “capitalist” Russia. Of course, he was wrong. Power lay in the hands of the man in the Kremlin, where it always had. Perhaps I am too harsh on him. Western leaders seem to think that sanctions on Russian oligarchs might influence Putin. I have no idea why.

Was Berezovsky damals noch nicht verstand und was Wolf bis heute nicht zu verstehen scheint, ist, dass es in Putins Russland keinen Unterschied zwischen Politik und Wirtschaft gibt. Das Oligarchensystem funktioniert kurzgesagt so, dass Du wirtschaftlich nicht gegen den Willen Putin existieren kannst, aber in der Politik mitreden darfst, wenn Du dem Chef „Gefallen“ tust.

Damit wird aber nur ungeniert vorgetragen, was auch im Westen hinter dem Vorhang passiert. Der ganze Witz an Donald Trump ist doch, dass er sich seinen Oligarchenstyle in den Jahrzehnten des unbehelligtem Betrügen und Belügen als „Geschäftsmann“ angewöhnt hat. Ab einer bestimmten wirtschaftlichen Macht sind Gesetze nur noch teuer verstellbare Hindernisse und Politik ein lästiges Ritual.

Der größte Trick, den der Teufel je gepulled hat, war uns weis zu machen, dass Ökonomie etwas von der Politik abgrenzbares ist. Das war die entscheidende, ideologische Pfadentscheidung, die im Neoliberalismus und von dort in der heutigen Oligarchie gipfelt. Die „Ökonomie“ dient als Wissensobjekt nicht der Erkenntnis, sondern der Verschleierung. Sie ist der ideologische Vorhang, der uns die Sicht auf essentielle Eigenschaften der Wirtschaft verwehrt:

  • Dass alles, was in der Privatwirtschaft passiert, von der materiellen, rechtlichen und semantischen Infrastruktur des Staates abhängig ist. Ohne Staat kein Eigentum, keine Sicherheit von Vermögen, keine Transportinfrastruktur, etc.
  • Dass all diese materiellen, semantischen und rechtlichen Infrastrukturen grundsätzlich änderbar sind.
  • Es fällt aus dem Blick, dass der Staat auch der stärkste wirtschaftlicher Akteur ist, der, sobald er Abhängigkeiten durch öffentliche Infrastrukturen bedient, das ganze Marktgeschehen komplett umstrukturieren kann.
  • Am deutlichsten grenzt dieser Blickwinkel den riesigen Anteil an Wertschöpfung aus, der in Form von Carearbeit in den Haushalten die Gesellschaft reproduziert.
  • Umgekehrt macht diese Trennung unsichtbar, dass Infrastrukturen politisch sind. Es ist nicht egal, wie ein Unternehmen geführt wird, wie die Infrastrukturen beschaffen sind und wie sie unsere Gesellschaft reproduzieren.
  • Und die Trennung macht unsichtbar, dass unsere Zukunft als Gesellschaft und als Menschheit von Projekten der Oligarchen gestaltet wird. Und habt ihr diesen Leuten in letzter Zeit mal zugehört?

Im Guardian hat George Monbiot einen Kommentar über den Vorschlag Brasiliens geschrieben, eine weltweite 2% Milliardärs-Vermögenssteuer einzuführen.

Radical? Not at all. According to calculations by Oxfam, the wealth of billionaires has been growing so fast in recent years that maintaining it at a constant level would have required an annual tax of 12.8%. Trillions, in other words: enough to address global problems long written off as intractable.

Monbiot hat viele Zahlen zusammengetragen, die, wenn man sie auf sich wirken lässt, ein Gefühl der einsetzenden Ohnmacht aufkommen lassen.

In the two years following the start of the pandemic, the world’s richest 1% captured 63% of economic growth. The collective fortune of billionaires rose by $2.7bn a day, while some of the world’s poorest became poorer still. Between 2020 and 2023, the five richest men on Earth doubled their wealth.

Und er macht klar, dass das alles direkt auf unsere Kosten geht:

Billionaire wealth impoverishes us all: astonishingly, each of them produces, on average, a million times more carbon dioxide than the average global citizen in the bottom 90%. Billionaires are a blight on the planet.

Ich sag jetzt mal etwas „weirdes“:

Wir müssen der Macht der Milliardäre eine Grenze setzen, bevor es zu spät ist!

Was meine ich mit zu spät? Auf dem Weg vom demokratischen Kapitalismus zum Neofeudalismus gibt es einen „Point of no Return“. Es ist der Punkt, an dem die Netzwerkzentralität der Milliardäre so unangreifbar geworden ist, dass wir ihre Macht mit demokratischen Institutionen nicht mehr eingrenzen könnten, selbst wenn wir wollten. Und dieser Punkt ist viel, viel früher, als der, an dem wir alle merken, dass wir nicht mehr frei sind.

„I think we are all either vaguely or painfully aware that, regardless of changes of government, our needs will be met only if they coincide with the demands of capital. If they run directly counter to those demands, however great and consistent our wishes might be, they scarcely stand a chance.“

Meine Vermutung: Der Zeitpunkt ist jetzt. Die Machtakkumulation beschleunigt sich immer weiter und führt bei einigen (Musk, Thiel, Ackman, Sachs, Mercer, ect) bereits zu einem erwachenden „Klassenbewusstsein“.

Wer die Serie „The Boys“ verfolgt, sieht diesen Prozess präzise im Charakter des Homelander verkörpert, den der eingeübte Blick von Oben in jene Schwerelosigkeit befördert, in der Menschen nur noch lästige zu managende Hindernisse sind. Es geht schon lange nicht mehr um Geld, sondern um die Aussicht auf unantastbare Macht.

Attac und Occupy Wallstreet sind ne Weile her und die Linke scheint unfähig, sich noch auf irgendwas zu einigen. Doch hier wäre doch die Gelegenheit, einmal mit einem breiten Bündnis, möglichst auch international vernetzt, die große Trommel zu rühren.

So here’s the test the G20 governments face: 3,000 versus 8 billion. Do their loyalties lie with 0.00004% of the world’s population, or with the rest? If your government seeks to block the Brazilian proposal, you will have your answer.

Wenn wir es schaffen würden, Hunderttausende auf die auf die Straße zu bringen, nur für diese Forderung und dadurch die bereits vorhandene, deutliche Mehrheit für eine Vermögenssteuer in einen unleugbaren Wunsch des Wahlvolkes verwandelten, dann könnte man den G20 Gipfel im November als Test verstehen: Leben wir noch in einer Demokratie, oder ist der Zug schon abgefahren?

5 Gedanken zu „Krasse Links No 24.

  1. @mspro Ja. Das Thema "Weird" ist schwierig.

    Jede andere Gruppe würde sich "Weird & Proud"-T-Shirts drucken. Aber diese Leute wollen das Normale sein.

    Aber vielleicht funktioniert es deswegen auch nur bei den MAGAs und an den meisten anderen perlt es ab. Aber ich bin vermutlich zu privilegiert, um das echt einschätzen zu können.

  2. @kaffeeringe @mspro ich find das ist ein guter take. Es ist natürlich ein zweischneidiges Schwert, aber auch ein bisschen Judo. “weird” als attacke tut Leuten, die Normalität für sich selbst und gegen die Out-Group definieren wollen, mehr weh, als Leuten die mit Diversität klar kommen

  3. @kaffeeringe @mspro mir gefällt daran auch, dass es einen selbst nicht notwendigerweise über den anderen erhebt, implizit sollte die Aussage lauten “du bist *auch* weird, weird sein ist nicht per se falsch, aber du hast keinen Anspruch auf Normativität”

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