Free Razan

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Update: 18.12.11 22:45 Razan ist wieder frei! Puh! Ein Stein fällt mir vom Herzen. Ich hoffe, es geht ihr gut.

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Ich habe Razan Ghazzawi in Kairo kennengelernt, auf dem Young Media Summit, einer Blogger-Konferenz der Deutschen Welle. Den anderen Syrer in der Gruppe, Hussein, hat sie, wie ich, auch erst dort kennengelernt. Hussein war einer der fröhlichsten und humorvollsten unter den Teilnehmern, ich hab mich sofort gut mit ihm verstanden. Ebenso mit Razan, die als lesbische und homoaktivistische Feministin einen schweren Stand in ihrem Land hat. In Kairo hatte sie sich die Haare kurz geschnitten. Sie sagt, in Syrien hätte sie das nicht machen können. Sie wollte nicht wieder zurück.

Sie war die ganze Zeit sehr ernsthaft und gleichzeitig sehr herzlich. Sie ist in ihrer Identität und ihrem Auftreten für die arabische Welt sicher sehr radikal, aber sie weiß das auch. Sie ist nicht eine von denen, die sich eifernd, moralisch über andere stellt, sondern den Standpunkt vertritt, dass man die Kultur und die Politik nur im ständigen Dialog verändern muss. Sie ist auch gleichzeitig sehr realistisch. Sie weiß, dass sich nicht alles zugleich ändern kann, so sehr sie sich das auch wünscht. Ich bewunderte ihre Geduld und ihre Zuversicht, sie ist klug und besonnen, trotz ihrer Lage. Ich mochte sie sofort.

Als wir in Gruppen loszogen, um in Kairo zu recherchieren – die Revolution war erst einige Wochen her – war ich mit ihr, Hussein und Hannah – eine der deutschen Teilnehmerinnen – unterwegs. Wir wollten gezielt mit Jugendlichen reden. Was sind ihre Hoffnungen, ihre Ängste? Was hatte sich nach der Revolution für sie geändert? Außerdem wollten wir mehr über das Problem der sexuellen Belästigung wissen, das in Kairo ein großes Problem ist. Wir waren in diesem wunderschönen Park – dem Al-Azhar Park – unterwegs – ich habe das mal hier zusammengefasst, Hannah ausführlicher hier und Hussein hier verbloggt.
razan, hussein, hannah
(v.l.n.r. Hussein, Razan, Hannah)

Razan und Hussein intervieweten die Jugendlichen auf arabisch und übersetzten für uns Deutsche ins Englische. In den Gesprächen wurde immer klarer, dass es nach dem Sturz Mubaraks vor allem an Vertrauen in der Bevölkerung untereinander fehlt. Insbesondere die ethnischen Spannungen zwischen Kopten und Muslimen (wir sprachen mit beiderlei) äußerten sich in Misstrauen und Verdächtigungen gegenüber der anderen Seite. Die Gesellschaft driftet auseinander.

Mitten im Interview mit ein paar jungen Kopten wurde Hussein plötzlich still. Er schaute Razan an und sie begannen sich sehr ernsthaft zu unterhalten. Zunächst auf arabisch, dann aber uns zu liebe auf Englisch. Syrien ist ein ethnisch viel durchmischteres Land, als es Ägypten ist. Ihre Befürchtung war natürlich, dass Syrien, selbst wenn sie es schaffen Assad los zu werden, auf die selben Probleme stoßen werden, nur in einer höheren Potenz. Ich sah Anflüge von Hoffnungslosigkeit in ihren Gesichtern.

Es war dieser Moment, der mich berührte, weil ich ganz nah dran war, an der komplizierten Lebenswelt, deren erruptive Kollisionen ich nur aus dem Fernsehen kannte. Ich begann auch besser zu verstehen, wie Diktatur funktioniert – oder überhaupt: Herrschaft. Und wie unendlich viel Arbeit und wie unendlich viel Vertrauen es doch erfordert, Herrschaft zu überwinden. Es reicht eben nicht, einen Diktator zu verjagen. Es reicht nichtmal sich seiner Strukturen zu entledigen. Wenn sich die Bevölkerung untereinander nicht traut, wird es immer einen Diktator geben und man wird ihn gewähren lassen, weil er Sicherheit bringt und Frieden. Ich brauche meinem Nachbarn nicht vertrauen, wenn die Staatsgewalt über ihm nur brutal genug darauf achtet, dass er sich benimmt.

free razanAber ich will auf was anderes hinaus. In Syrien ist seither viel passiert, wie jeder wohl bemerkt haben dürfte. Die Revolution schreitet voran und Assad schlägt mit immer brutalerer Härte zurück. Hussein wurde vor einigen Wochen verhaftet. Er hat eine Frau und Kinder. Gottseidank ist er kürzlich wieder frei gekommen.

Aber dafür ist jetzt Razan an der Jordanisch-Syrischen Grenze verhaftet worden. Niemand weiß, wie es um sie steht und die Situation in Syrien eskaliert derzeit. Ich mache mir Sorgen.

Es gibt eine Kampagne zu ihrer Freilassung. Hier auch international. Und es gibt eine Facebookseite. Hier eine Petition. Ich weiß nicht, ob das was bewirkt, wenn ich das hier poste, aber schaden kann es ja auch nicht. Ich fände es aber schön, wenn eine internationale Solidarität mit dazu beitragen könnte, Razan frei zu bekommen.

2 Gedanken zu „Free Razan

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