Bloggen, Glauben und Signatur

Den ganzen Multiple-Choice-Quatsch in der Bloggerumfrage hätte man sich sparen können. (Der Fragebogen ist auch nicht besonders gut gemacht, jedenfalls arbeitet er für mich nicht die relevante Fragestellungen aus und die Antworten, die man damit gibt, fühlen sich selten befriedigend an. Der Fragebogen beschränkt sich darauf, Bloggen und Blogslesen den klassischen Medien 1 zu 1 gegenüberzustellen. Das wird der Sache einfach nicht gerecht. Davon abgesehen halte ich von Multiple-Choice eh nix. Quantitative Empirie ist immer nur das Bestätigen der Frage, egal wie dumm sie ist.)

Die Umfrage führt schließlich zu einer Frage, die man tatsächlich ausschreiben muss. Sie lautet etwa so: „Was halten Sie für das einzigartige Merkmal von Blogs.“

Diese eine Frage hat es in sich. Was ist denn nun das Besondere?

Nun, meine Antwort war, dass Meinung, Wissen und Persönlichkeit in einem Blog in eins fallen, so dass das eine vom anderen nicht mehr getrennt werden kann. (Manche nennen das Hypersubjektivität)
Die Einträge in Blogs sind somit signiert. Sie sind durch die Persönlichkeit des Bloggers signiert, so als ob er direkt zu mir spricht, in vertraulicher Unterredung, oder als ob er mir einen Brief schickt, wie der Brief eines alten Bekannten. Vor jedem Eintrag scheint ein virtuelles „Ich lege hiermit Zeugnis ab. Ich bekenne. Ich gelobe. etc“ zu stehen. Und wenn ich das Blog länger lese, dann schleicht sich eine Vertrautheit ein, dann weiß ich zum Beispiel warum er dies so findet, jenes so denkt, etc. Kann man einer Zeitung so vertrauen? Vertauen meine ich, so wie man einem Menschen vertrauen kann?

Deshalb glaube ich Bloggern. Ich glaube aber nicht nötigenfalls das, was sie sagen. Aber ich glaube ihnen, dass sie meinen, was sie sagen. Und das ist unendlich viel mehr, als ich bei Journalisten jemals bereit bin zu glauben.

Es geht viel um Wahrheit bei dem Streit um Journalismus und Bloggen. Meine Wahrheit ist diese: Es gibt keine Wahrheit, wo es keinen Glauben gibt. Und es gibt keinen Glauben, wo es keine Signatur gibt.
Ich glaube nicht ich an die Wahrheit, aber ab und zu glaube ich daran, dass jemand glaubt, wenn er spricht. Das nenne ich Glaubwürdigkeit.

[via: Don Alphonso]

6 Gedanken zu „Bloggen, Glauben und Signatur

  1. Sehr schön auf den Punkt gebracht.
    Ich war auch etwas irritiert bei einigen Antwortmöglichkeiten. Aber diese letzte Frage kann durchaus ein paar interessante Erkenntnisse liefern.

  2. Im Grunde hätte diese eine gereicht. Ach Quatsch. Eigentlich hätte eine qualitative Auswertung all dessen gereicht, was Blogger über das Bloggen eh schon geschrieben haben. Da gibt es haufenweise Material, das muss man nur zusammensuchen und auswerten. Das würde einen weit besseren Erkenntnisstand ermöglichen.
    Aber quantitative Empirie sieht immer so schön „objektiv“ aus, so mit Diakrammen, Balken, und dem ganzen Scheiß.
    Vielleicht kann man sie das ja dann beim Focus einreichen. Die freuen sich immer über Fakten Fakten Fakten 😉

  3. Als einstiger FGW-Politbarometer-Telefonist ahne ich doch auf den ersten Blick, was bei diesen Fragestellungen mit den entsprechenden Antwortvorgaben im Endeffekt so in etwa herauskommen wird. Ich bin ein wenig enttäuscht von dieser Umfrage und komme ins Grübeln, wieso sich der Don himself dafür so stark in die Bresche geworfen hat.

  4. Weil ich die Fragen spannender und besser fand als alles, was ich bislang aus der Ecke gesehen habe, und es mich natürlich interessiert, wo denn nun wirklich die Unterschiede in der Rezeption liegen. Kann ja sein, dass es Ergibnisse mit Aha-Effekt gibt.

    Ihr könnt, wenn ihr wollt, das auch bei Tanja auf dem Blog diskutieren, dafür ist es ja da. (ausserdem wär´s nett mich auf solche Debatten über mich anzutippen, dann kann ich auch gleich antworten)

  5. Don, das war keine Diskussion über dich sondern über die Studie. Das über dich war nur ein kleiner neckischer Scherz am Rande… Bitte fühl dich nicht angegriffen, war nicht so gemeint. 😉

    Im Übrigen hab ich Tanja auch schon ein Kommentar gepostet …

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