Wer den Journalismus in der Wahrheit situiert, kann heute bekanntlich nicht mehr ernst genommen werden. Wer ihn außerhalb der Wahrheit situiert ist dagegen ein Solipsist und/oder Verschwörungstheoretiker und braucht vielleicht professionelle Hilfe.
Man kann dagegen eher sagen, der Journalismus befinde sich immer an der Grenze oder am Rand der Wahrheit. Diese Aussage trifft vielleicht der Begriff des „borderline“- Journalismus recht gut, für den Tom Kummer seinerzeit ans Kreutz geschlagen wurde. Dieser Ecce Homo des modernen Journalismus hat heute so etwas wie ein eigenes Blog, in dessen Manifest er die Wahrheit über seine Wahrheit zu sagen versucht. Und das nenne ich einfach nur konsequent (und vor allem lesenswert). Denn wenn es eine Wahrheit gibt, dann sind Blogs ihr genauso nahe oder fern, wie der klassische Journalismus. Da Blogs diesen Nicht-Ort aber bejahend in Kauf nehmen, sind sie zwar nicht wahrhaftiger, aber durchaus authentischer als es die klassischen Medien sein können, die weiterhin auf ihre Autorität der Auslegung pochen.
So ist Tom Kummer vielmehr der Sokrates unserer Tage, der durch sein Bekenntnis: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ die klassischen Medien ihrer eigenen Unwissenheit und Arroganz überführt oder sie vielleicht sogar dekonstruiert.
Nachdem der Schierlingstrunk also verdaut ist: ein herzliches Willkommen im Hades des Internets, Tom. Hier, an der Grenze der Wahrheit, in dieser Zwischenwelt, deren Konstitution wir uns alle zur Aufgabe gemacht haben, hast du die Freiheit deine Grenzen so zu ziehen, wie sie am besten zur Geltung kommen. Denn in Wirklichkeit befinden wir uns nicht an der Grenze der Wahrheit, sondern wir sind diese Grenze.
[Via: Don Alphonso]
habe schon lang nicht mehr etwas so treffendes über die schattenseiten des Journalismus gelesen