Dass es um einen Bahnhof geht. Ja, darum geht es! In erster Linie und nach wie vor. (Der ganze Kram: Politik, die nicht auf’s Volk hört, Großprojekt, das sau teuer ist, Bahn die irgendwie böse ist, Korruption blablabla mag zwar teilweise auch richtig sein, ist aber eben ganz normale politische Realität und zwar überall, wo es um Städtebauprojekte geht.) Ich kann auch nachvollziehen und habe volles Verständnis, dass das einigen auf den Senkel geht, aber dass das über zwei böse Kolumnen im Stuttgarter Anzeiger hinausgeht, ist bereits unangemessen. Kommt mal klar!
Polizeigewalt ist immer schlimm ja. Und ich habe Mitleid und Solidarität mit jedem Opfer von Polizeigewalt. Aber in Stuttgart ist die Gewalt nicht schlimmer als der ganz normale Wahnsinn in Berlin und in Hamburg, wie er jedes Jahr mehrfach stattfindet. Aber plötzlich wird von der Abschaffung der Demokratie gefaselt, als gäb es kein Halten mehr. „Bahnhof des Himmlischen Friedens“ und „Wir sind das Volk“-Parolen. Geht’s noch?
Das, was mir am übelsten aufstößt: Der ständige Verweis, dass es sich hier ja um „anständige Bürger“ handeln würde und eben nicht um „linke Chaoten“ und der damit implizit gegebene Verweis, dass es ja völlig ok sei, wenn der Staat Leute aus der linken Szene zusammen schlägt, aber doch nicht die braven Bürger! Geht’s vielleicht noch etwas reaktionärer? Beanspruchen die Bürgerlichen jetzt für sich etwa Sonderrechte und Sonderbehandlungen?
Ich hab den Eindruck, dass da in Stuttgart ein ganz übles Gebräu an grün angestrichenen, ansich konservativen Fortschrittsverweigerern einen auf Revoluzzer macht und wegen eines irrationalen Befindlichkeitsgewuschels die Gesellschaft in Geiselhaft nimmt. Ein Mob der auf einmal wie am Spieß aufschreit, wenn er das erste mal mit echter Staatsgewalt konfrontiert wird, als hätte er davon noch nie gehört- (oder eben gedacht hat, dass sie nur für die bösen anderen gilt)
Und in wenigen Wochen werden die alle wieder CDU wählen! Wollen wir mal wetten?
Es ist mir egal, wie arrogant das klingt, aber es ist und bleibt eine Revolution weil jemand den Rasen betreten hat. Lenin hatte ja gar keine Ahnung.
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Einspruch: Gewalt ist in Stuttgart sehr wohl schlimmer, wenn eine im Vorfeld genehmigte Schüler/Jugendlichen-Demonstration mit Wasserwerfern und Tränengas beantwortet wird. Das gab es so in Deutschland, seitdem ich es erlebe, so noch in keiner Form!
Und man muss schon schräg drauf sein, aus den Hinweisen dem Entgleisen der Demonstration lag hier einmal nicht das Verhaltens eines schwarzen Blocks zugrunde, verstehen zu wollen, man würde hier von Volkesseite gerade eine Zweiklassengesellschaft im Demorecht installieren wollen. Sorry: das ist Bockskleevollkornhirnschrott!
Ich muss in Deutschland als Bürger meine Meinung in einer Demonstration vertreten dürfen. Und solange ich mich friedlich verhalte, muss ich davon ausgehen dürfen, dass Polizisten sich so verhalten, dass dieser Frieden gewahrt bleibt und eine Diskussion ohne Wasserwerfer oder Reizgas mit Anschlag auf meine Gesundheit beantwortet oder „reguliert“ wird. Natürlich ist es etwas ganz anderes, wenn innerhalb einer Demonstration einzelne Demoteilnehmer gewalttätig agieren und Protest auf so niedrige Art demonstriert wird. Dann hat auch eine Exekutive das Recht einzugreifen – und übrigens auch die Leute einer Demonstration zu schützen, die so ein Handeln mitnichten gut heißen. Aber daraus abzuleiten, man sei der Meinung es sei völlig okay „linke Chaoten“ grundsätzlich mit Gewalt zu reglementieren, alle anderen bürgerlichen Teilnehmer einer Demonstration nicht – das steht so nirgends, das hat so keiner gesagt. Das ist Deine Interpretation, Deine persönliche und ich erlaube mir zu behaupten: da bist Du auf dem Holzweg. Es ist ganz simpel: fliegen in einer Demo Steine oder werden Cocktails angereicht, muss bei Gefahr in Verzug eine Exekutive eingreifen. Fliegen keine Steine hat die Exekutive die Waffen still zu halten. Wer dabei nun Steine schmeißt oder nicht, ist scheißegal. Aber es ist in hohem Mass zu kritisieren, wenn überhaupt keine Steine fliegen und von der Exekutiven dennoch offensiv Eskalation betrieben wird.
Und das kann gar nicht laut genug thematisiert werden! Leute, die das jetzt klein reden wollen oder in der Kritik die Realität merkwürdig verdrehen, sind jetzt nicht sooo hilfreich, ehrlich gesagt.
Mir fällt auch kein sinnstiftender Grund ein, warum Menschen, die gegen S21 demonstrieren alternativ das Auftreten der Exekutive und die Reaktionen der CDU-Politiker danach kritisieren und unangemessen empfinden, in ein paar Wochen deren Partei wählen sollen, wenn die sich nicht in der Lage sehen mit einer Volksmeinung als deren Vertreter so schlecht umzugehen? Weil Du grundsätzlich alle Leute für wankelmütige Idioten und Mimosen hältst oder was?
um es kurz zu fassen: schade, dass sie nur das negative sehen.
Meiner Meinung nach passiert da etwas ganz anderes. Diese Aktion (Wasserwerfer etc.) sollte ja so eine Art Protestspaltung erzwingen. Auf der einen Seite die konservativen grünangemalten Bürger und auf der anderen die von linksextremistischem Gedankengut inviltrierten Jugendlichen, was aber nicht aufging – im Gegenteil. Der Gesamtprotest in seiner Vielfalt bleibt eben doch erhalten – sind ja nicht alles konservative grünangemalte Bürger. Es ist kein Protest mehr, es ist eine Bewegung aus der Mitte heraus. Der Mittelstand wurde von den Regierungen in den letzten Jahren gebeutelt und die Quittung bekommt die Regierung jetzt. Was daraus wird? Keine Ahnung. Aber das geht noch eine Weile weiter so und man muss aufpassen, dass das Ganze keine bittere Note erhält. Egal wie, wer und wann da die Strippen zieht, ob im Vordergrund als Protestler oder im Hintergrund der Verfassungsschutz.
Nur eine kleine Korrektur an Creezy: 2003, während meiner Ausbildung in Hamburg, war ich mit meiner gesamten Berufsschulklasse auf einer angemeldeten Schülerdemo gegen den Irak-Krieg: Das kam dabei raus: http://www.rp-online.de/politik/Vorwuerfe-gegen-Hamburger-Polizei-nach-Schuelerdemo_aid_3585.html
Bitte nicht absolutisieren, was man nicht weiß, aber gut in die Dramatisierung passt.
Du bringst es auf den Punkt: Dein Artikel ist arrogant und darüber hinaus – trotz gegensätzliche Beteuerung – empathielos.
Es geht nicht „nur“ um einen Bahnhof und milliardenschweres Bauprojekt, sondern um das Lebensgefühl der Anwohner, um die Frage, wie die Stuttgarter in Zukunft leben wollen.
die empathielosigkeit stört mich nicht, aber ein bissl doof ist das schon, als kommentar. anarcho-stammtisch quasi.
es ist ja vor allem eine analytische herausforderung: ganz offensichtlich ist das hier „schlimm“, ganz offensichtlich ist das hier eine neue qualität, anscheinend sind hier die alten bequemen fronten aufgelöst: dort die spießigen bürger plus polizei & partei, hier die guten fahrradkuriere & bewohner des Randdistrikts Bohemia.
keine ahnung, ob das bahnhofsprojekt gut ist oder nicht. (vertrauenswürdie schwäbische gewährsleute, die mit dem 15jährigen verfahren vertraut sind, haben mir plausibel gemacht, dass die antwort „nein“ ist.) im grunde ist mir das aber eher wurst.
das eigentliche thema ist: zerfällt vor unseren augen gerade das ökosystem der faden, stabilen, nervenden bürgerrepublik, die seit 1960 bis gerade eben dafür gesorgt hat, dass randfiguren wie wir beide angenehm folgenlos vor sich hinspinnen durften? und was hat das mit post-democracy und der techno-medial ausgelösten, unterhalb der bewussteinsschwelle wirksamen forderung nach totaler digitaler transparenz zu tun?
deine theorien wären interessanter, wenn du mit einbeziehen würdest, was innerhalb des bourgeoisen mainstreams passiert. das ist fundamental wichtig für kulturrevolutionsszenarien. ich habe ja überhaupt den eindruck, dass du deine (guten) gedankengänge auch im sprachgebrauch von spätpubertären restbeständen reinigen solltest. das käme der außenwirkung und durchschlagskraft sehr zugute.
Ach komm, warum denn ein Artikel auf so niedrigem Niveau?
Mach dir doch mal die Muehe, den Protest mal genauer anzusehen. Ich stehe der Anti-S21-pro-K21 eher irritiert gegenueber, aber ein wenig Analyse lohnt sich, denn:
1) Geht es tatsaechlich um einen Bahnhof. Um etwas greifbares, sichtbares, anfassbares, von dem viele Leute eines raeumlich relativ kleinen Gebietes direkt spuerbar betroffen sind und sich dessen auch zweifelsfrei bewusst sind. Ganz im Gegensatz zu Datenschutz, wasweissich.
2) Gibt es einen vorstellbaren, von den meisten Gegnern vertretbaren (obwohl total diffusen) Gegenentwurf, samt griffiger Parole
3) Geht es im Endeffekt dann doch gar nicht mehr um einen Bahnhof, sondern um die staendige Gespraechs- und Verhandlungsverweigerung seitens der Politik.
Das sind alles Faktoren, die den Protest anstacheln und fuer sein Wachstum sorgen. Die kann man alle in seiner Bewertung der Dinge ignorieren, besonders schlau finde ich das aber nicht.
Und gerade den Hinweis auf die „normalen Buerger“ finde ich sehr wichtig. Der „normale Buerger“ erlebt Polizeigewalt normalerweise mittelbar am Fernseher, wenn von „gewalttaetigen Ausschreitungen“ die Rede ist, waehrend Leute mit schwarzen Kapuzen ueber den Bildschirm rennen. Fuer den „normalen Buerger“ ist Polizeigewalt etwas, das rechtmaessig irgendwelchen „Chaoten“ geschieht, waehrend er — der anstaendige Buerger — nichts zu befuerchten hat.
Diese „normalen Buerger“ erfahren jetzt am eigenen Leib, dass die Anwendung von Zwangsmassnahmen keinesfalls immer verhaeltnismaessig ist, und dass polizeiliche Gewalt unter Umstaenden sogar etwas systemisches sein koennte, das von einzelnen Einsatzkraeften oder gar der Einsatzleitung gezielt gefoerdert werden koennte.
Im Idealfall lernen hier also „anstaendige Buerger“, dass Leute, die man im Fernsehen „linke Chaoten“ nennt, nicht unbedingt welche sein muessen.
Aber man kann angesichts solcher Prozesse natuerlich auch polemisieren. Bitteschoen.
Wenn man selbst schon mal Polizeigewalt erlebt hat und hinterher in der Presse kein solidarischer Aufschrei stand sondern nur Polizeimeldungen, dann ist Dein Artikel sehr verständlich, da kommt man sich natürlich grad ein bisschen verarscht vor.
Aber …
Es gibt da doch ein paar Besonderheiten:
Die BW-CDU ist einfach noch in den 70ern stehen geblieben und kennt die Tricks aus Berlin und Hamburg noch nicht, wie man mit so was heutzutage umgeht. Die öffentliche Meinung hat sich aber seit den 70ern weiter bewegt. Ziviler Ungehorsam (Sitzblockaden, Anketten, Baum-Besetzungen, …) ist heute in weiten Teilen der Öffentlichkeit akzeptiert, das sind nicht einfach nur die „linken Chaoten“ wie damals. Deswegen ist das ein komplettes Kommunikationsdesaster für die CDU und für Baden-Würtemberg kommt das einer Kulturrevolution gleich. Deswegen sind ja auch alle, die aus der Gegend kommen so aufgeregt, weil die Vollspacken mit denen sie ihr Leben lang gerungen haben auf einmal nackt dastehen. Da kippt eine kulturelle Hegemonie. Deswegen gehe ich auch von einem Wahldesaster für die CDU aus. Das ist ja nur noch ein halbes Jahr hin. Und ein Wahldesaster in BW hat auch in Berlin Auswirkungen.
Und außerdem: Je länger das in Stuttgart geht, um so schwieriger wird es nächste Woche den Castor durch zu bringen. Beliebig viele Hundertschaften stehen auch der Staatsmacht nicht zur Verfügung.
Wegen all dem: Die S21-Gegner haben unsere Solidarität verdient, auch wenn wir das nicht wirklich verstehen, was die da unten treiben.
„Fortschrittsverweigerern“ ?
Willst du uns beleidigen? Laut aktueller Studie sitzen in BW die meisten Weltmarktführer in ganz Deutschland. Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen 😉 … schätze mal du bist aus Berlin oder so, da weiß man nicht so genau was Fortschritt heißt, da weiß man vielleicht was modern und tendy ist, aber Fortschritt? Im übrigen ging nicht erst einmal eine „Revolution“, wenn man das jetzt so nennen mag, vom Süden der Republik aus. Geschadet hat uns im übrigen eine gewisse Art von Arroganz nie, wie man wirtschaftlich sieht, aber ok. Und wenn die Schwaben erstmal auf die Barrikaden gehen muss schon viel passiert sein.
In einem hast du Recht, die Krawalle sind nicht schlimmer als in HH und Berlin, die auch aus eigener Erfahrung kenne. Aber es ist durchaus ein Unterschied ober der schwarze Mob in Berlin oder auf dem Schanzenfest die Mülltonnen anzündet weil es halt irgendwie cool ist, man es ja jedes Jahr macht und den Adrenalinspiegel besser pusht als jeder Bungiejump. Ich hab da noch nie einen wirklich großen Durschnitt der gesammten Bevölkerung gesehen. Das ist in Stuttgart der Fall und das macht es in der Tat anderst.
My 2 Cent
http://www.blog-n-roll.net/die-macht-geht-vom-volke-aus/
Achsooo, wir kommen also besser voran, wenn wir „braven Bürger“ alle die Klappe halten und weiterhin nur eine linke Randgruppe sich gegen die übertriebene Staatsgewalt wehrt? Klar, das hilft uns ungemein, deutschlandweit und durch alle gesellschaftlichen Schichten und Strömungen eine Veränderung zu bewegen.
Es wollte natürlich keiner das Protestmonopol der Linken verletzen…
Kann es sein, dass die Leute auf die Straße gehen, nicht weil irgendein Provinzbahnhof gebaut wird, sondern weil ein Provinzbahnhof für 5 Milliarden Euro (!) gebaut wird, der also 4 x so teuer ist, wie das Ding in Berlin (Hauptstadt)?
Stimme Benni Bärmann zu – Demokratie-Idealisten und ihre empörten Aufschreie, wenn es einmal sie selbst und nicht die üblichen Verdächtigen trifft, nerven, halten Staat und Staatsgewalt aber dennoch ganz gut beschäftigt.
Daß daraus ein Bewußtsein entstehen könnte, warum es in dieser Gesellschaftsordnung nicht um die Bedürfnisse der Menschen geht, sondern um Plan, Zahl und Kapitalverwertung, halte ich aber leider für sehr unwahrscheinlich.
Sie scheinen wohl weiterhin nur eine Volksherrschaft und eine Marktwirtschaft zu wollen, in denen sich alle an die idealen Regeln halten. Na ja.
Ui. Das ist viel zu kurz gesprungen, viel zu wenig reflektiert und viel zu ungenau gezielt. Vielleicht ja geschuldet der Ferne zum Geschehen, zum Thema und zur schwäbischen Bürgerlichkeit (ein Tip: Die Schwaben auf die Du – dein Wort – arrogant herabschaust sind schon immer weit vorneweg gewesen, wenns um „echten“ Protest ging. Vielleicht erinnerst Du Dich ja an die Scherze über die schwäbischen Hausbesetzer in Berlin?).
Ansonsten: Was stk sagt.
Zum Satz ‚Der ständige Verweis, dass es sich hier ja um “anständige Bürger” handeln würde und eben nicht um “linke Chaoten” und der damit implizit gegebene Verweis, dass es ja völlig ok sei, wenn der Staat Leute aus der linken Szene zusammen schlägt, aber doch nicht die braven Bürger!‘
Eine vergleichbare Reaktion im Fall von Arbeitslosigkeit/Hartz IV: die Realität ist immer so lange ausgeblendet wie man nicht selber betroffen ist.
Entscheidet irgendwo auf der Welt ein Buchhalter (anhand von Zahlen), dass ein Standort geschlossen wird, weil irgendwo eine Mark gespart werden kann, und man steht nach Jahren plötzlich vor dem (potentiellen finanziellen) Nichts, und man ist der Betroffene, dann ist die Betroffenheit plötzlich groß.
Aber die Betroffenheit, auch im Fall von S21, ist berechtigt.
@Noske
was sind 17 Mrd. – wenn man dafür einen Bahnhof bekommt gegen Hunderte von Mrd., die mal so in eine „bad bank“ (HRE) gekippt werden?
@mspro
Danke für den schönen Rant auf die „Bürgerrevolution“ vom Stuttgarter Hügel (1848?)
Nein, es geht eben nicht nur um einen Bahnhof, der mir persönlich ziemlich egal ist. Es geht auch um Milliarden, die anderswo fehlen werden, u.a. uns hier im ländlichen Raum beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, um nur ein Beispiel von sehr vielen zu nennen.
Es waren übrigens die gleichen „anständigen“ Bürger_innen, die damals in Wyhl auf die Barrikaden gegangen sind, den Bau eines Atomkraftwerks verhindert und so den Grundstein für die deutsche Anti-AKW Bewegung gelegt haben. Nach Deiner Definition ging es dabei wohl nur um ein paar Wiesen?
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ich enthalte mich normalerweise dieser art von diskussion im öffentlichen rahmen, weil ich die art der auseinandersetzung, ihre mittel und ihre tendenzen schnell persönlich zu werden nicht leiden kann.
der kerngedanke der aktuellen auseinandersetzung ist ein anderer: ich halte ihn für essentiell für unsere gesellschaft und uneingeschränkt unterstützenswert. und ich schreibe mit bedacht „ich glaube“, denn ich möchte meine ansicht der geschehnisse stellvertretend für anderen menschen nicht als ultimative wahrheit auf dem silbertablett eines kommentarfeldes präsentieren.
für mich weisen die geschehnisse rund um den stuttgarter bahnhof auf eine entwicklung hin, die ich so nicht akzeptieren möchte: den abbau/ raubbau an bürgerlichen rechten, an freiheiten, meinungsfreiheiten.
anlässe gab es in den letzten jahren mehr als genug und diesmal ist es eben ein „bahnhof“. ich bin froh, dass die menschen überhaupt noch das potenzial in sich spüren, etwas verändern zu können und sich nicht vom staat bevormunden lassen wie unmündige bürger. denn wir sind mündig und wir haben eine stimme, die wir uns jahrhundertelang erarbeiten mussten, die heute für uns selbstverständlich ist, und die es zu schützen und zu erheben gilt, wenn entmündigung und freiheitseinschränkungen drohen.
(wie gesagt: meiner meinung nach ist nicht die existenz/der umbau/der neubau des bahnhofs das eigentliche problem, welches derart viele menschen mobilisiert)
du sagst:
„Polizeigewalt ist immer schlimm ja. Und ich habe Mitleid und Solidarität mit jedem Opfer von Polizeigewalt. Aber in Stuttgart ist die Gewalt nicht schlimmer als der ganz normale Wahnsinn in Berlin und in Hamburg, wie er jedes Jahr mehrfach stattfindet. Aber plötzlich wird von der Abschaffung der Demokratie gefaselt, als gäb es kein Halten mehr.“
im grunde sollte man doch als freund der demokratie und unserer bürgerrechte, verpflichtet sein deren schleichenenden verfall aufzuhalten, aufzudecken und ihn mit protesten oder diskussionen ins allgemeine bewusstsein OHNE SANKTIONEN zurückzuführen.
in diesem zusammenhang sollte der auslöser egal sein.
ich habe aufgrund der letzten tage nochmal das sehr empfehlenswerte buch von juli zeh & ilja trojanow „angriff auf die freiheit“ gelesen.
knicks!
Oh, Michael, verweigerst du etwa Menschen, die dir ideologisch nicht den Kram passen ihr Recht auf Protest? Ganz schwacher Beitrag. Blame the problem, not the messenger.
Der Verweis auf die bürgerliche Herkunft der Protestierer ist eine Reaktion auf die Versuche von CDU und co, die Aktivisten als Linksextremisten darzustellen. Es geht nicht um Sonderrechte und Sonderbehandlung. Wie die CDU hat der Autor nicht verstanden, wie sich das Protestverhalten und das Legitimationsverständnis von politischem Protest gewandelt hat (siehe auch den Kommentar von Benni Bärmann).
Die Abgrenzung vom schwarzen Block ist richtig und wichtig, es ist ein anderer Protest als die Folklore in Hamburg und Berlin am 1. Mai. Der Protest in Stuttgart ist politisch, kaum jemand kommt, um einfach Krawall zu machen.
Dazu noch die unsägliche Diffamierung der Projektgegner: Bin ich jetzt ein „an sich konservativer Fortschrittsverweigerer“, nur weil ich gegen das Projekt bin? Mit dieser arroganten Argumentation – die ja auch Merkel vertritt – wird die CDU scheitern.
„Und in wenigen Wochen werden die alle wieder CDU wählen! Wollen wir mal wetten?“ – Gerne.
Der Autor hat heute übrigens auf einer Konferenz namens „openmind“ einen Vortrag gehalten. http://om10fahrplan.alios.org/events/3.de.html
Es geht um einen Bahnhof, damit hast du sicher recht. Und vermutlich sogar in diesem besonderen Fall um einen, der an diesem Ort so nötig ist wie kaum an einer anderen Stelle. Und gerade die ökologische Güterabwägung rund um einen Bau, der sich dem Verkehrsmittel der Zukunft widmet, gerät zunehmend aus dem Fokus.
Aber eigentlich geht es doch bei dem Protest und der Schärfe der Auseinandersetzung längst um etwas anderes: Es geht trotz aller Gutachten und gewonnenen Gerichtsurteile darum, dass es der Politik nicht gelungen ist, die Bürger in einen Prozess einzubinden und für ein Projekt zu begeistern. Das wäre gelungen – da bin ich sicher.
Im Gegenteil ist das stümperhafte und rüpelige Verhalten von Entscheidungsträgern zum Symbol für einen Staat geworden, der sich von seinen Bürgern abgekoppelt hat. Und diese Entfremdung treibt Menschen auf die Straßen, die sich da sonst nicht haben blicken lassen. Vielleicht haben die sogar CDU gewählt. Aber das freut mich insgeheim besonderes. Natürlich sind die Parolen und Argumente der S21-Gegner platt und simpel. Allerdings haben sie endlich von der Politik gelernt, dass man Menschengruppen, die größer und ihrer Massivität ernstzunehmender sind als ein schwarzer Block, nur mit Symbolen mobilisieren kann. Und als Symbol sind 25 Bäume stärker als eine komplizierte Sozialgesetzgebung.
Ich fände es falsch, den Protest nun einer Stilkritik zu unterziehen und spießbürgerliche Thermoskannen gegen kampferprobte Molotows aufzuwiegen. In diesem Sinne könnte Stuttgart zum Signal werden, Menschen zu mobilisieren. Nicht nur für Demonstrationszüge, sondern für eine Auseinandersetzung mit der eigenen Möglichkeit, Verhältnisse demokratisch zu ändern. Mir ist jeder politisierte Mittsechziger lieber als ein Profi-Demonstrant.
mspro war für meine Begriffe schon immer ganz einfach nur geil auf Aufmerksamkeit. Und für diese Aufmerksamkeit tat und tut er fast alles. Auf Konferenzen wie der re:publica möglichst häufig vor das Fragenmikrofon treten, wenn möglich nur im Friedrichstadtpalast, wo ihn auch möglichst viele Leute sehen. Versuchen selber auf Podien zu sitzen, obwohl er aus meiner Sicht nun wirklich nichts zu sagen hat, in jedes Mikrofon reinsprechen, was sich in der Nähe befindet, Twitterlesungen, der Kindergeburtstag unter den Veranstaltungen – aber solange es Aufmerksamkeit gibt, mspro ist dabei.
Und letzten Endes dann irgendwelche Antiartikel wie diesen hier, der ganz offensichtlich so geschrieben wurde, dass er möglichst häufig verlinkt und erwähnt wird.
Für mich ist das ein ziemlich durchschaubares Spiel. Einfach möglichst häufig und laut trommeln, dann kommt die Aufmerksamkeit schon von alleine. Seine Posse unterstützt und bejubelt ihn, ich frage mich wieso. Denn außer heißer Luft war aus meiner Sicht bei mspro noch nie etwas dahinter.
Komisch ist nur, dass eine solch offensichtliche Masche scheinbar immer noch zum Erfolg führt.
Do not feed the trolls !!
In Anlehnung an den Kommentar von Tim Kowalewski ein Zitat von mspro:
„Ich bin überzeugt, wir müssen Öffentlichkeit völlig neu denken. Ich möchte dem tieferen Grund dieses Wandels nach gehen und einen neuen Begriff von Öffentlichkeit zur Diskussion stellen.“
Es geht nicht mehr „nur um einen Bahnhof“:
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2010/10/01/dlf_20101001_1905_a14ce7de.mp3
jacky, das zum einen, aber zum anderen auch – die diskussion auf twitter vor zwei tagen war ziemlich heftig und emotional. mspro hat die emotion noch einmal aufgegriffen und alle haben hier brav und ausführlich geantwortet. und es wird den protest nicht einmal schmälern. ansonsten ist der „artikel“ von mspro käse, so vonwegen – „lenin würde sich um grab umdrehen“. jaja …
@mspro:
Ich kann nicht so ganz erkennen, wer die Zielgruppe Deiner Kritik ist. Ja, es nervt, dass Polizeigewalt nur selektiv kritisiert wird.
Aber woran liegt das denn? Gut, sicherlich gibt es die zynische „den Chaoten gehört auf die Fresse“-Fraktion. Aber ich denke mal die meisten Menschen gehören eher doch zu denen, die auch an dieser Stelle der Empathie fähig sind.
Deswegen halte ich es eher für ein Problem von Aufmerksamkeitsökonomie und unkritischem Copy&Paste-Journalismus. Würde über Polizeigewalt anderswo genauso berichtet wie in Stuttgart, sähe es vielleicht etwas anders aus. Wir haben es hier mit komplexen gesellschaftlichen Prozessen zu tun und ich finde es wenig hilfreich, sie auf die Stuttgarter Bürger zu personalisieren.
ps:
http://www.zeit.de/2010/39/Bahnprojekt-Stuttgart-21?page=2
Anhand dieses Zeit-Artikels würde ich sagen, dass es falsch ist, dass es nur um den Bahnhof geht. Es geht um gebrochene Zusagen und das konkrete Hintertreiben demokratischer Prozesse, mithin also ganz konkret um die Demokratie selbst.
Danke MSpro! Du sprichst mir aus dem Herzen!
Wenn die Leute auch bei Autobahn-Projekten so protestieren würden, würde ich mich aber besser fühlen.
Der Bahnhof bringt für den Bahnbetrieb Vorteile, auch wenn das die Gegner anders sehen. Nur die Politik macht daraus gleich ein Prestigeobjekt und ein objektiv nicht mehr vertretbares Bauvorhaben.
Bei Autobahnen läuft es ähnlich ab, nur dort interessiert sich niemand dafür.
Daher denke ich, dass der Protest nicht verhältnismäßig ist und „es ist und bleibt eine Revolution weil jemand den Rasen betreten hat“.
Du hättest sogar Recht, wenn du die Hintergründe weglässt, die zu dem Ereignis geführt haben. Erkundige dich doch mal, was der Park für die Stuttgarter Bürger bedeutet, wie alt er ist, von wem die Bürger ihn geschenkt bekommen haben usw.
Der Protest ist ein Ventil für den gesamten Unmut, den die jetzige Regierung auslöst und das im ganzen Land. Nicht mehr und nicht weniger.
„Wenn man selbst schon mal Polizeigewalt erlebt hat und hinterher in der Presse kein solidarischer Aufschrei stand…“ (Benni Bärmann) – darüber würde ich mir bei Herrn Seemann keine Gedanken machen, da er doch eigentlich so spießbürgerlich ist, daß es ihn schon peinlich berührt, wenn sich mal ein paar Versicherungsangestellte in einem stuttgarter Park von der Polizei mit Wasser bespritzen lassen. Aber, naja, das passiert auch jenseits der gepflegten Netzdebattenhecke hinter der er sich seinen diffusen Ideen von flachen Hierarchien und völliger Selbstaufgabe hingibt.
Mein Blogpost dazu kommt noch, ich komme da gerade nicht so recht zu. Aber eigentlich zieht Picki mit ihrem Tweet dir schon den Boden weg: http://twitter.com/PickiHH/status/26011608930
Du vergleichst die Demos in Berlin und Hamburg mit dem, was in Stuttgart abgeht?
Sorry, aber bei dem Satz habe ich aufgehört zu lesen, da Du offensichtlich manipulieren möchtest. In Hamburg und Berlin hauen sich ein paar überprivilegierte minderbegabte Deppen mit der Polizei. Durchschnittsalter ~ 20. Dort geht es nur um Randale.
In Stuttgart geht es um eine Sache, und diese wird von Menschen eingefordert, die sehr wohl dein Vater und Mutter sein könnten. DAS ist der grosse Unterschied. Wenn Du diesen Ausblendest, frage ich mich ob dich Rech oder Mappus für diesen Artikel bezahlt hat.
Zitat Creezy:
„Einspruch: Gewalt ist in Stuttgart sehr wohl schlimmer, wenn eine im Vorfeld genehmigte Schüler/Jugendlichen-Demonstration mit Wasserwerfern und Tränengas beantwortet wird. Das gab es so in Deutschland, seitdem ich es erlebe, so noch in keiner Form!“
Hamburger Kinderkessel 2003, remember…?
Die große Frage wird bleiben, ob nun Reizzentrum oder mspro der größere Depp ist. Zum x-ten Mal sehe ich hier die Gelegenheit verstreichen, dass sich politisch aktive vereinen.
Setzen, 6. Und nun nochmal genau drüber nachdenken…
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Also der Artikel und manche Reaktionen hier wundern mich schon sehr,mir ist es jetzt zu blöde das einzeln zu kritisieren, von daher einfach mal meine Sicht.
Natürlich geht es bei S21 längst nicht mehr nur um den Bahnhof, von daher speist sich die Protestbewegung aus unterschiedlichen Gruppen und unterschiedlichen Motiven, dass neue ist schlicht dass neben den ‚üblichen Verdächtigen‘ (Grüne, Linke, MLPler, Gewerkschaften etc.) eben auch der CDU-wählende-Mittelhangbewohner aktiv wird. Ob der in sechs Monaten wieder CDU wählt oder künftig vielleicht auch für eine Gesamtschule eintreten wird – keine Ahnung.
Von außen fällt es leicht zu sagen „mir ist der Bahnhof egal“ oder „es geht hier nur um einen Bahnhof“. Einerseits mag dies stimmten andererseits spürt der Stuttgarter und auch die Bürger im Rest von BW, dass es sich hier um einen Kristallisationspunkt von schwäbischem Filz, korrupten Politikern, kapitalistischem Wachstumswahn und Politik ohne Bürgerbeteiligung und was weiß ich noch alles handelt. Die individuelle Gründe für den Protest können unterschiedlich sein, das Gemeinsame macht sich nun aber am Projekt S21 fest.
Jeder, der im Park mit ansehen musste wie nach dem Polizeieinsatz am Donnerstag um Punkt 0 Uhr (ab dem Zeitpunkt ging das Gelände in den Besitz der Bahn über) mit sturer Beamten-Bürokratie-Haltung mit dem Fällen der Bäume begonnen wurde, weiß wovon ich rede.
Natürlich ist diese Vorgehensweise nicht neu, natürlich gibt es viele andere Projekte, die durchgedrückt werden keine Frage und der geneigte Kaptialismusgegner würde wahrscheinlich lieber das Verwaltungsgebäude der ENBW auf den Fildern anzünden, als zur 58. Montagsdemo (jaja das Wort schon) am kommenden Montag zu gehen.
Warum sich die Protestbewegung so dauerhaft und in kaum zu erwartender Anzahl entwickeln konnte ist ein Thema für Hausarbeiten, ich freue mich jedenfalls darüber.
Wer, wie ich, in BW aufgewachsen ist und nicht mal davon zu träumen wagte jemals einen Nicht-CDU-Ministerpräsidenten zu erleben, schöpft jedenfalls neue Hoffnung auf einen politisch/kulturellen Wandel. Wie der aussehen könnte, wer sich daran beteiligt, wie dauerhaft das sein könnte – keine Ahnung, gesellschaftliche Entwicklungen verlaufen oft unvorhersehbar. Ich jedenfalls hätte mir bis vor kurzem nicht vorstellen können, dass gerade in Stuttgart seit Monaten zweimal pro Woche Zehntausende auf die Straße gehen.
Was sich daraus für die politische Kultur in BW entwickelt und wie letztlich die Wahlen ausgehen werden – keine Ahnung, aber besser als der seit Jahrzehnten kulturell-politische Stillstand in BW ist das allemal.
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Was Heribert Rech zu den Eltern der minderjährigen Opfer sagt entbehrt jeglicher Empathie und jeglichem Feingefühl, aber wir haben ja eh gerade das Rücktritts- Jahr.
Ich teile deine Meinung nicht Michael, empfinde das entschieden zu radikale Vorgehen gegen die Demonstranten und die überflüssigen Komentare der Politiker bisher als absolut berechtigt kritisierbar.
Als ich die Tage in Paris war, sprach ich mit einem guten Freund der zurzeit in französischer Politik seinen Doktor schreibt. Die Pros und Cons wohl abwägend klärte er mich über die Hintergründe der unglaublichen Versuche der Roma Abschiebungen von Sarkozy auf, aber auch über die radikale Streckenpolitik des französischen Staates was den Schnellzug TGV betrifft. Die Länder oder Privatpersonen haben in Frankreich sogut wie keinen Einfluss auf die Streckenplanung und es wird schonmal umgesiedelt und natürlich abgeholzt.
Dafür ist das schnelle Vorrankommen Garant für viele der 8 milionen Menschen die in TGV Reichweite Arbeit finden. Da wir aber in Deutschland was die Bahn angeht eh alles auf allen Ebenen diskutieren, wird es ein solches Bahnnnetz hier wohl nie geben. Dafür aber ganz moderne Bahnhöfe mit viel zu jungen Baumbeständen, weniger Juchtenkäfer, Fledermäuse und Hohltauben und einen tiefen Riss im Vertrauenskonto zur Demokratie gerade junger Bundesbürger. Schade!
Agreed.
Und zu http://twitter.com/PickiHH/status/26011608930
Ventil für was? Die Politiker sind nicht böser als früher. Eher etwas besser, wenn man nur an Strauß und Kohl denkt. Das ist ein Rausch der Bürgerlichkeit gegen Fortschritt und dem Wunsch nach Mehrheitsdiktatur.
@ Thomas Mayer
Es ist nicht relevant ob die früher böser oder nicht waren. Druck sucht sich ein Ventil und solange er keins findet staut er sich auf. Und wenn das Ventil gefunden ist, kommt es mitunter zum unkontrollierten Austritt.
Das hat nicht mit einer Veränderung der umgebenden Situation zu tun.
@Thomas
Was ist denn Fortschritt? Woran macht der sich fest?
Dass Politiker böser als früher seien, hat niemand behauptet. Und ist, wie Paul anmerkt in der jetzigen Diskussion absolut irrelevant.
Was ist eine Mehrheitsdiktatur? Doch nicht etwa eine Demo oder? Was ist gegen einen Rausch der Bürgerlichkeit einzuwenden? Für welche politischen Ziele trittst du ein? Mit welchen politischen Richtungen und Positionen machst du dich gemein? Was ist an dir nicht-bürgerlich?
Dein Kommentar ist unreflektiert und adressiert die Falschen in dieser Thematik. Aber mit ein paar Buzzwords und Polemik kann mensch ja jeden Satz in eine fundierte Meinung wenden, nicht wahr? Ich geh dann mal den Strauß im Grab umdrehen.
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Mich hatten gar nicht mal so sehr die Bilder von der Polizeigewalt erschreckt. Bilder an die man sich, so traurig und wahr, schon langsam gewöhnt hat.
Aber das die Politiker und die Polizei mittlerweile davon ausgehen das JEDE Demonstration von gewaltbereiten und Gewalt ausübenden Radikalen durchsetzt ist, und das demnach auch zu jeder Demonstration härteste Geschütze aufgefahren werden müssen, die dann auch noch benutzt werden müssen (!), das hat mir die Socken quasi ausgezogen.
Weder Politik noch Polizei ist auch nur ansatzweise davon ausgegangen das die Demonstration auch friedlich verlaufen konnte. Antikonfilkt-Teams waren vielleicht vor Ort, man hatte jedoch bereits im Ansatz nicht damit gerechnet das man sie benötigen würde. Vielmehr ist man davon ausgegangen präventiv mit Gewalt die Demonstration aufzulösen. Und gerade diese präventive Polizeigewalt ist es, was diese Ereignisse so besonders machen.
Wenn demnächst hier Schüler und Studenten gegen Studiengebühren und für mehr Bafög demonstrieren, müssen diese dann auch damit rechnen verprügelt und misshandelt zu werden? Es KÖNNTE ja sein das einer der Schüler oder Studenten irgendwie latent gewaltbereit ist. Und wenn demnächst Eltern mit ihren Kleinkindern für mehr KiTa-Plätze demonstrieren, wird man ihnen dann auch vorwerfen das sie ihre Kinder vorgeschoben haben und sie selbst schuld sind wenn diese Krankenhausreif geprügelt werden?
Politik und Polizei haben demonstrativ bewiesen das sie in den Bürgern lediglich eine Gefahr und nicht mehr die Basis für ihre Legitimation sehen. Damit haben die Politiker die Bürger zu ihren Feind gemacht und somit ihnen den Krieg erklärt.
Die Demonstranten wollten nicht weichen, also durfte die Polizei zuschlagen. Welche Logik ist das? Passiver Widerstand (aka Sitzblockade) ist nun einmal eine Form der friedlichen Demonstration. Sitzblockaden mit Gewalt aufzulösen ist keine Antikonflikt-Strategie, sondern der Kampf Politik gegen Bürger. Leider mit sehr unfair verteilten Mitteln.
Ja, hier geht es nicht mehr um den Bahnhof. Sondern darum was die Politiker in den Bürgern sehen: Latent gewaltbereites Stimmvieh das es mit allen Mitteln in Zaum zu halten gilt. Das SIND Zustände wie in der DDR. Nur wer kuscht und macht was man ihm sagt, kann damit rechnen unversehrt und in Frieden zu leben. Und das hat mit Demokratie nun einmal rein gar nichts mehr zu tun.
Die Kommentare retten den absolut Stammtischanmutenden Text!
Danke!
Zum Text selbst enthalte ich mich, im Grunde will er doch nur wieder Aufmerksamkeit und sich prostituieren..
Ein Satz: Informieren sollte man sich zum Thema schon eingehend, bevor man sich mit solch einem Thema schmücken möchte.. Mühelos, Faktenlos, keines weiteren Satzes würdig…
Ich stimme diesem Artikel vollumfänglich zu. Als jemand der wohnortbedingt das Geschehen aus der Nähe verfolgen muss, kann ich leider nichts anderes sagen.
Kann ich auch:
Ich stimme diesem Artikel in keinster Weise zu. Als jemand der wohnortbedingt das Geschehen aus der Nähe verfolgen muss, kann ich leider nichts anderes sagen.
@Dirk – und was jetzt? Sind wir weiter? Kein Stück, aber anders als du will ich mal versuchen noch etwas ins Spiel zu werfen – nämlich wo unser geschätzter Blogger-Kollege Michael S. mspr0 denn abgeblieben ist?
Keine Antworten auf Twitter, keine hier im Blog – nichts um uns seine Sicht auf den #shitstorm den er sich da gerade selbst beschert zu klären.
Ja, ich weiß dass er heute einen Termin hat, dennoch bleibt bei mir der Eindruck dass ich mich in ihm gnadenlos getäuscht habe. Dieser Artikel oben wird jedenfalls in den vielen sehr guten Kommentaren so zerpflückt wie ich das lange nicht mehr gesehen haben, sprich: mspr0, Volltreffer und versenkt.
Martin, bin – wie auf Twitter gesagt, auf einer Konferenz. Und sorry, die Diskussionen hvor Ort sind wirklich interessanter und nehmen meine ganze Aufmerksamkeit in beschlag. Ich lese hier aber mit.;)
Pingback: buibui.de
@mspr0 danke für die Rückmeldung – lass es dir dort gutgehen und denk dir vielleicht parallel ein paar gute Antworten für die Kommentatoren hier ein.
Wird aus meiner Sicht schwierig, aber vielleicht kann man a) das ganze wieder auf eine sachliche Ebene herunterbringen und b) ein bissele Analyse der Entwicklungen einstreuen. Für Direktrecherche und -gespräche aus #0711 kannst du dich ja bei den verschiedensten Kommentatoren hier melden 😉
»Ich kann auch nachvollziehen und habe volles Verständnis, dass das einigen auf den Senkel geht, aber dass das über zwei böse Kolumnen im Stuttgarter Anzeiger hinausgeht, ist bereits unangemessen. Kommt mal klar!«, schreibt einer, der das halbe Internet vollheult, wenn man ihm den Blog in der FAZ wegnimmt…
Weil hier Grad pause ist und nur so als Gesamtbild: wow! Ich hätte tatsächlich nicht mit derArt emotionalen Reaktionen gerechnet. Weiss noch nicht wie ich das einordnen soll. Zumindest eines stimmt: das übersteigt meine empathiefähigkeit bei weitem.
Recht hast du!
Wenn die Diskussionen auf Ihrer Konferenz interessanzer sind, warum schließen Sie dann nicht die Kommentarfunktion – oder besser noch: Befördern Sie dieses Weblog in’s Nirvana.
Bis zur Verwendung des Wortes „Fortschrittsverweigerern“ konnte ich dich teilweise noch verstehen, danach war Schluss. Sorry, aber „Fortschrittsverweigerer“ als Schimpfwort ist für mich sowas wie „Autobahn“, das geht einfach mal gar nicht 🙂 Meinst du mit „Fortschritt“ diese alte Utopie aus den 50ern, fliegende Autos und so? Denn sowas wie die (dringend notwendigen) Fortschritte im sozialen/ökologischen/politischen Bereich scheint damit ja eher nicht gemeint zu sein, sondern eher: „Technik ist immer neutral. Und daher gut. Und daher je mehr davon, desto besser? Und alle, die vor Gefahren bestimmter Grosstechnologien warnen, oder die sich dagegen wehren, dass zivilsatorische Kollaterallschäden (z.B. Klimawandel, Landschaftszerstörung, Flächenverbauch, Zerstörung der Innenstädte, …) als unvermeidliche Naturgesetzlichkeiten dargestellt werden, sind langhaarige Spinner und wollen, dass wir alle zurück auf die Bäume ziehen?
„Ein Mob der auf einmal wie am Spieß aufschreit, wenn er das erste mal mit echter Staatsgewalt konfrontiert wird, als hätte er davon noch nie gehört- (oder eben gedacht hat, dass sie nur für die bösen anderen gilt)“
Klasse. Wahre Worte eines echten erfahrenen Straßenkämpfers. Dachte eigentlich, dass die seit den 80er Jahren ausgestorben wären.
klasse beitrag, dem gibt es von mir aus nichts hinzuzufügen.
Oh Mann, mspro. Dein Beitrag ist genauso lächerlich, wie das was du den Leuten in Stuttgart vorwirfst!
Danke. So ist es. Oben ohne!
„Und sorry, die Diskussionen vor Ort sind wirklich interessanter und nehmen meine ganze Aufmerksamkeit in beschlag“
Genau das ist die unfassbare Arroganz, die es dir nicht ermöglicht, die Proteste in Stuttgart richtig einzuordnen. Openmind? Das radikale Recht des Anderen? Wow. Für so bigott hätte sogar ich dich nicht gehalten.
Statt froh zu sein, endlich mal ein für normale Menschen halbwegs greifbares Beispiel für exakt das zu haben, wogegen auch du vorgibst zu kämpfen, ist dir stattdessen der Anlass nicht gut genug.
Viel Spaß noch bei Openmind für Closed brains.
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das mit dem ard/zdf-medialen grundtenor >hier demonstrieren brave bürger und nicht linke chaoten< sehe ich ähnlich, und das mit den gruenen auch …
1. Es ist ein Unterschied, ob Demonstranten die Polizei tatsächlich angreifen, oder eben nicht. Das lässt Polizeigewalt tatsächlich in verschiedenem Licht erscheinen. Und jetzt erzähl nicht, dass der schwarze Block die Gewalt nicht auch will.
2. S21 ist nicht nur „ein Bahnhof“, es geht um Prestige vs. Praktikabilität, Gigantomania vs. sachliche Angemessenheit.
3. schön dass Du Dich ausgekotzt hast, können wir wieder sachlich reden?
>das übersteigt meine empathiefähigkeit bei weitem.
Warum dann einen Kommentar abgeben, der sich gegen die Souveränität des Volkes richtet, hm? Weil das Thema nicht deins ist? Weil Dir 100 Jahre alte Bäume am Arsch vorbeigehen? Verstehe ich nicht. Echt nicht. Erklärs mir, bitte!
Gut getroffen, auch wenn es etwas drastisch formuliert wurde. Die BW-ler die ihr Heil jetzt bei den Grünen suchen/finden, werden nach der Wahl im Frühjahr verwundert die Augen reiben. Die sind nämlich genauso koruppt und demokratiefeindlich wie die anderen im Parlament sitzenden Parteien. Also auf BW-ler wählt mal alle anderen, es wird ne große Auswahl sein und schickt die CDU-FDP-SPD-Grüne auf den Müllhaufen der Geschichte.
Ja, ja, ja!
Und, äh, nein. Der Protest hat ja erstmal gar nichts mit pro oder contra Fortschritt zu tun, sondern damit, dass hier ein Projekt durchgezogen wird, das die Bevölkerung massiv tangiert, ohne dass die (über die in Schwaben leider unvermeidliche CDU-Wahl hinaus) gefragt wird. Und, wenn meine persönliche Meinung gefragt ist: Es geht hier auch um ein kulturelles Erbe. Es geht um ein Bahnhofsgebäude von hohem architektonischen Wert, das teilabgerissen werden soll. Tut mir leid, bei solchen Themen, da finde ich, dass auch noch andere Meinungen gehört werden sollen bis auf die der geldgeilen Wirtschaftseliten sowie die der zweifellos korrupten Lokalpolitiker.
Genau wegen so unreflektierten, unsachlichen Dramatisierungen, wie dein Kommentar. Sorry, das geht echt auf den sack.
Letzter comment ging an rene
Passt scho 😉
Dann halt sachlich…
Aus einem Kommentar beim Lumma:
Nimm das und dazu die in diesem Video schön dargelegte desolate Finanzierung des Projekts: http://www.youtube.com/watch?v=qAkkjWgbDvQ
So. Und jetzt kommst Du als mpsro daher, der sich immer Politikpolitikpolitik auf die Fahnen schreibt, und findet es doof, dass da Leute vor Ort wegen einer lokalen Sache protestieren, die er nach eigener Aussage nicht versteht? WTF?! Weil dahinter „grüne Fortschrittsverweigerer“ stehen sollen?
Ich glaube, der einzige, der hier demnächst CDU wählen wird, bist Du, mein Lieber 😉 (Ich weiß, der letzte Satz tat weh, aber so wirkt das hier grade schon ein bisschen…)
der bahnhof geht mich nichts an, stuttgart ist weit weg. Nur, hier werden meine Steuergelder ohne open end in den Sand gesetzt.Ich bin 2 mal mit dem zug von sonthofen nach münchen gefahren, ein alptraum. und da trauen die sich zu in einem budget zwischen 3 milliarden und 18 einen bahnhof zu bauen, nach 15 jahren planungszeit! Gute Nacht Deutschland,
der kostet 30 und wird nie fertig. nur deshalb bin ich gegen s21.nur die wahlen kommen wieder und ich wähle den grössten mist wo es gibt, schlimmer kanns doch nicht mehr kommen.
Rene, ich hab ja auch die Legitimität der Proteste nicht grundsätzlich in Abrede gestellt, sondern mir einzelne Dinge rausgepickt, die mich nerven. Im übrigen kenn ich auch außerhalb von Baranek Stuttgarter, die s21 befürworten. Meine Schwester zum Beispiel, die den bisherigen Bahnhof ganz und gar schrecklich fand. Es gibt da keine Einstimmigkeit.
Medial wird immer vermittelt, dass ganz Stuttgart und so und auch du schreibst hier vom „Volk“ und vom Souverän, auf dem man hören sollte. Ganz ehrlich? Das sehe ich nicht. Diese Leute haben die letzten 15 Jahre nicht in einer Diktatur gelebt. Hätten die es wirklich *in der Mehrheit* nicht gewollt, hätten die es verhindert. Und nur, weil Mappus es geschafft hat, Volksabstimmungen zu umgehen, heißt das nicht, dass die gewonnen hätten.
Auch wenn’s hart ist: In einer Demokratie hat nicht der Lauteste Recht und deswegen darf man nicht Volk mit Mob verwechseln. Und das passiert meines Erachtens viel zu häufig.
Yay, emotionaler Diskurs mit allen Nachteilen – denn, sag mal mspro – kann es sein dass du mich und Martin Lindner (der weiter oben einmal kommentiert hat) verwechselst? Ein bissele kompliziert ist es ja …
http://twitter.com/#!/mspro/status/26253345592
Martin hat doch gar nichts direkt zu Dirk @baranek gesagt? Er hat wie ich finde nur darauf hingewiesen, dass die direkt Betroffenen hier in #0711, wenn gewünscht, sich mittlerweile eine fundierte Meinung und ein Verständnis des Sinns erarbeitet haben könnten. Wer das noch nicht hat der könnte auf Sinnsuche gehen – warum ist das emotional?
Mein erster Kommentar bezog sich denn auch ganz sachlich auf @baraneks inhaltsleere Formel „ich wohn dort, deshalb weiß ich dass der mspro Recht hat“ – oder wörtlich:
„Ich stimme diesem Artikel vollumfänglich zu. Als jemand der wohnortbedingt das Geschehen aus der Nähe verfolgen muss, kann ich leider nichts anderes sagen.“
Wer so argumentiert, nämlich frei von Sachargumenten außer der postalischen Anschrift, hat in meinen Augen in der Argumentationsschule gepennt. Aber es soll ja gar nicht um die Hilfstruppen gehen, die dir in diesem Thread zur Hilfe eilen – und auch nicht von jenen, die auf Twitter ein eiliges RT absetzen ohne die Zerlegung des Artikels in den Kommentaren überhaupt zu bemerken – es geht mir um dich, deine mangelnde Empathie, die dich aber nicht hindert locker mal loszuschreiben. Und es geht weiter – denn statt wie ich mir oben wünsche mal auf die vielen guten Argumente einzugehen und etwas inhaltlich beizutragen oder zu erwidern – bist du nur genervt und beklagst „unreflektierte, unsachliche Dramatisierungen“ wo nun wirklich keine sind. René ist da nur das letzte Beispiel, irgendwie schade weil eben auch nicht zur Versachlichung beitragend …
Update – du hast mittlerweile kommentiert – und damit diesen Kommentar teilweise entkräftet, aber weil Schwaben nix wegwerfen drücke ich jetzt mal auf Submit und gehe in einem weiteren Comment auf den ein – ok?
Martin Koser – Martin Lindner hatte in einem Tweet implizit allen Anwohnern, die nicht gegen S21 sind, die Denkfähigkeit abgesprochen. Kann man machen. Kann man aber auch lassen.
Baranek hat sich nur hinter meine Argumentation gestellt. Ich finde das legitim. Warum sollte er argumentieren müssen, dass er Argumente richtig findet?
Wie dem auch sei: ich habe sehr den Eindruck, dass eine Entemotionalisierung des Diskurses wirklich gut tun würde.
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Ok, Fortsetzung folgt – jetzt an Hand von sachlichen Argumenten, da wird’s nämlich spannend:
Du schreibst (an René):
„Medial wird immer vermittelt, dass ganz Stuttgart und so und auch du schreibst hier vom “Volk” und vom Souverän, auf dem man hören sollte. Ganz ehrlich? Das sehe ich nicht. Diese Leute haben die letzten 15 Jahre nicht in einer Diktatur gelebt. Hätten die es wirklich *in der Mehrheit* nicht gewollt, hätten die es verhindert. Und nur, weil Mappus es geschafft hat, Volksabstimmungen zu umgehen, heißt das nicht, dass die gewonnen hätten.“
Nein, heißt es nicht – aber wenn es welche gegeben hätte dann würden wir wohl auch weniger Protest sehen. Siehe Dresden/Feldschlösschenbrücke.
Und was heißt medial vermittelt? In Blogs, in der Bild, in der Stuttgarter Zeitung, auf Twitter gar? Sorry – wer da nicht selbst differenzieren kann und sachlich analysiert dass das einfache Schwarz-Weiß-Bild nicht die Realität widerspiegelt … niemand ernstzunehmendes spricht in diesen Absolutheiten und wenn dich das nervt, naja.
Davor aber der alte Hut – „es ist ewig demokratisch abgestimmt und legitimiert, wenn ihr was ändern wolltet hättet ihr gekönnt, also macht jetzt nicht so ein Zinnober“ – aber dieser wird auch durch Wiederholungen nicht wahrer. Fakt ist dass es schon lange Protest gegen das – immer wieder aufgeschobene, hin- und herdiskutierte, 90er Jahre Boom-Mega-Projekt – gab. Dass man dies außerhalb Stuttgarts nicht wahrgenommen hat ist kein Wunder, das Thema ist komplex und erklärungsbedürftig, allein schon damit angefangen dass es nicht jedem sofort klar wird, dass es eben nicht nur um einen banalen Bahnhof geht. Eine andere Rolle spielt die mediale Vermittlung, die über Jahre die Vorteile hoch- und die Nachteile runtergeschrieben hat. Nicht jeder ist ja zum Stadtplaner und Eisenbahnfachmann geboren, nicht jeder schreitet schon prophylaktisch zum Widerstand wenn das Projekt fast schon den Eindruck erweckt ein running gag zu sein und spätestens in Zeiten von (Double Dip)-Rezessionen erledigt sein sollte, nicht jeder unterstellt allen Beteiligten immer nur unlautere Motive – manche setzen auch auf Einsicht und einen gutgemeinten Ratschlag zum Innehalten, und sei es von Mutti. Die Leute hier sind da eher mal reserviert, das kann man ihnen vorhalten, ich tu es nicht weil ich einer von ihnen bin.
Wenn nun aber Stück für Stück neue Fakten ans Licht kommen, sich die Geschäftsgrundlagen offensichtlich geändert haben und die Leute nun mehrheitlich gegen dieses 15 Jahre altes – und ja, „demokratisch alle Instanzen durchgelaufenes Projekt“ wie die Befürworter immer sagen – protestieren? Den Befürwortern von Alternativen dann vorzuwerfen sie hätten das alles schon früher wissen müssen und hätten Gelegenheit genug gehabt, das lässt mich ratlos zurück. Klar, viele die jetzt dagegen sind waren früher durchaus angetan von der kühnen Vision … machst du ihnen das zum Vorwurf, dürfen sie nicht ihre Meinung aufgrund der geänderten Sachlage wechseln?
Nun denn, was soll sein? Wo soll es hin? Mir gefallen die sachlich argumentierenden „Befürworter von Alternativen“, dieser sehr bürgerliche Protest und das Einstehen für das was den Menschen wichtig ist (ganz konkret in ihrem Lebensumfeld, komme mir jetzt keiner mit der VDS etm.) – kurz die ganze Empathie und das pragmatische Engagement. Gerade weil sie nicht die Revolution starten wollen, oder ganz dringend Liquid Democracy haben wollen – nur ein Innehalten, ein Moratorium – eine Gelegenheit kurz nachzudenken und die neuen Fakten zu prüfen und zu evaluieren. Da kann ich nichts schlimmes dran finden und würde mir wünschen dass die Proteste uns allen eben nicht „auf die Eier gehen“, sondern man denn Sinn und die konkreten Hintergründe zu verstehen versuchen mag. Mit mehr Hintergrundwissen kann man dann auch sachlicher argumentieren.
ps. mit dem Mob kannst du unmöglich die Leute hier meinen, das ist so ziemlich das Gegenteil – eben ein durch un durch bürgerlicher Protest. Zum Teil mit Anzug und Krawatte, ja.
@mspro: Ich kann immer noch nicht so ganz nachvollziehen, wo eigentlich dein konkretes Problem liegt. Kannst du das nochmal nachvollziehbar argumentativ ausbreiten?
Ich mein, ich selbst bin den ganzen S21-Kritikern bislang eher kopfschuettelnd gegenuebergestanden, weil ich immer den Eindruck hatte, dass hier sehr fundamentalistisch argumentiert wird. Das Grundproblem der Entkopplung zwischen einer Buergergruppe und der Regierung einerseits, und einer Begruendung des Projekts im vollkommen luftleeren Raum ohne untermauernde Fakten andererseits, stimmt mich aber in den letzten Wochen schon nachdenklich.
Die Diskussion zu versachlichen wird halt nicht so wirklich funktionieren, solange einfach Fakten geschaffen werden sollen, und das im Zweifelsfall mit Wasserwerfern durchgesetzt wird.
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Mir geht nur der Schmierlappus auf die Eier, sorry.
das ist ja jetzt ein fürchterlicher verhau geworden aus missverständnissen & verkürzungen. sicher zum teil meine schuld: meine neigung, jede stellungnahme zwei- bis dreimal zu falten, verträgt sich nicht so gut mit dem microcontent-gewitter im Web, noch dazu, wenn sie in der empörung der zahlreichen anderen kommentatoren untergeht und schlafmangel auf seiten des bloggers dazukommt.
also nochmals, so undoppelbödig wie möglich:
– du verzerrst meine position. mir ging und geht es mit meinen einwänden nicht zuerst um die frage pro/contra #s21. meine persönliche meinung dazu habe ich mir von Martin Koser ausgeliehen, dem ich hier liquid-democracy-haft sehr vertraue, aber wegen dieser meinung eines außenstehenden hätte ich hier in der blog-diskussion mich niemals geäußert. das sollen die schwaben zuerst unter sich diskutieren, und das machen ja viele, auch hier im kommentar-thread. (stiimmt, in besagtem tweet habe ich nebenbei polemisiert, um des rhetorischen effekts willen, aber erstens darf man das in tweets & zweitens gings mir auch da erkennbar um ganz was anderes.)
– worum es mir nämlich ging und geht: dein blogpost oben hat mich enttäuscht, gerade weil ich deine art zu denken mag und weil du (v.a. im kontrollverlust-blog) öfter sehr scharfsinnige und subtile analysen vorführst. jemand mit deinem anspruch sollte IMHO fähig sein, ein solches politisches phänomen mit kühlem karlmarxischen blick zu sezieren: da ist dynamik, da wirken widersprüche, und die aufgabe des analytikers ist es zu rekonstruieren, was da untergründig wirkt. und zwar jenseits von politästhetischem widerwillen und den sentimental-radikalen ressentiments der geschlossenen Berliner polit-boheme. wohlgemerkt: ich selbst habe da keine endgültige meinung dazu, aber ich hatte mir speziell von dir erwartet, dass du nicht auf der ebene hängenbleibst, ob dir die protestierenden jetzt sympathisch sind oder nicht.
– auch deshalb allein hätte ich vermutlich auch noch nicht kommentiert & getweetet. #s21 hat mich emotional nicht besonders aufgeregt, eher neugieriges interesse geweckt. und natürlich muss man in einem blog nicht ständig auf der intellektuellen höhe sein & darf auch mal einfach was raushauen.
der zweite grund, warum mich das so enttäuscht hat, war glaube ich, dass ich schon seit langem insgesamt das gefühl habe, dass du es dir öfter mal zu leicht machst: du verfällst gelegentlich in einen spätpubertären, auch sprachlich schlampigen ton, mit dem du dich kleiner machst, als du sein könntest. etwas weniger szene-gefütterte selbstzufriedenheit würde IMHO deinem denken (und deiner sprache) manchmal gut tun.
nochmal: das alles sage ich hier nur deshalb, weil gerade du immer wieder sehr gute, sehr anregende sachen schreibst, die ich von niemand anderem lesen kann. aber ich denke eben, du solltest dich nicht damit zufrieden geben: du könntest ein brillanter sprecher der netz-intelligenz werden, aber mir kommt es vor, als würdest du manchmal die messlatte für dich selbst etwas bequem niedrig legen. manchmal höre ich da eine seltsam widersprüchliche mischung aus selbstzweifelnder schüchternheit und spätpubertärer präpotenz heraus. aber so jung bist du ja gar nicht mehr. ein schuß @fxneumann (der ja schon wieder fast zu frühvollendet-abgeklärt formuliert) würde m.e. der wirksamkeit & durchschlagskraft deiner texte über den kreis der sowieso bekehrten hinaus sehr gut tun.
Wie recht du doch hast, endlich mal einer mit gleicher Meinung. Das was da wegen des Bauprojektes getriben wird ist nicht mehr normal. Ich verstehe nach wie vor nicht, wo das Problem liegen soll und warum dort Menschen demonstrieren, die damit mal garnichts zu tun haben, weil sie aus München kommen.
Und die Polizeigewalt. Hm ich will nicht sagen das es nie Ausnahmen gibt, aber die wenigsten Polizisten schlagen jemanden der friedlich in der Gegend steht.
Und ich war schon mal durch Zufall in eine „friedliche Demonstration“ geraten… ich glaube mein Verständnis von friedlich hat nichts mit Steinen in der Hand zu tun.
Aber wenigstens hat man was zum schimpfen 🙂 Bekommt man für sowas eigentlich nen Tag bezahlten Urlaub? Dann könnte ich ja auch mal… und so 🙂
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OK, Martin, ich weiß jetzt etwa was du meinst. Du hast natürlich recht. Wenn da so etwas erstmal Unverstehbares im Raum steht, sollte man einen Schritt zurücktreten und sich fragen, mit welchen falschen Prämissen man das betrachtet.
Felix Neumann hat das gemacht, grandios, ohne Frage. Und ich gebe ihm sofort Teilrecht. Teilrecht, weil ich in der Implemtierung direkter Demokratie nicht das ganze Dilemma gelöst sehe.
Ich gebe zu, ich verstehe immer noch nicht, was da vorgeht, aber ich bleibe dabei, ich habe kein gutes Gefühl. Ich sehe das da in Stuttgart eher im Kontext des Volksentscheits der Hamburger Schulreform und der hysterischen Street View Debatte und ja – in gewissen Maße auch Sarrazin- da gibt es zumindest viele Parallelen.
Die groteske Kraft der Ablehnung gegen jede Art von Veränderung ist meines Erachtens kein politstrukturelles Problem, sondern ein – ich sag mal – „Volkspsychologisches“. (Ich habe in dieser Situation eher Angst vor direkter Demokratie…)
Klar, ich glaube da vermischen sich viele Ängste, die derzeit virulent sind in diesen Schichten: ganz reale soziale Abstiegsängste, das immer krassere Gefühl technologisch/sozial, politisch und intellektuell abgehängt zu werden. Die bürgerliche Mitte verliert derzeit in allerlei Hinsicht gesellschaftliche Relevanz, Definitionsmacht und Sicherheit. Und sogar die CDU schafft es nicht mehr diese Sicherheit zu vermitteln sondern springt beinahe über alle brügerlichen Schatten. Mein Eindruck ist, dass die Bürgerliche deswegen so gereizt und irrational auf alle Arten von Veränderungen reagiert.
Dieses „Jetzt ist Schluss!“ das sich da bahnbricht sieht für mich eher befremdlich aus und macht mir Sorgen.
Ich weiß, auch das ist jetzt keine wirkliche Analyse, aber vielleicht eine etwas genauere Begründung meines Unbehagens mit S21. Mag ja sein, dass ich das vollkommen falsch einschätze (ich weiß auch, dass die Gründe der Gegner natürlich heterogen sind und jetzt viele zu recht widersprechen werden) – aber ich glaube einfach nicht, was Sebaso dauernd sagt, dass die Leute für fortschrittlichere Verkehrspolitik auf die Straße gehen. Das mag es auch geben, keine Frage und bei vielen Leuten eine Rolle spielen, aber erklärt nicht im Mindesten, was dort abgeht.
„Klar, ich glaube da vermischen sich viele Ängste, die derzeit virulent sind in diesen Schichten..
Ich glaube da vermischt sich ganz viel Unwissen mit der Angst sich mal mit den Fakten zu beschäftigen.
CTRL-Verlust?
Ich finde es interessant, dass jemand der „einfach“ mal so aus sich heraus schreibt (ohne den Text „medienkompatibel 1.0“ zu schnitzen) gleich in seine Schranken verwiesen wird. War es nicht das Web 2.0, wo wir uns auch mal authentisch (also alles was dazu – zu uns als Mensch – gehört) begegnen wollten?
Bin ich froh, dass ich kein „Promi“ bin und einfach sein darf….
PS: Auch wenn ich die Art und Weise der Kommunikation hier nicht toll finde, so würde ich mir doch mehr Ehrlichkeit und Mut in vielen Texten wünschen… für alles andere kaufe ich mir Bücher!
@mspro: Ist doch gut wenn die Konservativen nervös werden und sich das mal ausnahmsweise nicht in Ausgrenzung von Minderheiten äußert, wie sonst immer, sondern anschlußfähig für emanzipatorische Politik (hier: Verkehrspolitik) wird. Das nennt man hegemoniale Verschiebung und ausnahmsweise mal zu „unseren“ Gunsten.
Es gibt ja durchaus auch einen rationalen Kern des Konservativismus. Veränderung an sich ist nun mal auch nicht einfach nur gut.
Der Kern der Netzdiskussion, den es freizulegen gilt ist im übrigen die Commons-Debatte (wie ich ja immer versuche zu erklären). Der selbe Kern findet sich auch bei #S21, nur eben im nicht-virtuellen. Es geht um gemeinsame Verfügung über gemeinsame Ressourcen. Und der Konservativismus ist anschlußfähig an diese Debatte, weil es bei beidem um Gemeinschaften geht.
Oder anders gesagt: Keine auf Dauer angelegte gesellschaftliche Veränderung kann ohne konservative Elemente auskommen. Wenn die sich so zeigen wie gerade in Stuttgart, dann ist mir das deutlich lieber, als wenn sie sich so zeigen wie bei Sarrazin.
Benni – Dein Wort in Gottes Ohr. Wäre super, wenn das so wäre. Allein, ich habe da meine Zweifel. Ich glaube eher, dass für diese Leute eher ein Rückzug in’s private, als das schaffen neuer Gemeinschaften und das festhalten von Dingen, als das teilen, die folgerichtigen Konsequenzen sind. Was man an der Street View Debatte sehen konnte.
Aber du hast recht, man sollte da jetzt mal über Spins nachdenken, wie man das kanalisieren kann…
…. und ich hab‘ den Eindruck, manche überintellektuelle aber menschenverachtende Kommentatoren sollten bei sich mal den Lackmus-Test bezüglich „Riesena…ochfaktor“ machen oder machen lassen …
Die Experten wissen schon, was gut für uns ist! Manchmal verstehen wir das nur noch nicht. Später sind wir aber dankbar. Das ist so, wie mit Eltern und Kindern. Und eine Tracht Prügel hat noch niemandem geschadet! Daher sollen lieber die Experten entscheiden. Die Bürger sollten sich dem fügen, und einfach Vertrauen haben. Es ziemt sich nicht, über den Bahnhof zu urteilen, wenn man nicht vorher sämtliche Gutachten eingesehen hat. Manche Gutachten sind aber geheim. Gut so! Denn es handelt sich um Geschäftsgeheimnisse der Bahn. Die Bürger würden sie auch garnicht verstehen.
Die Technokratie ist gut, weil sie richtig ist.
>Beanspruchen die Bürgerlichen jetzt für sich etwa Sonderrechte und Sonderbehandlungen?Die groteske Kraft der Ablehnung gegen jede Art von
Veränderung ist meines Erachtens kein politstrukturelles
Problem, sondern ein – ich sag mal –
“Volkspsychologisches”. (Ich habe in dieser Situation eher Angst vor direkter Demokratie…)Auch wenn’s hart ist: In einer Demokratie hat nicht der Lauteste Recht und deswegen darf man nicht Volk mit Mob verwechseln. Und das passiert meines Erachtens viel zu
häufig.
Da redet einer über Volk und wälzt sich selbst auf leninistischem Rollrasen, auf den er vorher in Stuttgart geschissen hatte.
Wer Demonstranten als Mob beschimpft, sollte doch mal *seine* reaktionäre Einstellung justieren.
>Ich sehe das da in Stuttgart eher im Kontext des
Volksentscheits der Hamburger Schulreform und der
hysterischen Street View Debatte
Wer die Initiative Stuttgart 21 mit einem Volksentscheid (oder hier: einem völkischem Holzscheit) verwechselt, hat nichts verstanden. S21 ist nicht Mitbestimmung und Angst sondern Willensbekundung und Machtdemonstration.
Bürger brauchen keine wohlwollenden Politpädagogen wie mspr0, die ihnen den richtigen Weg weisen.
„Spins“ – die wollen eben nicht mehr von „Spin-Doktoren“ und PR-Profis dazu gehören auch die sie beratenden Politiker – gelenkt werden. Vielleicht solltest du mal nach Stuttgart kommen und mit „diesen Leuten“ reden, dir anschauen, was sie machen und warum. Aber es ist halt einfacher von Berlin aus den Analysten zu geben und den Menschen, die da protestieren, die Fähigkeit zur Beurteilung abzusprechen. Das unterscheidet dich nicht von anderen Polititmäulern und Großsprachern in Berlin und ist gerade das, was die Leute auf die Straße treibt.
@mspr0
Wer nicht in der Lage ist, WordPress so zu konfigurieren, dass es keine Kommentare zerhaut, und es nicht mit einer Kommentarvorschau ausstattet, sollte sich nicht über Mitbestimmung und Meinungsäußerung anderer lustig machen.
Denn so ist die Kommentarfunktion genau auf dem technischen Niveau einer linken Polit-Debatte. Nämlich ms….Null!
Das war nicht von Lenin sondern von Stalin ……. aber egal, die Vorgeschichte ist noch viel komischer ……
AN ALLE RASENSPRENGER:
Im November 1918 stürzte das Deutsche Reiche ins Chaos, der Erste Weltkrieg war verloren, der Kaiser wurde zum Rücktritt gezwungen, Sozialisten und Kommunisten kämpften um die Macht in der zukünftigen Republik. Als eine Gruppe bewaffneter Kommunisten den Reichstag stürmen wollten, stießen sie auf der Wiese davor auf ein Schild mit der Aufschrift: „Die Herren Revolutionäre werden gebeten, den Rasen nicht zu betreten“. Die Kommunisten hielten sich daran und stürmten den Reichstag über den Fußweg.
In Moskau, in dem seit der Oktoberrevolution 1917 die kommunistische Partei regierte, war man entsetzt, als klar wurde, dass sich in Deutschland eine parlamentarische Demokratie durchsetzte, keine kommunistische Räterepublik. Als die Anführer der KP, Wladimir Lenin und Josef Stalin, dann auch noch von der beschriebenen Ereignissen auf der Wiese vor dem Reichstag hörten, waren sie schockiert. Stalin sagte zu einem Journalisten: „In Deutschland kann es keine Revolution geben, weil man dazu den Rasen betreten müßte.“ Lenin erklärte von da an bei jeder Gelgenheit: „Revolution in Deutschland? Das wird nie etwas, wenn diese Deutschen einen Bahnhof stürmen wollen, kaufen die sich noch eine Bahnsteigkarte!“
Ich verstehe Deine Kritik an den Kritikern, aber ich finde Dich zu pessimistisch. Glaubst Du nicht dass die Erfahrungen, die diese Menschen gerade machen sie nicht dauerhaft verändern?
Außerdem halte ich S21 keineswegs für einen Fortschritt und ich möchte den Menschen die gegen S21 sind nicht vorwerfen sie würden sich reflexartig gegen den Fortschritt stellen.
Wenn wir Wandel in dieser Gesellschaft wollen, dann müssen wir darauf bauen, dass Menschen sich verändern können und das Menschen diese Gesellschaft verändern können.
Der Protest gegen S21 ist keine Revolution, aber vielleicht ein Kristallisationspunkt für eine Politisierung in der Biographie der am Protest Beteiligten. Ohne die Brüche, ohne diese Menschen, kein Wandel.
In Ergänzung zu vielen hier geäußerten Argumenten und Beobachtungen:
Interview mit Dieter Rucht, Soziologie-Professor und Poltikwissenschaftler Experte für soziale Bewegungen, Öffentlichkeit und politischer Protest.
http://www.tagesschau.de/inland/interviewrucht100.html
Danke Paul. Der Link ist wirklich mal informativ.
„Das, was mir am übelsten aufstößt: Der ständige Verweis, dass es sich hier ja um “anständige Bürger” handeln würde und eben nicht um “linke Chaoten” und der damit implizit gegebene Verweis, dass es ja völlig ok sei, wenn der Staat Leute aus der linken Szene zusammen schlägt, aber doch nicht die braven Bürger!“
Das ist es was mich auch schon die ganze Zeit stört. Danke dass du es so schön auf den Punkt bringst.
annalist hat das (und anderes) auch noch mal kommentiert:
„Inzwischen ist zu erkennen, dass versucht wird, die Proteste zu diskreditieren. Das seien ja gar keine ‘normalen Bürger’, sondern die Rädelsführer seien (Links-)Extremisten. Und wenn dem so ist, dann ist der friedlichen Baumbesetzung ja wohl jede Legitimität entzogen. Gute Idee, nicht neu, aber funktioniert fast immer.“ (Link siehe unten [1])
Das ist von beiden Seiten perfide. Die Staatsmacht die aus Demonstranten böse Links-„extremisten“ macht, die ja anscheinend kein Recht auf Demo haben. Und die S21-Gegner die ja auch keine Linken sind sondern Bürger. Klar gibt’s da Unterschiede in den Aussagen, aber das Grundprinzip ist gleich.
Daher fand ich auch die Mahnwachen gegen Polizeigewalt in vielen Städten ein kleines bisschen heuchlerisch. Wenn bei der nächsten Antinazidemo die links-„extreme“ Antifa von der Polizei auf die Nase bekommt oder die bösen linken Autonomen in Hamburg oder Berlin dann macht auch keiner eine Mahnwache.
Weder das Abendland noch die Demokratie wird untergehen wenn S21 so kommt, wie geplant. Kann sein, dass Stuttgart dann pleite ist, was natürlich auch nicht erstrebenswert ist.
Ich wünsche den den Stuttgarten durchaus, dass das Verfahren noch zur Abstimmung gestellt wird. Und noch mehr wünsche ich mir, dass sie wirklich konsequent sind und die CDU abstrafen (zumindest in Stuttgart, wenn angeblich über die Hälfte der Einwohner gegen S21 ist) bei der nächsten Wahl. Wenn nicht, können sie ihren Protest auch in der Pfeife rauchen.
Ich möchte gerne glauben dass S21 ein „Kristallisationspunkt für eine Politisierung in der Biographie der am Protest Beteiligten“ ist, aber ich befürchte es hat eher was mit dem NIMBY zu tun und der Tatsache, dass es hier um richtig teures Projekt geht. Wenn es um wirklich politische Themen wie bei der FsA in Berlin geht, bleiben die meisten zu Hause. Von Themen die die gesellschaftliche Solidarität betreffen ganz zu schweigen. Allenfalls Atompolitik bekommt noch eine nennenswerte Zahl an Leuten auf die Straße.
[1] http://annalist.noblogs.org/post/2010/10/04/das-besondere-an-stuttgart-21-ist-gar-nicht-so-besonders/#more-949
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„Fortschrittsverweigerer“ ist schon ganz schon nahe an der Trollerei, das war unnötig. Hast du dich mit S21 und auch den Alternativkonzepten befasst? Letztere bringen ja auch einiges an „Fortschritt“, wenn man diesen dusseligen Begriff unbedingt verwenden möchte.
Am Samstag um 15 Uhr werden über 130.000 friedliche Menschen zur Demo erwartet. Ich (seit vielen Jahren CDU-Wähler) und die allermeisten anderen sind vor allem deshalb gegen S21, weil der neu geplante Tiefbahnhof nicht notwendig, zu kompliziert, zu unflexibel und schlussendlich viel zu teuer ist. Wir alle sind für die Zukunft und für etwas modernes und funktionierendes – und deshalb für einen attraktiven Kopfbahnhof!
Auch wenn es einen Baustopp gibt, ist das für uns kein Grund für die Menschen nicht mehr zu demonstrieren. Denn uns allen geht es um die Beibehaltung des Kopfbahnhofes! Gerne können die Herren miteinander reden und etwas versuchen die heiße Luft raus zu nehmen – und dann will ich als Bürger jetzt aber endlich auch einmal alle Fakten und Wahrheiten auf dem Tisch sehen. Denn das erwarte ich von den Gesprächen und nichts anderes. Alle Argumente sprechen klar gegen S21. Worte wie „modern“, „schnell“, „schafft Arbeitsplätze“ sind nur Floskeln.
Der bisherige Kopfbahnhof ist der pünktlichste in ganz Deutschland – und u.a. Vorbild für den Bahnhof in Zürich was Gleis- und Trassenführung angeht. Der integrale Taktfahrplan ist hier optimal anwendbar. Züge können aufeinander warten, für fast 90% der Bahnfahrer beginnt oder endet die Reise hier oder man steigt auf Regionalverkehr um. In den Hauptbahnhof kommen Züge aus 10 Richtungen – nur von Mannheim nach Ulm kann man bei S21 sitzen bleiben, Zugfahrer aus Heidelberg, Karlsruhe, Rottweil, Tübingen, Göppingen, Aalen, Schwäbisch Hall und Heilbronn müssen in Stuttgart aus- oder umsteigen. Hierfür ist der Tiefbahnhof zu klein, mit zu schmalen Bahnsteigen und mit zu kurzen Haltezeiten der Züge vorgesehen. Engpässe sind vorprogrammiert.
Wir alle möchten einen hellen, modernen, flexiblen Bahnhof, der funktioniert und Probleme mit den Zügen abpuffern kann!
Es gibt beim bisherigen Bahnhof bislang keinerlei Probleme für die eine neue Lösung (wie S21) gesucht werden müsste. Es gibt keinen einzigen Grund S21 zu bauen. Der ehemalige Stuttgarter Bahnhofschef berichtet, dass vor 10 Jahren die Züge dank besserer Gleisanlagen noch 15 Minuten schneller in Ulm waren. Jetzt will man eine Trasse bauen, um 20 Minuten schneller da zu sein …
Aber dennoch hat S21 nichts mit der neuen Schnellbahntrasse zu tun. Die kann natürlich gerne auch gebaut werden – und funktioniert aber selbstverständlich auch mit dem bestehenden Kopfbahnhof. Auch hier und beim Ausbau des Kopfbahnhofes werden Arbeitsplätze geschaffen. Auch ich will einen modernen Bahnhof – aber eben einen variable und kostengünstigere Lösung, den Kopfbahnhof.
Wieso halbiert man die für einen Tunnelbau gesetzlich vorgeschriebenen Tunnelwandstärken auf Kosten der Sicherheit? Wieso bekommt man Ausnahmegenehmigungen für Notausgänge nur alle 1000 Meter – statt wie vorgeschrieben (EU-Richtlinie) mindestens alle 500 Meter? Wieso können keine Güterzüge durch S21 mehr fahren wegen der zu hohen Steigung? Wieso ist der neue geplante Bahnhof auf den Fildern 250 (!) Meter vom Flughafen entfernt? Wieso ist die neue Trasse nach Ulm noch nicht komplett planfestgestellt? Wie soll das gehen 5000 neue Bäume zu pflanzen – so viele passen gar nicht auf die frei werdenden Flächen (um dieselbe Sauerstoffmenge zu bekommen, die die jetzigen ca. 300 Bäume produzieren, die gefällt werden sollen, müsste man laut Biologen ca. 30.000 neue Bäume pflanzen)! Warum sind beim S21-Konzept 10 niveaugleiche Weichen rings um Stuttgart vorgesehen – also keine Brücken oder Tunnels, sondern Schienen auf einer Ebene, welche die Züge überqueren und somit einander vorbei lassen müssen – mit entsprechenden Stopps und Wartezeiten? Wieso bleibt kein Geld mehr für den Regional- und Nahverkehr mehr übrig? Wieso müssen auf S21-Abschnitten sich Züge mit den S-Bahnen dieselben Gleise und Tunnels (Zuckelverkehr statt Fortschritt und Schnelligkeit) teilen? Weshalb sind keine Hochleitungen für den Bahnhof S21 geplant (weil der Tunnel und der Bahnhof dafür zu eng ist) – sondern ein sogenanntes Funksystem über die Schiene? Wissen die Herren Planer, dass es bislang in Deutschland keinen einzigen Zug mit diesem Funksystem (Nachrüstkosten pro Zug 300.000 Euro) gibt? Ist jedem bekannt, dass nicht nur in Stuttgart-City sondern auch in Feuerbach, Degerloch und Untertürkheim usw. Tunnel gebaut werden und 15 Jahre lang Lastwagen fahren? Wieso gibt es bislang keine komplette Transparenz der Gutachten? Wieso stieg der an der Planung beteiligte Architekt Frei Otto nach Bekanntwerden aller aktuellen Fakten vom Projekt aus mit dem Hinweis: „Wenn ich das alles früher gewusst hätte, was sich jetzt alles als schlecht und falsch herausstellt …!“
S21 ist eben keine (!) Riesenchance für die städtische Entwicklung – sondern ein Rückschritt aus oben genannten Gründen. Fortschritt: ja – aber nicht so schlecht!
Deshalb: OBEN BLEIBEN!
Und deshalb werden alle weiter friedlich demonstrieren. Für einen modernen und zukunftsfähigen Bahnhof – in dem man sich wohl fühlt, der attraktiv und sicher ist und der genügend Puffer für Wartezeiten zulässt. Für eine intelligente und sichere Lösung, für Arbeitsplätze, für optimale Verbindungen und die Zukunft unserer Landeshauptstadt.
„Dass es um einen Bahnhof geht“ stört Dich also. Da kann ich Dich nun beruhigen, es geht nämlich um mindestens zwei Bahnhöfe, neben dem geplanten (technisch mehr als einer) nämlich auch um den existierenden, der den Plänen nach beseitigt werden soll. Und dieser existierende Bahnhof funktioniert nun ziemlich gut – wenige Bahnhöfe in Europa haben so wenig Verspätungen wie Stuttgart (vor Beginn der Bauarbeiten, seitdem mag es anders aussehen). Dass dieser sehr gut funktionierende Bahnhof auf einmal weg soll, hat seine Ursache vor allem in einer Grundstücksspekulation – die Gleise liegen ja teilweise recht nah am Zentrum, und da kann man ja auch das eine oder andere Bauprojekt aufziehen, das zwar wahrscheinlich eigentlich auch nicht so furtchtbar lohnend ist, sich aber immer noch gut genug dem ein oder anderen Zahnarzt mit Kapitalanlagebedarf aufschwatzen lässt.
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Bessere Kommunikation?
Wenn Politiker sich den Fehler eingestehen, dass von Beginn an nicht richtig geworben und die Bevölkerung nicht „mitgenommen“ wurde – was wollen Sie uns damit sagen? Dass mit besseren Infos sich S21-Gegner überzeugen lassen? Dass die Millionen für bunte Broschüren und inhaltsschwache Werbung umsonst war? Dass man wichtige Argumente vergessen hat?
Was genau hätte man denn besser kommunizieren sollen? Das können die Befürworter ja jetzt gerne endlich mal sagen. Aber wetten, es wird nichts mehr kommen – weil es nämlich nichts Neues zu sagen gibt. Denn das alles sind nur Floskeln, um zu besänftigen und von allen Planungsfehlern abzulenken. Jetzt versucht es die Politik auf die schleimige Tour.
Es geht auch nicht darum das Projekt S21 besser zu verkaufen. Denn die Befürworter haben sicher nicht ohne Grund lange Zeit vieles verschwiegen, was jetzt so langsam alles aufgedeckt wird. Denn dann wären ja die Menschen alle noch viel früher auf die Straße gegangen!
Das Projekt selbst ist nämlich der Fehler! Eine einzige Katastrophe. Die vielen friedlichen Demonstranten (darunter unzählige langjährige CDU-Wähler) sind vor allem deshalb gegen S21, weil der neu geplante Tiefbahnhof absolut nicht notwendig, zu eng, zu kompliziert, zu unflexibel und schlussendlich eine Geldvernichtungsmaschine ist. Es gibt keinen Bahnknoten neu zu ordnen, denn es gibt kein Problem mit dem jetzigen Bahnhof, das gelöst werden müsste. Stuttgart hat den pünktlichsten Kopfbahnhof in ganz Deutschland!
Wir alle sind für die Zukunft, für Modernität und Funktionalität – aber nicht für einen künstlich geschaffenen Engpass. Sondern für einen variablen und attraktiven, weil viel sinnvolleren Kopfbahnhof! Nur hier können Züge aufeinander warten, nur hier funktioniert der integrierte Taktfahrplan. Es geht auch nicht darum, in Zukunft alle Großprojekte zu hinterfragen. Aber wenn Verschlechterungen geplant sind statt Verbesserungen herbei zu führen, nur um Immobiliengeschäfte zu tätigen und schwäbischen Vetterleswirtschaft praktizieren zu können, dann wird sich auch in Zukunft das Volk einmischen und friedlich zur Wehr setzen.
Übrigens – dies alles hat mit der Wahl im Frühjahr überhaupt nichts zu tun. Dass die CDU dann abgestraft wird, steht auf einem anderen Blatt. Der Widerstand wäre nämlich exakt derselbe auch wenn 2011 keine Wahlen wären. Solche billigen Argumente machen das Projekt S21 keinen Deut besser!
Pro s21 🙂
Darf man nur nicht öffentlich zugeben, da man sonst die Gewalt der S21 Gegner zu spüren bekommt…
Pro21 – hört man sehr wenig und alles was ich heute gelesen habe, von Pro21 – Anhängern muss ich leider sagen waren Fragen, Fragen warum Menschen demonstrieren, warum man sich über so einen „Bahnhof“ aufregt. Fragen, die sich Gegner von #s21 gestellt und schon längst beantwortet haben.
Pro21 Anhänger scheinen mir Momentan noch in diesem gefährlichen Halbwissen abzudriften, wenn mir jemand einmal einen vernünftigen Link senden kann, mit Argumenten dafür, so wie zum Beispiel, dass der Castor Transport eben schneller in den Norden kann, weil auf der Strecke a) niemand mehr demonstrieren kann und b) den Transport gar keiner mehr zu Gesicht bekommt 😉 und c) der Transport viel schneller vollzogen werden kann
Ja, sowas zum Beispiel… oder mal ein Beitrag von jemanden Pro21 er von 1997, als sich auch damals schon Bürger gegen das Projekt wehrten.
Finde ich einfach nicht.
Also, an alle Pro21er beantwortet euch doch erstmal eure Fragen, indem ihr euch wirklich informiert, fragt was ihr nicht versteht.
Das sollten alle Gegner natürlich auch machen, immer und immer wieder.
Soviel ist klar.
Ich Danke Tim Mayers für seine Kommentare. Die sind mal aufschlussreich.
Und nur weil soviele einen Bahnhof hässlich finden, sollte es eine Genehmigung geben, soviel Geld zu verschleudern und letztendlich einen schönen Bahnhof zu haben, bei dem es aber ständig zu Problemen kommt?