(Nein, das hier ist kein Twitkrit)
Ist es nicht schön? Man kann es einfach so raushauen. „Ich mache jetzt Feierabend“, schleudert uns Moeffju entgegen. Einfach so. Nix besonderes, eigentlich. Genau diese Art Information, die man bei Twitter einfach so raushaut, ohne sich einen Kopf zu machen. Denn was ist schon dabei? Jeder macht doch Feierabend, irgendwann. Würde man nie drauf kommen, dass das, außer für ein paar Leute, für die es die Möglichkeit eröffnet jetzt mit dieser Person ein Feierabendbier zu trinken, irgendeine Relevanz besitzt.
Und dann kommt irgendwer. Ein zukünftiger unentschlossener Kunde, ein potentieller Arbeitgeber, oder einfach nur eine Profilingagentur. Oder gar eine Web2.0 offene Profilaggregationsplattform. Und Zack wird aus den einzelnen und für sich harmlosen Feierabenden und ihrer Tweetszeitzen ein Arbeitszeitenprofil geschustert.
Es ist nicht immer sofort ersichtlich, welche Daten wir preisgeben, während wir sie preisgeben. Mit Regelmäßigkeiten und Hashtags lassen sich Daten zu Profilen verknüpfen, von denen wir heute noch gar keine Ahnung haben, welchen Komplexitätsgrad und welche Tiefe sie erreichen können.
Als Kosmar im Artikel bei den Blogpiloten von seinem Geburtstagskalender berichtete, war ich zunächst begeistert.
Ich selbst pflege zum Beispiel gerne den Twitter-Geburtstagskalender mit #hpybdy oder zeichne meinen letzten Tweet des Tages gerne mit #n8 aus.
Ist ja auch eine tolle und ebenso einfache Idee. Dass dort aber Liste für alle Leute zugänglich ist, die das für die Identifizierung ziemlich wichtige Datum des Geburtstags vieler Twitterer einfach so abrufbar macht, ist ein Datenschutzproblem. Ganz besonders dann, wenn man wie ich anonym im Netz unterwegs ist.
Ich weiß selber noch nicht, was das alles für mich und meine Twitterei bedeutet. Ich weiß aber, dass man vorsichtig sein sollte. Vor allem, wenn man anfängt, Dinge zu standardisieren, mit Regelmäßigkeiten und Hashtags aber auch mit dem Gebrauch des Locationtags „L:“. Man kann sich noch etwas schützen, indem man auf die Interpretationsbereitschaft seiner Follower setzt und die Maschinenlesbarkeit reduziert. Man muss im Grunde in Captchas twittern.
Wobei auch das keine Sicherheit ist. Was ein Captcha ist und was nicht, ist eine Frage, die letzten Endes in einer ungewissen Zukunft entschieden wird. Und zwar von Moores Law.
Ich stimme dir grundsätzlich zu – irgendwo. Klar, Summize-Suche nach #hpybdy und zack! Profile. Selbiges nach „Feierabend“ ist schon schwerer, weil man dazu Intelligenz braucht, um die verschiedenen Benutzungen zu trennen. Profil protecten hilft – wie immer ist es jedermanns Abwägung, ob man summize & co. praktisch findet oder lieber mehr Privatsphäre hat. Besonders nett wird’s dadurch, dass #hpybdy ja von anderen verwendet wird – da bleibt nur, das Geburtsdatum komplett geheimzuhalten, was a) schwer ist und b) wenig sinnig erscheint.
Zum Feierabendprofil – meinetwegen kann jeder versuchen ein Arbeitszeitprofil von mir zu erstellen. Ich habe aufgehört, irgendwelchen Erwartungen oder Normen entsprechen zu wollen. Meine letzten Arbeitsstellen hatten die Anforderung „Job gets done“, nicht „Anwesenheit nach der Uhr“. Ich hab auch beschlossen, dass ich es nicht nötig habe, mich in sowas zwängen zu lassen. Heutzutage ist es noch einfacher, mit Laptop, UMTS-Karte, ubiquitous Wifi, etc. kann ich sowieso von überall arbeiten.
Und schließlich twittere ich eigentlich nur Dinge, die für die Öffentlichkeit ok sind. Der Rest geht in DMs, E-Mail, Real Life und andere Kanäle. Noch ist die Hoffnung nicht verloren, dass die Welt offen sein kann…
Ist klar, dass du hier nur als Beispiel auftauchst. Was du tust, tuen viele andere auch und bei dir würde ich sogar sagen, dass du Dir über mögliche Konseqenzen mehr bewusst bist, als die meisten. Bei anderen sehe ich das nicht.
Aber worum es mir geht, ist, in wie weit man sich überhaupt der Tragweite bewusst sein KANN. Ich glaube nicht, dass die von mir aufgezeigten Möglichkeiten auch nur annähernd das Ende der Fahnenstange bedeutet.
Und selbst wenn es so ist, wie du sagst:
Und schließlich twittere ich eigentlich nur Dinge, die für die Öffentlichkeit ok sind.
Ich denke, man weiß nicht, was man twittert. Niemand kann das wissen. Die Verknüpfbarkeit von Daten, die in zukünftigen Zeiten möglich sein wird, kann niemand vorhersehen. Davon rede ich.
1. Hab ich die Diskussion auch auf mein Blog ausgebreitet, weil ich das Thema interessant finde: moeffju.net
2. Hast Du natürlich auch hier recht: Man kann nicht wissen, welche Analyse- und Verknüpfungsmöglichkeiten es noch geben wird. Aber wie kann man dem begegnen? Es ist so wie ein sicherer Computer – unter der Erde, vom Strom- und Inter-Netz getrennt, Beton drübergießen. Zwischen der absoluten Wahrung der Privatsphäre und schonungslosen Offenheit sehe ich nicht viele Möglichkeiten. Und die neuen Medien komplett zu ignorieren, aus Sorge um seine Datenspur, das kann’s auch nicht sein. Bleibt also wieder das leidige Thema Medienkompetenz – und da muss sich wieder jeder mit sich selbst ausmachen, was und wie er/sie/es tut und sagt. Da will ich die Zukunft aber lieber gestalten, als sie zu fürchten.
Das viel größere Problem ist doch, dass nicht nur wir Daten von uns veröffentlichen, sondern auch die anderen. „Hey, ich treff mich grad mit xy“, „#hpybdy xy“, Fotos auf Flickr, Videos auf Youtube. Das liefert Daten fürs Profil ohne dass ich das selbst initiiere, vielleicht bekomme ich es nicht einmal mit. Spannend wird es wenn ich irgendwann selbst vom offlinigsten Offliner ein Profil erstellen kann – weil genügend Freunde von ihm bewusst oder unbewusst die Daten liefern.
@moeffju Nein, so weit würde ich nicht gehen das zu fordern. Ich will dennoch darauf hinweisen, dass es diese Gefahren gibt und dass wir damit umgehen müssen. Konkret fordere ich nur auf, wenigstens die Möglichkeiten, die es heute schon gibt, erst zu nehmen und sie zu durchdenken. Man muss es den Profilern ja nicht einfacher machen, als nötig.
Ich twittere immer noch für Menschen und nicht für Bots.
Ansonsten geb ich dir recht. Man muss die Zukunft aktiv gestalten und sich nicht davor fürchten. Das will ich auch nicht. Ich glaube aber, man kann die Zukunft nicht ohne den kritischen Blick auf die Gegenwart gestalten. Sonst fliegt man schnell auf die Fresse.
Was mir etwas auf die Eier geht, ist diese kritiklose Affirmation alles neuen und das unbedachte raushauen von Informationen, die in der Web2.0 Szene so vorherrscht.
Wenn uns der ganze Sc heiß hier nutzen soll und nicht schaden, muß es ein Bewußtsein für diese Probleme geben.
@achim Da hast du natürlich recht. Deswegen würde ich auch auf eine gewisse Konvention gegenüber den Daten des Anderen hoffen. Auf Grundlage des Bewusstseins, das ich angesprochen habe.
@mspro Agreed.