WhatsApp-Panik

Ich will hier gar nicht auf die absurden Szenen in meiner Timeline eingehen, wie sich jetzt Leute von WhatsApp abwenden, wegen Datenschutz. Kannste Dir nicht ausdenken. Ich lass das einfach mal so stehen, als ein Paradebeispiel dafür, wie irrational und diffus gefühlsbestimmt der ganze Diskurs um Datenschutz und Datensicherheit geführt wird.

Interessanter ist doch die Frage, wieso Facebook 19 Mrd. Dollar für die MessengerApp ausgibt. Erinnern wir uns zurück: Als Facebook 2007 1,6% für 240 Millionen an Microsoft verkaufte und damit auf 15 Milliarden geschätzt wurde, haben alle Beobachter von einer Bubble gesprochen, die bald platzen wird.

Also, 19 Milliarden für WhatsApp ist eine Ansage. Nur welche? Gehen wir also die potentiellen Gründe für diesen Wahnsinnsdeal doch mal durch:

  1. Assets – Welche Assets?
  2. Mitarbeiter – Na sicher!
  3. Technologie / Patente – LOL!
  4. Daten – Die wenigen Daten, die Whatsapp hat (vor allem die Telefonnummer ihrer Nutzer), hat Facebook als Schattenprofile längst beisammen. Facebook weiß sehr genau, wer sie nicht nutzt.

  5. Userbasis – Sehr Schwierig. 1. würde ich davon ausgehen, dass es sowieso eine Überschneidung der Nutzerbasis von > 70% gibt. (Was übrigens den Dollar/Userpreis noch mal um einige Stockwerke höher als die ständig kolportierten 50$ treibt) 2. Bleibt die Frage, wie sie an die restlichen 30% rankommen wollen. Sie müssen dafür ihre MessengerApp mit der von Whatsapp irgendwie „verheiraten“, denn da arbeiten schon sehr unterschiedliche technische Paradigmen, vor allem was die Nutzerverwaltung angeht. So einfach ist das also nicht. 3. Außerdem ist fraglich, ob man die restlichen 30% überhaupt zu Facebook bewegen kann. Ist ja nicht so, dass man ihnen erst Facebook vorstellen muss. Fast jeder, der kein Facebookprofil hat, hat keines, weil er sich bewusst so entschieden hat. 4. Dazu kommt, dass diese Nutzer sehr frei sind. Es gibt kaum einen Lockineffekt, weil die Daten von Whatsapp eben bei jedem das Telefonbuch ist. WhatsApp hat überhaupt keine eigene, zentrale, exklusive Userbasis, sondern ist nur ein Client für das Telefonbuch auf den Smartphones und ist damit jederzeit mit ähnlichen Clients austauschbar.

  6. Marktanteil – Bleibt eigentlich nur der Marktanteil und in der Tat macht das am meisten Sinn. Facebooks User-Wachstum ist dabei die Sättigungskurve zu überschreiten. Gleichzeitig legt WhatsApp immer noch zu und ist dabei, die magische Userzahl von einer Milliarde zu nehmen, die Facebook auch erst gerade genommen hat.

Nun muss man sehen, dass im Kommunikationsmarkt Marktanteil nicht nur eine wirtschaftliche Kennzahl ist, sondern Marktanteil bestimmt häufig die Frage, ob es für die Plattform überhaupt eine Zukunft gibt. Zentral dabei ist der Netzwerkeffekt, also die Tatsache, dass sich mit jedem zusätzlichen Teilnehmer eines Kommunikationsnetzwerks der Gebrauchswert dieses Netzwerks für alle Teilnehmer erhöht. Ihr kennt das: man ist auf Facebook, weil alle Freunde auf Facebook sind. Plattformen haben deswegen den Effekt, eine soziale Gravitation auf alle Leute auszuüben und diese soziale Gravitation ist es, die für Zukunft der Plattform entscheidend ist. Denn am Ende bedeutet das nichts anderes als „The Winner Takes It All.“

Facebook weiß, dass viele ihrer – vor allem jüngeren – Nutzer sich um die Timeline und die Statusupdates kaum scheren. Sie wollen in erster Linie mit ihren Freunden chatten. Das geht mit Facebook, keine Frage. Aber es ist halt komplizierter, weil der ganze Overhead dabei eigentlich nur stört. Das ist auch der Grund, warum Facebook eine Stand-Alone MessengerApp herausgegeben hat.

Aber man kann das ganze Gebammel ja auch links liegen lassen und Whatsapp nutzen, das eben auf das Messengeing fokussiert ist und wo man auch die Freunde ohne Facebookprofil erreichen kann. Das haben sich jedenfalls hunderte Millionen Nutzer so gedacht und so gehandelt. Und das ist natürlich extrem gefährlich für Facebook, denn die soziale Gravitation zieht die Nutzerinteraktion wie ein schwarzes Loch aus Facebook weg. Die Leute löschen deswegen nicht gleich das Facebookprofil, aber werden nach und nach zur Karteileiche. Die Gravitation von WhatsApp hat bereits so große Ausmaße angenommen, dass Facebook in naher Zukunft schlicht irrelevant zu werden droht.

Es geht bei dem Deal also gar nicht um irgendwas, das WhatsApp hat, sondern um das, was WhatsApp bedroht. Es geht um die Zukunft von Facebook. WhatsApp war ein Panikkauf (Was auch den Preis erklärt). Ich weiß gar nicht, ob Facebook überhaupt einen Plan hat, was sie damit jetzt anstellen wollen. Es würde mich nicht mal wundern, wenn sie den Laden einfach dichtmachen.

Buchupdate

Ich komme ganz großartig voran. In den bisherigen zwei Wochen habe ich bereits das erste Kapitel inhaltlich fertiggestellt. Diese Information ist allerdings mit zweilerlei Hinweisen zu genießen. Erstens: das erste Kapitel ist das längste und eines der entscheidensten. Hier geht es darum, den Kontrollverlust zu erklären, ihn plastisch und greifbar zu machen. Ich hatte dafür 38.000 Zeichen vorgesehen. Das habe ich locker überboten und bin derzeit bei über 50.000 Zeichen, was ungefähr 33 Buchseiten entspricht. Das mag viel erscheinen, ist aber kein Maßstab für den Rest des Buches, weil zweitens: es ist das Kapitel, das inhaltlich am besten vordefiniert war. Ich habe 4 Jahre didaktische Erfahrung, den Kontrollverlust zu erklären. Ich habe dazu im Laufe der Zeit einen riesigen Fundus von medialen Zusammenhängen, Beispielen und Anekdoten angehäuft. All das konnte ich dort prima hineinwerfen und zusammen ergibt das – zu meiner Überraschung – ein sehr rundes Kapitel, das ich quasi nur noch runtertippen musste.

Ich bin gerade dabei, das zweite Kapitel zu planen. Es ist jetzt schon klar, dass das nicht so rund und schnell verlaufen wird, wie das erste. Ich lese derzeit viel und hab schon einen ganzen Bücherstapel hier liegen. Ich bin guter Dinge, habe auch konkret umsetzbare Ideen, aber es braucht eben eine Menge Input. Vermutlich werde ich mit dem Schreiben erst in einer Woche richtig anfangen.

Im Hintergrund arbeitet jetzt übrigens eine richtige Agentur daran, einen Verlag zu finden. Ich hatte das ja bereits angedeutet, dass ich den Weg gehen werde. Es ist glaube ich im Interesse aller, dass ich mich lieber auf das Schreiben konzentriere. Vertreten tut mich Oliver Brauer, seine Agentur heißt Agentur Brauer. Das erste Kpaitel soll auch deswegen so schnell fertig werden, damit Herr Brauer das als Leseprobe an die Verlage schicken kann.

Den Fortschritt des Projektes kann man nach wie vor hier betrachten. Vorsicht bei der Interpretation: da bei einigen Contributern Sparkleshare läuft, das immer alle Commits und Updates automatisch einspielt (wie bei Dropbox), sind die Angaben im Autoren-Reiter nicht für voll zu nehmen. 😉

Abschluss, Vorbereitung, Anfang

Das war dann ja noch mal spannend, zum Schluss. Gerettet hat mich der eintreffende Sponsoren-Klick für 1000 Euro. Aus unerwarteter Richtung, übrigens. Ich darf nicht sagen, wer, aber es ist niemand, den ich kenne. Jedenfalls wird auch das zweite Stretched Goal realisiert, was mich sehr freut. 20.467 Euro sind es, um genau zu sein und das ist nur wenige Euro entfernt von dem zweiterfolgreichsten Crowdfunding-Buchprojekt Drachenväter, das 20.511 Euro eingesammelt hat. Das einzuholen wäre nett gewesen, aber ich bin auf keinen Fall in der Position mich beschweren zu dürfen. 😉

Es hätte kaum besser laufen können. Ich danke an dieser Stelle also noch mal abschließend allen Helfern, Retweetern und Supportern für ihren Einsatz. Ich habe das Geld im übrigen schon auf meinem Fidor-Konto. Davon runter gingen die knapp 500 Euro Paypal-Gebühren und am Ende wird man gefragt, ob man der Startnext-Plattform noch etwas da lassen möchte. Zwei Prozent waren voreingestellt (etwas über 400 Euro) und ich fand das nur fair, denn ich fühlte mich gut beraten und supportet. Von dem Fidor-Konto überweise ich mir jetzt quasi ein Gehalt, 1000/Monat per Dauerauftrag und sitze seit Montag tatsächlich vollzeit an dem Buch. (Dazu gleich mehr.)

Vorbereitung

Das geht, weil ich noch während der Kampagne einige wichtige Vorbereitungen getroffen habe:

  1. Ich habe mir bereits zwei Wochen vor Ende der Kampagne einen Büroplatz gemietet. Schön gelegen direkt am Weichselplatz in Neukölln. Ein Freund von mir arbeitet da schon länger und hat mich freundlicher Weise aufgenommen. Hier war bis letzten Monat noch eine Agentur mit drin. Die sind nun ausgezogen und jetzt können wir es uns so richtig gemütlich machen. Das hier ist zwar nicht die Gegend, in der man gerne teure Technik stehen lassen will (hier wurde letztens auch eingebrochen), weswegen wir nachts nur leere Schreibtische stehen lassen und unsere Notebooks immer mitbringen. Ich mag diese Art zu arbeiten. Weniger ist mehr. Dieser Minmalismus zieht sich durch meinen ganzen Prozess.
  2. Als Vorbereitung habe ich mir einen sehr detaillierten Zeitplan ausgedacht. Aus den Erfahrungswerten, wie lange ich an Texten arbeite (2 Tage für 6000 Zeichen, 4 Tage für 10.000), habe ich für jedes Kapitel und jedes Unterkapitel eingeschätzt, wie viele Zeichen und Tage ich brauchen werden. Das ganze habe ich dann mit einem erfahrenen Lektor besprochen und angepasst. Nach meinen Berechnungen werde ich ca. 330.000 Zeichen schreiben müssen und dafür 125 Arbeitstage brauchen. Das erste Kapitel soll in seiner Rohfassung am Ende des Monats stehen. Toi Toi Toi.
  3. Nachdem ich die Inhaltsangabe ja bereits veröffentlicht hatte, konnte ich die Kapitel den Kapitelpaten zuordnen. Dazu habe ich mit Google-Docs ein Formular aufgesetzt (das Formular-Tool von Google Docs ist wirklich super praktisch) und die Kapitelpaten gebeten, sich dort für ein Kapitel einzutragen. Der Kapitelpate für das erste Kapitel ist übrigens Ralf Stockmann, was mich sehr freut, weil er nicht nur inhaltlich, sondern auch technisch gewieft genug ist, dass ich mit ihm die Modi der Zusammenarbeit erkunden kann.
  4. Versionierung: Da ich 1. viel mit anderen zusammenarbeiten will (Nicht nur den Kapitelpaten) und ich 2. eine gute Versionierung haben möchte und aber 3. auch offline und lokal arbeiten möchte, war mir bald klar, dass ich das Versionierungssystem Git einsetzen möchte. Das populäre Github ist mir aber zu teuer und außerdem brauchen dann alle meine Collaborateure einen Githubaccount. Max wies mich dann auf penflip.com hin. Das ist ein Git-Tool, das extra aufs Schreiben ausgerichtet ist. Es gibt eine Weboberfläche mit Editor und die Struktur der Standard-Repositorys soll ein Buch darstellen. Jedes Kapitel ist eine txt-Datei und in der Contents.txt werden die zugehörigen Dateien als Buchkapitel verwaltet. Das alles ist noch relativ neu und stellenweise auch noch buggy und unfertig, aber hey, ich werde zunächst eh nur das Git-Backend nutzen. Ich finde den Ansatz großartig und arbeite jetzt schon da drauf.
  5. Git-Tools: Erlehmann meinte, ich solle zum Arbeiten SparkleShare nutzen, was meinen Gitordner zu so ner Art Dropbox macht. Das ist sau bequem und einfach aber leider ist mir das dann doch zu unterkomplex (ich muss auch hier und da mal Konflikte auflösen können und die Versionshistorie im Blick haben, etc.). Eventuell wird das die Lösung für die Kapitelpaten sein. Ralf Stockmann hat das im Einsatz und wir gucken mal, wie weit wir kommen und zur Not arbeiten die anderen eben auf im Penflip-Interface. Ich selbst probier es gerade mit tower und das funktioniert gerade ganz gut für mich.
  6. Form: Zum Schreiben nutze ich schon seit Ewigkeiten keinen Wordprocessor mehr, weil mich das hantieren mit formatierten Text immer nur nervt. Stattdessen schreibe ich immer plaintext im Editor. Für das Buch habe ich mir vorgenommen, alles in Markdown zu schreiben, weil es der ideale Kompromiss für mich zu sein scheint. Einerseits Plaintext (Plaintext ist nun mal das einzig Sinnvolle, wenn man mit Git arbeiten möchte), andererseits minimale Formatiertmöglichkeiten ohne viel Transaktionskosten. Ich weiß, es gibt andere, besser ausgearbeitete Markupsprachen, aber Markdown ist am weitesten verbreitet und für meine Zwecke wird es (hoffentlich) reichen.
  7. Editor: Ich habe viel rumrecherchiert, um einen lightweight Editor zu finden, der einerseits wenig Features hat und andererseits eine gute Markdownunterstützung bietet. Ich bin dann schließlich bei dem schon etwas veralteten IA-Writer gelandet. Der Nachfolger writer pro hatte mir zu viele negative Reviews im Appstore und zum Ausprobieren war er mir einfach zu teuer. Das allseits beliebte Scrivener kommt mir einerseits zu überfeatuered vor und andererseits hat es seinen eigenen Kopf was Ordner- Dateistruktur angeht. Sowas ist Git schwer vermittelbar und hätte zu ständigen Konflikten geführt. Auch wegen der undurchsichtigen Eigenbrödlerei bei der Dateistruktur kam Ulysses nicht in Frage, obwohl es von den Features und der Bedienung her fast perfekt gewesen wäre. IA-Writer hat seine Macken (kann z.B. Keine Kommentare interpretieren), aber ist ansonsten wirklich ein nettes, sehr einfaches Tool.
  8. Immer wenn ich auf Git einen Commit mache, erstellt das super nette Tool Gitstats diese nette Seite in meinen Dropboxordner. Ich weiß, sie ist sau hässlich, aber sie erlaubt Euch, liebe Supporter und Interessierte, mich stetig zu überwachen. Also ob und wie viel ich arbeite und auch wer anderes noch viele Changes macht.

Anfang

Das alles ist bis zum Freitag geschehen und so konnte ich bereits am Montag loslegen. Heute ist mein dritter Arbeitstag als Autor und es gefällt mir bereits alles ganz gut. Noch sind nicht alle Probleme gelöst aber wir kommen dahin. Ich bin mitten im ersten Kapitel und bisher flowt es eigentlich ganz gut.

Seit die Kampagne gelaufen ist, bekomme ich verstärkt Anfragen von Verlagen und sogar Agenten. So hab ich mir das vorgestellt. Die Suche nach einem Verlag geht also im Hintergrund auch voran. Was das schwerste dabei wird, ist einen Verlag zu finden, der mit mir das Buch bis Herbst herausbringen will, denn Verlage haben meistens eine sehr lange Vorlaufzeit, wie ich erfahren musste. Der Herbstkatalog steht bei den meisten Verlagen bereits und deren Vertreter klappern damit jetzt schon die Buchläden ab. Für uns Netzmenschen ist der Blick in die Printwelt ja immer sowas eine dieser Ultra-Slow-Motion-Filme. Ich werde dennoch versuchen meinen Termin durchzusetzen und dafür auch gerne andere Zugeständnisse eingehen. Mal sehen, ob es was bringt. Ich werde Euch natürlich auch weiterhin auf dem Laufen halten. Eventuell werde ich auf ctrl-verlust noch eine Seite aufsetzen, wo man die Fortschritte jederzeit beobachten kann. Aber erstmal was schaffen.